Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) hat soeben ihren Bericht „Abusive System: Criminal Justice in Gaza“ veröffentlicht. Die Untersuchung zeigt, wie gravierend die regierende Hamas, ihre juristischen Handlanger und ihre Sicherheitsdienste die Menschenrechte einiger ihrer Bürger verletzen. Der Bericht untersucht das Strafrecht und dessen Missbrauch. So kommt der HRW-Bericht zu dem Ergebnis, dass es zu zahlreichen Verletzungen gekommen ist, und zwar durch „willkürliche Verhaftungen, Isolationshaft, Folter und unfaire Gerichtsverfahren“.
Nachdem Hamas im Jahr 2007 die Macht im Gaza-Streifen übernommen hat, sei es nach Angaben von HRW zu drei Exekutionen gekommen; die „Geständnisse“ der Hingerichteten seien unter Folter zustande gekommen. Familienangehörige werden entweder gar nicht oder nur verspätet über den Aufenthaltsort von Verhafteten unterrichtet. Auch Ankläger und Gerichte verstoßen gegen elementarste Rechte, die ein ordentliches Gerichtsverfahren ausmachen. So werden Zivilisten vor Militärgerichten (cangaroo courts) unter Missachtung von Völkerrecht angeklagt, und der Staatsanwalt verweigert oft Rechtsanwälten den Zugang zu ihren Mandanten. Die Gerichte versagen den Angeklagten ebenfalls ein rechtsstaatliches Verfahren in Bezug auf willkürliche Verhaftungen und missbräuchliche Verhöre.
Bei der Vorstellung des Berichts erklärte der stellvertretene Direktor der Nahost- und Nordafrika-Abteilung, Joe Stork, von HRW: „Nach fünf Jahren Hamas-Herrschaft in Gaza riecht ihre Strafjustiz nach Ungerechtigkeit, verletzt routinemäßig die Rechte von Gefangenen und gewährt Straffreiheit für den Missbrauch ihrer Sicherheitsdienste.“ Wie das Abbas-Regime so hat es auch das Hamas-Regime versäumt, die Sicherheitsdienste an die Kandare zu nehmen, da sie ohne ihre Unterstützung zusammenbrechen würden.
Für ihren Bericht hat HRW Missbrauchsopfer und ihre Familien, Anwälte, Richter und Vertreter von palästinensischen Menschenrechtsgruppen befragt, sowie Gerichtsakten und –urteile ausgewertet. Die Zeugen erklärten, dass Geheimdienste, zuständig für die innere Sicherheit, die Drogeneinheit der Polizei und Kriminalbeamte in Folter von Häftlingen verstrickt seien. "Die Unabhängige Kommission für Menschenrechte", die auch Menschenrechtsverletzungen in der Westbank untersucht, habe allein 147 Fälle von Missbrauch in 2011 durch Hamas im Gaza-Streifen untersucht, so der HRW-Report. Der Bericht zeigt auch, dass Hamas und der für die innere Sicherheit zuständige Direktor, Mohammed Lafi, bemüht seien, die schlimmsten Fälle von Missbrauch abzustellen; so seien einige Geheimdienstmitarbeiter degradiert worden. Auch habe man drei Leitern von Menschenrechtsorganisationen im Gaza-Streifen Ad-hoc-Zugang zu Gefangenen in Haftanstalten und den Untersuchungsgefängnissen des Geheimdienstes gestattet. An einigen Fällen verdeutlich der HRW-Bericht, dass die Sicherheitskräfte der Hamas, ohne strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, Gefangene gefoltert und ihrer elementaren Rechte beraubt haben.
Dass ein solcher Umgang mit unbequemen Bürger in Palästina nichts Außergewöhnliches ist, zeigen die unzähligen Berichte diverser Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch, B’tselem, The Independent Commission for Human Rights, Palestinian Center for Human Rights u. v. m. Diese Organisationen haben aber auch immer wieder die weitverbreitete Praxis der israelischen Besatzungsherrschaft in Bezug auf Völkerrechtsverstöße, ihres Machtmissbrauchs sowie der grassierenden Verletzung der Menschenrechte der Palästinenser dokumentiert.
Auf dem Höhepunkt des „Friedensprozesses“, als der gesamte Westen vom Ausbruch eines möglichen Friedens in dieser Region trunken war, erschien das Buch „Frieden ohne Gerechtigkeit? Israel und die Menschenrechte der Palästinenser“. Wer damals die „Prinzipienerklärung“ gelesen hat, für den begann mit diesem Prozess eine Reise ins Nirgendwo, initiiert für die westliche Öffentlichkeit. Nachdem die palästinensische Autonomiebehörde etabliert worden war, wurde für jeden kritischen Beobachter schnell klar, welche Rolle Yasser Arafat zu spielen hatte. Die massiven Menschenrechtsverletzungen seiner Behörde gegenüber seinem eigenen Volk ließen nicht lange auf sich warten, wie in den Kapiteln von „Friedensfeinde“ und „Feinde des Friedens“ nachzulesen ist. Auch nach fast 20 Jahren „Friedensprozesses“ gibt es nichts Neues unter Sonne Israels und Palästinas in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten.
Das Hamas-Regime im Gaza-Streifen bedarf dringend einer Reform an Haupt und Glieder. Dasselbe gilt für die korrupte Herrschaftselite im verbliebenen Rest-Palästina, dem so genannte Abbas-Land. Beiden täte ein „palästinensischer Frühling“ gut, damit endlich demokratisch gesinnte Kräfte an die Macht kommen, welche die israelische Besatzungsherrschaft, ihre Menschenrechtsverletzungen gegenüber Palästinensern und die Missachtung des Völkerrechts mit demokratischen Mitteln glaubwürdig herausfordern könnten.