Montag, 7. November 2011

Is Iran next?

Wenn die neokonservativen Kräfte in den USA und die rechtsnationalistischen Kreise in Israel weiter das Sagen haben, kann die Frage eines Überfalls auf Iran mit Ja beantwortet werden, aber noch nicht zu diesem Zeitpunkt. Man kündigt einen geplanten und vielleicht sogar schon beschlossenen Überfall nicht so lautstark an, sondern nutzt den Überraschungseffekt. Was im Augenblick geschieht, ist der Aufbau einer enormen Drohkulisse, die zum Ausschluss aller Optionen bis auf die Angriffsoption führen kann. Die virtuellen Atomwaffen und die eingebildete Bedrohung durch Iran werden zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.

In den vergangenen Wochen hat die israelische Regierung Signale ausgesandt, dass es vorbereitet ist, Iran anzugreifen. Ein solcher völkerrechtswidriger Überfall würden die USA in einen katastrophalen Konflikt verwickeln. Dies scheint die US-Abgeordneten wenig zu interessieren. Der Auswärtige Ausschuss des US-Repräsentantenhauses berät erneut über die Verabschiedung eines „crippling sanctions“-Gesetzes, das die Basis für einen Krieg gegen Iran bilden soll.

Der eindeutige Hinweis, dass das Ziel dieses Gesetzes der Krieg gegen Iran ist, findet sich im Paragraph 601, in dem es heißt:

„ (c) RESTRICTION ON CONTACT - No person employed with the United States Government may contact in an official or unofficial capacity any person that -
(1) is an agent, instrumentality, or official of, is affiliated with, or is serving as a representative of the Government of Iran; and
(2) presents a threat to the United States or is affiliated with terrorist organisations.

(d) WAIVER - The president may waive the requirements of subsection (c) if the president determines and so reports to the appropriate congressional committees 15 days prior to the exercise of waiver authority that failure to exercise such waiver authority would pose an unusual and extraordinary threat to the vital national security interests of the United States.”

Was ist die politische Bedeutung dieses einmaligen Vorgangs? „It means that neither the president, the secretary of state, nor any US diplomat or emissary may engage in negotiations or diplomacy of any kind unless the president convinces the "appropriate congressional committees" (most significantly, the House Foreign Affairs Committee, which is an AIPAC fiefdom) that not permitting the contacts would pose an "extraordinary threat to the vital national security interests of the United States", schreibt M. J. Rosenberg. Wie kann sich ein Auswärtiger Ausschuss eines Abgeordnetenhauses anmaßen, allen Mitgliedern der US-Regierung, den Präsidenten eingeschlossen, diplomatische Kontakte zu einem anderen Staat zu untersagen?

Hatte nicht US-Präsident Barack Hussein Obama sich zu Beginn seiner Amtszeit für Gespräche mit Iran eingesetzt und eine neue Politik gegenüber der muslimischen Welt angekündigt? Von diesen rhetorischen Luftblasen sind nur die Expansion der durch seinen Vorgänger angezettelten Kriege und Kriegsdrohungen gegenüber Iran und die exzessive Ausweitung des Drohnenkrieges gegenüber Pakistan und andere muslimische Länder übriggeblieben. Erstmalig hat ein US-Präsident im Vorgriff auf die Expansion von Kriegen den Friedensnobelpreis erhalten.

Die Obama-Administration hat bis dato keinen ernsthaften Versuch unternommen, der Diplomatie eine wirkliche Chance zu geben, zu stark sind die politischen Kräfte in Washington, die einen Waffengang gegen Iran befürworten. Bei einem möglichen Krieg, der bestimmt kein Spaziergang für die US-Truppen in der Region werden dürfte, geht es darum, Israels hegemoniale Stellung über den Nahen- und Mittleren Osten auf Dauer zu sichern. Kein anderes Land stellt diese so in Frage wie Iran.

Iran hat mehrfach wie zuletzt durch die Freilassung zweier US-Amerikaner aus iranischer Haft signalisiert, dass es bereit ist, auf Augenhöhe mit den USA über die Nuklearfrage zu verhandeln. Die US-Regierung und insbesondere der US-Kongress haben darauf aber immer mit noch härteren Sanktionen und aggressiven Drohgebärden geantwortet. Warum entsendet die Obama-Administration nicht einen glaubwürdigen US-Diplomaten in den Iran, um die Seriosität der dortigen Führung auszuloten, aber bitte nicht Dennis Ross?

Aber an Diplomatie scheint Obama nicht mehr zu denken, wie das jüngst aufgedeckte „Komplott“ Irans in den USA signalisiert. Der Bush-Regierung in nichts nachstehend, hat man eine mehr als bizarre und komisch anmutende „Verschwörung“ Irans aus dem Hut gezaubert, die allem widerspricht, was der iranische Geheimdienst bisher getan hat. Dass die US-Medien auf diesen Schwindel reingefallen sind, spricht nicht für sie, oder sie betätigen sich wie im Fall des Irak auch jetzt wieder als Sprachrohre für einen weiteren Überfall auf ein muslimisches Land. Die neokonservativen Kriegstreiber sitzen immer noch in den Redaktionstuben der führenden Meinungsmacher in den USA und arbeiten an weiteren Propaganda spins.

Dieser „Iranian Terror Plot“ taugt noch nicht einmal für einen billigen Hollywoodstreifen. Dieses Komplott liefert den perfekten Stoff für Satiriker und Komiker. Das Drehbuch ist so kurz wie simpel: Angeblich wurde ein iranischer US-Amerikaner, ein Gebrauchtwagenhändler, der nicht in der Lage sein solle, morgens ein gleichfarbiges Paar Socken anzuziehen, von den Quds-Brigaden kontaktiert, Mitglieder der mexikanischen Drogenmafia anzuheuern, um den Botschafter Saudi-Arabiens zu ermorden und Anschläge auf die israelische Botschaft in Washington auszuüben. Der angeheuerte Mansour Arbabsiar ist nicht nur ein schlampiger „Agent“, sondern seine Glaubwürdigkeit ist gleich Null. Er wurde bereits wegen Drogenkriminalität verhaftet. Auf offiziellem Wege ließ man ihm angeblich aus Iran Geld zukommen. Die ganze Geschichte sieht eher nach einer geheimdienstlichen Räuberpistole als nach einer professionellen „Verschwörung“ durch iranische Stellen aus. Gleichwohl reiten die US-Abgeordneten immer noch dieses Steckenpferd für einen möglichen casus belli.

In Israel ist es gelungen, Außenminister Avigdor Lieberman ins Lager der Angriffsbefürworter zu locken. Die Mehrheit des sogenannten Sicherheitskabinetts hat sich noch gegen einen Überfall auf Iran ausgesprochen. Dass Israel einen möglichen Angriff plane, wurde in die Presse lanciert. Als Quellen werden die ehemaligen Geheimdienstchefs des Mossad (Meir Dagan) und des Shin Bet (Yuval Diskin) vermutet. Durch diese Indiskretion solle nicht nur ein Überfall verhindert, sondern auch Netanyahu als Ministerpräsident gestürzt werden. Merkwürdig mutet auch an, dass Präsident Shimon Peres andere Länder an ihre angeblich gemachten Zusagen im Falle eines israelischen Angriffs auf Iran öffentlich meint erinnern zu müssen. Bisher hat nur Großbritannien sich als treuer Vasall der USA angeboten, bei einem Überfall wieder dabei zu sein.

Bereits unter der Bush-Administration wurden 400 Mio. US-Dollar für verdeckte Aktionen und Geheimdienstaktivitäten in Iran zur Verfügung gestellt. CIA-Agenten erhielte freie Hand, um Terroranschläge auszuführen, Regimegegner, so genannte Aufständische zu rekrutieren, Propaganda und Lügen über das Land zu verbreiten, die Währung zu manipulieren und andere gesetzlose Maßnahmen durchzuführen. Diese illegalen und rechtswidrigen Aktionen dauern bis heute an. Zur gleichen Zeit versuchen radikale Neokonservative vom Schlage eines John Bolton und andere, die Mujahedin-e Khalq (MEK oder MOK) von der Terrorliste des State Department streichen zu lassen, um sie legal mit Geldern unterstützen zu können.

Die US-Außenpolitik hat auch immer eine starke innenpolitische Komponente. Bereits im Februar 2010 hat der antimuslimische Extremist Daniel Pipes Obama den Rat erteilt, Iran anzugreifen, um seine Wiederwahl zu sichern. Tatsächlich steht es um eine zweite Amtszeit Obamas nicht zum Besten. Ökonomisch liegt das Land am Boden, die Arbeitslosigkeit steht auf Rekordniveau, ebenso die Anzahl der Armen, Obamas Popularität ist auf einem Allzeit-Tief, der Krieg in Afghanistan ist unpopulär, und der Abzug aus Irak wird von der Kriegslobby und den Neokonservativen kritisiert, weil er nur Iran nütze. Nicht Alarmismus sondern Entwarnung wäre eher angebracht, denn die USA bringen ihre Besatzungstruppen nicht nach Hause, sondern verlegen sie nur in die an Iran angrenzenden Länder. Außerdem haben die USA eine Botschaft von der Größe des Vatikan-Staates in Bagdad, in der auch in Zukunft tausende von Diplomaten, CIA-Agenten, Militär, Mitarbeiter von Sicherheitsfirmen, Kontraktors und andere fragwürdige Gestalten die irakische Regierung überwachen werden.

Obama repräsentiert ein Land, das scheinbar ohne Kriege nicht leben kann. Sein Drohnenkrieg suggeriert, dass kein Land vor einem US-Angriff sicher sein kann. Das Ziel der US-Strategie im Mittleren Osten ist eine „Balkanisierung“ der Region. Sie soll über eine Fragmentierung von Ländern entlang ethischer Kriterien erfolgen, wie im Irak bereits praktiziert. Für Pakistan und Iran ist ähnliches vorgesehen. Den US-Geostrategen schwebt ein „Groß-Belutschistan“ vor, in dem iranische und pakistanische Belutschen unter einer US-Marionetten-Regierung eine US-freundliche Politik betreiben sollen. Wie schreibt Carl Boggs in seinem Buch „The Crimes of Empire“ nicht ohne Grund: „The U. S. stands today as the most fearsome outlaw nation in the world, its leaders having contributed to a steady descent into global lawlessness.“

Die USA haben ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem in Fragen der Nichtverbreitung von Atomwaffen. Solange Israel ein Atomwaffenarsenal von bis zu 300 Sprengköpfen unterhält, den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, keinerlei Inspektionen durch die Internationale Atomenergiebehörde in Wien zulässt und das palästinensische Volk seit mehr als 44 Jahren einer brutalen Militärbesatzung unterwirft und andere Länder angreift und mit Krieg droht, solange kann die US-Regierung von keinem anderen Land verlangen, sich keine Atomwaffen zuzulegen, weil sie anscheinend die einzige Garantie dafür sind, dass Länder von den USA und ihren Verbündeten nicht überfallen werden. Der Irak ist das beste Beispiel. Hätte Saddam Hussein wirklich Atomwaffen besessen, wäre die Bush-Regierung nicht in das Land eingefallen.

Von der iranischen Führung hat man bis heute noch keine Drohungen gegenüber anderen Ländern vernommen. Auch hat Iran in den letzten 200 Jahren keine Kriege geführt, im Gegenteil es wurde immer Ziel militärischer Aggressionen, zuletzt musste es sich gegen einen von den USA, dem gesamten Westen und Saddam Hussein inszenierten Krieg verteidigen. Dieser Krieg forderte 1 Million Tote auf iranischer Seite. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spricht Netanyahu über eine angebliche Bedrohung, die ein „nuklearer“ Iran nicht nur für Israel, sondern für die Region und für die ganze Welt darstelle. Für die Israelis ist es bereits fünf nach Zwölf, was das virtuelle Atomprogramm Irans betrifft. Aber mit den israelischen Voraussagen über die iranische „Atombombe“ verhält es sich wie mit den Voraussagen christlicher Fundamentalisten über den Weltuntergang.

Gespannt darf man auf den Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde sein. Ihr neuer Chef ist Amerikahörig, sodass im Gegensatz zum letzten Bericht einige Merkwürdigkeiten stehen dürften, von denen man auf das Fortschreiten des Atomprogramms schließen kann, obgleich es trotz Inspektionen keine neuen Erkenntnisse gibt. Auch an der Einschätzung der 17 US-Geheimdienste hat sich gegenüber 2007 nichts geändert. Immer noch gilt, dass Iran sein Atomprogramm 2003 eingestellt habe.

Es gibt also keine verwertbaren neuen Erkenntnisse, die einen Überfall rechtfertigen könnten, außer Gerüchten. Wollen die USA es zulassen, dass ihr Schützling sie in einen Krieg verwickelt, dessen Auswirkungen nicht prognostizierbar sind? Angenehm werden sie für keine der Parteien sein, glaubt man den Reden iranischer Politiker und der Geistlichkeit. Aber wie schreibt Paul L. Atwood von der University of Massachusetts in dem Buch „War and Empire“ über sein Land: „War is the American way of life.“ Die US-amerikanische Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie ein Land mit dem Schwert lebt, um „Frieden“ zu schaffen. Folglich steht der Welt ein weiterer Waffengang des US-Imperiums bevor.

Bildnachweis: Bob Boldt, Editor of MWC news. Thanks for the favor.