Nachdem die palästinensische Führung 20 Jahre lang mit verschiedenen israelischen Regierungen über eine Lösung des Nahostkonflikts verhandelt hat, hat sie die Nase voll von der Farce, die die USA, der übrige Westen und sogar die besetzten Palästinenser unter der Führung von Mahmud Abbas "Friedensprozess" nennen. Abbas und seine Kumpane bitten die Vereinten Nationen, dem "Staat Palästina" den Status eines Vollmitglieds zu gewähren. Die israelische Regierung widersetzt sich diesem Antrag heftig, und so machen es auch die USA. Seit 1967, als die israelischen Verletzungen internationaler Normen immer wieder vor den UN-Sicherheitsrat gebracht wurden, hat die US-Regierung Israel lässig den Rücken gestärkt. Für die große Mehrheit der US-Regierungen war Israel immer "the good guy", sogar nachdem es im Juni-Krieg 1967 die USS Liberty vor der Küste Israels in internationalen Gewässern angegriffen und 34 US-Marines getötet hat. Bei der Frage, wer für den Stillstand in den Friedensverhandlungen in Nahost in den letzten 80 Jahren verantwortlich ist, ist das Buch "Israeli Rejectionism" aktuell.
Schon in der Einleitung zu diesem Buch machen die Autoren die israelische Führung für ihre Haltung der Zurückweisung gegenüber einem Frieden verantwortlich. "Unser Standpunkt ist es, dass Israel niemals vorrangig daran interessiert war, mit seinen Nachbarn Frieden zu schließen, wenn ein solcher Frieden nicht gänzlich zu seinen Bedingungen war." Nach Ansicht der Autoren hat Israel wiederholt verkündet, es sei dem Frieden verpflichtet, aber seine reale Politik war es, jeder realen Chance für Frieden entgegen zu arbeiten. Seine Führung war immer überzeugt, "dass Frieden nicht im Interesse Israels ist". Die Geschichte zeigt, dass das bis heute zutrifft. Diese einen Frieden zurückweisende Haltung hat sich nicht erst 1967 mit der Besetzung des übrigen Palästinas, auch nicht mit der Staatsgründung 1948 entwickelt, sondern kann bis zu den ersten zionistischen Führern zurückverfolgt werden, wie Theodor Herzl und besonders David Ben-Gurion, wie die Autoren schreiben. Als ein vorweggenommenes Resümee der Autoren kann man feststellen: Nicht Israel hat keinen "Partner für den Frieden", mit man zusammenarbeiten kann, wie die israelische Propaganda der Öffentlichkeit erzählt, sondern andersherum wird ein Schuh daraus: die Palästinenser haben keinen zuverlässigen "Partner für den Frieden". Um diese irrige Ansicht zu beweisen, durchlaufen sie eine Skala von Statements beginnend mit dem Slogan "Palästina – Heimat für die Juden?" über "Barak wirft jeden Stein zurück" bis zu "Frieden geht den Bach hinunter". Auf dieser Reise finden sie die Partei, die sich dem Frieden widersetzt: die verschiedenen Regierungen Israels.
Diese Behauptung der Autoren läuft der Propaganda durch die israelische Hasbara und ihrer Freunde in den USA und anderswo zuwider. Beide Autoren waren anfangs treue Anhänger der sozialistischen zionistischen Sache, die dem neugeborenen Staat mit der Kibbuz-Bewegung diente. Über viele Jahre waren sie treue Anhänger der zionistischen Ideologie. Besonders Zalman Amit war entschiedener Zionist, der sogar Botschafter der Vereinten Kibbuz-Bewegung in Kanada war. Dort hielt er Reden über die Werte des Zionismus. Auf einem der jüdischen Treffen, die er organisierte, hielt er einen Vortrag, den er nach den Normen der Ideologie der linksgerichteten Zionisten ausgearbeitet hatte. Nachdem er geendet hatte, fragte ihn ein israelischer Freund, der mehrere Tage lang an den Zusammenkünften teilgenommen hatte: "Glaubst du das alles wirklich?" Dann erklärte er ihm, dass Ben-Gurion "niemals Frieden wollte". Die zionistische Fassade brach langsam zusammen. Beide Autoren waren im Juni-Krieg 1967 eingerückt. Nach dem Sechs-Tage-Krieg hatten sie schließlich das Aha-Erlebnis in der Betrachtung der Realität des Zionismus. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits erwachsen. Damals erkannten sie, wie schwierig es war sich selbst einzugestehen, dass sie einem Wunschtraum angehangen haben. Schließlich realisierten sie, dass Israel immer die Seite war, die Friedenschancen mit den Arabern sabotiert hatte. Moshe Dayans berühmte "Telefonstrategie" war für ihn eine Ausrede "nichts zu tun". Israel wartete auf einen Telefonanruf von den Arabern, aber der Anruf kam nie!
Viele Historiker und Politiker schätzen den ersten israelischen Premierminister David Ben-Gurion sehr. Aber das Bild, das die Autoren von seiner Politik zeichnen, zeigt ihn als bloßen Neinsager; er tat alles, um jeden Kompromiss mit der arabischen Seite zu sabotieren. Seine Politik war nach Meinung der Autoren, so viel Territorium wie möglich mit einem Minimum an arabischen Bewohnern zu erlangen. Wie seine Schriften zeigen, waren seine politischen Optionen Transfer und Vertreibung. Als Israel 1956 gemeinsam mit Frankreich und England den Sinai eroberte, sprach er vom "Königreich Israel" mit biblischen Grenzen, aber er vermied jede konkrete Festlegung, wo Israels Grenzen verlaufen sollten. Einen Tag vor der Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel stellte sich bei einem Treffen zionistischer Politiker die Frage der Grenzen. Laut Protokoll sagte Ben-Gurion, das sollte den "Entwicklungen" überlassen werden, ein Euphemismus für spätere Eroberungen. Seit diesem Tag vermeidet die israelische Führung jede Aussage über den genauen Grenzverlauf. Die Autoren zeigen, dass der frühere ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser mehrere Friedensinitiativen startete, aber umsonst.
Die zionistische Führung war nicht daran interessiert und stellte ihn "als einen Feind des Staates Israel" dar. Ben-Gurion intrigierte auch gegen seinen Nachfolger Moshe Sharett. Er war - gemeinsam mit den Kolonialmächten Frankreich und England - eine treibende Kraft in der Konspiration von 1956 gegen Ägypten, um Nasser im Krieg von 1956 zu stürzen. Obwohl dieser Angriff militärisch erfolgreich war, wurde er, besonders für Ben-Gurion, zum Pyrrhus-Sieg. Die USA versuchten, Israel im UN-Sicherheitsrat als Aggressor verurteilen zu lassen. Zum ersten Mal setzten England und Frankreich ihr Veto gegen die USA ein. Massiver Druck von der Eisenhower-Administration führte zum Rückzug aller Besatzungstruppen von ägyptischem Territorium. Ben-Gurions "Drittes Königreich Israel" war von kurzer Dauer, es dauerte gerade einmal vier Tage.
Zwischen 1956 und 1967 gab es eine Anzahl militärischer Überfälle und Provokationen durch Israel gegen seine arabischen Nachbarn, so auf den Golan und in Gaza. Nach dem Junikrieg von 1967 wurde Ben-Gurions Traum wahr. Israel hatte Land erobert und berief sich auf "biblischen Anspruch". Nach den Autoren war Israel "vergiftet" von seiner Errungenschaft von "messianischem Ausmaß". In dieser Art "trunkener Euphorie" bezogen sich sogar selbst-ernannte Tauben wie Abba Eban auf die Waffenstillstandslinie als auf die "Auschwitz-Linien", und der Nationalist Menachem Begin forderte die vollständige Annexion der Westbank und Gazas. Die Autoren zeigen, dass die israelische Regierung gleich mit seinem kolonialen Projekt startete, indem es das an die Klagemauer angrenzende Viertel Mugraby räumte und zerstörte. Zu dieser Zeit verfasste Yigal Alon seinen berühmten "Alon-Plan", der noch immer als Blaupause für Israels expansionistische Politik dient.
Nach den Autoren – Zalman Amit und Daphna Levit – gibt es keine großen Unterschiede zwischen Labor-, Kadima- oder Likud-geführten Regierungen in Bezug auf die Kolonisierung der besetzten Gebiete. Was die drei politischen Lager voneinander trennt, ist nur eine Sache der Rhetorik. Zwischen dem Junikrieg 1967 und dem Yom Kippur-Krieg von 1973 gab es mehrere Friedensinitiativen von Präsident Nasser und seinem Nachfolger Anwar al-Sadat, aber Israel war nur gewillt "Frieden" zu seinen eigenen Bedingungen zu schließen. Die "expansionistischen Positionen" in der führenden politischen Klasse Israels dauerten an, wie das "Galilee document" enthüllt, das Israel Galili, ein Vertrauter von Ministerpräsidentin Golda Meir verfasste. "Es gab keinen entgegenkommenden Schritt in Richtung Frieden, und das stärkte wieder die Bereitschaft Ägyptens und Syriens zu einem Krieg."
Obwohl der Staat Israel die Oberhand hatte, beschädigte der plötzlich ausbrechende Yom Kippur-Krieg das Gefühl von Unbesiegbarkeit und ließ Israel mit einem Nach-Kriegs-Trauma zurück. Einige israelische Politiker realisierten, dass der Nahostkonflikt nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden kann, sondern nur durch ein Friedensabkommen. Der Grund, weshalb der Friedensprozess nirgendwohin geführt hat, liegt nach den Autoren in der Unwilligkeit des Landes, die besetzten Gebiete aufzugeben und die nationalen Bestrebungen des palästinensischen Volkes anzuerkennen. Der israelische Starrsinn setzte sich unter der Regierung von Menachem Begin fort, auch wenn er Frieden mit Ägypten schloss. Nach dem Fiasko im Libanon wurde er 1983 durch Yitzhak Shamir abgelöst. Shamir "war der Meinung, die einzig akzeptable Position für Israel sei auf keinen Fall ein Rückzug, und Frieden stand nicht oben auf seiner Agenda". Als Shamir bei den Wahlen von 1992 Yitzhak Rabin unterlag, machte er klar, "seine Absicht sei gewesen, die Verhandlungen mindestens zehn Jahre lang hinzuziehen". Die Friedenskonferenz 1991 in Madrid kam überein, dass alle Konfliktparteien unter der Schirmherrschaft von Washington verhandeln sollten.
Aus Raumgründen kann nicht jedes historische Ereignis, über das die Autoren schreiben, kommentiert werden. Eine Periode ist es aber doch wert, erwähnt zu werden. Es ist die kurze Amtszeit von Ministerpräsident Ehud Barak. Er ist einer der israelischen Politiker, die am meisten alles zurückgewiesen haben, auch wenn er sich bis 2011 im Labor-Gewand verstellte, der Partei, die von einigen politischen Experten noch immer als "linksgerichtet" betrachtet wird. Er kommt aus der zionistischen Kibbuz-Bewegung, als Rabins Innenminister stimmte er gegen die Oslo-Verträge, und als Israels Ministerpräsident machte er nicht nur die Überreste des sogenannten Friedensprozesses zunichte, sondern trug auch zum Verschwinden der sogenannten Zionistischen Linken bei. Seine Rolle in Camp David im Jahr 2000 war nur destruktiv. Er spielte nicht nur mit den Amerikanern, sondern auch mit Arafat und der israelischen Öffentlichkeit. Er und Clinton schoben die Schuld für den Misserfolg in Camp David auf Arafat. In Wirklichkeit war er es, der alle täuschte, um seine ablehnende Haltung zu verschleiern. Die Autoren beweisen das, indem sie Personen zitieren, die diesem Treffen beiwohnten, das zu einem Frieden hätte führen können, wenn die USA die Rolle eines "seriösen Maklers" gespielt hätten.
Nachdem 2001 Ariel Sharon gegen Ehud Barak die Wahlen gewann, sein "Jünger im Geist", hatte Frieden überhaupt keine Chance. Der Vorfall von 9/11 gab Sharon den willkommenen Vorwand, Arafats Administration in den Autonomiegebieten zu demontieren und in den besetzten Gebieten Gräueltaten zu begehen. Die Schilderung der Regierung Olmerts durch die Autoren gibt keine Hoffnung für die Zukunft, gar nicht zu sprechen von der rechtsgerichteten Regierung Netanyahu/Liebermann. Sie kommen zu dem Schluss, dass ein Friedensabkommen niemals eine beschlossene Sache war, da es "nie Israels oberste Priorität" war. Israels militärische Stärke ist einer seiner größten Trümpfe, "aber Israel hat sich praktisch in eine Armee entwickelt, die ein Land hat". Für die Autoren ist Israels Führungsklasse deshalb so erfolgreich, weil sich das israelische Volk selbst als "beschützte Macht" sehen will, und die Siedlungsbewegung ist deshalb so erfolgreich geworden, weil sie sich selbst als rein jüdisch, authentisch und als eine Graswurzel-Macht darstellt. Amit/Levit benennen viele Verzerrungen: Israel ist eine starke Nuklearmacht mit einem mächtigen Militär; das israelische jüdische Volk lebt in einem "selbst-auferlegten Ghetto" und nährt sein eigenes Gefühl, Opfer zu sein, und klagt permanent, von außen bedroht zu sein. Nach Meinung der Autoren werden sie zu ihren Lebzeiten keinen Frieden erleben.
Der besondere Wert des Buches liegt darin, dass es aufzeigt, dass nicht die Araber diejenigen waren, die niemals eine Gelegenheit versäumten eine Gelegenheit zu versäumen, wie Abba Eban zu sagen pflegte. Die wirklichen Neinsager waren und sind die israelischen Eliten, die weiter Land für ihr "Eretz Israel" auf Kosten eines anderen Volkes erlangen wollen. Dass "Israel kein Partner für den Frieden" ist, ist eine kühne, aber gut begründete Schlussfolgerung, die von allen gründlich nachgeprüft werden sollte, die in die Nahostpolitik involviert sind.
(Zalman Amit/Daphna Levit, Israeli Rejectionism. A Hidden Agenda in the Middle East Peace Process, Pluto, London-New York 2011, pp. 208)
Aus dem Englischen übersetzt von K. Nebauer.