Donnerstag, 27. Juli 2017

Gert. R. Polli, Deutschland zwischen den Fronten

Abhören unter Freunden gehe gar nicht, so einer der vielen Dummsprüche von Kanzlerin Angela Merkel, als durch die Snowden-Enthüllungen bekannt wurde, dass der große US-Bruder und "Freund" nicht nur diese Bundeskanzlerin, sondern schon ihre Vorgänger abgehört hatte. Aber die Laienspielerschar in Berlin kann sich trösten, werden doch flächendeckend alle führenden Politiker in Europa von der NSA abhört und bespitzelt. 

Gert R. Polli war mehr als 25 Jahre Berufsoffizier beim Österreichischen Bundesheer und dort überwiegend im militärischen Auslandsnachrichtendienst tätig. Im Jahr 2002 wurde er mit der Gründung und Leitung des österreichischen zivilen Nachrichtendienstes, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), betraut, die er bis 2008 innehatte. Aktuell ist seine private Sicherheitsfirma polli-IPS (Intelligence & Public Safety) in der Abwehr von Betriebs- und Wirtschaftsspionage spezialisiert.

Ist es vielleicht ein Zufall, dass deutsche Großunternehmen und Großbanken in den USA mit milliardenschweren Klagen überzogen werden? Oder, dass deutsche Unternehmen so gut wie keinen Fuß mehr in den USA auf die Erde bekommen? Deutschland ist das Land, dass am stärksten von allen westlichen, östlichen und nahöstlichen Geheimdiensten ausspioniert werde, so Gert R. Polli in seiner aufrüttelnden Analyse über die desolate Situation der deutschen Geheimdienste und die Naivität der deutschen politischen Klasse. Deutschlands Feinde sind nicht im Osten sondern im Westen. 

Es bedarf eines Österreichers, um den politisch-korrekten Deutschen den Spiegel vorzuhalten. Als Insider warnt er vor Fehlentwicklungen. Deutschland sei nicht souverän und ein US-Vasallen-Staat. Eine falsch verstandene Partnerschaft mit den USA habe zu einer umfassenden Kontrolle und Überwachung Europas und vor allem Deutschlands geführt. An vorderster Front: amerikanische Geheimdienste und ihre Zuträger. 

Die USA seien Nutznießer dieser Entwicklung. Prominentestes Beispiel dieser US-Dominanz sei "die faktische Gleichschaltung und Kontrolle europäischer Nachrichtendienste unter dem Mantel der gemeinsamen Terrorismusbekämpfung, die es nur auf dem Papier gegeben hat". Die unkritische Übernahme der antirussischen US-Politik durch die EU und insbesondere durch Kanzlerin Merkel habe zu einer wirtschaftlichen Konfrontation mit Russland geführt, die wesentlich zu Lasten Deutschlands gehe. Wissen wir nicht spätestens seit George Friedman, dem Gründer des von der CIA finanzierten Think Tanks Stratfor, dass es seit über 100 Jahren US-Politik ist, eine Annäherung Deutschlands und Russlands zu verhindern? 

Nicht nur Deutschland, sondern auch die EU wird von dem US-Imperium vor sich hergetrieben, und dies auch in der so genannten Flüchtlingskrise. "Die derzeitige Flüchtlingskrise ist u. a. eine verzögerte Auswirkung jener Koalition unter der Führung der USA, die zur Destabilisierung einer gesamten Region geführt hat." Anstatt sich von den USA abzukoppeln, unterwerfen sich Merkel und Co. immer stärker den USA zum Schaden Deutschlands und der EU. Bei dem Berliner Personal darf das jedoch niemanden wundern.

Dass dieses politisch hochbrisante Buch von den Mainstream-Medien bisher verschwiegen worden ist, überrascht nicht, sind sie doch alle Sprachrohre des US-Imperiums. Die führenden außenpolitischen Ressortleiter sind "gekaufte Journalisten", die die Presseerklärungen des Pentagons umschreiben. "Deutschland ist bis heute ein besetztes Land. Mehr noch: Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass die USA im Wege ihrer vertraglich abgesicherten Zusammenarbeit mit BND und Verfassungsschutz Deutschland zu einer Drehscheibe ihrer elektronischen Aufklärung in Europa ausgebaut haben." 

Kanzlerin Merkel verhält sich ebenso wie Erich Honecker servil gegenüber dem Großen Bruder, in ihrem Falle dem aus Washington, als das US-Imperium Russland zum Feindbild stempelte. "Damit hat die Regierung Merkel die Sichtweise neoliberaler Kreise aus den USA übernommen. (...) Für diesen Fall hat Deutschland seine Glaubwürdigkeit leichtfertig aufs Spiel gesetzt." Deutschland sollte sich auf soziale Unruhen vorbereiten. 

Würde die politische und mediale Nomenklatura ihr Denken an nationalen Interessen ausrichten, sollte sie dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite lesen. Bei dem außenpolitischen Personal scheint dies jedoch ein frommer Wunsch zu bleiben. Dass die Medienklasse dieses Buch bisher keines Wortes gewürdigt hat, spricht Bände. Chapeau, Herr Polli!