In den USA und Teilen Westeuropas findet seit Jahren eine „Hexenjagd“ auf Kritiker(innen) der israelischen Regierungspolitik statt. Sollte in den USA der „Hate Crimes Prevention Act“ durch den US-Kongress verabschiedet werden, würde jede Kritik am israelischen Regierungshandeln kriminalisiert. Die freie Meinung wäre dann im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ perdu. Das jüngste Beispiel öffentlichen Mobbings ist Charles Freeman, ein ehemaliger US-Botschafter in Saudi-Arabien und China, der für den Job des Geheimdienstkoordinators vorgesehen war. Als dies öffentlich wurde, begann eine beispiellose Verleumdungskampagne, sodass Freeman auf die Ernennung verzichtete. In einer öffentlichen Erklärung schrieb er über die Methoden dieser „Hexenjagd“: „Die Taktiken der Israel-Lobby stellen Höhepunkte der Schande und Unanständigkeit dar, sie schließen Rufmord ebenso mit ein wie selektive falsche Zitate, vorsätzliche Verfälschung der Fakten, Fabrikation von Unwahrheiten und vollkommene Missachtung der Wahrheit.“ Prominentestes Opfer aus dem akademischen Bereich ist Norman G. Finkelstein, der aufgrund massiven Mobbings nicht zum Professor auf Lebenszeit ernannt worden ist. Auch Professor Joel Kovel wurde vom Bard College gemobbt.
Den Hintergrund dieses Meinungskampfes bildet der Israel-Palästina-Konflikt. Konkret geht es um die Deutungshoheit der Begriffe Judentum, Zionismus, Antizionismus und Antisemitismus. Wo eine klare Trennung geboten erscheint, herrschen ein begriffliches Durcheinander und eine semantische Begriffsverschiebung vor, die aus einem Kritiker des Zionismus und der israelischen Besatzungspolitik umgehend einen „Antisemiten“ macht. Handelt es sich aber um einen Kritiker jüdischen Glaubens, wird dieser als „jüdischer Selbsthasser“ verleumdet. Um eine semantische Begriffsverschiebung handelt es sich, wenn einem Kritiker der zionistischen Ideologie unterstellt wird, dieser meine mit seiner Kritik in Wirklichkeit „die Juden“.
Hajo G. Meyer hat in dem vorliegenden Bändchen zur Klärung der Begriffe einen wichtigen Beitrag geleistet. Der Autor wurde in Bielefeld geboren und flüchtet 1939 nach Holland. 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert. Gott sei Dank überlebte er diese Hölle. Als promovierter Physiker leitet er bis zu seiner Pensionierung die Forschungsabteilung bei Philips. Sein Buch „Das Ende des Judentums“, das im Melzer Verlag erschienen ist, hat für einigen Wirbel gesorgt. Er wurde als „Holo mit Hajo – Wie zwei Juden den Leipziger xxx xxxxx machen“ verleumdet und diffamiert, sodass er sich gerichtlich dagegen zur Wehr setzte, aber erfolglos, weil das Gericht der Ansicht war, dass man sich dies gefallen lassen müsse. Das Makabere an diesem journalistischen Schmierenstück war, dass es von einem jüdischen deutschen Journalisten aufgeführt worden ist.
Einleitend setzt sich der Autor mit den verheerenden Folgen des Holocaust und dessen Folgen für Juden und Nicht-Juden auseinander und wie die Schuldgefühle durch Begriffsverwirrung missbraucht werden. Sodann zeigt er auf, dass nicht jeder Jude Zionist, nicht jeder Zionist ein Jude und nicht jeder Antizionist ein Antisemit ist. Nach Meyer sind „Antisemit“ und „Antizionist“ inhaltlich völlig verschiedene Begriffe. „Ein Antisemit ist gegen Eigenschaften von Juden, ein Antizionist gegen Taten des zionistischen Staates Israel.“ Der Unterscheid zwischen „einem Juden“ und „einem Zionisten“ sei ähnlich dem zwischen „einem Russen“ und „einem Bolschewiken“. Es gehe also um den Unterschied zwischen einer politischen Meinung gegenüber einer Regierung und der Verbundenheit mit einem soziokulturellen Erbe.
Im Kapitel „Antizionismus und jüdischer Selbsthass“ weist Meyer auf den Umstand hin, dass es viele Juden gab und gibt, die Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung üben. In diesem Zusammenhang zitiert er Beispiele, dass die „wichtigste Gruppe von jüdischen Selbsthassern ausgerechnet unter den Pionieren des Zionismus selbst zu finden ist“. Wie hasserfüllt Aaron David Gordon die Juden charakterisiert habe, so „könnten es auch die schlimmsten Antisemiten nicht sagen“. Ein anderes Beispiel für „jüdischen Selbsthass“ sei ein Gedicht von Zeev Jabotinsky aus seinem „Betar Gesangbuch“.
Abschließend erinnert Meyer Israel an das Dritte Buch Mose, in dem die Weisung ergangen ist, wie mit Fremden im eigenen Land umzugehen sei. Diese Begriffsklärung war überfällig. Es ist zu hoffen, dass es zur Versachlichung der Debatte beiträgt. Ob aber alle an einer solchen interessiert sind, darf frei nach dem Motto „Warum sachlich, wenn es auch polemisch geht“ bezweifelt werden.
In: Semit. Unabhängige jüdische Zeitschrift, (2009) 3, S. 49 f.
Den Hintergrund dieses Meinungskampfes bildet der Israel-Palästina-Konflikt. Konkret geht es um die Deutungshoheit der Begriffe Judentum, Zionismus, Antizionismus und Antisemitismus. Wo eine klare Trennung geboten erscheint, herrschen ein begriffliches Durcheinander und eine semantische Begriffsverschiebung vor, die aus einem Kritiker des Zionismus und der israelischen Besatzungspolitik umgehend einen „Antisemiten“ macht. Handelt es sich aber um einen Kritiker jüdischen Glaubens, wird dieser als „jüdischer Selbsthasser“ verleumdet. Um eine semantische Begriffsverschiebung handelt es sich, wenn einem Kritiker der zionistischen Ideologie unterstellt wird, dieser meine mit seiner Kritik in Wirklichkeit „die Juden“.
Hajo G. Meyer hat in dem vorliegenden Bändchen zur Klärung der Begriffe einen wichtigen Beitrag geleistet. Der Autor wurde in Bielefeld geboren und flüchtet 1939 nach Holland. 1944 wurde er nach Auschwitz deportiert. Gott sei Dank überlebte er diese Hölle. Als promovierter Physiker leitet er bis zu seiner Pensionierung die Forschungsabteilung bei Philips. Sein Buch „Das Ende des Judentums“, das im Melzer Verlag erschienen ist, hat für einigen Wirbel gesorgt. Er wurde als „Holo mit Hajo – Wie zwei Juden den Leipziger xxx xxxxx machen“ verleumdet und diffamiert, sodass er sich gerichtlich dagegen zur Wehr setzte, aber erfolglos, weil das Gericht der Ansicht war, dass man sich dies gefallen lassen müsse. Das Makabere an diesem journalistischen Schmierenstück war, dass es von einem jüdischen deutschen Journalisten aufgeführt worden ist.
Einleitend setzt sich der Autor mit den verheerenden Folgen des Holocaust und dessen Folgen für Juden und Nicht-Juden auseinander und wie die Schuldgefühle durch Begriffsverwirrung missbraucht werden. Sodann zeigt er auf, dass nicht jeder Jude Zionist, nicht jeder Zionist ein Jude und nicht jeder Antizionist ein Antisemit ist. Nach Meyer sind „Antisemit“ und „Antizionist“ inhaltlich völlig verschiedene Begriffe. „Ein Antisemit ist gegen Eigenschaften von Juden, ein Antizionist gegen Taten des zionistischen Staates Israel.“ Der Unterscheid zwischen „einem Juden“ und „einem Zionisten“ sei ähnlich dem zwischen „einem Russen“ und „einem Bolschewiken“. Es gehe also um den Unterschied zwischen einer politischen Meinung gegenüber einer Regierung und der Verbundenheit mit einem soziokulturellen Erbe.
Im Kapitel „Antizionismus und jüdischer Selbsthass“ weist Meyer auf den Umstand hin, dass es viele Juden gab und gibt, die Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung üben. In diesem Zusammenhang zitiert er Beispiele, dass die „wichtigste Gruppe von jüdischen Selbsthassern ausgerechnet unter den Pionieren des Zionismus selbst zu finden ist“. Wie hasserfüllt Aaron David Gordon die Juden charakterisiert habe, so „könnten es auch die schlimmsten Antisemiten nicht sagen“. Ein anderes Beispiel für „jüdischen Selbsthass“ sei ein Gedicht von Zeev Jabotinsky aus seinem „Betar Gesangbuch“.
Abschließend erinnert Meyer Israel an das Dritte Buch Mose, in dem die Weisung ergangen ist, wie mit Fremden im eigenen Land umzugehen sei. Diese Begriffsklärung war überfällig. Es ist zu hoffen, dass es zur Versachlichung der Debatte beiträgt. Ob aber alle an einer solchen interessiert sind, darf frei nach dem Motto „Warum sachlich, wenn es auch polemisch geht“ bezweifelt werden.
In: Semit. Unabhängige jüdische Zeitschrift, (2009) 3, S. 49 f.