Sonntag, 26. Juni 2016

Brexit: Hut ab!

Brexit: Wer sind die Nächsten? 
Die Mehrheit der Bürger Großbritanniens haben sich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden; für diesen Mut gebührt ihnen die Hochachtung aller Demokraten. Dass die EU-Nomenklatura dagegen Amok läuft, ist verständlich, weil sie ihre Fell davon schwimmen sieht. Für diese demokratisch nicht legitimierte Kaste stellt der Souverän, das Volk, die größte Bedrohung ihrer Existenz dar. 

Augenblicklich findet das gleich Propaganda-Feuerwerk wie vor dem Referendum statt, nur mit dem Unterschied, dass die Mehrheitsentscheidung in Großbritannien in Frage gestellt wird, und diese sei zu revidieren, weil die Briten angeblich falsch informiert worden seien. Auch in Großbritannien soll scheinbar solange gewählt werden, bis das "richtige" Ergebnis erzielt worden ist, das der EU-Kaste passt. 

David Cameron, der britische Premier Minister, hat nicht nur der EU, sondern auch seinem Nachfolger ein Kuckucksei ins Nest gelegt, indem er seinen Rücktritt in den Herbst verlegt hat, um Zeit zu gewinnen, damit der Austritt zerredet wird und die Probleme gezielt propagandistisch so zugespitzt werden, dass er über die Ausrufung eines "nationalen Notstandes" das Referendum kassieren kann. Ohne die Beantragung von Artikel 50 des EU-Vertrages können keine Austrittsverhandlungen beginnen, und diesen Antrag soll Camerons Nachfolger stellen. 

Die deutsche politische Klasse spielt auch in dieser Debatte wieder ihre unrühmliche Rolle. So fordert Martin Schulz, der Präsident des undemokratischen EU-Parlaments, im gewohnten deutschen Feldwebel-Ton von der britischen Regierung bis Dienstag den Austrittsantrag einzureichen. Eine souveräne Regierung wie die britische ist gegenüber einem Pseudoparlament jedoch zu nichts verpflichtet. Auch "Flinten-Uschi" von der Leyen spuckt große Töne: "Es wird niemand die Chance haben, auf Zeit zuspielen." Sonderkonditionen für Großbritannien schloss sie aus. 

Auch das Treffen der sechs Gründungsmitglieder der EWG, das einen Tag nach der Entscheidung in Großbritannien in Berlin stattgefunden hat, stellte eine Desavouierung aller anderen EU-Staaten dar. Nachdem Steinmeier dies bemerkt hatte, reist er nun in alle kleineren Mitgliedsländer, um diesen Affront zu erklären. Kanzlerin Merkel scheint die einzige zu sein, die versöhnliche Töne anschlägt.

Die einzige Frage, die interessant ist, lautet: Warum tut sich die Linke in der BRD so schwer, die demokratische Entscheidung eines Volkes nicht als einen Sieg der Demokratie gegenüber einem aufgeklärten Absolutismus zu feiern, sondern diesen als "Populismus" zu diskriminieren? Von der Einheitspartei CDU/CSU, SPD, Grüne und großen Teilen der Linkspartei ist nichts anderes zu erwarten gewesen, weil sie alle im EU-Versorgungsboot sitzen. Neben Sarah Wagenknecht und Oskar Lafontaine gibt es nur wenige Linke, die die Entscheidung der Briten nicht bedauern. 

Die EU ist kein Projekt der Bürger, sondern der politischen Eliten, der Bankenmafia und Konzerne, das zu Lasten der arbeitenden Menschen und zunehmend auch der Mittelklasse geht. Der Niedergang der Arbeiterschaft und großer Teile der Mittelschicht begann mit der Ideologie des Neoliberalismus und als Konsequenz der Einführung des Euro. Seit der Finanzkrise 2008 befinden sich die Länder Südosteuropas und deren Banken kurz vor der Pleite, die nur durch Banken- und Staatsfinanzierung durch die EZB verhindert worden ist. Dass die EZB dabei gegen alle Gesetze und Richtlinien verstößt, gehört bei dieser undemokratischen EU fast schon zum guten Ton. 

Selbst die Linke will nicht wahrhaben, dass Millionen von Menschen von der Finanzoligarchie, der EU-Kaste im Verbund mit den Medien gemobbt, eingeschüchtert und mit Verachtung gestraft werden aufgrund "höherer" Einsicht, die Krethi und Plethi angeblich fehlt. Auch diese Arroganz ist mit dem Brexit-Votum eines Besseren belehrt worden. Neben der unverantwortlichen Merkelschen "Offene-Grenze-Politik", die für die Briten ein Schock war und über die auch in Deutschland nur unzureichend geredet werden kann, war es die Zerschlagung des öffentlichen Gesundheitswesens durch die konservative- und die Arbeiter-Partei in Großbritannien. Die letzte Errungenschaft des Sozialstaates soll auch privatisiert werden. Alle diese Desaster spiegeln sich nicht in den von den Konzernen kontrollierten Medien wider, geschweige denn in den Staatsmedien. Sie stehen an der Außenlinie des politischen Geschehens und feuern die Politiker in ihrer antisozialen Politik auch noch an, anstatt ihnen publizistische Knüppel - in Form von massiver Kritik - zwischen die Beine zu werfen. 

Was sagen die Linken zur Zerschlagung Griechenlands? Das Land wird da facto von einer Internationen Finanzoligarchie regiert, bestehend aus IWF, EZB und Europäischer Kommission. Die Tsipras-Regierung ist quasi deren Geschäftsführer. Die Politik der Troika hat über die Hälfte der griechischen Bevölkerung in die Armut getrieben. Die Griechen sind zu "Palästinensern der EU" geworden. Obgleich die Tsipras-Regierung auch ein Referendum abgehalten hat, um bessere Bedingungen gegenüber der EU auszuhandeln, wurde das Volk um dieses Votum durch die Regierung betrogen. Der Grexit, der 2015 überfällig war, wurde aus pekuniären Interessen der herrschenden linken Bildungsbourgeoise ad calendas graecas vertrag. Vielleicht lesen die deutschen Linken einmal bei ihren Genossen nach, was der Brexit für die Arbeiterschaft bedeutet. 

Über die EU als nützlicher Handlanger der US-amerikanischen Aggressionspolitik gegenüber den Völkern des Nahen und Mittleren Osten, Afrikas und gegenüber Russland hört man von den Linken wenig. Warum lässt sich die EU in die offensichtlichen Kriegsverbrechen des US-Imperiums einbinden? Warum beteiligt sich die EU an der Aggression gegenüber Russland? Warum unterstützt die EU den Putsch der USA in der Ukraine? Warum soll die EU die Flüchtlinge aufnehmen, die durch die US-Aggression unter Beteiligung einiger EU-Staaten wie Frankreich und Großbritannien geschaffen worden sind? Dass die EU ein "Friedensprojekt" sei, ist ein schlechter Witz. Die EU ist schon lange Partei in der Expansionspolitik der USA, sie flankiert deren Maßnahmen. Den USA und der EU geht es um die weltweite Kontrolle der Rohstoffe, um Russland und China langfristig in die Knie zu zwingen.

Beim Brexit ging es im Wesentlichen um die Rückgewinnung der vollen Handlungsfreiheit der britischen Regierung gegenüber der Herrschaft einer undurchsichtigen, nichtlegitimierten Europäischen Kommission, die von niemandem gewählt worden ist. An der Rückgewinnung der eigenen Handlungsfähigkeit sollten doch alle EU-Mitgliedstaaten ein Interesse haben, von den Deutschen einmal abgesehen. Warum soll man den Zombie-Staatenverbund EU weiter am Leben erhalten? Jeder Demokrat, insbesondere wenn er sich progressive dünkt, sollte gegen den neoliberalen Absolutismus der EU auf die Barrikaden gehen, der für die Arbeiterschaft und die Mittelklasse nur Verarmung und Marginalisierung bedeutet.