Liegt die Macht der „Bewältigung“ der Vergangenheit tatsächlich in der Erinnerung, um vor zukünftigen Verlockungen eines Gewaltregimes gefeit zu sein? In seinem Essay zeigt Christian Meier auf, dass im Laufe der Geschichte alle noch so grausamen Verbrechen dem Vergessen anheimgestellt worden sind, mit Ausnahme der Gräueltaten der Nazis am europäischen Judentum. Historisch siegte das Vergessen, um jedweden Rachegelüsten vorzubeugen. Für den Autor war mit den Verbrechen von Auschwitz etwas völlig „Ungeheuerliches“ auf die Bühne der Geschichte getreten. Auschwitz lasse ich weder „bewältigen“ noch „aufarbeiten“, so Meier. Er zeigt Verständnis für die Haltung von Bundeskanzler Konrad Adenauers, der „Vergangenes vergangen sein lassen“ wollte, um Abstand vom Grauen der Nazizeit gewinnen zu können, bevor die bundesrepublikanische Gesellschaft den Blick zurück wagen konnte, um dann fortzufahren:“Das Streben nach Vergessen war jedenfalls, (…) nur natürlich.“ "Aufs Ganze gesehen fragt sich, ob der Gesellschaft in den ersten Jahren der Bundesrepublik etwas anderes übrig blieb, als in dieser Situation zunächst einmal abzuschalten, sich taub zu stellen und das Geschehene zu beschweigen."
In der israelischen Gesellschaft haben weitsichtige Historiker wie Yehuda Elkana bereits 1988 in der Tageszeitung „Haaretz“ von einer „Notwendigkeit, zu vergessen“ geschrieben und auf die verheerenden Folgen einer Instrumentalisierung des Holocaust für Israel aufmerksam gemacht, ohne Erfolg. Elkana schreibt: „Ich sehe keine größere Bedrohung für die Zukunft des Staates Israel als die Tatsache, dass der Holocaust systematisch und gewaltsam in das Bewusstsein der israelischen Gesellschaft gedrungen ist, selbst in jenen großen Teil, der die Erfahrung des Holocaust nicht durchgemacht hat und selbst in jene Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist. Zum ersten Mal verstehe ich den Ernst, die Schwere von dem, was wir tun, wenn wir jahrzehntelang jedes israelische Kind mehrfach Yad Vashem besuchen lassen. (…) Zu welchem Zweck? (…) ´Zechor!` kann leicht als Aufruf zum anhaltenden und blinden Hass verstanden werden.“ Hätte Elkana ähnliches nicht auch über den „Sinn“ der Reisen von israelischen Gymnasiasten/Innen nach Auschwitz schreiben können? Ein anderer mutiger israelischer Historiker, Moshe Zuckermann, hat in seinem jüngsten Buch „´Antisemit`. Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“, darauf hingewiesen, wie die Vergangenheit, insbesondere von der rechtsnationalistischen israelischen Regierung „instrumentalisiert“ werde, um Kritik an den Gewaltpolitiken der israelischen Regierungen mundtot zu machen.
Meier gibt seiner Skepsis an der permanenten Erinnerung am Ende seiner Ausführungen Ausdruck: „Daher ist es keineswegs ausgemacht, dass sich seit der unabweisbaren deutschen Erinnerung an Auschwitz alles anders verhält als früher. Die uralte Erfahrung, wonach man nach solchen Ereignissen besser vergisst und verdrängt als tätige Erinnerung walten zu lassen, ist noch keineswegs überholt. Und es ist keineswegs ausgemacht, dass tätige Erinnerung Wiederholung ausschließt.“ Meiers Buch fordert zum kritischen Weiterdenken - jenseits inhaltsleerer Ritualisierungen - auf.
In der israelischen Gesellschaft haben weitsichtige Historiker wie Yehuda Elkana bereits 1988 in der Tageszeitung „Haaretz“ von einer „Notwendigkeit, zu vergessen“ geschrieben und auf die verheerenden Folgen einer Instrumentalisierung des Holocaust für Israel aufmerksam gemacht, ohne Erfolg. Elkana schreibt: „Ich sehe keine größere Bedrohung für die Zukunft des Staates Israel als die Tatsache, dass der Holocaust systematisch und gewaltsam in das Bewusstsein der israelischen Gesellschaft gedrungen ist, selbst in jenen großen Teil, der die Erfahrung des Holocaust nicht durchgemacht hat und selbst in jene Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist. Zum ersten Mal verstehe ich den Ernst, die Schwere von dem, was wir tun, wenn wir jahrzehntelang jedes israelische Kind mehrfach Yad Vashem besuchen lassen. (…) Zu welchem Zweck? (…) ´Zechor!` kann leicht als Aufruf zum anhaltenden und blinden Hass verstanden werden.“ Hätte Elkana ähnliches nicht auch über den „Sinn“ der Reisen von israelischen Gymnasiasten/Innen nach Auschwitz schreiben können? Ein anderer mutiger israelischer Historiker, Moshe Zuckermann, hat in seinem jüngsten Buch „´Antisemit`. Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“, darauf hingewiesen, wie die Vergangenheit, insbesondere von der rechtsnationalistischen israelischen Regierung „instrumentalisiert“ werde, um Kritik an den Gewaltpolitiken der israelischen Regierungen mundtot zu machen.
Meier gibt seiner Skepsis an der permanenten Erinnerung am Ende seiner Ausführungen Ausdruck: „Daher ist es keineswegs ausgemacht, dass sich seit der unabweisbaren deutschen Erinnerung an Auschwitz alles anders verhält als früher. Die uralte Erfahrung, wonach man nach solchen Ereignissen besser vergisst und verdrängt als tätige Erinnerung walten zu lassen, ist noch keineswegs überholt. Und es ist keineswegs ausgemacht, dass tätige Erinnerung Wiederholung ausschließt.“ Meiers Buch fordert zum kritischen Weiterdenken - jenseits inhaltsleerer Ritualisierungen - auf.