Reality in Palestine! |
Kommt die "Ein-Staaten-Lösung" für Palästina schneller als sich dies ihre Befürworter gedacht und erträumt haben? Wenn es nach Israels Wirtschaftsminister Naftali Bennett geht, wird es niemals zu einer "Zwei-Staaten-Lösung" kommen. Die "Ein-Staaten-Lösung" oder ihre verwandte Vorstellung einer Bi-Nationalität als Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt war schon immer der Wunschtraum einiger weniger. Die zionistische Bewegung wurde nicht ins Leben gerufen, um in "Eretz Israel" (Land Israel) einen Staat für zwei Völker zu gründen, sondern ausschließlich einen jüdischen Staat. Diese ideologische Prämisse wird von den Befürwortern einer "Ein-Staaten-Lösung" konsequent verdrängt, obgleich eine über hundertjährige Erfahrung dafür spricht. Die "Ein-Staatler" verhalten sich so, als seien sie eine "Weltmacht".
Der Artikel von Bennett ist zwar noch nicht offizielle Regierungspolitik, aber so, wie Bennett tickt, denkt von Netanyahu, über Außenminister Lieberman bis zu Verteidigungsminister Yaalon fast das ganze israelische Kabinett. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Haltung offizielle Regierungspolitik wird, spätestens dann, wenn Bennett Netanyahu als Ministerpräsident beerbt haben wird. Wer die Stimmung und die öffentliche Meinung in Israel kennt, sollte sich schleunigst von der "Zwei-Staaten-Lösung" verabschieden. Dafür mögen zwar noch die Avnerys streiten, aber sie werden den zionistischen Traum von Israel in ganz Palästina nicht verhindern können. Dies ist die wirkliche "Ein-Staaten-Lösung".
Die Argumente, die Bennett nennt, und die angeblich die israelische Sicherheit gefährdenden würden, sind jedoch der israelischen Besatzung palästinensischen Landes geschuldet. Wenn diese israelische Regierung weiterhin ihre Verweigerungspolitik betreibt, steht nicht mehr Hamas, sondern ISIS über kurz oder lang vor der israelischen Mauer.
Bennett nennt drei angebliche Entgegenkommen, die die israelische Regierung gegenüber den Palästinensern geleistet hat: das Oslo-Abkommen von 1993, den einseitigen Rückzug aus dem israelisch-besetzten Südlibanon in 2000 und die Aufgabe der Besatzung des Gaza-Streifen in 2005, plus den so genannten Wirtschaftszonen. Seine "Vision" von einem "Staat" Palästina gleicht den Autonomie-Vorstellungen von Menachem Begin gegenüber Anwar al-Sadat. Bis dato hat kein einziger israelischer Politiker jemals von einem palästinensischen Staat als Lösung für den Nahostkonflikt gesprochen, selbst die "Friedenspolitiker" Yithhak Rabin und schon gar nicht Shimon Peres. Wie sagte doch einst der Vorsitzende der so genannten links-zionistischen Meretz-Partei kurz nach Abschluss des Oslo-Abkommens, Yossi Sarid: Wenn die Palästinenser dieses Gebilde Staat nennen wollen, können sie es tun!
Was Bennett als Grundlage eines "Staates" für die Palästinenser vorschlägt, sind israelisch-kontrollierte Bantustans, in denen die Palästinenser Autonomie spielen können, aber selbst dies noch unter israelischer Oberlehreraufsicht. Dass der Gaza-Streifen nicht zu diesem "Staat" gehört, versteht sich für Bennett von selbst. Die Annexion der so genannten C-Zone, die etwas mehr als 60 Prozent des besetzten Palästina umfasst und in der nur ein Bruchteil der palästinensischen Bevölkerung lebt, heimst sich Israel als politisches Filetstück ein und gibt den wenigen Palästinensern dafür "volle" israelische Rechte und die "Staatsbürgerschaft", obwohl jeder weiß, dass diese Rechte von minderem Wert für Nicht-Juden sind. Eine solche politische Mogelpackung sollte nicht nur für die Palästinenser, sondern auch für die Weltstaatengemeinschaft völlig inakzeptabel sein.
Gleichwohl formuliert Bennett, in Antizipation auf die servile Haltung der US-Administration und als deren Appendix, die Europäische Union, selbstbewusst: "I am aware that the world will not immediately accept this proposal. It seems to go against everything Israel, the Palestinians and the international community have worked toward over the last 20 years. But I will work to make this plan government policy because there is a new reality in the Middle East, which has brought an end to the viability of the Oslo peace process." Präsident Obamas letztes Danaergeschenk an seinen "Freund" Netanyahu sollte die diplomatische Anerkennung des Staates Palästina durch die USA in den Vereinten Nationen sein, der dann alle EU-Staaten folgen werden, vielleicht mit Ausnahme Deutschlands, da Israel angeblich zur deutschen "Staatsräson" gehört, und Mikronesien und Palau.
Vielleicht begreifen die westlichen Regierungen endlich, wie dringend und notwendig eine volle diplomatische Anerkennung eines Staates Palästina in den Vereinten Nationen ist. Die schwedische Regierung hat den Anfang gemacht, das britische und irische Parlament haben eine politische Option abgegeben, der die jeweiligen Regierungen folgen sollten. Dass die EU den permanenten Skandal der Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzung durch das israelische Besatzungsregime stillschweigend zur Kenntnis nimmt, ist ein permanenter Skandal.
Die EU sollte den privilegierten Status Israels in der EU, der quasi dem eines Mitgliedslandes entspricht, solange aussetzen, bis sich Israel aus den besetzten Gebieten zurückgezogen hat. Sollte dies nicht geschehen, wäre über einen Boykott Israels durch die EU nachzudenken. Alle Werte, für die die Europäische Gemeinschaft angeblich steht, werden vom Staat Israel permanent verletzt oder ignoriert. Um die "Friedensvision" eines Naftali Bennett oder irgendeines rechts-nationalistischen israelischen Politikers zu durchkreuzen, bedarf es einer konzertierten Aktion der USA und der EU, um dem palästinensischen Volk historische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und dies kann nur die Anerkennung eines Staates Palästina sein, der diesen Namen verdient. Wie lange wollen sich die USA und ihr EU-Appendix von dieser rechtsnationalistischen israelischen Regierung wie ein Nasenbär in der internationalen Arena herumführen und lächerlich machen lassen? Um die "Ein-Staaten-Lösung" à la Bennett zu verhindern, ist eine Anerkennung Palästinas umgehend geboten.
Erschienen auch hier.
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