Montag, 2. Juni 2014

Manufactured Crisis

Die Krise um das virtuelle iranisches Nuklearprogramm war von Beginn an fabriziert, und zwar zuerst von neokonservativen Kräften in den USA, die erst später durch die rechtsnationalistische zionistische Regierung unter Benyamin Netanyahu verstärkt worden sind, so die zentrale These des Buches von Gareth Porter, Journalist, Autor und Experte für US-Sicherheitspolitik; promoviert wurde Porter an der Cornell Universität. Die politische Klasse der USA folgte also einer „hidden agenda“, was seit dem Verlust ihres Einflusses nach dem Sturz des Shah-Regimes nicht verwundert. 

Die so genannte „Iranische Bedrohung“ habe es nie gegeben, sie war schlicht und einfach gefälscht und erfunden. Porters Buch dokumentiert dies auf eindrucksvolle Weise. Spätestens mit der Wahl von Präsident Hassan Rohani und dem Abschluss eines Zwischenabkommens zwischen Iran und den fünf Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus Deutschlands ist ein Angriff auf Irans Atomanlagen vom Tisch. Dies sehr zum Leidwesen von Netanyahu und seinen Claqueuren im US-Kongress und seinen zionistischen Extremisten und Israelfans in Deutschland. 

Was die zionistische Israellobby unter der Führung von AIPAC (American Israeli Public Affairs Committee) zusammen mit einer großen Anzahl von US-Abgeordneten in beiden Häusern des US-Kongresses jedoch erreicht haben, war Druck auf Präsident Obama auszuüben, damit er völkerrechtswidrige und tödliche Sanktionen verhängt. Parallel dazu wurden iranische Atomwissenschaftler durch Auftragskiller liquidiert; diese Blutspur trage die Handschrift des israelischen Mossad, aber auch, wie Experten vermuten, der US-amerikanischen Geheimdienste. Die NSA war vermutlich verantwortlich für den Stuxnet-Angriff auf die iranischen Atomanlagen. 

Nach Porter haben die USA bis heute noch keinen einzigen Beweis für die Existenz eines iranischen militärischen Nuklearprogramms vorlegen können. Ein so genannter Beweis beruhe auf Dokumenten, die von einem angeblich aus Iran geschmuggelten Laptop stammen sollen. Der Autor arbeitet die Widersprüche zwischen diesen „Dokumenten“ und den nachprüfbaren Fakten heraus und kommt zu dem Schluss, dass diese angeblichen Dokumente eine Fälschung seien. Haben sich vielleicht die USA auf „Dokumente“ verlassen, die ihnen vom israelischen Geheimdienst zur Verfügung gestellt worden sind? Niemand würde sich darüber wundern. 

Die US-amerikanische politische Klasse - und die israelische schon gar nicht - hat jemals die legitimen Rechte des Iran auf friedliche Nutzung der Atomenergie anerkannt. Man unterstellte der iranischen Führung, nach der Bombe zu streben, um Israel von der Landkarte zu tilgen. Dies war jedoch ein Propagandatrick und fand keinerlei Entsprechung in den Verlautbarungen der iranischen Führung. Die iranische Führung hatte immer betont, jede Vereinbarung, welche die Palästinenser mit der israelischen Regierung abschließen würde, anzuerkennen. Wenn es in Iran einen angeblichen Antisemitismus geben würde, warum leben dann immer noch über 30 000 jüdische Iraner in diesem Land? Wahrscheinlich haben die iranischen Juden gehört, dass ihre Glaubensbrüder aus muslimischen Ländern in Israel massiven Diskriminierungen ausgesetzt sind.

In seiner Einführung gesteht der Autor zu, dass „U.S.-Israeli strategy was aimed at using the International Atomic Energy Agency (IAEA) to build a case that Iran’s nuclear program had been merely a cover for a nuclear weapons program. That case would serve as the basis for United Nations Security Council actions that would punish Iran, or even for unilateral US military action against Iran. As a result the IAEA, which had previously been a relatively nonpolitical actor performing technical analysis of nuclear programs, was transformed over the 2003–8 period into an adjunct of the anti-Iran strategy.“ 

Porter beschreibt drei Eskalationsstufen: Die erste Stufe sei durch die iranische Terrororganisation Mujahedeen-e-Khalq (MEK) ausgelöst worden, die 2002 die Existenz der iranischen Anreicherungsanlage in Natanz öffentlich gemacht habe. Erst vor einem Jahr wurde MEK auf Druck der Neokonservativen von der „Terrorliste“ der USA gestrichen. Die zweite Stufe wurde ausgelöst, als die USA von einer „unbekannten“ Quelle gestohlene Dokumente über das virtuelle Nuklearprogramm des Iran zugespielt bekommen haben. 2011 wurde die dritte Phase gestartet, als die USA ihre tödlichen Sanktionen gegen den iranischen Banken- und Rohölsektor erlassen hatten. Diese Sanktionen wurden auf der Grundlage eines Berichts der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien verhängt, der auf israelischen Quellen beruhte, was natürlich in der westlichen Regierungspresse keine Erwähnung fand. 

In Kapitel vier zeigt der Autor, dass unter der Clinton-Administration Israel als Faktor im Kampf gegen Iran erst ins Spiel gebracht worden ist. Folglich haben die nachfolgenden israelischen Regierungen von Yitzhak Rabin bis Benyamin Netanyahu nur die Steilvorlage der USA politisch aufgenommen und in ihrem Sinne instrumentalisiert. Dafür habe Israel aber auch einen politischen Preis zahlen müssen, da Iran seither Israel als militärische Bedrohung empfunden habe, so Porter. In Parenthese sei angemerkt, dass Israel traditionell immer gute Beziehungen zu Iran unterhalten hat, insbesondere unter der Diktatur des Shahs. Aber selbst unter Khomeini hat Israel immer noch das Regime der Mullahs militärisch unterstützt, insbesondere nach dem von den USA und seinen westlichen Vasallen unterstützten Angriff Saddam Husseins auf Iran. 

Bis zum Ende der Präsidentschaft von Mahmud Ahmadinedschad hatten die USA und Israel versucht, Iran zur Kapitulation zu zwingen. Nach der Wahl von Rohani funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr. Israel hat sich durch seine Forderung nach noch strengeren Sanktionen, nachdem die Verhandlungen begonnen hatten, völlig isoliert und lächerlich gemacht. US-Präsident Obama nahm den extremistischen Stimmen in den USA den Wind aus den Segeln, als er in seiner „Ansprache an die Nation“ Verhandlungen mit Iran als im nationalen Interesse der USA liegend definiert hatte. Danach verstummte selbst die zionistische Israellobby AIPAC. 

Mit Porters Buch liegt erstmals ein Alternative zur der Mainstream-Propaganda der israelischen und US-amerikanischen Regierung und deren Hilfstruppen in den führenden Medien vor. Für letztere ist dies ein Armutszeugnis, obliegt es ihnen doch, Aufklärung zu betreiben und sich nicht als willfährige Handlanger von Regierungen missbrauchen zu lassen. Nach Lektüre dieses Buches bekommt man den Eindruck, dass das „Problem Iran“ eigentlich ein US-amerikanisches ist. Anders formuliert: Das Hauptproblem für die USA stellt seine Allianz mit Israel und der politischen Klasse in Washington dar.

Gareth Porters exzellent recherchiertes Buch bietet den Lesern und Leserinnen einen klaren Leitfaden, anhand dessen sie sich durch das ausgeklüngelte Netz, bestehend aus Lügen, Täuschungen und falschen Anschuldigungen, hindurch schlängeln müssen, um die wirklichen Feinde des Friedens zu entdecken. Eine mehr als überfälliges und spannendes Buch.