Die Idee der Rückkehr der Juden nach Palästina begeisterte am Ende des 19. und im 20 Jahrhundert im Westen Millionen von Menschen. Alle Gesellschaftsschichten fühlten sich dem zionistischen Projekt verbunden, insbesondere auch in der Zwischenkriegszeit. Die religiöse Legende vom Kampf zwischen dem kleinen Hirtenjungen David und dem überdimensionierten Goliath spukt bis heute noch in den Köpfen westlicher säkularer Israelfans und christlicher Fundamentalisten herum. Diese und andere Traumbilder sind es, die zu einem Trugbild über die wahre Verfasstheit dieses Staates beigetragen haben, sodass sowohl liberale Intellektuelle immer noch ihr Image vom „schönen, liberalen Israel“ pflegen, das angeblich so heterogen und differenziert sei, das man es kaum verstehen könne, als auch rechte und konservativ-christliche Extremisten, welche das Land als „modernes, waffenstarrendes Sparta“ verehren, das durch seine Kolonialpolitik die „Erlösung“ des „Landes Israel“ herbei führen könne. In beiden zionistischen Säulen, der Rettung einer Nation vor der Zerstörung und deren Recht auf Selbstbestimmung, werden seit dem Sieg im Sechstagekrieg immer mehr Risse sichtbar, die durch die 44-jährige Besatzungsherrschaft eines anderen Volkes von Tag zu Tag immer größer werden.
Der israelische Historiker Shlomo Sand hat in seinem Buch „Die Erfindung des jüdischen Volkes“ die historische Legendbildung um ein „jüdisches Volk“ und dessen Rückkehr nach 2000 Jahren Exil, die weitestgehend von zionistischen Siedlern im Zuge der Staatswerdung Israels und religiöser Mythologie konstruiert worden ist, gründlich entzaubert. Jedoch ist das praktische Ergebnis dieses Buches im politischen Raum gleich Null. Was Sand auf historischem Feld geleistet hat, ergänzt der Historiker Daniel Cil Brecher auf dem kulturell-ideengeschichtlichen und politisch-geschichtlichen. Er setzt sich sowohl mit den zahlreichen Geschichtsklitterungen auseinander, welche die zionistisch-britischen als auch die US-amerikanisch-zionistisch-israelischen Beziehungen bis heute bestimmen. Ebenso werden die politischen Mythen einer Entzauberung unterzogen, beginnend mit dem Sechstagekrieg, in dem angeblich der „kleine David“ dem riesigen „arabischen Goliath“ gegenüberstand, über den Stadtstaat Florenz, wo ein solcher David-Kult zur Legitimierung von Herrschaft und Krieg gedient habe bis hin zu einem Israel-Kult bei den Fans der Sportclubs Ajax Amsterdam und Tottenham Hotspur.
In einem ersten Schritt wird die Entstehung des legendenbehafteten historischen Narratives von der „Rückkehr“ der Juden und der Schaffung eines jüdischen Gemeinwesens in Palästina als Ziel britisch-imperialer Politik seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erzählt. Diese Politik beruhte auf einer „weit verbreiteten christlichen Sympathie für Juden“, schreibt der Autor. Diese philosemitische Welle sei eine Grundkonstante des britischen Protestantismus gewesen, und die These von der „Rückkehr“ tief verwurzelt im britischen Commonwealth. Kongenial ergänzt wird diese „christliche“ Inspiration des Zionismus durch die Balfour-Erklärung von 1917 sowie die angebliche Zusage Napoleon Bonapartes, Palästina als „legitimes Erbe“ an die Juden zurückzugeben. Diese „Zusage“ hat der Kaiser auf seinem Eroberungsfeldzug 1799 gemacht, wie aus einem Dokument hervorgeht, das 1940 gefunden worden ist. Die israelische Hasbara instrumentalisiert es seither, zuletzt beim Staatsbesuch von Präsident Shimon Peres 2008 im Élysée, schreibt Brecher. Selbst die Zionismus-Kritiker bedienen sich der Erzählung von der jüdischen „Rückkehr“.
Im Kapitel „Söhne des Hur“ beschreibt der Autor die Parallelen zwischen der Gründungsgeschichte der USA und Israels und die religiös-ideologische Verwobenheit dieser Narrative. Die US-Eliten haben schon frühzeitig ihr eignes idealisiertes Selbstbildnis mit der Idealisierung der jüdischen Nation verknüpft. Dazu zählen die Tugenden der Pioniergesellschaft, der Kampf um Territorium im Namen von Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie, des von Gott auserwählten Volkes oder in jüngster Zeit eines gemeinsamen Schicksals im „Kampf gegen den Terrorismus“. Die US-Amerikaner als das „auserwählte Volk“, quasi das Israel unserer Zeit. Die Verbindung des biblischen Israel mit den USA des 19. Jahrhunderts kam auch der christlich-endzeitlichen Vorstellung von der Wiederherstellung des jüdischen Reiches in Palästina zu Nutze, schreibt Brecher. Ohne die pro-zionistische Haltung des US-Präsidenten Woodrow Wilson, die auf die Einflüsterungen von Louis Brandeis und des Einflusses der zionistischen Organisationen zurückgehen, wäre wohl auch die Balfour-Erklärung in dieser Eindeutigkeit nicht möglich gewesen. Folglich kam es zu einer rhetorischen Welle von Philosemitismus und Pro-Zionismus, die erste Früchte auf der Weltausstellung von 1939 bis 1940 im Flushing-Meadows-Park in New York trug, auf der es einen „Palästina-Pavillon“ gab. Dieser Pavillon ging auf die Initiative des Abgeordneten Sol Bloom zurück und sollte nach seinen Angaben den Yishuv als Verkörperung des amerikanischen Westens und dessen Pioniergeist darstellen, schreibt Brecher. Mit der Anerkennung Israels durch die USA unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung war der Grundstein für die „special relationship“ gelegt, die sich nach dem Sechstagekrieg zu einer strategischen Partnerschaft weiter entwickelt hat, die den USA jährlich sehr viel Geld kostet.
Dass es nicht nur eine „Stunde Null“, sondern auch eine „Sprachstunde Null“ gegeben hat, ist spätestens jetzt bekannt. War die letztere zwischen dem gerade gegründeten Israel und dem ein Jahr später zum Leben erweckten westdeutschen Teilstaates aufgrund der kolossalen Menschheitsverbrechen unter der Nazi-Barbarei mehr als verständlich, so ist das Schweigen über Israels 44-jähriges Besatzungsregime über das palästinensische Volk seitens der politischen Klasse in heutiger Zeit nur noch als peinlich zu bezeichnen. Eine Peinlichkeit der besonderen Art, aber wiederum nicht untypisch für die deutsche mentale Verfasstheit, ist das Verhalten der Politsekte, die sich „Die Antideutschen“ nennt. Man hält es schlicht nicht für möglich, was diese Sektierer in typisch deutscher Manier Andersdenken vorwerfen: Für den Autor, der 1951 in Tel Aviv geboren wurde, muss diese Rhetorik und Geisteshaltung nur gruselig erscheinen, und er müsste sich als kritischer Israeli die Frage stellen, ob diese jungen Deutschen gar nichts aus der Geschichte gelernt haben.
So werfen diese „Antideutschen“, die in Wahrheit neoliberale, neokonservative und kriegslüsterne Extremisten sind, der deutschen Linken vor, „durch ihre Kritik an Israel Anschluss an die deutsche Volksgemeinschaft zu suchen“. Für diese „linken“ Sektierer stelle der jüdische Staat die fortschrittliche Idee von Volk und Nation dar! Hatten wir das nicht schon einmal? Mit ihrer reaktionären These, dass „Die Grünen“ und die Friedensbewegung sich „linksvölkisch“ verhielten, scheint sich diese Gruppierung rechts von der neonazistischen Ideologie einzugruppieren. Damit folgen sie den Fußstapfen derjenigen, die „den Antisemitismus als das Wesensmerkmal der Deutschen darstellten“. Gab es nicht auch einmal eine US-amerikanische „Lichtgestalt“, die den Deutschen ein genetisch bedingtes Antisemitismus-Gen „wissenschaftlich“ andichten wollte? Dieser „Messias“ wurde durch die Bundesrepublik gereicht und ließ alle tatsächlichen Antisemitismus-Experten wie „Unwissende“ dastehen. Dass die größte Wochenzeitung und andere Publikationsorgane, die ihm Lorbeerkränze geflochten hatten, selbst einem wissenschaftlichen Scharlatan auf den Leim gegangen waren, spielt heute keine große Rolle mehr, spricht aber Bände über das rationale Urteilsvermögen zahlreicher deutscher Intellektueller. Nach der Diktion der „Antideutschen“ sei Antiamerikanismus ein Element des Antisemitismus und müsse bekämpft werden, so Brecher.
Der Diskurs zwischen Deutschen und Israel verläuft immer noch in ritualisierten Bahnen. „Der Diskurs basierte auf spezifisch deutschen Wunschbildern und Identitätskonstruktionen, die von Israelis erwidert wurden. Israelis erzählten eine Geschichte über Deutsche, die das Selbstbild des eigenen Landes verstärkte, und umgekehrt.“ Auch für viele Juden in Deutschland hatte der deutsche, pro-jüdische und pro-israelische Diskurs eine ähnliche Wirkung. „Für sie bedeute er vor allem eine Anerkennung der jüdischen Leiden und Opfer.“ Aus dieser geistigen Gemengelage entstand eine diffuse Koalition aus zahlreichen pro-Israel Vereinen und Initiativen, die durch die“ zunehmenden Propaganda-Bedürfnisse Israels eine informelle Pro-Israel-Koalition“ bilden. Dieses lose Netzwerk von Gruppen und Einzelnen stellt sich ebenso schlagkräftig dar wie die „Israellobby“ in den USA, so der Autor.
Religiöse Erbauungs- und Trivialliteratur hat mehr zum Israel-Mythos im Westen beigetragen als alles, was an wissenschaftlichen Abhandlungen in Bibliotheken zu finden ist. Es sind diese Legenden, die es schwer machen, zum realen Israelbild von heute vorzustoßen und es in die Öffentlichkeit zu tragen, dies zeigt das Buch von Daniel Cil Brecher allzu deutlich. Dies kommt deutlich in der Trivialisierung des David-Kults und den darauf beruhenden Verhaltensweisen der Fans verschiedener Fußballclubs zum Ausdruck. In dem David-Mythos werden „Wunschbilder von politischer Macht und Gewalt mit Attributen des Jüdischen zu einem potenten Mythos vermengt“. Dass solch ein Mythos entstehen konnte, hat viel mit dem Sieg der Israelis im Sechstagekrieg vom Juni 1967 zu tun. Daraus haben sich die Sportvereine Ajax Amsterdam und Toddenham Hotspur einen eigenen „Israel-Kult“ geschaffen, in dem sie den „Juden“ als Symbol des Opfers mit „Israel“ als Symbol der Gewalt und Aggressivität verbunden haben, wie der Autor anmerkt.
Was Brechers Buch in hervorragender Weise zeigt, ist der Mangel an rationaler Betrachtung des „Projektes Israel“, und zwar als Vorposten westlich-imperialer Interessen, so wie es Theodor Herzl selbst charakterisiert hat: „Für Europa würden wir dort ein Stück des Walles gegen Asien bilden, wir würden den Vorpostendienst der Cultur gegen die Barbarei besorgen.“ Mit dieser Nützlichkeit hat der Vater des Zionismus in „Der Judenstaat“ die Ziele seiner Glaubensgenossen legitimiert. Seine antideutschen Adepten würden heute sagen, „Israel bilde den Vorposten imperialer Macht gegen den Islamfaschismus“.
Ein exzellentes Buch, das hoffentlich nicht der Ignoranz und der „Schweigespirale“ der politisch-medialen Klasse anheimfällt. Für alle, die Israel und den Nahostkonflikt für so komplex halten, dass man beides nicht begreifen könne, würde dieses Buch etwas Licht in solch benebelte Ansichten bringen. Angesichts der Indoktrination deutscher Schüler/innen in Gymnasien durch Vertreter der „Israellobby“- einem Skandal erster Güte - wäre das Buch eine kongeniale Ergänzung zu einer Politpropaganda, die allen Regeln deutscher Bildungspolitik widerspricht.
Erschienen im PapyRossa Verlag.
Der israelische Historiker Shlomo Sand hat in seinem Buch „Die Erfindung des jüdischen Volkes“ die historische Legendbildung um ein „jüdisches Volk“ und dessen Rückkehr nach 2000 Jahren Exil, die weitestgehend von zionistischen Siedlern im Zuge der Staatswerdung Israels und religiöser Mythologie konstruiert worden ist, gründlich entzaubert. Jedoch ist das praktische Ergebnis dieses Buches im politischen Raum gleich Null. Was Sand auf historischem Feld geleistet hat, ergänzt der Historiker Daniel Cil Brecher auf dem kulturell-ideengeschichtlichen und politisch-geschichtlichen. Er setzt sich sowohl mit den zahlreichen Geschichtsklitterungen auseinander, welche die zionistisch-britischen als auch die US-amerikanisch-zionistisch-israelischen Beziehungen bis heute bestimmen. Ebenso werden die politischen Mythen einer Entzauberung unterzogen, beginnend mit dem Sechstagekrieg, in dem angeblich der „kleine David“ dem riesigen „arabischen Goliath“ gegenüberstand, über den Stadtstaat Florenz, wo ein solcher David-Kult zur Legitimierung von Herrschaft und Krieg gedient habe bis hin zu einem Israel-Kult bei den Fans der Sportclubs Ajax Amsterdam und Tottenham Hotspur.
In einem ersten Schritt wird die Entstehung des legendenbehafteten historischen Narratives von der „Rückkehr“ der Juden und der Schaffung eines jüdischen Gemeinwesens in Palästina als Ziel britisch-imperialer Politik seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erzählt. Diese Politik beruhte auf einer „weit verbreiteten christlichen Sympathie für Juden“, schreibt der Autor. Diese philosemitische Welle sei eine Grundkonstante des britischen Protestantismus gewesen, und die These von der „Rückkehr“ tief verwurzelt im britischen Commonwealth. Kongenial ergänzt wird diese „christliche“ Inspiration des Zionismus durch die Balfour-Erklärung von 1917 sowie die angebliche Zusage Napoleon Bonapartes, Palästina als „legitimes Erbe“ an die Juden zurückzugeben. Diese „Zusage“ hat der Kaiser auf seinem Eroberungsfeldzug 1799 gemacht, wie aus einem Dokument hervorgeht, das 1940 gefunden worden ist. Die israelische Hasbara instrumentalisiert es seither, zuletzt beim Staatsbesuch von Präsident Shimon Peres 2008 im Élysée, schreibt Brecher. Selbst die Zionismus-Kritiker bedienen sich der Erzählung von der jüdischen „Rückkehr“.
Im Kapitel „Söhne des Hur“ beschreibt der Autor die Parallelen zwischen der Gründungsgeschichte der USA und Israels und die religiös-ideologische Verwobenheit dieser Narrative. Die US-Eliten haben schon frühzeitig ihr eignes idealisiertes Selbstbildnis mit der Idealisierung der jüdischen Nation verknüpft. Dazu zählen die Tugenden der Pioniergesellschaft, der Kampf um Territorium im Namen von Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie, des von Gott auserwählten Volkes oder in jüngster Zeit eines gemeinsamen Schicksals im „Kampf gegen den Terrorismus“. Die US-Amerikaner als das „auserwählte Volk“, quasi das Israel unserer Zeit. Die Verbindung des biblischen Israel mit den USA des 19. Jahrhunderts kam auch der christlich-endzeitlichen Vorstellung von der Wiederherstellung des jüdischen Reiches in Palästina zu Nutze, schreibt Brecher. Ohne die pro-zionistische Haltung des US-Präsidenten Woodrow Wilson, die auf die Einflüsterungen von Louis Brandeis und des Einflusses der zionistischen Organisationen zurückgehen, wäre wohl auch die Balfour-Erklärung in dieser Eindeutigkeit nicht möglich gewesen. Folglich kam es zu einer rhetorischen Welle von Philosemitismus und Pro-Zionismus, die erste Früchte auf der Weltausstellung von 1939 bis 1940 im Flushing-Meadows-Park in New York trug, auf der es einen „Palästina-Pavillon“ gab. Dieser Pavillon ging auf die Initiative des Abgeordneten Sol Bloom zurück und sollte nach seinen Angaben den Yishuv als Verkörperung des amerikanischen Westens und dessen Pioniergeist darstellen, schreibt Brecher. Mit der Anerkennung Israels durch die USA unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung war der Grundstein für die „special relationship“ gelegt, die sich nach dem Sechstagekrieg zu einer strategischen Partnerschaft weiter entwickelt hat, die den USA jährlich sehr viel Geld kostet.
Dass es nicht nur eine „Stunde Null“, sondern auch eine „Sprachstunde Null“ gegeben hat, ist spätestens jetzt bekannt. War die letztere zwischen dem gerade gegründeten Israel und dem ein Jahr später zum Leben erweckten westdeutschen Teilstaates aufgrund der kolossalen Menschheitsverbrechen unter der Nazi-Barbarei mehr als verständlich, so ist das Schweigen über Israels 44-jähriges Besatzungsregime über das palästinensische Volk seitens der politischen Klasse in heutiger Zeit nur noch als peinlich zu bezeichnen. Eine Peinlichkeit der besonderen Art, aber wiederum nicht untypisch für die deutsche mentale Verfasstheit, ist das Verhalten der Politsekte, die sich „Die Antideutschen“ nennt. Man hält es schlicht nicht für möglich, was diese Sektierer in typisch deutscher Manier Andersdenken vorwerfen: Für den Autor, der 1951 in Tel Aviv geboren wurde, muss diese Rhetorik und Geisteshaltung nur gruselig erscheinen, und er müsste sich als kritischer Israeli die Frage stellen, ob diese jungen Deutschen gar nichts aus der Geschichte gelernt haben.
So werfen diese „Antideutschen“, die in Wahrheit neoliberale, neokonservative und kriegslüsterne Extremisten sind, der deutschen Linken vor, „durch ihre Kritik an Israel Anschluss an die deutsche Volksgemeinschaft zu suchen“. Für diese „linken“ Sektierer stelle der jüdische Staat die fortschrittliche Idee von Volk und Nation dar! Hatten wir das nicht schon einmal? Mit ihrer reaktionären These, dass „Die Grünen“ und die Friedensbewegung sich „linksvölkisch“ verhielten, scheint sich diese Gruppierung rechts von der neonazistischen Ideologie einzugruppieren. Damit folgen sie den Fußstapfen derjenigen, die „den Antisemitismus als das Wesensmerkmal der Deutschen darstellten“. Gab es nicht auch einmal eine US-amerikanische „Lichtgestalt“, die den Deutschen ein genetisch bedingtes Antisemitismus-Gen „wissenschaftlich“ andichten wollte? Dieser „Messias“ wurde durch die Bundesrepublik gereicht und ließ alle tatsächlichen Antisemitismus-Experten wie „Unwissende“ dastehen. Dass die größte Wochenzeitung und andere Publikationsorgane, die ihm Lorbeerkränze geflochten hatten, selbst einem wissenschaftlichen Scharlatan auf den Leim gegangen waren, spielt heute keine große Rolle mehr, spricht aber Bände über das rationale Urteilsvermögen zahlreicher deutscher Intellektueller. Nach der Diktion der „Antideutschen“ sei Antiamerikanismus ein Element des Antisemitismus und müsse bekämpft werden, so Brecher.
Der Diskurs zwischen Deutschen und Israel verläuft immer noch in ritualisierten Bahnen. „Der Diskurs basierte auf spezifisch deutschen Wunschbildern und Identitätskonstruktionen, die von Israelis erwidert wurden. Israelis erzählten eine Geschichte über Deutsche, die das Selbstbild des eigenen Landes verstärkte, und umgekehrt.“ Auch für viele Juden in Deutschland hatte der deutsche, pro-jüdische und pro-israelische Diskurs eine ähnliche Wirkung. „Für sie bedeute er vor allem eine Anerkennung der jüdischen Leiden und Opfer.“ Aus dieser geistigen Gemengelage entstand eine diffuse Koalition aus zahlreichen pro-Israel Vereinen und Initiativen, die durch die“ zunehmenden Propaganda-Bedürfnisse Israels eine informelle Pro-Israel-Koalition“ bilden. Dieses lose Netzwerk von Gruppen und Einzelnen stellt sich ebenso schlagkräftig dar wie die „Israellobby“ in den USA, so der Autor.
Religiöse Erbauungs- und Trivialliteratur hat mehr zum Israel-Mythos im Westen beigetragen als alles, was an wissenschaftlichen Abhandlungen in Bibliotheken zu finden ist. Es sind diese Legenden, die es schwer machen, zum realen Israelbild von heute vorzustoßen und es in die Öffentlichkeit zu tragen, dies zeigt das Buch von Daniel Cil Brecher allzu deutlich. Dies kommt deutlich in der Trivialisierung des David-Kults und den darauf beruhenden Verhaltensweisen der Fans verschiedener Fußballclubs zum Ausdruck. In dem David-Mythos werden „Wunschbilder von politischer Macht und Gewalt mit Attributen des Jüdischen zu einem potenten Mythos vermengt“. Dass solch ein Mythos entstehen konnte, hat viel mit dem Sieg der Israelis im Sechstagekrieg vom Juni 1967 zu tun. Daraus haben sich die Sportvereine Ajax Amsterdam und Toddenham Hotspur einen eigenen „Israel-Kult“ geschaffen, in dem sie den „Juden“ als Symbol des Opfers mit „Israel“ als Symbol der Gewalt und Aggressivität verbunden haben, wie der Autor anmerkt.
Was Brechers Buch in hervorragender Weise zeigt, ist der Mangel an rationaler Betrachtung des „Projektes Israel“, und zwar als Vorposten westlich-imperialer Interessen, so wie es Theodor Herzl selbst charakterisiert hat: „Für Europa würden wir dort ein Stück des Walles gegen Asien bilden, wir würden den Vorpostendienst der Cultur gegen die Barbarei besorgen.“ Mit dieser Nützlichkeit hat der Vater des Zionismus in „Der Judenstaat“ die Ziele seiner Glaubensgenossen legitimiert. Seine antideutschen Adepten würden heute sagen, „Israel bilde den Vorposten imperialer Macht gegen den Islamfaschismus“.
Ein exzellentes Buch, das hoffentlich nicht der Ignoranz und der „Schweigespirale“ der politisch-medialen Klasse anheimfällt. Für alle, die Israel und den Nahostkonflikt für so komplex halten, dass man beides nicht begreifen könne, würde dieses Buch etwas Licht in solch benebelte Ansichten bringen. Angesichts der Indoktrination deutscher Schüler/innen in Gymnasien durch Vertreter der „Israellobby“- einem Skandal erster Güte - wäre das Buch eine kongeniale Ergänzung zu einer Politpropaganda, die allen Regeln deutscher Bildungspolitik widerspricht.
Erschienen im PapyRossa Verlag.