Montag, 2. Dezember 2013

Russland als neue Schutzmacht der Christen im Nahen Osten?

Die Zukunft der Christen in Syrien: Zerstörte Kirchen, Hinrichtungen und Verfolgung?
Russlands Präsident Vladimir Putin wurde bei seinem Italienbesuch auch von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen. Die Lage der Christen im Nahen und Mittleren Osten bereitet dem Papst große Sorgen. Seit den Überfällen des U. S. Imperiums auf Afghanistan und Irak steht den christlichen Minderheiten nicht nur in Irak, sondern auch in Syrien sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals. Der Westen rührt keinen Finger zum Schutz seiner „Glaubensbrüder/innen“ in Syrien, obgleich in den christlichen Kirchen Syriens auch für das Wohlergehen der Muslime und ausdrücklich auch des Islams gebetet wird. 

Wie aus informellen Quellen verlautet, habe Papst Franziskus Vladimir Putin gebeten, seinen Einfluss zum Schutz der christlichen Minderheiten, insbesondere in Syrien geltend zu machen. Dies ist insofern bemerkenswert, da die Mehrzahl der Christen orthodoxen Glaubens ist, die den Papst nicht als ihr religiöses Oberhaupt anerkennen. Bereits infolge des Überfalls der Bush-Krieger auf Irak wurden die orthodoxen christlichen Gemeinden stark dezimiert. Ähnliches könnte auch den christlichen Gemeinden in Syrien blühen, wenn die islamistischen Terroristen die Oberhand gewinnen sollten. 

Die syrischen Christen gehören zu den ältesten christlichen Gemeinden der Welt. In einigen Orten wird immer noch Aramäisch gesprochen – die Sprache Jesu. Die von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei und anderen arabischen Despotien ausgerüsteten und finanzierten islamistischen Terrorgruppen, die die Regierung von Baschar al-Assad bekämpfen, ist es wiederholt zu Exzessen nicht nur gegenüber Christen, sondern auch gegenüber Kurden und Alewiten gekommen. In den von der islamistischen Al-Nusra-Front und der salafistischen Terrorgruppe „Daash“, das Akronym steht für „Islamischer Staat im Irak und der Levante“, haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ein streng am Koran ausgerichtetes Unterdrückungsregime errichtet. 

Daash kontrolliert Teile von Raqaa und Gebiete in der Gegend von Aleppo. Durch Fatwas - so genannte religiöse Gutachten - haben sie der Zivilgesellschaft ein Regime oktroyiert, das nicht nur jedes Recht von Muslimen und Nicht-Muslimen missachtet, sondern auch andere Obskuritäten oder Misshandlungen von Minderjährigen erlaubt, wie zum Beispiel die Heirat von zehnjährigen Mädchen, um sie dadurch vor einem „abweichenden“ Weg zu bewahren! Die islamistischen Terroristen schrecken noch nicht einmal vor der Entführung von Nonnen zurück. Und mit diesen Kräften paktiert der Westen aufgrund seiner Unterstützung Saudi-Arabiens.

Nach Meinung vieler Christen und Muslimen in Teilen der islamischen Welt tragen der Westen, insbesondere die USA und Europa. die Hauptschuld nicht nur an dem angerichteten Desaster in den Ländern Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und Jemen, sondern auch an der Gewalt zwischen den verschiedenen ethischen und religiösen Gruppen. Die Förderung der sektiererischen Gewalt scheint ein strategisches Ziel des Westens zu sein, um diese Länder entlang religiöser und ethischer Zugehörigkeit zu teilen, um sie dadurch besser beherrschen zu können.

Historisch hat keine der christlichen Minderheiten seine alleinige Identität jemals durch das Christentum bezogen, sondern die Christen waren zuerst Assyrer, Iraker usw. und in zweiter Linie Christen. Ähnlich haben sich die jüdischen Minderheiten in den arabischen Ländern vor der zionistischen Kolonisierung Palästinas definiert. Sie waren in erster Linie jüdische Iraker, Marokkaner etc., bevor sie aufgrund von Anschlägen zionistischer Terrorkommandos aus Irak, Jemen oder Marokko nach Israel „auswandern“ mussten.

Die verbliebenen syrischen Christen werden nur von ihren emigrierten assyrischen Mitchristen finanziell und materiell unterstützt. Eine Unterstützung durch die Europäische Union gibt es nicht. Dies verwundert jedoch nicht, ist doch dieses Staatenkonglomerat nur „Meister“ in der Verbreitung wohlfeiler Presserklärungen. Sollte es den von Saudi-Arabien, Katar, Türkei und dem Westen unterstützten islamitischen Terrorgruppen gelingen, Assad zu stürzen, dürften die Tage der Christen und auch der Alewiten in Syrien gezählt sein. Die syrischen Kurden haben bereits eine eigene Verwaltung aufgebaut, sodass sie eine autonome Region wie im Irak bilden könnten. Zusammen mit den türkischen und irakischen Kurden sollten sie in Zukunft den Staat „Kurdistan“ ausrufen, damit neoosmanische Großmachtgelüste nicht in den Himmel wachsen und die internationale Staatengemeinschaft diesen kurdischen Nationalstaat anerkennen kann. 

Der „Feind“ des Westens ist nicht das säkulare Assad-Regime, sondern die fundamentalistischen Despotien in Saudi-Arabien, Katar und den anderen Scheichtümern auf der arabischen Halbinsel. Sie vertreten und fördern finanziell die Ausbreitung einer Form des Islam, die für die demokratischen Werte des Westens nur Verachtung übrig hat. Aufgrund ökonomischer und geopolitischer Interessen hat der Westen für die religiösen Belange von christlichen Minderheiten in islamischen Ländern kein Verständnis und dient sich diesen Regimen an. Ob sich aber Vladimir Putin für die orthodoxen Christen in Syrien und Irak einsetzten wird, muss die Zukunft zeigen. Dank der russischen Diplomatie konnte wenigstens ein weiterer Überfall des Westens auf ein muslimisches Land vorerst verhindert werden. Auch am Abschluss des Interimsabkommen mit Iran hatte Russland maßgeblichen Anteil. Die politische Vernunft scheint im Augenblick eher in Russland als in den Vereinigten Staaten von Amerika samt ihren verbündeten arabischen Despotien beheimatet zu sein. Daraus sollten Deutschland und die EU ihre Lehren ziehen.