Montag, 10. Mai 2010

Ein ungerechter Krieg

Am 3. Mai 2010 habe ich folgenden Leserbrief an die Redaktion des Magazins "Der Spiegel" zum Kommentar „Ein gerechter Krieg“ von Matthias Matussek mit der Bitte um Abdruck gesandt, der nicht entsprochen worden ist.

Man möchte dem „Geostrategen“ Matthias Mattusek zurufen: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Auch wenn es in „Der Spiegel“ steht, wird aus einem ungerechten kein „gerechter Krieg“. Insgeheim scheint der Autor es zu bedauern, dass es in Deutschland immer noch keine Kriegsbegeisterung gibt wie weiland in den USA: „God bless you, boys!“ Es ist gut so, dass in Deutschland Gott nicht für Kriege in Anspruch genommen wird. Matussek scheint vergessen zu haben, dass deutsche Soldaten schon einmal mit Gott in den Krieg gezogen sind: „Gott mit uns“ prangerte von den Koppelschlössern der Soldaten im Ersten und im Zweiten Weltkrieg nur bei den Wehrmachtssoldaten, und das Völkerschlachtdenkmal wird von diesem Slogan geziert. Auch sein martialischer Wortschwall, mit dem er das obskure Taliban-Regime charakterisiert, wie „Killer-Kollektive“, „religiöse Gangster, die Schulen abfackeln, Frauen steinigen, Teenager mit Koranversen zu Killern abrichten und ihre Waffen mit Drogengeldern finanzieren“, ändert nichts an der Tatsache, dass die 9/11-Terroranschläge nicht von Afghanistan und den Afghanen ausgeführt worden sind, sondern von überwiegend saudiarabischen Studenten (15 von 20) aus dem Westen. Ein Blick ins Völkerrecht hätte genügt, um festzustellen, dass dieser Krieg illegal ist. Auch der These von der Bündnissolidarität fehlt die rechtliche Grundlage, weil die USA von keinem Land angegriffen worden sind, sondern von Kriminellen in den USA. Es lag also kein "Bündnisfall" vor. Die Kriege „des Westens“ gegen Afghanistan und den Irak werden in weiten Teilen der muslimischen Welt als „Kriege gegen den Islam“ wahrgenommen, ob uns das passt oder nicht. Will Matussek allen Ernstes insinuieren, dass das korrupte Regime von Hamid Karzai verteidigungswert sei? Unter ihm ist der Drogenhandel erst richtig aufgeblüht. In der Tat sollte der Terrorismus dort bekämpft werden, "wo er gebrütet wird", und zwar in Hamburg, London und Madrid oder anderen Orts mit den Mittel der Sicherheitsdienste. Es ist bekannt, dass die Terroristen nicht aus Afghanistan eingefolgen worden sind. Neudeutsch nennt man das "home-grown terrorism". Als Ex-Kulturchef des „Spiegel“ müsste ihm die Ballade „Trauerspiel Afghanistan“ von Theodor Fontane bekannt sein, die dieser anlässlich des britisch-afghanischen Krieges vor 160 Jahren schrieb und die wie folgt endete:

Die hören sollen, sie hören nicht mehr,
Vernichtet ist das ganze Heer,
Mit dreizehntausend der Zug begann,
Einer kam heim aus Afghanistan.

Hoffen wir, dass den in Afghanistan stationierten Soldaten ein solches Schicksal erspart bleibt. Für einen Abzug ist es auch nach neun Jahren noch nicht zu spät.