Liegt Jean-Claude Junckers Zukunft wirklich in Europa? |
Die Wahlen zum Europaparlament sollten eigentlich den politisch Verantwortlichen die Augen geöffnet haben. Erstmalig besteht diese Versammlung zu einem Drittel aus europäischen Realisten. Dieser Machtverschiebung sollte auch seitens der Staats- und Regierungschefs in der Person eines EU-Kommissionspräsidenten Rechnung getragen werden. Dass dafür weder Jean-Claude Juncker noch Martin Schulz in Frage kommen, versteht sich von selbst. Ersterer hat seine politische Karriere bereits hinter sich, letztere wäre der geeignete Kandidat für den EU-Botschafterposten in der Ukraine.
Ursprünglich hatte die Bundeskanzlerin ihren „Parteifreund“ Juncker bereits beim ersten Treffen der Staats- und Regierungschefs nach der Wahl fallengelassen. Nur aufgrund des massiven Protestes der EU-Lobbyisten und der SPD hat es sich die Kanzlerin noch einmal „überlegt“ und sich wieder hinter Juncker gestellt! Wer glaubt, dass sich an ihrer ersten Entscheidung etwas ändern könnte, verkennt Merkels Machtinstinkt. Hat sie nicht schon schwergewichtige „Parteifreunde“ aus der CDU weiland Alt-Kanzler Helmut Kohl oder den CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble abserviert?
Mit Juncker verbindet Merkel gar nichts. Juncker war es, der die Bundeskanzlerin immer wieder wegen ihrer Euro-Rettungspolitik kritisiert hat und ihr politisch in den Rücken gefallen ist. Auch sollten die Staats- und Regierungschefs, die das alleinige Vorschlagsrecht für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten haben, nicht vergessen, dass sie durch die Show von Juncker und Schulz in ihrer Eitelkeit verletzt worden sind, weil die beiden so getan haben, als habe das EU-Volk eine Wahl, über irgendetwas zu entscheiden. Vielleicht dämmert es der EU-Bevölkerung, dass sie zu einer Wahl gerufen worden ist, die eigentlich einem Hütchenspieler-Trick auf einem Kirmes-Rummel ähnlicher war als einer demokratischen Wahl. Die Europawahl 2014 war Demokratie á la EU. Als einer der wenigen hat der Publizist Henryk M. Broder in seinen beiden Publikationen gegen diese Farce mobil gemacht.
Wenn jetzt die Medien-Claqueure so tun, als würde hier gegen den „Wählerwillen“ eines EU-Wahlvolkes verstoßen, so zeigen sie nur ihre parteiische Rolle in diesem manipulativen Machtspiel. Nur den Staats- und Regierungschefs kommt nach den EU-Verträgen das Recht zu, den Kommissionspräsidenten zu ernennen, der dann vom EU-Parlament abzunicken ist. Ein Wählervotum in Sachen EU-Kommissionspräsident hat es jedenfalls laut EU-Verträgen bei der Europawahl nicht gegeben. Ein solches gab nur virtuell in den Köpfen von Juncker, Schulz und den medialen EU-Ideologen.
Juncker ist wahrlich kein Freund der Deutschen. Oder wie es Jan Fleischhauer auf Spiegel-Online treffend formuliert vielleicht auch nur so lange, „wie sie für die Schulden ihrer Nachbarn aufkommen, ohne darüber zu laut zu murren“. Dass die Bundeskanzlerin sich überhaupt für solch einen „Spitzenkandidaten“ hatte erwärmen können, scheint nur ihrem unergründlichen Machtkalkül geschuldet zu sein. Man kann politisch einen unbequemen Kandidaten auch dadurch abservieren, dass man ihm seine vermeindliche Unterstützung zusichert, wohl wissend, dass er niemals durchsetzbar sein wird.
Um seiner antideutschen Haltung noch die Krone aufzusetzen, erklärte Junker auf dem Höhepunkt der Euro-Krise zur Haltung der deutschen Regierung: „Das ist Teil des Problems, so zu tun, als ob Deutschland das einzige tugendhafte Land der Welt wäre, als ob Deutschland die Zeche für alle anderen Länder bezahlen müsste. Das ist in hohem Maße beleidigend für die anderen." Vielleicht leitet Juncker seine Befähigung zum EU-Kommissionspräsidenten aus dieser Funktion ab. „Seine eigentliche Leistung besteht darin, 18 Jahre lang Regierungschef eines Landes gewesen zu sein, dessen Geschäftsmodell darauf beruhte, Steuerflüchtigen aus Nachbarländern einen sicheren Hafen zu bieten. Wie man von dem Geld anderer Leute lebt, davon versteht der Mann also etwas.“ Und süffisant fragt Jan Fleischhauer, warum sich gerade die SPD für solch eine fragwürdige Person stark mache? Könnte das etwa etwas mit dem plötzlich entstandenen „Versorgungsfall“ Martin Schulz zu tun haben?
Juncker gehört zu denjenigen Politikern, die aus der Währungsunion eine Schuldenunion zu Lasten Deutschlands machen wollen. Dass ihn gerade der italienische Regierungschef Matteo Renzi unterstützt, dürfte niemanden verwundern. Wenn sich Kanzlerin Merkel zwischen Juncker und dem britischen Regierungschef David Cameron entscheiden muss, kann Merkels Antwort auf Junckers Ehrgeiz nur „Nein“ lauten. Vaclav Claus, der ehemalige tschechische Präsident, wäre für die augenblicklichen Machtverhältnisse in Europa und seinem „Parlament“ eine realistische Alternative zum Merkel-kritischen Juncker.