Der israelisch-palästinensische Konflikt ist bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet. „Neues“ - in Form wirklicher Erkenntnisse oder Kompromisse - ist seitens Israels nicht zu erwarten. Die Antwort wurde im letzten Gazakrieg in Form der schrecklichen Völkerrechts- und Menschenrechtsverstößen gegeben, welche das moralische Gewissen der Weltöffentlichkeit zwar empört haben, aber durch machtpolitischen Druck auf die Vereinten Nationen im Keim erstickt worden sind. Umso wichtiger ist das Buch von Neve Gordon, Professor für Politik und Regierungslehre an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva, der die über 40-jährige Besatzungspolitik seines Landes detailliert beschreibt und analysiert. Obgleich akademisch ausgerichtet, wendet sich das Buch an alle, die sich noch ein Mindestmaß an Gerechtigkeitsempfinden und Menschenwürde bewahrt haben.
Neve Gordon beschreibt die Geschichte einer Besatzungsmacht, die auszog „gütig und aufgeklärt“ sein zu wollen, die aber beim 22-tägigen Dauerangriff gegenüber einer im Prinzip wehrlosen und gefangenen Bevölkerung um die Jahreswende 2008/2009 als brutalste in den Augen der Weltöffentlichkeit geendet hat. Dass der Verteidigungsminister die Chuzpah hatte, diese Armee immer noch als „die moralistischste“ der Welt zu bezeichnen, löste außerhalb Israels nur Kopfschütteln und Unverständnis aus. Wie die Wahrheit über dieses 22-tägige schreckliche Dauerbombardement versucht wird zu unterdrücken, macht die Tatsache deutlich, dass die US-Regierung das Büro des UN-Generalsekretärs wissen ließ, dass eine vollständige Veröffentlichung des UN-Berichts die „Friedensgespräche beeinträchtigen“ würde. Wenn schon die Vereinten Nationen unter ihrem US-abhängigen Generalsekretär ihrer Aufgabe nicht gerecht werden, umso größere Bedeutung kommen dann den Veröffentlichungen von Menschrechtsorganisationen oder derjenigen von Neve Gordon zu.
Der Autor stellt die Frage, wie es zu einer solch brutalen Besetzung kommen konnte. Lagen die Gründe in den Entscheidungen von Politikern oder Militärs, oder lag es an den Strukturen der Besetzung? Gordon entscheidet sich für das Letztere. Ursprünglich „funktionierte die Besetzung gemäß dem kolonialistischen Prinzip“, das das Leben der Menschen verwalten wollte, während es gleichzeitig für die Ausbeutung der Ressourcen sorgte. Bereits kurz nach dem Sechstagekrieg hatte der General und spätere Oberste Richter Meir Shamgar vorgeschlagen, die besetzen Gebiete nicht als solche, sondern als „umstrittene“ zu bezeichnen, was schließlich in den US-amerikanischen politischen Sprachgebrauch unter Präsident Bill Clinton Einzug gefunden hat. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er von so genannten besetzten Gebieten sprach.
Verstand Israel seine Okkupation palästinensischen Landes zu Beginn noch als eine „gütige Besetzung“, die gemäß Moshe Dayans Diktum „Don´t rule over them, let them rather lead their own lives“ funktionieren sollte, änderte sich diese Methode dahingehend, die vom Autor als eine Veränderung von einer „Politik des Lebens zu einer Politik des Todes“ charakterisiert wird. Israel wollte durch seine Okkupation zwar die „Braut“, aber nicht den „Brautpreis“ bezahlen, das heißt, Israel wollte das Land ohne seine ursprünglichen Bewohner. Auch die Beherrschung der Bevölkerung durch „village leagues“, die der israelischen Besetzung etwas Positives abgewinnen konnten, sei gescheitert. Ob die Neuauflage unter Mahmud Abbas erfolgreicher sein wird, ist nicht zu erwarten.
Gordon zeichnet ein realistisches Bild des so genannten Friedensprozesses, der außer in den USA und Westeuropa nirgends als ein solcher gesehen worden ist, schon gar nicht in Palästina, abgesehen von der davon profitierenden politischen Klasse. Nach Meinung des Autors wurde die „Palästinensische Nationale Behörde“ als ein Kontrollinstrument gegenüber der eigenen Bevölkerung ins Leben gerufen. Als sie diese Funktion auch unter Yassir Arafat nicht mehr erfüllen konnte, änderte Israel die Methoden der Kontrolle. Die Okkupationsmacht etablierte eine Art von „Fernkontrolle“ durch die Einrichtung von „Kontrollpunkten“ und „Barrieren“ sowie den massiven Einsatz von F-16 Kampfbombern, Apache Kampfhubschraubern etc.
Die Argumente des Autors sind schwerlich zu widerlegen, weil sie durch unzählige Regierungs- und Militärdokumente wohl begründet sind. Sie zeigen, wie die Besatzungsmacht nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Zukunft mit der „demographischen“ und der „militärischen“ „Gefahr“ einer Bevölkerung umgehen will, der man schon jetzt keinerlei Bürger- und Menschenrechte zubilligt. Dass es dadurch zu einer Bedrohung durch der Hamas kommen konnte, überrascht nicht, ist sie doch auf die „excesses and contradictions produced by Israel´s controlling apparatus and practices“ inklusive der tatkräftigen Unterstützung in der Anfangsphase seitens der Besatzungsmacht zurückzuführen. Gordon bedauert zu Recht die Konsolidierung von Hamas, „weil sie sich extrem negativ für alle diejenigen auswirken wird, die sich für die Gründung einer säkularen Demokratie in Palästina“ eingesetzt haben.
Neve Gordon hat in den neunziger Jahren als Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „Physicians for Human Rights“ bereits enorme Zivilcourage gezeigt. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass er ein solch überzeugendes Buch vorgelegt hat. Aber wenn man sieht, wie selbst der entsetzliche Angriff auf die Bevölkerung des größten „Freiluftgefängnisses“ der Welt in einen Selbstverteidigungskrieg umgedeutet worden ist, scheinen sich die Argumente eines israelischen Wissenschaftlers, der sich auf die führenden Menschrechtsorganisationen seines Landes stützt, wie ein Kampf zwischen David und Goliath auszunehmen. Die Analyse von 40 Jahren israelischer Besatzungspolitik ist allen Lesern und Leserinnen wärmstens empfohlen, insbesondere der deutschen und US-amerikanischen politischen Elite, deren Beratungsresistenz und Realitätsverweigerung beeindruckend sind.
Neve Gordon beschreibt die Geschichte einer Besatzungsmacht, die auszog „gütig und aufgeklärt“ sein zu wollen, die aber beim 22-tägigen Dauerangriff gegenüber einer im Prinzip wehrlosen und gefangenen Bevölkerung um die Jahreswende 2008/2009 als brutalste in den Augen der Weltöffentlichkeit geendet hat. Dass der Verteidigungsminister die Chuzpah hatte, diese Armee immer noch als „die moralistischste“ der Welt zu bezeichnen, löste außerhalb Israels nur Kopfschütteln und Unverständnis aus. Wie die Wahrheit über dieses 22-tägige schreckliche Dauerbombardement versucht wird zu unterdrücken, macht die Tatsache deutlich, dass die US-Regierung das Büro des UN-Generalsekretärs wissen ließ, dass eine vollständige Veröffentlichung des UN-Berichts die „Friedensgespräche beeinträchtigen“ würde. Wenn schon die Vereinten Nationen unter ihrem US-abhängigen Generalsekretär ihrer Aufgabe nicht gerecht werden, umso größere Bedeutung kommen dann den Veröffentlichungen von Menschrechtsorganisationen oder derjenigen von Neve Gordon zu.
Der Autor stellt die Frage, wie es zu einer solch brutalen Besetzung kommen konnte. Lagen die Gründe in den Entscheidungen von Politikern oder Militärs, oder lag es an den Strukturen der Besetzung? Gordon entscheidet sich für das Letztere. Ursprünglich „funktionierte die Besetzung gemäß dem kolonialistischen Prinzip“, das das Leben der Menschen verwalten wollte, während es gleichzeitig für die Ausbeutung der Ressourcen sorgte. Bereits kurz nach dem Sechstagekrieg hatte der General und spätere Oberste Richter Meir Shamgar vorgeschlagen, die besetzen Gebiete nicht als solche, sondern als „umstrittene“ zu bezeichnen, was schließlich in den US-amerikanischen politischen Sprachgebrauch unter Präsident Bill Clinton Einzug gefunden hat. Der ehemalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er von so genannten besetzten Gebieten sprach.
Verstand Israel seine Okkupation palästinensischen Landes zu Beginn noch als eine „gütige Besetzung“, die gemäß Moshe Dayans Diktum „Don´t rule over them, let them rather lead their own lives“ funktionieren sollte, änderte sich diese Methode dahingehend, die vom Autor als eine Veränderung von einer „Politik des Lebens zu einer Politik des Todes“ charakterisiert wird. Israel wollte durch seine Okkupation zwar die „Braut“, aber nicht den „Brautpreis“ bezahlen, das heißt, Israel wollte das Land ohne seine ursprünglichen Bewohner. Auch die Beherrschung der Bevölkerung durch „village leagues“, die der israelischen Besetzung etwas Positives abgewinnen konnten, sei gescheitert. Ob die Neuauflage unter Mahmud Abbas erfolgreicher sein wird, ist nicht zu erwarten.
Gordon zeichnet ein realistisches Bild des so genannten Friedensprozesses, der außer in den USA und Westeuropa nirgends als ein solcher gesehen worden ist, schon gar nicht in Palästina, abgesehen von der davon profitierenden politischen Klasse. Nach Meinung des Autors wurde die „Palästinensische Nationale Behörde“ als ein Kontrollinstrument gegenüber der eigenen Bevölkerung ins Leben gerufen. Als sie diese Funktion auch unter Yassir Arafat nicht mehr erfüllen konnte, änderte Israel die Methoden der Kontrolle. Die Okkupationsmacht etablierte eine Art von „Fernkontrolle“ durch die Einrichtung von „Kontrollpunkten“ und „Barrieren“ sowie den massiven Einsatz von F-16 Kampfbombern, Apache Kampfhubschraubern etc.
Die Argumente des Autors sind schwerlich zu widerlegen, weil sie durch unzählige Regierungs- und Militärdokumente wohl begründet sind. Sie zeigen, wie die Besatzungsmacht nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Zukunft mit der „demographischen“ und der „militärischen“ „Gefahr“ einer Bevölkerung umgehen will, der man schon jetzt keinerlei Bürger- und Menschenrechte zubilligt. Dass es dadurch zu einer Bedrohung durch der Hamas kommen konnte, überrascht nicht, ist sie doch auf die „excesses and contradictions produced by Israel´s controlling apparatus and practices“ inklusive der tatkräftigen Unterstützung in der Anfangsphase seitens der Besatzungsmacht zurückzuführen. Gordon bedauert zu Recht die Konsolidierung von Hamas, „weil sie sich extrem negativ für alle diejenigen auswirken wird, die sich für die Gründung einer säkularen Demokratie in Palästina“ eingesetzt haben.
Neve Gordon hat in den neunziger Jahren als Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „Physicians for Human Rights“ bereits enorme Zivilcourage gezeigt. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass er ein solch überzeugendes Buch vorgelegt hat. Aber wenn man sieht, wie selbst der entsetzliche Angriff auf die Bevölkerung des größten „Freiluftgefängnisses“ der Welt in einen Selbstverteidigungskrieg umgedeutet worden ist, scheinen sich die Argumente eines israelischen Wissenschaftlers, der sich auf die führenden Menschrechtsorganisationen seines Landes stützt, wie ein Kampf zwischen David und Goliath auszunehmen. Die Analyse von 40 Jahren israelischer Besatzungspolitik ist allen Lesern und Leserinnen wärmstens empfohlen, insbesondere der deutschen und US-amerikanischen politischen Elite, deren Beratungsresistenz und Realitätsverweigerung beeindruckend sind.