Benjamin Netanyahu, Sigmar Gabriel, Angela Merkel samt Bauchredner. |
Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauert den Tritt vor Außenminister Gabriels Schienbein durch Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, wie ihr Pressesprecher Seibert der Hauptstadtpresse mitteilte. Dass Gabriel der Erpressung Netanyahus nicht nachgegeben hat, sticht als positives Resultat dieser Reise hervor.
Seit den horrenden Verbrechen im Holocaust hat jede deutsche Regierung mit mehr oder weniger Erfolg versucht, enge Beziehungen zu Israel aufzubauen. Diese Bemühungen werden aber immer wieder durch rechtsgerichtete israelische Regierungen auf eine harte Probe gestellt, wie im aktuellen Fall durch Netanyahu oder durch den ehemaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin während der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt.
Außenminister Sigmar Gabriel wollte auf seiner Nahostreise auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu Hallo sagen und versuchen, dem politischen Kadaver namens Friedensprozess neues Leben einzuhauchen. Daraus ist jedoch nichts geworden, weil Netanyahu ihn nicht empfangen hat, da Gabriel sich mit Vertretern der israelischen Zivilgesellschaft wie zum Beispiel „Breaking The Silence“ und „B’Tselem“ getroffen hat, die ihn über die katastrophale Lage der Menschenrechte in den von Israel besetzten Gebieten aufgeklärt haben.
Gabriel hält den Affront nicht für eine „Katastrophe“, womit er durchaus Recht hat. Deutsche Politiker sind leidensfähig, was Israel betrifft, und machen gute Miene zum bösem Spiel , wenn sie von israelischen Politikern brüskiert werden. Als der damalige Außenminister Klaus Kinkel in den Gaza-Streifen reisen wollte, hat ihn das israelische Militär stundenlang in seiner Karosse warten lassen. Konsequenzen keine. Gabriel kann sich beruhigen. Keinen geringeren als US-Präsident Barack Hussein Obama hat Netanyahu über Jahre hinweg gedemütigt und der Lächerlichkeit preisgegeben.
Netanyahu hatte Gabriel ein Ultimatum gestellt: Entweder er sagt sein Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft ab oder er, Netanyahu, werde Gabriel nicht empfangen. Das Büro von Netanyahu veröffentlichte folgende Stellungnahme: „Die Politik von Ministerpräsident Netanyahu ist, sich nicht mit ausländischen Besuchern, die sich auf diplomatischer Mission befinden und sich mit Gruppen treffen, die IDF-Soldaten als Kriegsverbrecher verleumden, zu treffen.“ Weiter heißt es, dass die Beziehungen zu Deutschland sehr wichtig seien und durch diese Absage nicht berührt würden.
Auch Gabriel spielte den Affront herunter, indem er erklärte, dass die deutsch-israelischen Beziehungen dadurch in keiner Weise tangiert werden würden. Gabriel betonte seine offene und direkte Beziehung zu Netanyahu , deshalb sei er überrascht gewesen, dass das Treffen abgesagt worden sei. Netanyahu versuchte Gabriel nach dessen Besuch bei Staatspräsident Reuven Rivlin telefonisch zu erreichen, um seine Entscheidung zu begründen, aber Gabriel verweigerte den Anruf.
Netanyahu hatte die volle Unterstützung seiner Ministerkollegen für die Absage. Einen ähnlichen Affront wie Gabriel hatte sich der belgische Ministerpräsident Charles Michel eingehandelt, da er sich ebenfalls mit „Breaking The Silence“ getroffen hatte, woraufhin der belgische Botschafter ins israelische Außenministerium einbestellt worden ist. Ganz anders wurde der britische Außenminister Boris Johnson behandelt. Er traf sich mit der zionistischen Anti-Siedlungsbewegung Peace Now und wurde von Netanyahu überschwänglich willkommen geheißen.
„Breaking The Silence“ wird von der politischen Klasse als „Feind“ betrachtet, da sie fordern, dass israelische Soldaten in Den Haag wegen „Kriegsverbrechen“ vor Gericht gestellt werden sollen. Die Organisation veröffentlicht anonymisierte Zeugenaussagen von Soldaten, um sie vor Strafmaßnahmen der Regierung zu schützen. Kurz nach dem Treffen mit Gabriel forderte „B’Tselem“ die internationale Staatengemeinschaft auf, Israel für die andauernde Besatzung der Westbank zu bestrafen. B’Tselems Direktor Hagai El-Ad erklärte, dass sie Gabriel dasselbe gesagt hätten, was sie auch der israelischen Öffentlichkeit und den Vereinten Nationen immer wieder sagen: „Die Besatzung muss beendet werden, und man kann sie weder vor den Israelis noch der Welt verbergen.“ Die Geschäftsführerin von „Breaking The Silence“, Juli Novak, charakterisierte nach dem Treffen Netanyahus Verhalten als „psychotisch“ und völlig „unangemessen“.
Warum bestellt die Bundesregierung nicht den israelischen Botschafter Yakov Hadas-Handelsman ins Auswärtige Amt ein und übergibt ihm eine Protestnote? Da sich der israelische Botschafter permanent in die deutsche Innenpolitik einmischt, ist ein diplomatischer Rüffel längst überfällig. Mit diesem Affront hat das Netanyahu-Israel wieder einmal sein hässliches Gesicht gezeigt. Wann zieht die deutsche Regierung endlich Konsequenzen und erkennt den Staat Palästina diplomatisch an und stoppt jegliche Waffenlieferungen an den Besatzerstaat Israel? Auch die Vorzugsbehandlung Israels im Rahmen der EU muss überdacht werden, da das Land gegen alle Werte verstößt, die der EU angeblich etwas bedeuten. Israel darf keine Vorzugsbehandlung gegenüber anderen Staaten genießen, da dies eine Form des Antisemitismus ist, wie man dem absurden „3-D-Test für Antisemitismus“ entnehmen kann, und zwar dem Anlegen von doppelten Standards, hier zum Vorteil Israels.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist in der ersten Maihälfte zum Antrittsbesuch nach Israel. Er sollte sich ebenfalls mit Vertretern dieser beiden Organisationen treffen, um die Reaktion des israelischen Politestablishments zu testen. Ob Netanyahu und Präsident Rivlin ihm das durchgehen lassen? Dann wäre ja wieder alles Paletti und die Beziehungen wären wieder etwas besonderes. Die israelische Regierung sollte nicht länger mit politischen Samthandschuhen angefasst werden.
Zuerst hier.
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