Mittwoch, 18. Juli 2012

Ist das Asad-Regime am Ende?

Als der „arabische Frühling“ begann, seine revolutionäre Wirkung in den vom geheimdienstlichen Mehltau überwölbten arabischen Gesellschaften zu entfalten, hielt der syrische Präsident Barscher al-Asad vor seinem „Parlament“ eine arrogante und anmaßende Rede. Der Tenor: Was seinen selbstherrlichen Amtsbrüdern in Tunesien und Ägypten passiert sei, könne sich in Syrien nicht wiederholen. 

Die Asad-Dynastie in Syrien neigt sich ihrem Ende zu. Anders als in Libyen dürfte es dieses Mal dem Westen gelingen, ein autokratisches arabisches Regime ohne direkte militärische Intervention zu stürzen. Einer so genannten „Freien Syrischen Armee“ zusammen mit islamistischen Terroristen dürfte mit massiver finanzieller und militärischer Hilfe Saudi-Arabiens und Katars sowie mit geheimdienstlicher Flankierung durch das US-Imperiums und seiner willigen Satrapen der Umsturz letztendlich gelingen. Dieser Umsturz zielt letztendlich gegen Iran und den Hisbollah, von beiden fühlt sich das saudische Regime in seiner Vormachtstellung herausgefordert. Der Sieg der „Befreier“ wird jedoch noch blutiger und brutaler sein als im Irak, und er kann sich über Wochen, vielleicht sogar noch Monate hinziehen. Syrien könnte ein Bürgerkrieg à la Libanon oder Tschetschenien bevorstehen.

Der jüngste Terroranschlag gegen den inneren Machtzirkel des Regimes ist ein deutliches Signal an Asad. Der Krieg gegen das Regime ist nun auch in Damaskus angekommen. Es scheint, als werde peu à peu der engste alawitische Führungszirkel hinweg gebombt. Einige hohe Militärs und Diplomaten haben sich schon ins Ausland abgesetzt. Es ist ein Verhaltensmuster, das das Ende eines antidemokratischen Regimes einläuten dürfte. Ähnliches konnte man in Irak und Libyen beobachten. 

Auch Russland und China werden ihre Haltung überdenken müssen. Um ihren Einfluss in einem nach-Asad-Syrien zu sichern, könnten sie zusammen mit dem Militär an einer Lösung ohne Asad arbeiten. Aber werden die Aufständischen mit einer Militärdiktatur über die Zukunft Syriens verhandeln? Oder steht Syrien das Schicksal Jugoslawiens oder Tschetscheniens bevor? Ein ethnisch-religiöser Bürgerkrieg in Syrien dürfte alles in den Schatten stellen, was aus dem Libanon, Jugoslawien, Irak oder Tschetschenien bekannt ist. Die religiösen Minderheiten genossen unter der säkularen Herrschaft der Baath-Partei große Freiheiten; damit wird es unter den sunnitischen Fundamentalisten saudi-arabischer Provenienz zu Ende sein. 

Was passiert eigentlich mit den biologischen und chemischen Waffen in Syrien? Sind die zahlreichen russischen Soldaten auch deshalb in Syrien, um sie im Falle eines Kollapses des Asad-Regimes in Sicherheit zu bringen? Wie wird sich Israel verhalten? Ist das Land bisher nicht mit den Asads gut gefahren? Will sich die israelische Regierung dieses Mal wieder bei den USA für einen arabischen Despoten einsetzen wie weiland im Falle Mubaraks? Wann erfasst die Idee der Freiheit und der Volksherrschaft endlich die Menschen in Saudi-Arabien, Bahrain, Katar, die besetzen palästinensischen Gebiete, Marokko, Algerien und die Golf-Emirate?