Die Transfer-Debatte gehört zum Zionismus wie das Amen in der Kirche. Schon der Gründer dieser Ideologie, Theodor Herzl, beschäftigte sich mit dieser Idee. Das über die Grenze Schaffen der Araber, sollte aber „unbemerkt“ geschehen. Die Transfer-Idee hat alle politischen Stürme überdauert, die zuerst der Zionismus und später der Staat Israel zu überstehen hatten. So schreibt Michael Prior in „Speaking the Truth“: „The Zionist archives confirm the consistency of the transfer imperative within the Yishuv leadership.“
Wurde die Vertreibung im großen Stile erstmals im Zuge der Gründung des Staates Israel politisch in die Tat umgesetzt, so ist dieses Gedankengut bis heute innerhalb der politischen Elite Israels virulent. Besonders verbreitet ist es im rechtsnationalistischen Spektrum der israelischen Gesellschaft. Aber auch bei der so genannten zionistischen Linken wurde die Transfer-Idee von prominenter Seite wieder hoffähig gemacht. In seinem berühmt-berüchtigten Interview mit Ari Shavit in der Tageszeitung „Haaretz“ vom 8. Januar 2004 bekannte sich Benny Morris freimütig zur Transfer-Idee. Das Problem, das Morris mit der Vertreibung der Palästinenser durch David Ben-Gurion hat, ist, dass sie nicht gründlich genug war: „Ben-Gurion was a transferist“ (…) I think he made a serious historical mistake in 1948 (…) If he was already engaged in expulsion, maybe he should have done a complete job (…) As a historian, I assert that a mistake was made here. Yes. The non-completion of the transfer was a mistake.”
So ist es wenig verwunderlich, dass die israelische Regierung bei der fortdauernden Kolonisierung von palästinensisch besetztem Land auch von einem Transfer der Menschen nicht zurückschreckt. Wie die Studie von Amnesty International zeigt, macht die israelische Regierung selbst vor der Umsiedlung von 2 300 Beduinen nicht halt, um die Expansion der völkerrechtswidrig errichteten Stadt Ma´ale Adumin weiter voranzutreiben. Und Amnesty stellt fest: “If carried out, this forced transfer would violate Israel`s obligations under international law and uproot some of the poorest communities in the West Bank.” Die von Umsiedlung und Zerstörung bedrohten Jahalin-Beduinen oder die dort noch wohnenden Palästinenser leben alle in der so genannten C-Zone, die 60 Prozent der West Bank ausmacht, und in der die israelische Besatzungsmacht das alleinige Sagen hat. Weniger als ein Prozent des Landes in dieser Zone steht den dort lebenden Palästinensern zur Entwicklung zur Verfügung! Darüber hinaus schikanieren die Siedler die dort lebenden Palästinenser, ohne dafür vom Militär zur Verantwortung gezogen zu werden. Die so genannte Zivilverwaltung will die Beduinen in der Nähe einer riesigen Mülldeponie ansiedeln, auf der täglich zirka 1 100 Tonnen Müll aus Jerusalem abgekippt werden.
Da die Jahlin-Beduinen bereits 1948 aus der Negev-Wüste vertrieben worden sind, verlangen sie von der israelischen Regierung bei einer neuen Zwangsumsiedlung oder Vertreibung wieder in ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet zurückkehren zu dürfen. Als Alternative wollen sie, dass ihre Behausungen mit Wasser und Strom versorgt werden. Auch sollen die willkürlichen Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit aufgehoben werden. Die Studie zeigt nur einen winzigen Ausschnitt der israelischen Unterdrückungspolitik gegenüber den Palästinensern.