Plötzlich ist das Geschrei in Deutschland und Europa wieder groß. Die Zwerge proben zum wiederholten Mal den Aufstand gegen den Goliath, der sie vollumfänglich abhört und bespitzelt. Was seit den Enthüllungen von Edward Snowdon aktenkundig geworden ist, dass das US-Imperium seine Kolonien in Europa und deren Repräsentanten flächendeckend abhört und ausspioniert, wird jetzt wieder aufgebauscht, nachdem bekannt geworden ist, dass die NSA das Handy der deutschen Bundeskanzlerin angezapft haben soll.
So what, könnte man sagen, ist doch sowieso Routine! Dies machen die USA doch schon seit Jahren, und nicht nur die Kanzlerin wurde abgehört und ihre Mails gespeichert, sondern alles, was die politische Klasse in Deutschland so von sich twittert und mailt, wird von dem „Großen Bruder“ und „Freund“ aufgezeichnet und gespeichert. Was die NSA nicht ausspioniert, macht der britische Geheimdienst. Und dies geht bis heute auch weiter, trotz aller „Proteste“. Erscheint die Regierungschefin bei passender Gelegenheit möglicherweise politisch erpressbar? Warum benutzt Frau Merkel nicht wie weiland Helmut Kohl einfach eine Telefonzelle, weil nicht der „Feind aus dem Osten“, sondern der „Freund“ aus den USA mithört? Die Stasi und der KGB müssten vor Neid erblassen, wenn sie das noch erlebt hätten.
Die politischen Naivlinge, die sich im Sommer in die USA aufgemacht haben, um „Aufklärung“ zu fordern, kehrten mit leerer Versprechung, aber befriedigt zurück. Die USA hatte sie mit politischem Valium abgespeist, obwohl doch Politiker eigentlich wissen müssten, dass das, was sie sagen, nur eine Halbwertszeit von gerade einmal fünf Minuten hat. Dass der für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtsminister ein Ende der Debatte über die skandalösen Abhörpraktiken und Ausspähaktionen des US-„Freundes“ verkünden konnte, ist ein einziger Skandal, der aber auf alle Bundestagsparteien zurückfällt. Wie blauäugig muss man sein, um so etwas für bare Münze zu nehmen? Selbst der „Deutsche Michel“ ist nicht mehr so naiv, wie einige Vertreter der politischen Klasse. Die Bespitzelung und das Abhören durch die NSA wird weitergehen, mag man sich in Deutschland und Europa noch so echauffieren.
Beruhigend für die deutsche Politikklasse sollte es eigentlich sein, dass das US-Imperium auch die stolze „Grande Nation“ und deren Elite flächendeckend ausspioniert hat. Die USA hatten ja seit Präsident Chiracs Weigerung, sich an dem Überfall auf den Irak zu beteiligen, noch ein Rechnung mit den Franzosen offen, und diese wurde jetzt beglichen, obwohl Präsident Hollande alles getan hat, um die Speerspitze der Kriegstreiber gegen Syrien anzuführen. Die anderen EU-Staaten können vernachlässigt werden, sie scheinen für das Imperium nicht relevant zu sein. Die Reaktion in Deutschland auf die massiven Ausspähungen durch das US-Imperium ist unpolitisch. Man fragt, ob Deutschland ein Feind der USA sei. Dies ist jedoch nicht die Frage. Freund-Feind-Kategorien taugen wenig im politischen Alltag, in dem es ausschließlich um politische Interessen geht. Die Freund-Rhetorik über die USA gehört in den Bereich der Sonntagsreden. Wenn jetzt der deutsche Innenminister von den USA eine „Entschuldigung“ verlangt, könnte man fragen, auf welchem Planeten er eigentlich beheimatet ist. Historisch ist es bis dato noch nicht verbrieft, dass sich ein Imperator bei seinen „Provinz-Gouverneuren“ jemals „entschuldigt“ hätte. War es nicht der Innenminister, der für die Internetsicherheit der Deutschen die Verantwortung trägt, der nach seiner USA-Reise verkündet hat, es sei alles in bester Ordnung und die Deutschen sollten sich nur die entsprechenden Programme anschaffen, um ihre Computer gegen die Ausspähungen durch die NSA zu schützen?
Wie sollten die deutsche und die europäische Politikerklasse auf die Missachtung ihrer selbst und der Souveränität ihrer Länder reagieren? Die deutsche politische Klasse sollte alle US-Einrichtungen, die die deutsche Souveränität verletzten, schließen lassen und das US-Personal ausweisen. Alle US-Atomraketen müssen unverzüglich aus Deutschland abgezogen werden. Alle US-Geheimdienst-Einrichtungen sind zu schließen. Kein Datenaustausch mehr zwischen US- und deutschen Geheimdiensten. Der neugewählte Bundestag sollte umgehend einen neuen Geheimdienst-Untersuchungsausschuss einsetzen, um die Verbindungen der deutschen Dienste zur NSA und anderer Dienste aufzudecken. Insbesondere müssen die technischen Hilfestellungen deutscher Geheimdienste bei der illegalen Tötung Verdächtiger durch die USA aufgeklärt werden.
Auf europäischer Ebene müssen umgehend die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen eingestellt werden, da dies nur den USA dient, um ihre genmanipulierten Produkte nach Europa exportieren zu können. Jedweder Datenaustausch beim transatlantischen Zahlungsverkehr (SWIFT-Abkommen) oder der Vorabübermittlung der Flugdaten von Passagieren sollte beendet werden. Europäische Datenschutzbestimmungen müssen gegenüber den USA massiver durchgesetzt werden. Sollte dies nicht gelingen, müssen Kooperationen beendet werden. Die Europäer wissen, dass auch ein Imperium keine Monade ist. Die Reaktionen der Staaten wie Brasilien, China, Russland und Indien könnten gute Beispiele abgeben, wie auf die Missachtung der Souveränität reagiert werden kann. Aufgrund der politischen Uneinigkeit der EU wird sich aber nichts ändern. Warum schafft sich die EU nicht gleich selbst ab?