Ist „Deutschland von Sinnen“ oder nur der Autor? Dieses Pamphlet ist eine Ansammlung von Ressentiments gegen Feminismus, Homosexuelle, die „grün-links versifften“ Intellektuellen, Zuwanderer, die EU, Gender Mainstreaming, Islam, die „linken“ Medien und andere heilige Kühe des BRD-Mainstreams. Mit seiner Suade gegen die angebliche Political Correctness avanciert Akif Pirincci zum Shootingstar der Neokonservativen, Deutschnationalen und Rechtsextremisten. Er bedient alle Vorurteile des Stammtischs. In diesen Kreisen dürfte sich dieser obszöne Rundumschlag wie warme Semmeln verkaufen, und man vertritt dort die Meinung, dass einer wie Pirincci oder Sarrazin kommen müssten, um einige „Selbstverständlichkeiten“ auszusprechen.
Um die Leser/innen einzulullen, beginnt der Autor unverdächtig poetisch mit einem Lobpreis auf Deutschland, so wie er es sieht, bis dann sein wahres Gesicht zum Vorschein kommt. So geißelt er den „irren Kult um Frauen“. Feuert Breitseiten gegen eine so genannte mächtige Homolobby ab, die für ihn gleich nach dem Beamtenbund kommt. Der Staat habe die Heterosexuellen vergessen und predige daher eine Überhöhung des „anormalen Sex“. Pirincci erklärt, wie „aus dem tapferen Volk der Deutschen, das größte Hosenscheißer-Volk der Welt wurde“. Der Deutsche werde in vielen Ländern als ein „feminisierter, steuerstaatshöriger, Windmühlen und sonstigen sozialen Scheiß anbetender Depp wahrgenommen, den man in jeder Hinsicht super ausnehmen kann“. „Fickt Ihr mich, fick ich Euch“, so lautet einer seiner Slogans. Er wettert gegen Migranten/innen, die von „unseren“ Steuergeldern nicht nur hier, sondern über „die Entwicklungshilfe auch in ihren eigenen Höhlen“ alimentiert werden. Deutschland sei zum „Lieferant sozialer Hängematten“ geworden.
In weiten Teilen bedient sich Pirincci einer derb-obszönen Sprache, die mehr über ihn als die Zustände aussagt, die er anprangert. Die Journalisten/innen der Taz scheint er besonders zu mögen. Wenn jemand über sein überdimensionales Genial meint schreiben zu müssen, und dies besonders den jungen und schönen Damen der Taz zum Anfassen empfiehlt, sollte er sich einer Selbsthilfegruppe für sexuell Geschädigte anschließen oder sich in psychiatrische Behandlung begeben. Er teilt auch gegen die „aggressiven Lesben“ aus, denen die drangsalierten Deutschen Gender Mainstreaming zu verdanken hätten. Frei nach dem Motto: „Wenn meine Tante einen Schwanz hätte, wäre sie mein Onkel.“ Pirincci bedient sich in weiten Teilen einer Fäkalsprache, um sich in einer, wie er es wahrnimmt, von politisch-korrekten Barrieren umstellter Welt Gehör zu verschaffen. Kommt es deshalb zu den zahlreichen cholerischen Ausfällen?
Pirinccis „Karriere“ als „politischer Kommentator“ begann mit einer Hasstirade „Das Morden hat begonnen“, die er auf der neokonservativen Website „Achse des Guten“ veröffentlichen durfte und die auch wieder in seinem Pamphlet abgedruckt ist. Der Autor scheint mit Henryk M. Broder und seinen Achgut-Kumpanen verbandelt zu sein. Ohne diese politisch Gleichgesinnten wäre er samt seiner Katze längst in einem tiefen Loch versauert. Aufgrund seines Migrationshintergrundes, er kam mit seinen Eltern 1969 aus der Türkei ins „gelobte“ Deutschland, und als selbsterklärter Superdeutsche kann er gegen alle politisch-korrekten Mechanismen anstänkern. Seine neokonservativen und rechten Freunde werden ihn nicht fallen lassen, solange er seine ihm zugedachte Rolle spielt, das heißt, er muss all das schreiben und hinausposaunen, was sich die feine Gesellschaft nicht zu sagen traut. Welche Drohung gegenüber seiner Umwelt verbirgt sich hinter folgendem Ausspruch? „Im Grunde meines Herzens bin ich immer noch Türke, also aufgepasst.“ Wie weit ist es also mit seinem deutschen Superpatriotismus her?
In seinem Beitrag „Das Schlachten hat begonnen“ bediente er sich eines Jargons, dem nur das Achsen-Mitglied Tobias Kaufmann öffentlich auf das Heftigste widersprochen hat. “Pirincci verwendet all die Codes und Argumente, die Kern der NPD-Ideologie sind. Die sich selbst hassenden Deutschen, die duckmäuserisch jede politisch unkorrekte Äußerung vermeiden. Die Nazi-Keule, die uns zum Schweigen bringt. Der Migrant, der mehr wert ist als der Einheimische. Während man letzteren beinahe ungestraft umbringen darf, sind die ‚archaischen und menschenverachtenden Sitten und die beschissene Religion‘ des Migranten ‚sakrosankt und blind zu akzeptieren‘. Sogar eine implizite Aufforderung zur Selbstjustiz. All das und noch viel mehr kommt in Pirinccis Text vor, und all das ist samt und sonders Standardrhetorik der NPD und anderer Neonazis.“ Folglich argumentiere er wie die Nazis, so Kaufmann weiter. Leider blieb es bei dieser singulären Stimme unter den Achgut-Autoren/innen. In welcher geistig-armseligen Verfassung sich Pirincci befindet, kann hier bewundert werden. Die Präsentation der diversen Videos ist nicht witzig, sondern einfach nur borniert und degoutant.
Solch ein Pamphlet kann nur in einem abseitigen Verlag erscheinen. Es kann getrost unter der Kategorie "Schmutz und Schund" abgebucht werden. „Ihr seid Deutsche und keine feigen Ratten. Es lebe das heilige Deutschland.“ Auf Sprüche wie diesen des selbsternannten „Patrioten“ kann das Land gut verzichten. Die Übererfüllung des „Patriotismus“ scheint zwar gut gemeint zu sein, ist aber überaus schlecht vermittelt. Nicht Deutschland ist von Sinnen, sondern Akif Pirincci.