Carlos Latuff: Collage-Ausschnitt. |
Wenn das Staatsoberhaupt des Staates Israel, Reuven Rivlin, feststellt, dass die israelische Gesellschaft "krank" sei, dann muss es wohl stimmen. Spätestens jetzt müssten die Alarmglocken deutscher Antisemiten-Jäger schrillen, nach deren "Maßstäben" er wohl als "lupenreiner Antisemit" zu bezeichnen wäre. Darüber hinaus müsste er auf Empfehlung eines obskuren Antisemitismus-Experten aus Berlin auf die berühmt-berüchtigte Liste der Top-Antisemiten des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles kommen.
Bei einer Veranstaltung der Israelischen Akademie der Wissenschaften zum Thema "Vom Hass des Fremden, zur Akzeptanz des Anderen" (From Hatred of the Stranger to Acceptance of the Other) diagnostizierte Reuven Rivlin für Israel eine Epidemie der Gewalt, die "in alle Bereiche vorgedrungen" sei. "Es ist Zeit ehrlich zuzugeben, dass die israelische Gesellschaft krank ist und es unsere Pflicht ist, diese Krankheit zu behandeln", sagt Rivlin in Bezug auf das von der israelischen Armee angerichtet Massaker im Gaza-Streifen. "Die Epidemie der Gewalt ist nicht auf die eine oder andere Gruppe beschränkt, sie ist in alle Bereiche eingedrungen." "I’m not asking if they’ve forgotten how to be Jews, but if they’ve forgotten how to be decent human beings. Have they forgotten how to converse?”
Jeder Kenner Israels, der nicht die rosarote Brille der Israelfans und der Philosemiten trägt, bezeichnet diese Gesellschaft und große Teile ihre politische Klasse als "paranoid". Wie sagte doch der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti: "Es gibt keine Anzeichen von seelischer Gesundheit, sich an eine zutiefst gestörte Gesellschaft anpassen zu können." Diese Paranoia habe nicht nur Schrammen am Image Israels hinterlassen, wie Rivlin feststellte, sondern dem Staat das Image eines "Paria-Staates" innerhalb der Weltgemeinschaft verschafft. Der Rassismus der israelischen politischen und religiösen Klasse ist sprichwörtlich.
Ein Staat, der alle völkerrechtlichen Normen verletzt und die Menschenrechte des palästinensischen Volkes mit Füßen tritt, Massaker an der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens verübt (2008/09=1 400 Tote; 2014 = 2 100 Tote) Zerstörungen größten Ausmaßes anrichtet, hat sich den Ruf eines "Paria-Staates" selbst erarbeitet. Nicht ohne Grund sind bereits über 30 000 Israelis nach Berlin ausgewandert, und es kommen mehr. Sie wollen nicht länger in einer jüdischen Demokratie leben, die von einer politischen und religiösen Klasse regiert wird, die das Land, nach Meinung zahlreicher israelischer Analysten, in den Abgrund und die totale Isolation führt. Wo aber Gefahr lauert, wächst das Rettende auch: die deutsche Staatsräson.
Erschienen hier.
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