Das Buch des Haaretz-Journalisten Ari Shavit „My Promised Land. The Triumph and Tragedy of Israel“ wurde in einigen einschlägigen US-Medien überschwenglich besprochen. Trotz seiner Kritik an der falschen Politik Israels, bedient der Autor auch alle Klischees, die sich um die zionistische Bewegung, ihren historisch konstruierten Narrative und die Gründung des Staates Israel ranken.
Ari Shavit gehört zu so genannten „linken Zionisten“, die von der westlichen Presse verhätschelt werden, obgleich er sich für israelische Verhältnisse sehr weit aus dem Fenster hängt, abgesehen von seinen Kollegen/innen Gideon Levy, Amira Hass, Akiva Eldar und einigen anderen. Ohne das Massaker von Lyyda kein Israel, so Shavits Fazit, ohne die Massaker von Deir Yasin, kein Israel, so das Fazit von Menachem Begin, dessen Terrororganisation Irgun für das Deir-Yasin-Massaker mitverantwortlich war. So viel zur neuen israelischen Sichtweise.
Da auch der Israel-Korrespondent Hans-Christian Rössler eine sehr wohlwollende Besprechung veröffentlicht hat, schrieb ich am 2. Juli folgenden Leserbrief an die Redaktion der FAZ mit der Bitte um Abdruck, der am 29. Juli entsprochen worden ist.
"Die sehr positive Besprechung des Buches von Ari Shavit „My Promised Land. The Triumph and Tragedy of Israel“ von Hans-Christian Rössler bedarf einiger Korrekturen. Vielleicht springt es dem Leser nicht sofort ins Auge, aber Shavit gelingt es nicht nur die zionistische Legendenbildung vom fast „leeren Land“ und anderes rhetorisch neu zu verpacken, sondern auch die Grausamkeiten, die durch die zionistische Kolonisierung zur Gründung des Staates Israel geführt haben, als einen tragischen Nebeneffekt einer ansonsten guten Sache schmackhaft zu machen.
Nach Shavits Darstellung der Kolonisierung und seiner Beschreibung der Arbeitsweise der Zionisten, die einen „humanen und ökologisch-freundlichen Sozialismus“ praktizierten, fragt man sich, ob sie auch schon Mülltrennung praktiziert haben. Ohne die Segnungen des Zionismus hätten die Araber, so der Eindruck des Buches, in ihrer apathischen Unfähigkeit verharrt. Ein Beispiel zum Subtext der vermittelten Message: „Seit Jahrhunderten waren Orangen Palästinas Markenzeichen.“ Am Ende des gleichen Kapitels folgt ein Statement eines Interviewten, der sich wundert „über die geheimnisvolle Verbindung zwischen Juden und Orangen. Beide kamen nach Palästina um die gleiche Zeit.“ Dass die Araber bereits vor der Besiedlung durch die Zionisten Orangenhaine angelegt und die Produkte geerntet und vermarket haben, bleibt unerwähnt. Es ließen sich weitere historisch-irreführenden Beispiele anführen.
Am Ende des Buches resümiert der Autor: „Eine Bewegung, die in ihrer Frühzeit die meisten Dinge richtig gemacht hat", habe in den letzten Jahrzehnten „fast alles falsch gemacht“. Für das Chaos in Israel macht der Autor alle um ihn herum verantwortlich. Mehr Distanz des Autors wäre angebracht gewesen. So offenbart Shavit zwar seine tiefe Zuneigung zu Israel, was durchaus normal ist, gleichzeitig präsentiert er den Lesern aber den üblichen zionistischen Propaganda-„Wein“, aber in neuen Schläuchen. Die israelische Erfolgsstory, die erzählt wird, kann jedoch die Leiden und Enteignungen des palästinensischen Volkes nicht rechtfertigen."