Alle Welt vereint im Kampf gegen den Terror. |
Rache und Vergeltung für die brutalen Anschläge von Paris sind ein ebenso schlechter Ratgeber wie es der Kreuz- und Rachefeldzug der neokonservativen Bush-Krieger nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gegen Afghanistan war. Das Afghanistan-Abenteuer ist nach 14 Jahren Besatzung eine totaler Fehlschlag, ebenso wie der Überfall der USA samt seiner willigen Vollstrecker im Irak in einem Desaster geendet und dem Westen ISIS beschert hat. Selbst nach dem Libyen-Fiasko, das die beiden "Großmächte", Frankreich und Großbritannien, mit Hilfe der USA im Hintergrund angerichtet haben, scheinen die westlichen Geostrategen immer noch nichts dazugelernt zu haben. Wer legitimiert die westlichen Staaten dazu, Umstürze fremder Regierungen zu einem Geschäftsmodell von "Demokratien" zu machen? Als Folterer war das Assad-Regime den USA ein willkommener Partner. Der Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad wurde 2011 auf die gleiche Weise vom US-Geheimdienst initiiert wie der Putsch in der Ukraine und die anderen von der CIA angezettelten "orangenen Revolutionen". In Syrien bediente man sich der Muslimbruderschaft und in der Ukraine der Faschisten. Die CIA könnte als die staatliche Terrororganisation par excellence bezeichnet werden, wenn man das jüngste Buch von David Talbot, "The Devil’s Chessboard: Allen Dulles, the CIA, and the Rise of America’s Secret Government", liest.
Beim G20-Treffen im türkischen Belek waren die Verursacher und Sponsoren der islamistischen Terrororganisationen in Eintracht versammelt. Der Hauptsponsor und Förderer von ISIS und Al-Nusra-Front, König Salman von Saudi-Arabien, saß verschmitzt lächelnd zwischen den Opfern der saudi-arabischen Politik. Nicht ISIS ist das Hauptproblem des Westens, sondern die saudi-arabische Diktatur und deren Hintermänner, die salafistisch-wahabitischen "Islamgelehrten". Diese extremste Form des Islam ist neben dem Rohöl seit 60 Jahren Saudi-Arabiens Exportschlager. Das saudische Regime wird von den USA auch deshalb verhätschelt, weil es nicht das Existenzrecht Israels in Frage stellt und dem Iran feindlich gegenübersteht. Endlich scheint man die destabilisierende Rolle Saudi-Arabiens auch in deutschen Gehimdienstkreisen wahrzunehmen.
Die Enthauptungen und Kreuzigungen von ISIS, über die sich der Westen zu Recht echauffiert, sind in Saudi-Arabien an der Tagesordnung. Bis heute wurden über 150 Menschen enthauptet, mehr als von ISIS. Weitere 50 erwartet die Hinrichtung. Von Protesten der westlichen Freunde und Verbündeten dieser barbarischen Diktatur ist nichts zu vernehmen, weil der Westen diesen Despoten nur seine neusten Waffensysteme verkaufen will. Erst im Sommer haben die Saudis Henker-Stellen öffentlich ausgeschrieben, weil die saudischen Enthaupter überlastet seien. Der israelische Rechtsextremist Moshe Feiglin stellte sich in einem TV-Klipp "freiwillig als Henker" - wohlgemerkt in Palästina - zur Verfügung. Er wolle die Exekutionen von "Terroristen" eigenhändig ausführen, so ließ er verlauten.
Auch der zweite Verbündete des Westens, der neo-osmanische Sultan Recep Tayyip Erdogan, gehört zu den Förderern von ISIS und der Al-Nusra-Front. Sein primäres Ziel ist der Sturz von al-Assad, gleiche Priorität aber hat sein Krieg gegen die Kurden in der Türkei und gegen die kurdische Widerstandsorganisation PKK im Irak. Die Türkei hat aktiv die ISIS-Terroristen mit Waffen und logistisch unterstützt. So konnten die "Kämpfer" aus dem Westen ungehindert durch die Türkei nach Syrien reisen und zum Teil im Zuge des Flüchtlingsstroms nach Europa zurückkehren. Die Flüchtlingswelle über die Türkei benutzt das Land, Europa unter Druck zu setzen. Folglich haben sich die europäischen Politiker in Brüssel bemüßigt gesehen, mit den Vertretern des Erdogan-Regimes eine Visumsfreie Einreise von Türken in die EU zu vereinbaren, plus drei Milliarden Euro als Flüchtlingshilfe. Ein repressives und autoritäres Regime wird so von einer immer autoritärer werdenden Europäischen Union verhätschelt, die vorgibt, westliche und demokratische Werte zu repräsentieren. Die EU offenbart in der Flüchtlingskrise erneut ihr geballtes Unvermögen, das sich auch schon in der Euro-Dauerkrise gezeigt hat.
Saudi-Arabien und die Türkei konnten ihre Unterstützung der mittelalterlichen Fanatiker solange ungehindert fortsetzen, bis Russland aktiv in den Konflikt auf Seiten al-Assads eingegriffen hat. Es sei darauf hingewiesen, dass Präsident Putin der einzige Staatsmann ist, der in Syrien das Völkerrecht und das Recht der legitimen syrischen Regierung auf Souveränität verteidigt, wohingegen der Westen aktiv die Terroristen unterstützt, ja selbst "moderate" Terroristen ausbildet und trainiert. Russland ist der einzige Staat, der sich rechtmäßig in Syrien engagiert, weil er von der syrischen Regierung um Beistand gebeten worden ist. Dass dem Erdogan-Regime dieses militärische Engagement ein Dorn im Auge ist, zeigt der absichtliche Abschuss eines russischen Kampfbombers über syrischem Gebiet. Eine bewusste Provokation und ein "Dolchstoß" in den Rücken Russlands, wie es Putin formuliert hat. Am Rande des Klimagipfels in Paris warf Putin Erdogan vor, massiv Rohöl aus den vom ISIS und "anderen terroristischen Organisationen" kontrollierten Gebieten in die Türkei einzuführen. "Wir haben allen Grund anzunehmen, dass die Entscheidung, unser Flugzeug abzuschießen, von dem Willen gelenkt war, die Ölversorgungslinien zum türkischen Territorium zu schützen", sagte Putin.
Neben Saudi-Arabien und der Türkei sollte Israel ebenfalls in den Fokus des westlichen Interesses rücken. Israel fördert die Al-Nusra-Front und behandelte in den letzten 16 Monaten über 1 000 verwundete Kämpfer kostenlos in seinen Krankenhäusern. Wie viele davon waren ISIS-Kämpfer? Die Netanyahu-Regierung hält sich auffällig mit Kritik am ISIS zurück, wie auch der ISIS die israelische Unterdrückung der Palästinenser nicht kritisiert. Nach dem Motto, der Feind meines Feindes ist mein Freund, lehnt Israel sowohl Iran als auch die Hisbollah ab und paktiert mit den Terroristen von Al-Nusra und ISIS. Die israelische Luftwaffe hat Angriffe für die so genannten moderaten Rebellen und die Al-Nusra-Front gegen Assad geflogen. Dies wurde von den UNDOF-Beobachtern (UN Disengagement and Observer Force) berichtet, die auf den Golan-Höhen stationiert sind.
Obwohl die israelische Regierung in ihrer Rhetorik eine Verbindung zwischen Hamas und ISIS hergestellt hat, gibt es auch eine Übereinstimmung in ihrer gemeinsamen Feindseligkeit gegenüber Hamas und der Behörde von Mahmoud Abbas. Durch den Widerstand der Palästinenser in Ost-Jerusalem und der Westbank ist der ISIS für die israelische Regierung nur noch zweitrangig. Netanyahu versteht bestimmt, dass die Palästina-Frage nicht verschwinden wird, für den ISIS lässt sich dies nicht so eindeutig sagen, obwohl ein Vergleich mit den Taliban in Afghanistan aufschlussreich für Israel und den Westen sein sollte, wenn sie gegen den ISIS militärisch losschlagen und die Organisation vernichten wollen. Obgleich US-Präsident Obama für eine breite Koalition gegen den ISIS aufgerufen hat, steht Israel abseits und beteiligt sich nicht an dem geplanten Zerstörungswerk des Westens. Israel scheint mit dem islamistischen Kalifat gut leben zu können.
Im Juni erklärte Netanyahu gegenüber dem "Institute for National Security Studies" an der Universität von Tel Aviv: "ISIS ist gut für Israel". Die USA sollten sich aus dem Irak heraushalten und abwarten, bis die ISIS-Kämpfer die irakische Regierung besiegt hätten und der Irak untergegangen sei. "Das wird den Einfluss des Iran in der arabischen Region schwächen", sagte Netanyahu. Dass die Israelis sich keine Sorgen um ISIS machen brauchen, ist der Tatsache geschuldet, dass der ISIS eine Kreation der CIA, des Mossad und des saudi-arabischen Geheimdienstes ist. Abu Bakr Al Baghdadi wurde über ein Jahr lang vom Mossad ausgebildet. Alle anderen führenden ISIS-Terroristen wurden in Fort Bragg in Nord-Carolina, USA, trainiert.
Wie schon beim Überfall auf den Irak spielt Israel auch jetzt eine fragwürdige Rolle in Sachen Al-Nusra-Front und ISIS. Obama konnte noch in letzter Minute einen Angriff auf den Iran verhindern, den Netanyahu über Monate lautstark gefordert hat. Nun scheint Obama aber bereit zu sein, zusammen mit den anderen westlichen imperialen Mächten gegen seine eigene Kreation, ISIS, vorzugehen, um Assad zu stürzen und seine "moderaten" Terroristen als Marionetten in Damaskus zu installieren. Russland sollte dies mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Die Beispiele Afghanistan, Irak und Libyen scheinen dem Westen noch nicht zu genügen. Viel wichtiger wäre es dagegen, Saudi-Arabien, Israel und die Türkei in die Schranken zu weisen, damit sie ihre Unterstützung von ISIS einstellen. Gelingt dies nicht, wird ISIS weiter Zwietracht in Europa säen, die letztendlich zur Selbstzerstörung Europas führen wird.