Dienstag, 23. Februar 2010

The Second Palestinian Intifada

Der Kampf der Palästinenser um einen eigenen Staat ist nach der Spaltung zwischen Hamas und der PLO in einer Sackgasse gelandet. In diesem andauernden Kolonisierungsprozess ist es für eine Kolonialmacht von Vorteil, wenn die Kolonisierten uneins sind. Devide et impera funktioniert perfekt in Palästina. In zwei Aufständen, Intifada genannt, haben die Palästinenser vergeblich versucht, das Joch der israelischen Besetzung abzuschütteln. Insbesondere in der so genannten Al-Aqsa-Intifada haben sich die Spielregeln radikal verändert, schreibt Ramzy Baroud, ein Palästinenser der zweiten Generation, der in den USA als ausgewiesener Journalist lebt und für verschiedenen Medien schreibt; er ist auch Chefredakteur von „Palestine Chronicle“.

In der zweiten Intifada haben beide Parteien einen sehr hohen Preis bezahlt: 5.000 Palästinenser und 1.000 Israelis starben. Erstmalig haben sich zahlreiche junge Menschen als Ausdruck ihres „Widerstandes“ gegen die Besetzung freiwillig in die Luft gesprengt, dabei wurden viele unschuldige israelische Zivilisten getötet. Als eine Konsequenz begann Israel mit dem Bau einer acht Meter hohen Mauer in Ost Jerusalem, Bethlehem, Kalkilia und anderen Bevölkerungszentren. Der Rest Palästinas wurde durch den Bau eines Zaunes von Israel abgetrennt. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag entschied in einem Urteil vom Juli 2004, dass der Verlauf der Grenzbefestigungen völkerrechtswidrig sei, da er erheblich von der Waffenstillstandslinie von 1949 abweiche, die als international anerkannte Grenze gilt. Israel ignorierte das Urteil und setzte den Bau der Sperranlagen fort.

In fünf Kapiteln beschreibt der Autor die verschieden Phasen der zweiten Intifada, beginnend mit den Gründen für deren Ausbruch. Innerhalb der palästinensischen Bevölkerung führte der Osloer Friedensprozess zu großen Frustrationen, weil dieser „Friedensprozess“ viel mit Prozess, aber wenig mit Frieden zu tun hatte. Einige Nahostexperten vertreten die Meinung, die Saat für die zweite Intifada sei mit der Vertreibung der israelischen Besatzungsarmee aus dem Südlibanon gelegt worden; im Mai 2000 ordnete Ehud Barak den überhasteten Abzug an. Hinzu kam die Enttäuschung über das so genannte „großzügigste Angebot“ von Barak in Camp David. Das Fass zum Überlaufen brachte der „Besuch“ Ariel Sharons auf dem Haram al-Sharif (Tempelberg) in Begleitung von 1 000 Polizisten. Der Aufstand wurde immer gewalttätiger, als israelische Polizisten 13 israelische Palästinenser bei einer Demonstration erschossen.

Baroud erwähnt den doppelten Standard des Westens in diesem Konflikt. Insbesondere die USA verschlössen ihre Augen vor den Gräueltaten der israelischen Armee in den besetzen Gebieten. „While the Sharon government was getting away with murder, in other places around the world war crimes were not always overlooked.“ Der Autor weist auf die Rolle Sharons als Kommandeur der berüchtigten Einheit 101 hin, die auf der angeblichen Suche nach palästinensischen „Terroristen“ in den Dörfern wehrlose Männer, Frauen und Kinder tötete. Von der „geteilten Verantwortung“ Sharons beim Massaker von Sabra und Shatilla 1982 in Beirut gar nicht zu reden, so Baroud. Unter der Sharon-Regierung wurde die zweite Intifada brutal niedergeschlagen und die Palästinensische Behörde in ihre Einzelteile zerlegt.

Der Autor erwähnt das Missmanagement, die Korruption und die schlechte Regierungsführung der palästinensischen Politiker, die ebenfalls zu Frustrationen innerhalb der Bevölkerung geführt haben. Bei der Frage des Widerstandes gegen die Besetzung vertritt Baroud eine klare Haltung. „Palestinian resistance factions must desist from targeting Israeli civilians, with or without an officially regotiated ceasefire, and regardless of the course of action chosen by Israel and its reckless government in response. This decision is imperative if the Palestinian struggle is to safeguard its historic values and uphold its moral preeminence.“ Für den Autor steht es außer Frage, dass die Palästinenser ein „legitimate right to self-defense, and the unequivocal right of riddling themselves of so lengthy and so vile an occupation“ haben. Aber es ist auch „imprudent for the occupied - who surely possesses the moral edge – to utilize the unmerited methods of the occupier“. Das Völkerrecht unterscheidet klar zwischen einer Besatzungsmacht und der Zivilbevölkerung. „If Palestinians waver from this critical line of reasoning, their historically virtuous struggle risks being diluted with moral corruption.“

Am Ende des Buches stellt der Autor Überlegungen über die „Essentials“ der Palästinenser an, die auf keinen Fall aufgegeben werden dürften. Ähnlich den Zionisten, so Baroud, müsste die palästinensische Führung ein klares Ziel vor Augen haben, und dies nicht nur in eine westliche, sondern als eine internationale Priorität verwandeln. Das Recht auf Rückkehr, zu diesem Zweck wurde die PLO gegründet, müsse der zentrale Fokus des palästinensischen Kampfes bilden. Auch die anderen „Essentials“ wie Ost-Jerusalem, Siedlungen oder der Grenzverlauf sollten als „nicht-verhandelbar“ gelten. Zu guter letzt werde die zweite Intifada allen Menschen mit Gewissen im Gedächtnis bleiben „as a fight for freedom, human rights, and justice“. Auch in der Zukunft bleibe der Volksaufstand eine Option.

Abgerundet wird das Buch durch das exzellente Vorwort von Kathleen und Bill Christison sowie durch die überzeugende Einleitung von Jennifer Loewenstein, einer US-amerikanischen Aktivistin und assoziierten Mitglieds im Middle East Studies Program der University of Wisconcin-Madison. Sie benutzen eine deutliche Sprache, um die Greueltaten der israelischen Besatzungsarmee zu beschreiben, die der palästinensischen Bevölkerung in der über 40-jährigen Besatzungsherrschaft zugefügt worden sind. Ein sehr überzeugendes Buch.