Donnerstag, 21. März 2013

Obama in Israel

US-Präsident Barack Hussein Obama kam mit leeren Händen aber mit freundlichen Worten für das israelische Volk im Gepäck. Aus der Sicht von Benyamin Netanyahu gilt Obama wohl immer noch als politisch unzuverlässig, wenn man die pro-israelische Politrhetorik der andern amerikanischen Politiker als Maßstab zugrunde legt. Bei diesem good-will-Besuch konnte er den Israelis zeigen, dass er zu einhundert Prozent auf ihrer Seite steht und dass die Vorbehalte des politischen Establishments in Israel unbegründet sind. 

Schon die Begrüßungsworte ließen aufhorchen: Obama begrüßte die Israels auf Hebräisch: „Es ist gut, wieder im Land zu sein.“ Dabei ging er nicht so weit wie sein Vizepräsident Joseph Biden, der bei seinem Besuch im März 2010 aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht hatte und sagte: „Schön, wieder zu Hause zu sein.“ (Good to be at home.) Weiter betonte Obama, dass die Verbindung zwischen beiden Staaten „unzerstörbar“ und auf „Ewigkeit“ angelegt sei. Was gilt schon „ewig“, und dies gerade in der Politik? 

Auch Staatspräsident Shimon Peres und Ministerpräsident Netanyahu benutzen in ihren politischen Ansprachen Begriffe, die bemerkenswert sind. So sagte Peres, dass das „israelische Volk“ den US-Präsidenten willkommen heiße, und Netanyahu ergänzte: „Danke, dass Sie hinter dem israelischen Volk stehen!“ Gehört es nicht zur israelischen Staatsräson, sich als Vertreter des „jüdischen Volkes“ darzustellen? Haben beide vielleicht auch das Buch des Historikers Shlomo Sand gelesen, nach dem es gar kein „jüdisches Volke“ gebe? 

Auch Obama wollte direkt mit dem „israelischen Volk“ sprechen, wie er bereits auf dem Flughafen betonte. Deshalb zog er es vor, nicht vor der Knesset, sondern vor StudentenInnen im Jerusalemer Kongresszentrum zu sprechen. Von ihnen erhielt er frenetischen Applaus. Er forderte sie auf, von ihrer politischen Führung mutige Schritte zu fordern, da diese dazu nicht bereit seien. Sich auf Ariel Sharon beziehend, sagte er, dass ein „jüdisches und demokratisches“ Israel keinen Bestand haben könne, wenn es das ganze Gebiet bis zum Jordan unter seiner Kontrolle behalten würde. Vor der Knesset, die überwiegend mit rechtsnationalistischen Politikern besetzt ist, wäre der Applaus bestimmt verhaltener gewesen.

Für die Palästinenser war der Besuch eine große Enttäuschung. Ihnen gegenüber wiederholte er alte israelische Forderungen und forderte sie auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Hisbollah bezeichnete er als „Terrororganisation“ und mit der Hamas könne man nicht reden, solange Israel nicht als jüdischer Staat anerkannt werde. Obama sollte sich von seinen Beamten informieren lassen, dass 1948 US-Präsident Harry Truman im Anerkennungsschreiben „Jewish State“ durch „State of Israel“ ersetzt hatte. Die kurze Stippvisite Obamas bei seinem Counterpart in Ramallah hat für alle deutlich gemacht, dass die USA für die Palästinenser keinen Finger mehr rühren werden. Das Pflichtprogramm wirkte gequält und steif. Es hatte nichts von der Herzlichkeit und der Lässigkeit mit der sich Obama in Israel bewegte. Obama erwähnt zwar das Ziel einer Zweistaatenlösung und hielt die Fortsetzung des Siedlungsbaus „für etwas nicht Konstruktives oder Angemessenes“. Die Palästinenser zeigten sich auf der ganzen Linie enttäuscht. Wichtiger schien für Obama das Gespräch mit der israelischen Schönheitskönigin Yityish Aynaw über den Spion Jonathan Pollard gewesen zu sein! Über die ermordete Rachel Corrie verlor er dagegen kein Wort, deren Ermordung jährte sich justament zum zehnten Mal. Der Prozess in Haifa war eine Farce; er endete mit der Weißwaschung der israelischen Verantwortlichen. 

Obama hätte mit seiner Limousine durch die besetzten Gebiete und nach Bethlehem fahren sollen. Mit dem Hubschrauber konnte er nicht die ethnisch reinen Straßen und Kolonien für die israelischen Siedler in Augenschein nehmen. Auch ist ihm die direkte Inaugenscheinnahme der Mauer in Bethlehem erspart geblieben. Ein Trip mit dem Helikopter ins Freiluftgefängnis nach Gaza hätte sich gelohnt, um die Auswirkungen des israelischen Besatzungsregimes direkt erleben zu können. 

So ging es bei diesem Besuch auch gar nicht um eine Wiederbelebung des so genannten Friedensprozess, sondern um Syrien und die Nuklearanlagen Irans. Könnte man dann nicht eher von einem Kriegs- als einem Friedensgipfel sprechen? So weit ist es noch nicht. Obama hat Altbekanntes zur iranischen Nuklearfrage gesagt. Ob sich beide Politiker über das „Zeitfenster“ geeinigt haben, ist nicht bekannt. Für Israel hatte sich dieses bereits seit 1992 in regelmäßigen Abständen immer wieder geschlossen, ohne das Iran seine „Bombe“ gebaut hätte. Wenn Obama auf seine Geheimdienste hört und nicht auf die Einflüsterungen Netanyahus, dann brauchen sich die USA nicht in einen erneuten Krieg zu begeben. Aber in den USA schlagen dieselben Kreise zusammen mit den führenden Medien wie New York Times und Washington Post bereits wieder die Kriegstrommeln. Den neokonservativen Kreisen in den USA scheint das Desaster in Afghanistan und Irak noch nicht zu reichen, sonst würden sie nicht ständig über eine Intervention in Syrien oder einen Überfall auf Iran reden. 

Die Nuklearisierung des Nahen und Mittleren Osten wurde weder durch Irak noch Iran eingeleitet, sondern durch Israel. Obama hätte die israelische Führung drängen sollen, ihre Nuklearanlagen für internationale Kontrollen zu öffnen, anstatt sich über die nichtexistenten Nuklearwaffen des Iran zu echauffieren. Die Länder der Region führen sich durch das israelische Nuklearpotenzial bedroht. Der Besuch Obamas in Israel diente ausschließlich der Verbesserung seines Images unter den Israelis. Gegenüber seinem ehemaligen Herausforderer Mitt Romney, der es auf 57 Prozent Zustimmung brachte, kam Obama nur auf 22 Sympathiepunkte in Israel. Die Besuche in den besetzen Gebieten und Jordanien war schmückendes Beiwerk, und sie gehörten zum erweiterten Sightseeing-Programm wie die Felsenstadt Petra oder Bethlehem. Politische Veränderungen, so ließ Obama in seiner Rede verlauten, könne nur von den Menschen in Israel und Palästina kommen, die ihre Vertreter zum Frieden drängen müssten. Wozu das geführt hat, haben die Wahlen in Israel gezeigt. Auf das Wahlergebnis in Palästina muss die Welt jedoch noch einige Jahre warten, weil die augenblicklichen Machthaber fürchten, nicht wiedergewählt zu werden. Mit dieser israelischen, dieser US-amerikanischen und dieser palästinensischen politischen Führung wird es auf Jahrzehnte hinaus keinen Staat „Palästina“ geben.