Der erste Staatsbesuch des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulf in der Türkei hatte neben der Bedeutung des Islam für Deutschland auch die prekäre Lage der Christen in diesem Land zum Thema. Aber nicht nur in der Türkei steht den verbliebenen Christen sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals, sondern auch in anderen islamisch regierten Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Ein Exodus von „biblischer Dimension“ habe nach Robert Fisk eingesetzt. „Across the Middle East, it is the same story of despairing – sometimes frightened – Christian minorities, and of an exodus that reaches almost Biblical proportions.” Wie soll der “christliche” Westen darauf reagieren? Durch noch einen Überfall wie in Afghanistan oder Irak? Oder haben die US-amerikanischen neokolonialen „Kreuzzüge“ nicht die bereits prekäre Lage der Christen völlig untragbar gemacht? Fragen, auf die westliche Politeliten Antworten geben müssen.
Der Titel des Buches zur Lage der Christen in der islamischen Welt ist nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern das Thema ist auch hoch aktuell. Der Autor beschreibt die Geschichte der orientalischen Christen, deren kulturelle Leistungen und Lebensbedingungen unter islamischer Herrschaft. Martin Tamcke, Direktor des Instituts für Ökumenische Theologie und Orientalische Kirchengeschichte an der Universität Göttingen sowie Vorsitzender der Gesellschaft zum Studium des christlichen Ostens, will durch die Texte und Beispiele etwas über eine Minderheit vermitteln, die sich sonst kaum Gehör verschaffen kann. Das Buch hätte sei Ziel erreicht, wenn die Sensibilisierung für den Umgang der Muslime mit der einzigen noch quantitativ bedeutenden anderen Weltreligion in der islamischen Welt gelänge.
In fünf Kapitel lässt er eine Welt vor den Augen der Leser/Innen entstehen, die den westlichen Christen fremd, ja unverständlich geworden ist. Er stellt im Einzelnen die christlichen Völker des Orients vor und beschreibt die aktuelle Lage der Christen in Irak und Iran, Ägypten, der Türkei, dem Libanon und in Äthiopien. Die Übergriffe des Westens haben sowohl auf eine Schicksalsgemeinschaft der orientalischen Christen mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als auch auf ihre gefährliche Lage aufmerksam gemacht. Gerade im Zuge der Islamisierung nehme die Entrechtung der Christen in Pakistan, Afghanistan, Irak und Saudi Arabien stark zu.
Dieses Buch wurde nicht geschrieben als „bewusste Anklage oder gar als Rechtfertigung für bestimmte Sichtweisen schwieriger Entwicklungen in der Geschichte“. Tamcke ist aber weit davon entfernt, die Toleranz des Islam zu idealisieren. Er beschreibt eindrucksvoll die leidvolle Geschichte der orientalischen Christen unter dessen Herrschaft. Der Islam garantiert zwar den Christen und Juden einen Schutzstatus (Dhimmi), behandelt sie aber weiterhin als Bürger zweiter Klasse. Ihre Stellung wurde weiter durch deren Zersplitterung und die gegenseitigen Animositäten und Konkurrenzkämpfe, die ihre Minderheitenstellung zusätzlich beeinträchtigte, geschwächt. Der Völkermord an den Armeniern und die Dezimierung der assyrischen Christen unter den Augen ihrer westlichen Glaubensbrüder gehört zu den unrühmlichen Kapiteln westlicher Aufklärung. Einst stellten die jüdischen Araber im Vorderen Orient und im arabischen Raum eine bedeutende Minderheit dar, aufgrund des politischen Drucks im Zusammenhang mit dem Israel- und Palästinakonflikt haben die meisten ihre Heimatländer verlassen bzw. wurden gewaltsam dazu gezwungen. Es entbehrt aber nicht einer gewissen Pikanterie, dass es im shiitischen Iran eine über 30 000 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde gibt, obgleich „der Westen“ der Führung des Iran massiven „Antisemitismus“ vorwirft. Die iranischen Juden erheben diesen Vorwurf gegenüber ihrer Staatsführung nicht, und kaum jemand will nach Israel auswandern. Zu den am stärksten unterdrückten Minderheiten im Iran gehören die Bahai.
Kritisch setzt sich der Autor mit den Thesen Bat Yeor´s über den Minderheitenstatus der Christen auseinander. Anstatt ihre eigene Kultur und Sprache zu modernisieren, hätten sie sich für eine Angleichung entschieden, ja sie hätten sich „der Kultur der Eroberer“ angepasst. Für die Autorin sei die Eingliederung der orientalischen Christen ins „Arabertum“ der eigentliche Sündenfall gewesen. „Freilich hat man bei dieser Autorin einen deutlichen Antiislamismus mit zu bedenken, der ihre Argumentationslinien zuweilen sehr eindeutig und ohne Gegenproben lässt.“ Ihre Beschreibung der Stellung der orientalischen Christen sieht überall nur „Zerfall“ und „Niedergang“. Auch die jüdischen Araber verstanden sich einem so genannten „Arabertum“ zugehörig, bis das Aufkommen des Zionismus zu deren politisch-gesellschaftlicher Entfremdung beitrug.
Die jüngsten neokolonialistischen Übergriffe des Westens haben sowohl auf eine Schicksalsgemeinschaft der orientalischen Christen mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als auch auf ihre gefährliche Lage aufmerksam gemacht. So hat der amerikanische völkerrechtswidrige Überfall auf den Irak die Lage der Christen nicht nur im Irak, sondern auch in anderen arabischen Ländern schwer geschadet. Im Kapitel über die „gegenwärtige Lage der Christen im Orient“ vertritt der Autor die These, dass in allen vorderorientalischen Gesellschaften die Idee des Nationalismus zum Niedergang der Christen geführt habe, obgleich führende arabische Nationalisten Christen waren.
Die westlichen Gesellschaften müssen sich intensiver um die christlichen Minderheiten kümmern, aber nicht im US-amerikanischen Sinne. Sie sollten den Islam an seine viel gerühmte Toleranz erinnern. Eine Türkei, die weiterhin die orientalischen Christen, die Kurden und die Alewiten diskriminiert, verspielt selbst ihre Chance, Mitglied der EU zu werden. Ob der Besuch von Bundespräsident Wulf und sein Einsatz für die Christen der Türkei einen Umdenkungsprozess in Gang setzten, muss die Zukunft zeigen. Wenn es der Westen Ernst mit seinem Einsatz für die christlichen Minderheiten in der islamischen Welt meint, sollte er auch jedweder Regung von Islamophobie in seinen eigenen Gesellschaften widerstehen. Das Buch bietet eine ausgezeichnete Einführung in das orientalische Christentum unter islamischer Herrschaft.
Der Titel des Buches zur Lage der Christen in der islamischen Welt ist nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern das Thema ist auch hoch aktuell. Der Autor beschreibt die Geschichte der orientalischen Christen, deren kulturelle Leistungen und Lebensbedingungen unter islamischer Herrschaft. Martin Tamcke, Direktor des Instituts für Ökumenische Theologie und Orientalische Kirchengeschichte an der Universität Göttingen sowie Vorsitzender der Gesellschaft zum Studium des christlichen Ostens, will durch die Texte und Beispiele etwas über eine Minderheit vermitteln, die sich sonst kaum Gehör verschaffen kann. Das Buch hätte sei Ziel erreicht, wenn die Sensibilisierung für den Umgang der Muslime mit der einzigen noch quantitativ bedeutenden anderen Weltreligion in der islamischen Welt gelänge.
In fünf Kapitel lässt er eine Welt vor den Augen der Leser/Innen entstehen, die den westlichen Christen fremd, ja unverständlich geworden ist. Er stellt im Einzelnen die christlichen Völker des Orients vor und beschreibt die aktuelle Lage der Christen in Irak und Iran, Ägypten, der Türkei, dem Libanon und in Äthiopien. Die Übergriffe des Westens haben sowohl auf eine Schicksalsgemeinschaft der orientalischen Christen mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als auch auf ihre gefährliche Lage aufmerksam gemacht. Gerade im Zuge der Islamisierung nehme die Entrechtung der Christen in Pakistan, Afghanistan, Irak und Saudi Arabien stark zu.
Dieses Buch wurde nicht geschrieben als „bewusste Anklage oder gar als Rechtfertigung für bestimmte Sichtweisen schwieriger Entwicklungen in der Geschichte“. Tamcke ist aber weit davon entfernt, die Toleranz des Islam zu idealisieren. Er beschreibt eindrucksvoll die leidvolle Geschichte der orientalischen Christen unter dessen Herrschaft. Der Islam garantiert zwar den Christen und Juden einen Schutzstatus (Dhimmi), behandelt sie aber weiterhin als Bürger zweiter Klasse. Ihre Stellung wurde weiter durch deren Zersplitterung und die gegenseitigen Animositäten und Konkurrenzkämpfe, die ihre Minderheitenstellung zusätzlich beeinträchtigte, geschwächt. Der Völkermord an den Armeniern und die Dezimierung der assyrischen Christen unter den Augen ihrer westlichen Glaubensbrüder gehört zu den unrühmlichen Kapiteln westlicher Aufklärung. Einst stellten die jüdischen Araber im Vorderen Orient und im arabischen Raum eine bedeutende Minderheit dar, aufgrund des politischen Drucks im Zusammenhang mit dem Israel- und Palästinakonflikt haben die meisten ihre Heimatländer verlassen bzw. wurden gewaltsam dazu gezwungen. Es entbehrt aber nicht einer gewissen Pikanterie, dass es im shiitischen Iran eine über 30 000 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde gibt, obgleich „der Westen“ der Führung des Iran massiven „Antisemitismus“ vorwirft. Die iranischen Juden erheben diesen Vorwurf gegenüber ihrer Staatsführung nicht, und kaum jemand will nach Israel auswandern. Zu den am stärksten unterdrückten Minderheiten im Iran gehören die Bahai.
Kritisch setzt sich der Autor mit den Thesen Bat Yeor´s über den Minderheitenstatus der Christen auseinander. Anstatt ihre eigene Kultur und Sprache zu modernisieren, hätten sie sich für eine Angleichung entschieden, ja sie hätten sich „der Kultur der Eroberer“ angepasst. Für die Autorin sei die Eingliederung der orientalischen Christen ins „Arabertum“ der eigentliche Sündenfall gewesen. „Freilich hat man bei dieser Autorin einen deutlichen Antiislamismus mit zu bedenken, der ihre Argumentationslinien zuweilen sehr eindeutig und ohne Gegenproben lässt.“ Ihre Beschreibung der Stellung der orientalischen Christen sieht überall nur „Zerfall“ und „Niedergang“. Auch die jüdischen Araber verstanden sich einem so genannten „Arabertum“ zugehörig, bis das Aufkommen des Zionismus zu deren politisch-gesellschaftlicher Entfremdung beitrug.
Die jüngsten neokolonialistischen Übergriffe des Westens haben sowohl auf eine Schicksalsgemeinschaft der orientalischen Christen mit der muslimischen Mehrheitsbevölkerung als auch auf ihre gefährliche Lage aufmerksam gemacht. So hat der amerikanische völkerrechtswidrige Überfall auf den Irak die Lage der Christen nicht nur im Irak, sondern auch in anderen arabischen Ländern schwer geschadet. Im Kapitel über die „gegenwärtige Lage der Christen im Orient“ vertritt der Autor die These, dass in allen vorderorientalischen Gesellschaften die Idee des Nationalismus zum Niedergang der Christen geführt habe, obgleich führende arabische Nationalisten Christen waren.
Die westlichen Gesellschaften müssen sich intensiver um die christlichen Minderheiten kümmern, aber nicht im US-amerikanischen Sinne. Sie sollten den Islam an seine viel gerühmte Toleranz erinnern. Eine Türkei, die weiterhin die orientalischen Christen, die Kurden und die Alewiten diskriminiert, verspielt selbst ihre Chance, Mitglied der EU zu werden. Ob der Besuch von Bundespräsident Wulf und sein Einsatz für die Christen der Türkei einen Umdenkungsprozess in Gang setzten, muss die Zukunft zeigen. Wenn es der Westen Ernst mit seinem Einsatz für die christlichen Minderheiten in der islamischen Welt meint, sollte er auch jedweder Regung von Islamophobie in seinen eigenen Gesellschaften widerstehen. Das Buch bietet eine ausgezeichnete Einführung in das orientalische Christentum unter islamischer Herrschaft.