Vom 26. bis 28. November 2010 fand in Stuttgart eine Palästina-Solidaritätskonferenz unter dem Titel „Getrennte Vergangenheit - Gemeinsame Zukunft“ statt, in deren Folge eine so genannte Stuttgarter Erklärung veröffentlicht worden ist, die sich für eine Einstaatenlösung als “Königsweg“ zur Lösung des Nahostkonflikts im Namen der Referenten/Innen und der Mehrzahl der Teilnehmer/Innen ausspricht. Der Duktus der Erklärung ist in Teilen aggressiv und polemisch. Es wird nicht eine sachliche Alternative angeboten, sondern die Befürworter einer Zweistaatenlösung werden dahingehend diskreditiert, dass sie angeblich „dogmatisch“ an einer solchen festhalten würden und die „Realitäten“ ignorierten. Des Weiteren würde eine Zweistaatenlösung die „Ungleichheit“ vertiefen und zementieren. Völlig unredlich ist die implizite Verbindung zwischen Einstaatenlösung und der BDS-Kampagne (Boykott, Deinvestition und Sanktionen). Eine an weltweiter Unterstützung gewinnende Bewegung, die auf das Ende der Besetzung des palästinensischen Heimatlandes durch Israel abzielt, wird mit einem unpolitischen, weil unrealistischen Ziel der Einstaatenlösung verbunden.
Die Debatte um eine Einstaatenlösung ist fast so alt wie der Konflikt selber. Nicht erst die Unterzeichner der „Stuttgarter Erklärung“ haben dies entdeckt, sondern bereits Martin Buber, Gerschom Scholem u. v. a. m.; sie haben sich in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts für diese fortschrittlichste aller Lösungen eingesetzt. Matzpen in Israel, die Kommunistische Partei Israels, ja selbst der Kommunistische Bund in der Bundesrepublik Deutschland haben sich für einen multinationalen Staat in Palästina ausgesprochen. Die Geschichte ist leider darüber hinweggegangen. Konnten sich die jüdischen Vertreter einer Einstaatenlösung schon nicht gegen die Vorstellung der damaligen Vertreter des Zionismus auf der internationalen Bühne durchsetzen, umso weniger werden die heutigen Vertreter dieser Idee gehört werden. Die Gründung eines jüdischen Staates war spätestens seit der Verkündung der „Balfour-Erklärung“ dezidiertes Ziel nicht nur des britischen Empires, sondern spätestens seit der Präsidentschaft Woodrow Wilsons auch das Ziel der US-amerikanischen Außenpolitik, von den zionistischen Vertretern gar nicht zu reden. Wer die Debatte in den Vereinten Nationen kennt, sollte wissen, dass die zionistischen Vertreter damals nur ein einziges Ziel verfolgten, und zwar die Gründung eines jüdischen Staates auf der Grundlage des „public law“. Der Holocaust spielte bei dieser Debatte keine Rolle. Die einzige Macht, die dieses Argument für die Staatsgründung in die Debatte eingeführt hatte, war der damalige Vertreter der Sowjetunion im UN-Sicherheitsrat, Andrei Gromyko. Seine Argumentation für das Recht des jüdischen Volkes auf einen eigenen Staat beruhte auf der Katastrophe des Holocausts, wie dies John Strawson von der „University of East London“ in seiner Untersuchung „Partitioning Palestine“ überzeugend dokumentiert hat.
Da alle politischen Aktionen des palästinensischen Widerstandes und auch die Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung fruchtlos geblieben sind, scheinen die Verfasser der „Stuttgarter Erklärung“ zu dem Schluss gekommen zu sein, es einmal mit Aktionen zur Erreichung einer Einstaatenlösung zu versuchen. Das politisch Fatale ist jedoch, dass sie diesen Vorschlag mit der gerade laufen BDS-Kampagne verbinden, die jedoch auf ein anderes Ziel gerichtet ist, und zwar durch internationalen Druck die Beendigung der Besetzung palästinensischen Landes zu erreichen. Damit wird der BDS-Aktion schwerer Schaden zugefügt, weil es die palästinensische und internationale Kampagne mit einer utopischen politischen Forderung überfrachtet; so etwas wirkt kontraproduktiv. Auf diese spalterischen Tendenzen hat zuerst die Dortmunder Raumplanerin Viktoria Waltz in einer Email hingewiesen, die für Furore innerhalb der Community gesorgt hat. Auch Thomas Immanuel Steinberg hat diesen negativen Aspekt betont.
Die Forderung nach einer Einstaatenlösung hat in Israel vielleicht ein Dutzend Befürworter, die keinerlei politischen Einfluss haben. Die gesamte politische Elite des Landes ist dagegen. Auch unter der palästinensischen politischen Elite scheint es Frustrierte zu geben, die sich von dem so genannten Friedensprozess ein „Singapur“ erhofft haben. Sie wollen nun die Trümmer ihrer politischen Unfähigkeit den israelischen Besatzern vor die Füße werfen und sich wieder bequem in der US-amerikanisch-europäisch-finanzierten Besatzungsherrschaft einrichten. Eine Einstaatenlösung würde für sie die Akzeptanz von Bürgern zweiter Klasse auf ewig bedeuten. Selbst der israelische Friedensaktivist Uri Avnery, der von rechtsnationalistischen und rechtsextremen Kreisen als „linksextrem“ eingeschätzt wird, hält von diesem Konzept gar nichts. "Das ist leeres Geschwätz einiger weniger Professoren, die schlicht die Nase voll haben von Israel und es auflösen wollen." Auch für Noam Chomsky, Norman Finkelstein und Felicia Langer sprechen politische und völkerrechtliche Gründe gegen das Konzept einer Einstaatenlösung.
Es ist merkwürdig, dass die „Schirmfrau“ dieser Stuttgarter Veranstaltung über diese Erklärung vorab nicht informiert worden ist. In Ihrer Rede auf dieser Konferenz erklärte sie, dass man behaupte, dass die Zweistaatenlösung nicht mehr in Frage komme, weil dies für die Palästinenser nur in einem Bantustan enden könne, was für sie unannehmbar sei. Sie erinnerte die Zuhörerschaft daran, dass die französische Kolonialmacht nach ihrer Niederlage in Algerien eine Million französischer Siedler aus dem Land transferiert habe. Die Einstaatenlösung habe zwar „wunderschöne Eigenschaften“, aber sie fürchte, dass sie „unrealistisch“ sei. In einem Interview mit mir erklärte Felicia Langer: „Das Schlussdokument - die so genannte Stuttgarter Erklärung - spaltet, anstatt sich auf die wichtigste Aufgabe, nämlich den Kampf gegen Besatzung und die gegenwärtige barbarische Politik Israels gegenüber den Palästinensern zu konzentrieren. Das palästinensische Volk muss alleine über die Lösung entscheiden, und man soll seinen Kampf unterstützen. Eine beleidigende Terminologie über das ´dogmatische Festhalten der so genannten internationalen Gemeinschaft an der Zweistaatenlösung` etc. ist fehl am Platz. Diese Erklärung zersplittert unsere Reihen, deren Einheit wir so dringend brauchen`; sie ist ein Eigentor, deshalb bin ich dagegen.“
Die internationale Solidaritätsbewegung sollte sich auf Folgendes konzentrieren: Primär muss es ihr um das Ende der israelischen Besatzungspolitik und die Gründung eines palästinensischen Staates in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht gehen. Das Recht auf Heimat und das Selbstbestimmungsrecht stehen jedem Volk nach Völkerrecht zu. Die Zweistaatenlösung wurde bereits durch die UN-Teilungsresolution vorbestimmt. Die Vertreter des palästinensischen Volkes haben sich dazu erst 1988 in Algier durchringen können, als PLO-Chef Yassir Arafat nicht nur den Staat Palästina proklamiert, sondern auch den Staat Israel in den Grenzen von 1967 anerkannt hat. Dass sich die PLO ursprünglich einmal für einen säkularen Staat in ganz Palästina eingesetzt hat, ist Geschichte. Die gesamte internationale Staatengemeinschaft vertritt die These von zwei Staaten im Gebiet des historischen Palästina. Sie sollte deshalb alles daransetzen, dass dieses Ziel schnellstens erreicht wird, da sonst kein Territorium mehr zur Verfügung steht, auf dem die Palästinenser ihren Staat errichten können. Es muss das Ziel sein, diesen Staat auf der Grundlage des Völkerrechts zu gründen, dies bedeutet, dass alle seit der Besetzung im Jahre 1967 einseitig vorgenommen politischen Maßnahmen der Besatzungsmacht rückgängig zu machen sind, da sie dem Völkerrecht widersprechen. Hauptzielländer der Solidaritätsbewegung müssen deshalb die USA und die wichtigsten Staaten der Europäische Union sein, da sie die treuesten Verbündeten Israels sind und dessen völkerrechts- und menschenrechtswidrige Politik vorbehaltlos unterstützen. Aber auch die anderen Mitgliedstaaten der UNO sind wichtig, wie die jüngsten diplomatischen Anerkennungen eines Staates Palästina durch Brasilien, Argentinien und Bolivien zeigen. Die UNO als Institution steht immer noch in der Pflicht, den zweiten Teil der Teilungsresolution politisch umzusetzen, und zwar die Gründung des Staates Palästina prioritär zu verfolgen.
Die Solidaritätsbewegung muss darüber hinaus noch eine zweite Stoßrichtung haben, und zwar die Innenpolitik des Staates Israel. Israel definiert sich selber als „jüdisch und demokratisch“, was kluge und weitsichtige Israelis für ein Oxymoron, einen Widerspruch in sich, und für einen Irrweg halten. Israel ist in weiten Teilen eine sehr lebendige Demokratie, aber im klassischen Wortsinne nur für seine jüdischen Staatsbürger. Alle nicht-jüdischen Bürger des Landes sind Bürger zweiter Klasse. Es gibt zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die diesen diskriminierenden Status festschreiben. Das Ziel der Solidaritätsbewegung muss sein, dies öffentlich zu machen, damit sich Israel von einer „Ethnokratie“ zu einer Demokratie im westlichen Sinne für alle seine Bewohner wandelt. Es gehört auch zur Pflicht der Unterstützer Israels, ihre doppelten Standards aufzugeben und die Führung des Landes zu überzeugen, sich zu einer Demokratie im klassisch-westlichen Verständnis zu wandeln. Ein solcher Staat aller seine Bürger neben einem souveränen Staat Palästina, der diesen Namen verdient, liegt im Interesse aller Beteiligten. Ein Haupthindernis auf dem Weg zu einer vollwertigen Demokratie scheint die Ideologie des Zionismus darzustellen. Sie sollte deshalb auch im Fokus der Solidaritätsbewegung stehen. Wie brisant eine Zionismus-kritische Haltung ist, die bis zur persönlichen Vernichtung reichen kann, zeigt das Beispiel von Ilan Pappé, der, um wieder frei lehren zu können, ins Exil nach Großbritannien gehen musste.
Der Solidaritätsbewegung sollte bewusst bleiben, dass, was auch immer das palästinensische Volk nach dem Ende der Besetzung für sich in freier Selbstbestimmung entscheiden wird, zu akzeptieren ist. Primäres Ziel muss das Ende der Besetzung sein, alles andere wird sich dann ergeben.
Die Debatte um eine Einstaatenlösung ist fast so alt wie der Konflikt selber. Nicht erst die Unterzeichner der „Stuttgarter Erklärung“ haben dies entdeckt, sondern bereits Martin Buber, Gerschom Scholem u. v. a. m.; sie haben sich in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts für diese fortschrittlichste aller Lösungen eingesetzt. Matzpen in Israel, die Kommunistische Partei Israels, ja selbst der Kommunistische Bund in der Bundesrepublik Deutschland haben sich für einen multinationalen Staat in Palästina ausgesprochen. Die Geschichte ist leider darüber hinweggegangen. Konnten sich die jüdischen Vertreter einer Einstaatenlösung schon nicht gegen die Vorstellung der damaligen Vertreter des Zionismus auf der internationalen Bühne durchsetzen, umso weniger werden die heutigen Vertreter dieser Idee gehört werden. Die Gründung eines jüdischen Staates war spätestens seit der Verkündung der „Balfour-Erklärung“ dezidiertes Ziel nicht nur des britischen Empires, sondern spätestens seit der Präsidentschaft Woodrow Wilsons auch das Ziel der US-amerikanischen Außenpolitik, von den zionistischen Vertretern gar nicht zu reden. Wer die Debatte in den Vereinten Nationen kennt, sollte wissen, dass die zionistischen Vertreter damals nur ein einziges Ziel verfolgten, und zwar die Gründung eines jüdischen Staates auf der Grundlage des „public law“. Der Holocaust spielte bei dieser Debatte keine Rolle. Die einzige Macht, die dieses Argument für die Staatsgründung in die Debatte eingeführt hatte, war der damalige Vertreter der Sowjetunion im UN-Sicherheitsrat, Andrei Gromyko. Seine Argumentation für das Recht des jüdischen Volkes auf einen eigenen Staat beruhte auf der Katastrophe des Holocausts, wie dies John Strawson von der „University of East London“ in seiner Untersuchung „Partitioning Palestine“ überzeugend dokumentiert hat.
Da alle politischen Aktionen des palästinensischen Widerstandes und auch die Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung fruchtlos geblieben sind, scheinen die Verfasser der „Stuttgarter Erklärung“ zu dem Schluss gekommen zu sein, es einmal mit Aktionen zur Erreichung einer Einstaatenlösung zu versuchen. Das politisch Fatale ist jedoch, dass sie diesen Vorschlag mit der gerade laufen BDS-Kampagne verbinden, die jedoch auf ein anderes Ziel gerichtet ist, und zwar durch internationalen Druck die Beendigung der Besetzung palästinensischen Landes zu erreichen. Damit wird der BDS-Aktion schwerer Schaden zugefügt, weil es die palästinensische und internationale Kampagne mit einer utopischen politischen Forderung überfrachtet; so etwas wirkt kontraproduktiv. Auf diese spalterischen Tendenzen hat zuerst die Dortmunder Raumplanerin Viktoria Waltz in einer Email hingewiesen, die für Furore innerhalb der Community gesorgt hat. Auch Thomas Immanuel Steinberg hat diesen negativen Aspekt betont.
Die Forderung nach einer Einstaatenlösung hat in Israel vielleicht ein Dutzend Befürworter, die keinerlei politischen Einfluss haben. Die gesamte politische Elite des Landes ist dagegen. Auch unter der palästinensischen politischen Elite scheint es Frustrierte zu geben, die sich von dem so genannten Friedensprozess ein „Singapur“ erhofft haben. Sie wollen nun die Trümmer ihrer politischen Unfähigkeit den israelischen Besatzern vor die Füße werfen und sich wieder bequem in der US-amerikanisch-europäisch-finanzierten Besatzungsherrschaft einrichten. Eine Einstaatenlösung würde für sie die Akzeptanz von Bürgern zweiter Klasse auf ewig bedeuten. Selbst der israelische Friedensaktivist Uri Avnery, der von rechtsnationalistischen und rechtsextremen Kreisen als „linksextrem“ eingeschätzt wird, hält von diesem Konzept gar nichts. "Das ist leeres Geschwätz einiger weniger Professoren, die schlicht die Nase voll haben von Israel und es auflösen wollen." Auch für Noam Chomsky, Norman Finkelstein und Felicia Langer sprechen politische und völkerrechtliche Gründe gegen das Konzept einer Einstaatenlösung.
Es ist merkwürdig, dass die „Schirmfrau“ dieser Stuttgarter Veranstaltung über diese Erklärung vorab nicht informiert worden ist. In Ihrer Rede auf dieser Konferenz erklärte sie, dass man behaupte, dass die Zweistaatenlösung nicht mehr in Frage komme, weil dies für die Palästinenser nur in einem Bantustan enden könne, was für sie unannehmbar sei. Sie erinnerte die Zuhörerschaft daran, dass die französische Kolonialmacht nach ihrer Niederlage in Algerien eine Million französischer Siedler aus dem Land transferiert habe. Die Einstaatenlösung habe zwar „wunderschöne Eigenschaften“, aber sie fürchte, dass sie „unrealistisch“ sei. In einem Interview mit mir erklärte Felicia Langer: „Das Schlussdokument - die so genannte Stuttgarter Erklärung - spaltet, anstatt sich auf die wichtigste Aufgabe, nämlich den Kampf gegen Besatzung und die gegenwärtige barbarische Politik Israels gegenüber den Palästinensern zu konzentrieren. Das palästinensische Volk muss alleine über die Lösung entscheiden, und man soll seinen Kampf unterstützen. Eine beleidigende Terminologie über das ´dogmatische Festhalten der so genannten internationalen Gemeinschaft an der Zweistaatenlösung` etc. ist fehl am Platz. Diese Erklärung zersplittert unsere Reihen, deren Einheit wir so dringend brauchen`; sie ist ein Eigentor, deshalb bin ich dagegen.“
Die internationale Solidaritätsbewegung sollte sich auf Folgendes konzentrieren: Primär muss es ihr um das Ende der israelischen Besatzungspolitik und die Gründung eines palästinensischen Staates in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht gehen. Das Recht auf Heimat und das Selbstbestimmungsrecht stehen jedem Volk nach Völkerrecht zu. Die Zweistaatenlösung wurde bereits durch die UN-Teilungsresolution vorbestimmt. Die Vertreter des palästinensischen Volkes haben sich dazu erst 1988 in Algier durchringen können, als PLO-Chef Yassir Arafat nicht nur den Staat Palästina proklamiert, sondern auch den Staat Israel in den Grenzen von 1967 anerkannt hat. Dass sich die PLO ursprünglich einmal für einen säkularen Staat in ganz Palästina eingesetzt hat, ist Geschichte. Die gesamte internationale Staatengemeinschaft vertritt die These von zwei Staaten im Gebiet des historischen Palästina. Sie sollte deshalb alles daransetzen, dass dieses Ziel schnellstens erreicht wird, da sonst kein Territorium mehr zur Verfügung steht, auf dem die Palästinenser ihren Staat errichten können. Es muss das Ziel sein, diesen Staat auf der Grundlage des Völkerrechts zu gründen, dies bedeutet, dass alle seit der Besetzung im Jahre 1967 einseitig vorgenommen politischen Maßnahmen der Besatzungsmacht rückgängig zu machen sind, da sie dem Völkerrecht widersprechen. Hauptzielländer der Solidaritätsbewegung müssen deshalb die USA und die wichtigsten Staaten der Europäische Union sein, da sie die treuesten Verbündeten Israels sind und dessen völkerrechts- und menschenrechtswidrige Politik vorbehaltlos unterstützen. Aber auch die anderen Mitgliedstaaten der UNO sind wichtig, wie die jüngsten diplomatischen Anerkennungen eines Staates Palästina durch Brasilien, Argentinien und Bolivien zeigen. Die UNO als Institution steht immer noch in der Pflicht, den zweiten Teil der Teilungsresolution politisch umzusetzen, und zwar die Gründung des Staates Palästina prioritär zu verfolgen.
Die Solidaritätsbewegung muss darüber hinaus noch eine zweite Stoßrichtung haben, und zwar die Innenpolitik des Staates Israel. Israel definiert sich selber als „jüdisch und demokratisch“, was kluge und weitsichtige Israelis für ein Oxymoron, einen Widerspruch in sich, und für einen Irrweg halten. Israel ist in weiten Teilen eine sehr lebendige Demokratie, aber im klassischen Wortsinne nur für seine jüdischen Staatsbürger. Alle nicht-jüdischen Bürger des Landes sind Bürger zweiter Klasse. Es gibt zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die diesen diskriminierenden Status festschreiben. Das Ziel der Solidaritätsbewegung muss sein, dies öffentlich zu machen, damit sich Israel von einer „Ethnokratie“ zu einer Demokratie im westlichen Sinne für alle seine Bewohner wandelt. Es gehört auch zur Pflicht der Unterstützer Israels, ihre doppelten Standards aufzugeben und die Führung des Landes zu überzeugen, sich zu einer Demokratie im klassisch-westlichen Verständnis zu wandeln. Ein solcher Staat aller seine Bürger neben einem souveränen Staat Palästina, der diesen Namen verdient, liegt im Interesse aller Beteiligten. Ein Haupthindernis auf dem Weg zu einer vollwertigen Demokratie scheint die Ideologie des Zionismus darzustellen. Sie sollte deshalb auch im Fokus der Solidaritätsbewegung stehen. Wie brisant eine Zionismus-kritische Haltung ist, die bis zur persönlichen Vernichtung reichen kann, zeigt das Beispiel von Ilan Pappé, der, um wieder frei lehren zu können, ins Exil nach Großbritannien gehen musste.
Der Solidaritätsbewegung sollte bewusst bleiben, dass, was auch immer das palästinensische Volk nach dem Ende der Besetzung für sich in freier Selbstbestimmung entscheiden wird, zu akzeptieren ist. Primäres Ziel muss das Ende der Besetzung sein, alles andere wird sich dann ergeben.