Dexit oder Grexit? |
Nicht ein "Grexit" scheint das Gebot der Stunde zu sein, sondern ein "Dexit", das heißt, Deutschland solle aus den Euro ausscheiden und zur D-Mark zurückkehren. Nichts weniger schlägt der ehemalige Vize-Direktor des IWF, Ashoka Mody, vor.
Finanzminister Schäubles Verhandlungsmandat sollte also um diese interessante Variante erweitert werden. Gegen die Dexit-Idee werden alle EU- und Euro-Ideologen Sturm laufen, wollen sie doch genau das Gegenteil: Weitere "Rettungspakete" für einen Staat, der nicht mehr zu retten ist und nur die Rückkehr zur eigenen Währung einen Ausweg aus seiner durch den Euro verschuldeten ökonomischen Misere bringen würde.
Für Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis sei das Griechenland-Reformpaket "bereits gescheitert". In einem Interview mit der britischen BBC sagte er, dass dieses Programm "als größtes Desaster makroökonomischen Managements aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird". ("go down in history as the greatest disaster of macroeconomic management ever").
Selbst Merkels ehemaliger Finanzminister und SPD-Mitglied Peer Steinbrück hat bereits von einem vierten Hilfspaket für Griechenland gesprochen. Dem Teufelskreis könne man nur durch einen Grexit entkommen. Als Nicht-Mandatsträger und Unabhängiger kann er sich diese vernünftige Meinung leisten, im Gegensatz zu allen andere SPD-Abgeordneten, die fast geschlossen für die Fortsetzung der "Griechenland-Rettung" gestimmt haben. Selbst ein großer Teil der Unions-"Christen" ist intellektuell schon weiter. Es wäre wünschenswert, wenn sich aus diesem Stürmchen in der Fraktion eine Orkan entwickelte und Finanzminister Schäuble sich an die Spitze dieser Bewegung setzen würde.
Ashoka Mody formuliert in "Bloomberg View" eine politisch überaus charmante Idee, die allen Beteiligten nützen würde. Nicht Griechenland müsse den Euro verlassen sondern Deutschland, so seine zentrale These. Griechenland solle mit der gleichen Medizin geheilt werden, die bereits in den letzten fünf Jahren zur totalen Vergiftung des Patienten geführt habe. Indem Deutschland als Hauptschuldner den Grexit ins Spiel gebracht habe, sei ein "politisches Tabu" gebrochen worden.
Am 11. Juli haben die europäischen Finanzminister erstmals die Option des Ausscheidens eines Landes aus der Eurozone aus praktischen Erwägungen in Betracht gezogen. "In case no agreement can be reached," they said, "Greece should be offered swift negotiations for a time-out." Nicht mehr und nicht weniger hat Finanzminister Schäuble gefordert und muss sich dafür unqualifizierte Vorwürfe der SPD-Führung gefallen lassen.
"If, however, Germany left the euro area -- as influential people including Citadel founder Kenneth Griffin, University of Chicago economist Anil Kashyap and the investor George Soros have suggested -- there really would be no losers. A German return to the deutsche mark would cause the value of the euro to fall immediately, giving countries in Europe's periphery a much-needed boost in competitiveness. Italy and Portugal have about the same gross domestic product today as when the euro was introduced, and the Greek economy, having briefly soared, is now in danger of falling below its starting point. A weaker euro would give them a chance to jump-start growth. If, as would be likely, the Netherlands, Belgium, Austria and Finland followed Germany's lead, perhaps to form a new currency bloc, the euro would depreciate even further."
Nach Meinung von Mody wären die Verwerfungen durch einen deutschen Ausstieg gering. Einige Deutsche befürchten, dass eine steigende Deutsche Mark ihre Exporte weniger wettbewerbsfähig im Ausland machen würden. "Das ist tatsächlich ein wünschenswertes Ergebnis für die Welt - und schließlich auch für Deutschland", so Mody. Vor der Einführung des Euro kam Deutschland bestens mit einem steigenden Wechselkurs der D-Mark zurecht. Die Produkte wurden trotz einer steigenden D-Mark gekauft. "Perhaps the greatest gain would be political. Germany relishes the role of a hegemon in Europe, but it has proven unwilling to bear the cost." Anstatt eine immer "engere Union" anzustreben, gefärdeten die Deutschen das "empfindliche Gebilde". "To stay close, Europe's nations may need to loosen the ties that bind them so tightly", das heißt, weniger wäre mehr.
Merkel hat sich mit einem "Weiter so" dem französischen Willen unterworfen, wohl wissend, dass Frankreich ebenfalls finanziell am Abgrund steht und seine Verschuldung nicht mehr in den Griff bekommt. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Land den ESM anzapft; nicht besser steht es um Italien. Beide Länder sind nicht bereit, strukturelle Reformen in ihren Ländern durchzuführen.
Wenn Wolfgang Schäuble sein Gesicht wahren will, sollte er sich gegen ein "Weiter so" entscheiden und sich für einen "Dexit" einsetzen.