Mittwoch, 22. Januar 2014

Syrien-Konferenz 2014 in Genf: eine politische Totgeburt

Handlungsreisender in Sachen Krieg!
Der Auftakt der Syrien-Konferenz der Vereinten Nationen in der Schweiz begann mehr als ernüchternd. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hatte schon eine Pleite als Steilvorlage geliefert. Erst lud er Iran ein, tags darauf aber wieder aus. Die so genannte syrische Exil-Opposition, die angeblich die Interessen der Syrier vertritt, verlangte dies ultimativ, und der UN-Generalsekretär gehorchte. Nein, Ban Ki-Moon ist kein Befehlsempfänger dieser Exil-Syrer, die niemanden in Syrien außer sich selbst vertreten. Seine wirklichen Auftraggeber - die USA, Saudi-Arabien und Katar - haben dies von ihm verlangt, weil sie auch diese Polit-Farce finanzieren. 

Wer sich die Einladungsliste ansieht, muss an der Vernunft der Vereinten Nationen zweifeln. Staaten, die auch nicht im Entferntesten etwas nichts mit diesem Konflikt zu tun haben, nehmen an dieser Konferenz teil: Darunter Australien, Mexico, Korea, Japan, Brasilien, Indien, Indonesien und Südafrika, um nur die am weitesten entfernt liegenden zu nennen. Was haben zum Beispiel Dänemark, Norwegen, Spanien odere Italien auf dieser Konferenz zu suchen? Bevor man diese Staaten eingeladen hätte, müssten die Palästinenser eigentlich mit am Tisch sitzen, weil Syrien seit 1948 zu den standhaftesten Unterstütztern der palästinensischen Sache gehört hat, bis die Oppositionsgruppen von Katar finanziell gekauft worden sind und deshalb fluchtartig Damaskus verlassen haben. Von den westeuropäischen Vasallen-Staaten der USA, Saudi-Arabiens und Katars, die Syrien mit Krieg überziehen wollten wie zum Beispiel Frankreich, braucht man gar nicht erst zu reden. Mit dieser Einladungsliste haben die Vereinten Nationen aller Welt vor Augen geführt, dass sie nicht eigenständig sind, sondern den Interessen fremder Mächte willfährig gehorchen.

Zwei der wichtigsten Akteure in der Region fehlen dagegen: Iran und Israel. Iran könnte eine positive Rolle spielen, wohingegen die Netanyahu-Regierung in diesem Konflikt nur destruktiv unterwegs ist. Israel wollte schon deshalb nicht eingeladen werden, weil dann vermutlich seine völkerrechtswidrige Annexion der Golan-Höhen zur Sprache gekommen wäre und die USA wieder ihr Veto hätten einlagen müssen, um eine Diskussion über diese völkerrechtswidrige Okkupation unterbinden zu müssen; dies tun die USA bereits seit der Annexion im Jahre 1981. Gegen eine Teilnahme Israels haben wenigstens formal einige arabische Staaten opponiert, wie zum Beispiel Saudi-Arabien, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, obwohl diese Staaten hinter der Hand mit den Israelis „virtuelle diplomatische Beziehungen“ aufgenommen haben und auch die israelische verbale Aggression gegen Iran unterstützen. 

Die Vor-Konferenz im schweizerischen Montreux begann mit einem rhetorischen Schlagabtausch zwischen dem Vertreter der Exil-Syrer und dem syrischen Außenminister Walid al-Muallim. „Rechtzeitig“ zur Konferenz wurde ein Bericht über die Misshandlung von syrischen Gefangenen veröffentlicht, der auf angeblichen aus dem Land geschmuggelten Bildern eines Militärpolizisten beruht. Dieser Bericht wurde im Auftrag einer Anwaltskanzlei, die Katars Interessen vertritt, in die Öffentlichkeit lanciert. Finanziert wurde dieser Bericht natürlich von Katar. Das Land gehört zu den Hauptsponsoren der diversen syrischen Terrorgruppen. Könnten die grausamen Bilder nicht theoretisch auch aus den Folterkellern Saudi-Arabiens, Katars, Ägyptens oder irgendeines anderen arabischen Landes stammen? Sie beweisen nur die Brutalität von Menschen, die keinerlei Respekt vor der Menschenwürde anderer Menschen haben. Haben nicht einige arabische Staaten für die CIA im Rahmen des Rendition-Programms Folteraufträge durchgeführt? Man sollte die Story der "geraubten Neugeborenen aus Brutkästen" in Kuwait durch "Saddams Schergen" oder die angeblichen "Vergewaltigungen" durch die Truppen Gadaffis nicht vergessen. Beides waren von westlichen Spin-Doktoren erfundene Lügen, um die völkerrechtswidrigen "Überfälle" und die damit einhergehende Brutalität rechtfertigen zu können. 

Die selbsternannten Vertreter Syriens in Genf sind diejenigen, die vom Westen unter Führung der USA in diese Position eingesetzt worden sind. Sie verfügen in Syrien über keinerlei Rückhalt; sie sind die „syrischen Tschalabis“, die einst den Bush-Kriegern einen „Spaziergang“ mit inszenierten „Jubelpersern“ bei der US-Besetzung Iraks versprochen hatten. Ähnlich naiv verhält sich der Westen gegenüber diesen so genannten Vertretern des syrischen Volkes. 

In Syrien geht es den führenden Mächten nicht primär um Menschenrechte, sondern um einen geopolitischen Machtkampf zwischen der US-Hegemonialmacht samt seiner reaktionären islamistischen arabischen Vasallen und den Vertretern eines säkularen Staatskonzepts, in dem die unterschiedlichsten Religionen - Alewiten, Sunniten, Kurden, Schiiten und Christen - friedlich zusammenleben können, wie es in Syrien der Fall gewesen ist, bis die fundamentalistischen sunnitischen Terrorgruppen mit Hilfe des Westens eingesickert sind. Die Massaker an Christen, Alewiten, Schiiten und Kurden werden von den islamistischen Gruppen in Syrien verübt, die von Saudi-Arabien, Katar und den anderen reaktionären Regimen finanziell und mit Waffen unterstützt werden. Der Westen und seine arabischen Despoten scheinen die Terroristen von Al-Kaida und der Al-Nusra-Front zu unterstützen, die einen „Gottesstaat“ in Syrien und Irak etablieren wollen. Wie die US-Amerikaner dies mit ihrer Menschenrechtsrhetorik vereinbaren können, sollte Demokraten nachdenklich stimmen. 

Die USA und Russland haben sich im Vorfeld der Konferenz auf drei Ziele geeinigt: Ein Ende der Gewalt, der Bewahrung der territorialen Einheit Syriens, der Strukturen des Staates und der Armee des Landes sowie der Eliminierung der radikalen islamistischen Terrorgruppen. Für letzteres bedarf es jedoch der Zustimmung Saudi-Arabiens und anderer arabischer Despotien. Wie es scheint, haben die USA aus ihrer Erfahrungen in Irak gelernt, als sie nach dem Überfall auf allen politischen Gebieten Tabula rasa gemacht haben. Die USA werden deshalb keiner totalen Entmachtung Assads zustimmen und sich auf die Position Russlands zubewegen, die Assad eine symbolische „Machtposition“ zugestehen will. 

Die Genfer Syrien-Konferenz wird schon deshalb kein greifbares Ergebnis zeitigen, weil Iran nicht an der Konferenz teilnehmen durfte. Aus Gründen der Machtpolitik sowie geopolitischen und strategischen Interessen werden Russland und Iran in Syrien keinen „syrischen Karzai“. „irakischen Tschalabi“ oder „georgischen Saakaschwili“ mehr zulassen. Vladimir Putin scheint aus den westlichen Täuschungen und Lügen gelernt zu haben, und die iranische Regierung gibt sich sowieso keinerlei Illusionen hin, was westliche Versprechen und Zusagen anbelangen. Der Ausschluss Irans zeigt, dass der Westen keine gute Zukunft für Syrien plant.

PS: Ein realistisches Syrien-Bild erhält jeder Interessierte hier.