Deutschland kann sich glücklich schätzen, dass sich Felicia Langer und ihre Familie 1990 entschieden haben, von Israel nach Deutschland auszuwandern. Dies war wahrlich keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die Geschichte ihrer Familie vor Augen führt, die nach dem Nazi-Überfall auf Polen in die Sowjetunion fliehen musste, um dort unter nicht gerade komfortablen Umständen zu überleben. Schlimmer war jedoch die Familie ihres späteren Ehemannes Mieciu betroffen, die dem nationalsozialistischen Vernichtungsterror völlig zum Opfer fiel; als einziger überlebte Mieciu mehrere Konzentrationslager.
Wie viele Opfer des Nazi-Regimes wanderte Familie Langer 1950 nach Israel aus, in der Hoffnung, dort ein Leben führen zu können, wie alle anderen Menschen auf der Welt auch. Ein solches zu ermöglichen, war wenigstens der politische Zionismus angetreten. Dass es anders kam, ist dieser Ideologie geschuldet. Das Studium der Rechtswissenschaft und ihre spätere Tätigkeit als Anwältin der Entrechteten waren quasi persönlich-historisch determiniert. Als Humanistin und Internationalistin gab es in Israel für sie nur eine politische Heimat: die Partei Rakach (Neue Kommunistische Liste), die bi-national, antizionistisch und propalästinensisch war. Frau Langer gehörte deren Zentralkomitee an, das sie 1990 verließ. Diese Mitgliedschaft wird ihr bis heute von pro-zionistisch-extremistischer Seite vorgehalten. Sie geht mit diesen Verleumdungen nach dem Motto um: Was kümmert es den Mond, wenn der Hund ihn anbellt! Das mediokere Milieu der Politfunktionäre war ihr schon immer fremd.
Felicia Langer verfügt nicht nur in Deutschland über eine große Fan-Gemeinde. Sie ist eine international hoch angesehene und geehrte Persönlichkeit. Davon zeugen die zahlreichen Ehrungen, die ihre nach 1990 zuteil geworden sind. Der Prophet gilt allgemeinhin wenig im eigenen Land. Umso mehr sollte diese Feststellung der Betroffenen zur Ehre gereichen, wenn ihr ursprüngliches Heimatland so massiv gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte verstößt wie Israel, und sie diese Verstöße bis heute immer auf das Schärfste verurteilt hat. Für eine an das Recht glaubende Juristin ein nicht zu ertragender Ort. Lange Jahre war sie auch stellvertretende Vorsitzender der „Liga für Menschenrechte“, die von Israel Shahak, den „Yeshiyahu Leibowitz ohne Religion“, wie Frau Langer ihn nennt, geleitet worden ist.
Felicia Langer war über ein Jahrzehnt die erste und einzige Israelin, die sich für die Rechte der unter der israelischen Besatzung leidenden Palästinensern eingesetzt hat. Dafür musste sie nicht nur zahlreiche Demütigungen einer arroganten Militärjustiz, sondern auch solche ihrer Landsleute erdulden. Es sollte niemanden überraschen, dass sie vor den „Kangaroo Courts“ in Israel und den Besetzten Palästinensischen Gebieten (OPT) wenige Erfolge feiern konnte. Wer kann vor politisch-eingesetzten Militärgerichten schon als gewöhnliche Anwältin, die das reale israelische Recht und Völkerrecht hochhält, Erfolge erzielen? Wenigstens konnte sie 1979 vor dem Obersten Gericht Israels die Deportation des Bürgermeisters von Nablus, Bassam Shaka, aus seinem Heimatland verhindern.
Der „Misserfolg“ vor dieser Art von Gerichten sollte nicht überraschen oder gar als „Schande“ gelten. Wer persönlich miterlebt hat, wie Felicia Langer von der einfachen palästinensischen Bevölkerung in Ehren gehalten wird, freut sich, dass sie und ihre Familie jetzt in Deutschland leben und die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. Für ihren unermüdlichen Einsatz für Gerechtigkeit und die Menschrechte wurde ihr vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler im Juli 2009 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse in der Stuttgarter Staatskanzlei durch den Staatssekretär Hubert Wicker überreicht. Diese Ehrung ist nur mehr als angemessen für ihre persönliche und publizistische Leistung, die sie seit 20 Jahren in Deutschland - für ein besseres Deutschland und das Recht auf Selbststimmung der Palästinenser - erbringt. Für diese Auszeichnung wurde sie von Vertretern der „Israellobby“ mit Schmähungen und Verleumdungen überzogen, die selbst vor der Erpressung des Staatsoberhauptes nicht Halt gemacht haben. Selbst dazu schwieg die politische und mediale Klasse.
Persönlich bin ich Felicia Langer für ihre zahlreichen, exzellenten juristischen und menschlichen Ratschläge mehr als dankbar. Felicia, trotz aller Verleumdungen und Diffamierungen, die wir beide erfahren haben, sind wir überzeugt davon, dass die Wahrheit über die Lüge siegen wird. Auch in dem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zum Deinem 80. Geburtstag! Oder ins Polnische gewendet: „Sto lat, sto lat!“
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