Das vorliegende Buch dürfte allen islamophoben Kleingeistern dieser Welt aus dem Herzen sprechen. Im Gegensatz zu diesen Islam-Dilettanten kennt sich die Autorin über das Sujet, das sie so einseitig behandelt, eigentlich bestens aus. Zu ihrem Leidwesen werden ihre Analysen und ihre vielen korrekten Beschreibungen Europas und der Politik der Europäischen Union durch ihre extreme Israel-Voreingenommenheit weitestgehend entwertet. Und erschwerend kommt auch noch hinzu, dass Hans-Peter Raddatz, ein eifernder Islamkritiker das Vorwort beigesteuert hat, das Broder bestimmt witziger hingekriegt hätten, wenn auch ebenso vorurteilsbehaftet.
So wirbt der Verlag doch allen Ernstes mit Zitaten aus dem Vorwort von Raddatz, was sich dann wie folgt liest: So geht es in dem vorliegenden Buch „um die Islamisierung Europas, die spätestens ab etwa 1970 fast alleiniges Thema der so genannten interkulturellen bzw. interreligiösen Dialoge ist, in denen der Islam als Religion der Friedensfülle, Toleranz und ethischen Zivilisation vermarktet wird. Die zentralen Institutionen der Euro-Demokratien – Wirtschaft, Politik, Universitäten, Justiz, Stiftungen, Kirchen und die Medien – vermitteln bzw. oktroyieren der Öffentlichkeit die islamischen Forderungen nach Ausbreitung und Dominanz des eigenen Rechts (Scharia) mit einem Nachdruck, der diese Politreligion, begleitet von rasant expandierender Immigration und Moscheevernetzung, zu einem Faktor von entsprechend zunehmender, politsozialer Bedeutung heranreifen ließ.“ Und weiter geht es in diesem ideologischen Wirrwarr: „Dieser Formprozess ist so tief in die Volkspädagogik des Dialogs, in die Alltagsarbeit der Institutionen und in das Bewusstsein der Führungsebenen eingesunken, dass der Islam nicht nur ‚zu Deutschland gehört‘ (…), sondern nach Maßgabe der EU-Kommission sogar als ‚Miteigner Europas‘ zu sehen ist.(…)“.
Die Autorin, Gisèle Littman, wurde als Kind jüdischer Eltern als Gisèle Orebie 1933 in Kairo geboren. Nach dem Überfall Israels auf Ägypten zusammen mit den Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien 1956 musste sie 1957 mit ihren Eltern nach Großbritannien flüchten. 1959 heiratete sie David Littman und nahm die britische Staatsangehörigkeit an. Bekannt wurde die Autorin unter ihrem Pseudonym Bat Ye’or (Tochter des Nil), auch hat sie unter Yahudiya Masriya publiziert. Zentrale Themen sind die Stellung von Christen und Juden in der islamischen Gesellschaft sowie ihr Steckenpferd „Eurabien“. Wie ideologisch verblendet und verschwörungstheoretisch die Autorin vorgeht, zeigt die These, dass die politischen Eliten der Europäischen Union spätestens seit 1973 systematisch auf die Verschmelzung Europas mit der arabischen Welt hinarbeiteten und dabei eine „Islamisierung“ Europas und die Vernichtung Israels zumindest billigend in Kauf nehmen würden!
Das Hauptanliegen von Bat Ye’or scheint zu sein, wo immer es nötig erscheint, eine Legitimation für Israels brutale Politik gegenüber den Palästinensern vorzutragen. So argumentiert sie mit der Thora, einer Sammlung von Legenden und religiösen Mythen, um die „Ansprüche“ des „jüdischen Volkes“ auf den Staat Israel zu begründen. Unerwähnt bleibt jedoch, dass dieser Landraub mit einem blutigen Krieg einherging. Mit einer ähnlichen Argumentation nur mit anderem Vorzeichen schreibt sie gegen die islamische Eroberung von Gebieten an, die vormals von Juden und Christen bewohnt waren.
Ihre zentrale These ist so abwegig, wie sie verschwörungstheoretisch ist: Die europäischen Eliten förderten bewusst eine Unterwanderung der Länder Europas durch Muslime, um dadurch eine muslimische Leitkultur zu etablieren. Dem Irrsinn noch nicht genug, behauptet die Autorin, dass diese großangelegte Verschwörung auf alten NS-Seilschaften beruhe, die an eine alte nationalsozialistisch–arabische Allianz anknüpften sowie die Angst vor „islamischen Terrorismus“, vor dem man sich durch „Appeasement“ schützen möchte. Dieser politische Unfug ist bereits durch die deutschen Chef-Islamophobiker seit Jahren zum Besten gegeben worden. Warum der überaus renommierte Duncker & Humblot Verlag in Berlin diesen verschwörungstheoretischen Quatsch in sein Programm aufgenommen hat, dürfte wohl sein Best gehütetstes Geheimnis bleiben.
Wie bereits erwähnt, hat Bat Ye’or einiges Richtiges über die undemokratische Machtfülle der EU erwähnt, aber ihre Forderung nach Einschränkung der Rechte von Muslimen in Europa, weil Christen und Juden nicht die gleichen Recht in den islamischen Gesellschaften gewährt werden, dürfte nur bei den Islamophoben dieser Welt Begeisterung hervorrufen, hat aber wenig mit dem Funktionieren demokratischer Gesellschaften und deren Rechtssystemen zu tun.
Das Buch ist auf Angsterzeugung vor dem Islam aus und will vermutlich die „Gutmenschen“ in Europa wachrütteln, was aber schon andere Krawalljournalisten bisher nicht geschafft haben. Ein völlig misslungener Versuch, über die „Unterwanderung“ Europas durch Muslime aufzuklären. Wer meint, dass in Europa das „Gesetz der Scharia“ auf leisen Sohlen eingeführt werden würde, verkennt die Macht der europäischen Aufklärung. Mit diesem Buch wurde der Aufklärung und der Toleranz kein Gefallen getan.