Dienstag, 28. Dezember 2010

Das "Gaza-Massaker"

Vor zwei Jahren begann der Überfall der israelischen Armee auf die wehrlose Bevölkerung des Gaza-Streifens. Dieser grausame Angriff dauert vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009. Zwei Tage später wurde der neue US-Präsident Barack Hussein Obama in sein Amt als 44. Präsident der Vereinigten Staaten eingeführt. Zur Zeit des Massakers spielte er Golf auf Hawaii; Kritik seinerseits gab es nicht. Auch der noch amtierende US-Präsident George W. Bush schwieg, was niemanden verwunderte.

Das "Gaza-Massaker", wie es der bekannte US-amerikanische Politikwissenschaftler Norman G. Finkelstein genannt hat, wird irrtümlicherweise als „Gaza-Krieg“ bezeichnet, was eine Irreführung der Öffentlichkeit darstellt, weil es keine bewaffnete palästinensische Seite gab, die hätte einen Krieg führen können. Auch der Vorwand für diesen Überfall hat nichts mit den Fakten zu tun. Es gab einen Waffenstillstand zwischen der regierenden Hamas im Gaza-Streifen und Israel, an den sich die Hamas gehalten hat, bis Israel sechs Mitglieder dieser Organisation im November 2008 getötet hatte. In der Zeit des Waffenstillstandes (von Juli bis Oktober) ging der Beschuss Israels um 97 Prozent zurück. Erst mit dem Bruch des Waffenstillstands durch Israel, nahm Hamas den Beschuss israelischen Gebietes durch Kassam-Raketen wieder auf, die aber nur geringfügigen Schaden anrichteten und mit den US-High-Tech-Waffen der Israels überhaupt nicht zu vergleichen sind.

Bei dem Massaker im Gaza-Streifen kamen laut Presserklärung des „Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte“ (PCHR) vom 27. Dezember 2010 1 419 Menschen ums Leben, 83 Prozent der Getöteten waren Zivilisten, die unter dem Schutz des Humanitären Völkerrechts stehen. 5 300 Personen wurden verwundet, und die zivile Infrastruktur wurde großflächig zerstört. Zahlreiche Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International haben die Verbrechen des israelischen Militärs dokumentiert. Die im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates eingesetzte Kommission unter dem renommierten südafrikanischen Richter Richard Goldstone legte einen Bericht, den so genannten „Goldstone Report“, vor, in dem Israel „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und „Kriegsverbrechen“ attestiert worden sind. Die gleichen Vorwürfe gingen auch an die Hamas-Regierung. Es gilt jedoch zu bedenken, dass sich neun Zehntel der Vorwürfe gegen Israel richteten, was in der Natur der Sache lag. Bis dato hatte keiner dieser Berichte zu irgendwelchen Konsequenzen seitens der internationalen Staatengemeinschaft geführt. Durch ihr Schweigen hat die internationale Staatengemeinschaft implizit das Massaker an der wehrlosen und eingesperrten Bevölkerung des Gaza-Streifens gutgeheißen. Durch dieses Schweigen zu internationalen Verbrechen, die auch die US-amerikanischen Besatzungstruppen in Iraq und Afghanistan zusammen mit ihren „willigen Helfershelfern“ begehen, werden dadurch indirekt sanktioniert.

Dieser Überfall, der unter dem Codenamen „Gegossenes Blei“ firmiert, zielte auf die Zerstörung der zivilen Infrastruktur, was durch die massive Zerstörung von Schulen, sanitären Einrichtungen, Moscheen, Universitäten, Polizeistationen, UN- und landwirtschaftliche Einrichtungen sowie private Wohnhäuser hinreichend dokumentiert worden ist. Israel setze sogar Phosphorgranaten ein, die nach Völkerrecht verboten sind und zu verheerenden Brandwunden führen.

Das israelische Außenministerium selbst hat in einer Dokumentation mit dem Titel „The Hamas terror war against Israel“ gezeigt, wie vertragstreu sich Hamas verhalten hat. Es präsentierte zwei Schaubilder, die das „Intelligence and Terrorism Information Center at the Israel Intelligence Heritage & Commemoration Center“ erstellt hat. Die Schaubilder belegen, dass Hamas erst wieder mit dem Beschuss israelischen Territoriums begonnen hatte, nachdem Israel die Hamas-Mitglieder liquidiert hatte.









Monthly distribution of rockets hit.










Monthly distribution of mortar shells.

Diese Schaubilder wurden in der Nacht zum 4. Januar 2009 von der Website des Außenministeriums entfernt, als die israelische Armee ihre Bodenoffensive startete. Sie wurden durch folgendes Schaubild ersetzt, das man als obskur bezeichnen könnte.










Dieses Dokument trug den gleichen Titel wie das ursprüngliche: „The Hamas terror war against Israel“. Alle Details wurden von Jim Holstun and Joanna Tinker minutiös dokumentiert.

Es spricht Bände, dass die Abbas- und Fayad-„Regierung“ des zweiten Jahrestages des Gaza-Massakers nicht gedacht hat. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Israel diesen Überfall mit Wissen, wenn nicht sogar mit insgeheimer Zustimmung dieser „Regierung“ durchgeführt hat. Erste WikiLeaks-Veröffentlichungen zeigen, das Abbas und der ägyptischen Regierung die Übernahme des Gaza-Streifens angeboten worden sei, was aber von Abbas dementiert worden ist. Dies wäre nicht verwunderlich, wenn man sich die Umstände des gescheiterten Putsches von Warlord Mahmoud Dahlan gegen die Hamas im Gaza-Streifen vor Augen führt, der aber ein anderes Ergebnis gezeitigt hat, als Dahlan und seine Auftraggeber sich erhofft hatten. Fälschlicherweise geistert die geplante Vernichtung der Hamas durch Dahlan und seiner Hintermänner als „Hamas-Putsch“ durch die internationale Presse. Tatsache ist jedoch, dass Hamas dem Putsch einer unheiligen Allianz, bestehend aus den USA, Israel und der so genannten palästinensischen Regierung, zuvorgekommen ist, und Dahlan, der diesen Angriff von Ägypten aus per Handy dirigiert hatte, zu seinem Glück nicht vor Ort gewesen ist. Ein Brief Dahlans vom 13. Juli 2003 an den damaligen israelischen Verteidigungsminister Shaul Mofaz, der in Dahlans Hauptquartier gefunden worden ist, zeigt, an wessen Leine Dahlan gelaufen ist.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland hat keiner der palästinensischen Funktionäre der Zivilgesellschaft des Massakers von Gaza vor zwei Jahren gedacht. Passt es doch den gut gewandeten Repräsentanten des palästinensischen Volkes, wenig Solidarität mit dem Teil ihres Volkes zu demonstrieren, der augenblicklich unter der Herrschaft der Hamas lebt. Immerhin hat sich die Palästinensische Generaldelegation in Berlin in einer mageren Stellungnahme zu diesen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ veranlasst gesehen.

Die Solidaritätsbewegung mit dem palästinensischen Volk muss alle Kraft darauf verwenden, die Besatzung der palästinensischen Gebiete zu beenden und die internationale Staatengemeinschaft davon zu überzeugen, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staates seit über 60 Jahren überfällig ist. Einen Anfang haben einige Staaten Lateinamerikas gemacht, die Europäische Union sollte geschlossen folgen. Wenn die EU diesen Schritt vollzogen hat, werden alle anderen Staaten nachziehen, bis auf die Verweigerungsfront: die Vereinigten Staaten von Amerika, Israel und vielleicht noch Palau und Mikronesien. Mit dieser überfälligen Anerkennung würde die internationale Staatengemeinschaft nicht nur ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllen, sondern auch den Respekt vor dem Völkerrecht garantieren.