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Die griechische Regierung sollte dem Diktat der Troika, bestehend aus EU (Eurogruppe), IWF und EZB, unter allen Umständen widerstehen. Damit das Land seine Würde und Souveränität wiedererlangen kann, sollte es freiwillig aus der Eurozone ausscheiden und die Drachme wieder einführen. Ein Land, dass nicht mehr über eine eigene Währung verfügt, hat keine Würde, weil internationale Finanzoligarchen, Brüsseler Zentralismus und EZB-Funktionäre über sein Schicksal entscheiden. Die Hartnäckigkeit der griechischen Regierung liegt auch darin begründet, dass sie gemerkt hat, dass sie nicht mehr Herr über ihr eigenes Schicksal ist. Keine Regierung, die auch nur einen Funken von Selbstachtung hat, sollte sich dem Diktat von undemokratischen Gremien beugen. Tatsächlich führt die griechische Regierung stellvertretend für andere einen globalen Klassenkampf gegen den neoliberalen Raubtierkapitalismus.
Die Einführung des Euro war von Beginn an ein ideologisches Konzept, das mit ökonomischer Vernunft nichts zu tun hatte. Dieses Konzept bedeutete, allen Rennläufern die gleichen Schuhe zu verpassen und sie dann starten zu lassen. Unterschiedlichste Ökonomien wurden in ein finanzpolitisches Zwangskorsett gezwängt und sollten gemeinsam florieren, was gründlich schiefgegangen ist, wie die katastrophale wirtschaftliche und soziale Lage nicht nur in Griechenland zeigt. Der Euro wird sich letztendlich als Sprengsatz erweisen, wenn nicht für die EU, dafür aber für die Eurozone. Aus diesem Zwangssystem Euro ist ein vertragliches Ausscheiden nicht vorgesehen. Griechenland kann aber freiwillig gehen, wird aber trotzdem Mitglied in der EU bleiben, so wie Großbritannien, Polen und Tschechien, um nur einige zu nennen. Sie alle haben die Zwangswährung nicht eingeführt, und ihre Wirtschaft floriert gerade deshalb.
Die Deutschen sind mit einer Kanzlerin "gesegnet", die von Zeit zu Zeit politische Dummsprüche absondert: Man erinnert sich an das Gerede von der "Alternativlosigkeit" ihrer Politik; oder, dass das israelische Besatzungsregime zur deutschen "Staatsräson" gehöre; oder "scheitert der Euro, scheitert Europa". In ihrer letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag sagte sie jedoch genau das Gegenteil: "Die Zukunft Europas steht nicht auf dem Spiel." Natürlich ist Europa mehr als die Zwangsgemeinschaft des Euro-Klubs. Die Liste dieser Plattitüden ließe sich unendlich fortsetzen. Über kurz oder lang wird die Eurozone aber kollabieren. Polen und Tschechien denken nicht im Traum daran, sich diesem Zwangsklub anzuschließen und dafür auch noch ihre Souveränität aufzugeben.
Wenn EU-Ideologen in Talkshows bedauern, dass es seit 20 Jahren immer noch keine politische Union in Europa gebe, muss man die Frage stellen, wie man einer undemokratischen, politisch handlungsunfähigen und chaotischen Organisation wie der EU noch mehr politische Rechte übertragen kann. Der EU samt ihrer "Regierung" und Versammlung, die sich Europäisches Parlament nennt, fehlt jegliche demokratische Legitimation. Die EU erscheint wie ein schlechtes Remake der Sowjetunion. Wie sagte doch einst Franz Josef Strauß: Das Politbüro sei von Moskau nach Brüssel umgezogen!
Die vertraglichen Vereinbarungen, die vor der Einführung des Euro ausgehandelt worden sind, haben sich als Makulatur erwiesen; sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie niedergeschrieben worden sind. Sie sind mit volatil noch positiv umschrieben. Für den Bruch dieser Verträge haben nicht Staaten wie Griechenland, Spanien, Portugal oder Italien gesorgt, sondern Deutschland und Frankreich. Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Staatspräsident Jacques Chirac waren die ersten, die die Stabilitätskriterien der Maastrichter Verträge 2003 ausgehebelt haben. Sie setzten eine "Sonderbehandlung" für ihre Länder durch, weil sie die Stabilitätskriterien nicht einhalten wollten. Der für diese Vertragsverletzung vorgesehene Sanktionsmechanismus wurde von den Alphatieren der EU natürlich "ignoriert", das heißt, er wurde erst gar nicht in Gang gesetzt. Von diesem Zeitpunkt an brauchte sich kein Land mehr an die vereinbarte Drei-Prozent-Schuldengrenze zu halten.
Seitdem Griechenland und die anderen Südstaaten zum Problemfall geworden sind, wurden reihenweise Verträge, Abmachungen oder Fristen über Bord geworfen. Der eklatanteste Regelbruch wurde jedoch von der EZB begangen. Die Europäische Zentralbank ist zum Reparaturbetrieb für finanziell marode EU-Staaten geworden. Die EZB kauft unbegrenzt wertlose "Staatsanleihen" auf, die noch nicht einmal das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Die Rhetorik der Finanzjongleure lautet, es müsse größerer Schaden abgewendet werden, um das ganze Konstrukt der Eurozone zu retten, folglich sei für Prinzipienreiterei kein Platz. Der Stabilitätspakt, der im Zuge der Finanzkrise von 2011 noch verschärft worden ist, verkam beim ersten Test im März 2015 zu Altpapier und wurde geschredert. Der Regelverstoß wurde zur Regel. Dass damit die Glaubwürdigkeit der EZB, der EU und anderer Beteiligter perdu ist, scheint diese EU-Funktionäre nicht zu interessieren. Wenn Brüssel die Prinzipienlosigkeit zur Norm erhoben hat, warum sollte sich Griechenland oder die anderen Staaten dann päpstlicher als der Papst verhalten?
Nicht der Euro ist alternativlos, wie eine im Größenwahn gefangene deutsche Kanzlerin meinte, sondern nur der Austritt Griechenlands aus dieser Zwangswährung. Die Planer dieser Kunstwährung scheinen gar nichts vorausgesehen zu haben, sonst wäre Griechenland nicht in diese ausweglose Lage geraten. Die Tsipras-Regierung sollte nach dem Referendum, gleich wie es ausgehen sollte, diesem Trauerspiel einer "Griechenland-Rettung" ein Ende bereiten, weil das Land und seine Menschen die Opfer dieses Schmierentheaters sind.