Zwei große deutsche Staatslenker? |
Niemand sollte überrascht sein, dass sich die Eurozone auf ein "Weiter so" im Griechenland-Drama geeinigt hat. Das Feilschen und Schachern über Monate war ein perfekt inszeniertes Polit-Theater, das nur von ausgepufften Politikern gespielt werden kann. Griechenlands ist "mehr als pleite" und wird unter dem Euro und dem Diktat der Troika, das die griechische Regierung jetzt offiziell akzeptiert hat, vermutlich nie auf die Beine kommen, weil das Land mit dem Euro nicht wettbewerbsfähig werden dürfte.
Für die Rolle, wie fahre ich einen Staat gegen die Wand, gibt es ein Vorbild, dem anscheinend Angela Merkel und die Eurozone nacheifert: Erich Honecker. Man erinnert sich an: "Vorwärts immer, rückwärts nimmer." Dieser Politslogan klingt wie Merkels Polit-Plattitüde "Scheitert der Euro, scheitert Europa."
Merkels emotionsloses Gebrammel über den Euro und die EU erinnert stark an Honeckers Phraseologie über "den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf." Ersetzt man "Sozialismus" durch "EU" könnte der Satz auch von Merkel stammen: "Die EU in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf." Oder noch übereinstimmender: "Der Mensch steht im Mittelpunkt." Diesen Satz verwendete Honecker in mehreren seiner Reden, Merkel zitierte ihn in ihrer Regierungserklärung. Minutenlager Applaus folgte.
Zu Merkels großartigen rhetorischen Leistungen gehört eine Rede anlässlich der Morde an den Mitgliedern der Redaktion von "Charlie Hebdo" im Deutschen Bundestag vom 17. Januar 2015. Dort las sie, wie gewohnt gelangweilt und monoton von ihrem Manuskript Folgendes ab: "Antisemitismus ist unsere staatliche und bürgerliche Pflicht!" Dass Deutschland jeden Antisemitismus mit rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt, wie sie vorher erwähnte, dürfte doch wohl eine Selbstverständlichkeit sein. Solch ein Fauxpas wäre Erich Honecker nicht über die Lippen gekommen.
"Totgesagte leben länger", auch dies ist der Nachwelt von Erich Honecker überliefert. Diesen Spruch wird Angela Merkel gerade jetzt beherzigen müssen, wo sie den Deutschen Bundestag von einem dritten Rettungspaket - außer dem ersten sollte es kein weiteres geben - für Griechenland überzeugen muss, was nicht schwer sein dürfte, da doch SPD, Grüne und die Linke mit "Ja" votieren werden. Interessant ist nur das Verhalten der CDU/CSU-Fraktion.
Wolfgang Schäuble, ihr Finanzminister, hatte sich bis zuletzt gegen die Fortsetzung der neuen 85-Milliarden-Alimentierung Griechenlands gewehrt. Schäuble hatte noch mit einem wohl nicht ernst gemeinten Vorschlag, die Einmischung der USA konterkarieren wollen, die politischen Druck für eine Griechenland-Rettung ausgeübt hatten, indem er einen Tausch der Schulden und Probleme Griechenlands gegen die der US-Kolonie Puerto Rico ins Spiel gebracht hatte.
Sticht auch jetzt wieder der Obere (Merkel) den Unteren (Schäuble), wie bereits mehrfach in der Vergangenheit geschehen oder rebelliert endlich die "Christen"-Union gegen ihre Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin und serviert sie ab? Die Pressekonferenz von Regierungssprecher Seibert und den Vertretern der relevanten Ministerien war ein rhetorisches Rumgeeiere, um die tiefe Kluft zwischen Merkel und Schäuble notdürftig zu kaschieren und den Umfaller Merkels in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.
Merkel ist, wie gewohnt, umgefallen, weil Frankreich, die USA und Italien Griechenland unbedingt weiter retten wollen, wie Hollande in Brüssel erklärt hat; mit ihm werde nicht über einen "Grexit" verhandelt. Damit war die "einmütige" Entscheidung präjudiziert. Alles andere gehört zur Inszenierung. Dass die "Grande Nation" ebenfalls finanziell am Abgrund steht und in Bälde finanzielle Hilfen aus dem ESM benötigt, ist in Brüssel bekannt, nur wird darüber noch nicht gesprochen.
Nicht ohne Grund hat EU-Ratspräsident Donald Tusk das Treffen der 28 EU-Staats- und Regierungschefs abgesagt und nur ein Treffen des Euro-Klubs anberaumt, wohlwissend, dass sonst die "Griechenland-Rettung" keine Chance haben wird. Im Euro-Klub war man sich sicher, Merkel weichklopfen zu können. Galten ihr bereits in der Vergangenheit Gesetzte, Abkommen, Vereinbarung und Prinzipien wenig, aber Euro-Ideologie um so mehr. Ihre EU- und Euro-Politik hat die Prinzipienlosigkeit zum Prinzip erhoben.
Was jetzt als Diktat für Griechenland beschlossen worden ist, kommt einer totalen Kapitulation des Landes von der internationalen Finanzoligarchie gleich. Ein "Treuhandfonds" wie weiland die deutsche Treuhandgesellschaft wird die wenigen griechischen Staatsbetriebe nun verscherbeln, ohne das die griechische Regierung dagegen Einspruch erheben kann. Fremdbestimmter kann ein Land nicht mehr werden. Wenn Tsipras behauptet, Griechenland sei jetzt freier in seinen Entscheidungen, so scheint er das politische Oktroi falsch zu deuten. Die Tsipras-Regierung ist zu einem Befehlsempfänger der Troika degradiert worden und sie hat die Griechen getäuscht. Die so genannte Volksabstimmung war eine ausgemachter Schwindel, da Tsipras bereits am 30. Juni Brüssel genau das Gegenteil signalisiert hatte. Wie lange sich Tsipras als Ministerpräsident noch an der Macht halten kann, werden die nächsten Monate zeigen. Seine Entzauberung ist in vollem Gange. Ohne die Opposition bekommt er das Brüsseler Diktat nicht durchs griechische Parlament. Vielleicht hätte sich Tsipras doch den BRICS-Staaten anschließen sollen, die im Gegensatz zur EU und der Euro-Zone die Souveränität jedes Landes achten. Oder geht es diesen "linken" Postmodernisten gar nicht um die einfachen Menschen, da sie einer hochprivilegierten, sehr reichen und bestens ausgebildeten Oberschicht angehören?
Schon längst ist der Euro eine politisch-volatilen Weichwährung geworden und die EU zu einem ideologisch verkrusteten Apparat, der mit Demokratie nur noch wenig zu tun hat. Selbst das Magazine "Der Spiegel" wird manchmal von Geistesblitzen heimgesucht, wenn es in seiner neusten Ausgabe über die Griechenland-Farce schreibt: Wie könne es sein, dass die Schulden eines winzigen Landes den EU-Kontinent ins Wanken bringen? Die Griechenland-Farce lege offen, "warum der Euro zur gefährlichsten Währung der Welt geworden ist: auf Schulden und Schwindel gebaut, ohne Fundament und Führung. Die Geschichte einer guten Idee, die zur Tragödie wird." Weiterhin stellen die Spiegel-Redakteure kritische Fragen zur Sinnhaftigkeit dieser Währung, um ihre Euro-Skepsis nicht sofort als "Populismus" erscheinen zu lassen, um dann am Ende die entscheidende Frage zu stellen: "Ist die Euro-Zone eine Fehlkonstruktion?" Die Antwort auf dies Frage hatte bereits der "Gottvater" Rudolf Augstein gegeben.
Diese erneute Farce sollte den Völker Europas den katastrophalen Zustand der EU und des Euro vor Augen führen. Sie sollten sich ihre legitimen demokratischen Rechte zurückholen, bevor demokratisch nicht legitimierte EU-Funktionäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit sie sich ihrer vollends bemächtigt haben. Eine Revolution gegen Brüssel wird langfristig unumgänglich sein wie weiland im Osten Europas. Auch Honecker wollte anlässlich der Kafkaesken 40-Jahrfeier nicht wahrhaben, dass die Tage seines Regimes gezählt waren. Wandelt auch Merkel mit ihrer Euro-Politik auf den Spuren ihres früheren "Staatsoberhauptes", indem wieder für einige Jahre Zeit gekauft worden ist, bevor die Eurozone in die Luft fliegt?