„Raumplanung“ hört sich zwar auf den ersten Blick harmlos, langweilig und unverfänglich an, ist aber hochgradig politisch. Dieses Fach hat Viktoria Waltz von 1973 bis 2007 an der Universität Dortmund unterrichtet. Die planerischen Vorgänge in einem geographischen Raum haben sie nicht nur unter einem räumlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Aspekt interessiert, sondern immer auch von einem gesellschafts- und geopolitischen Blickwinkel aus, bei letzterem spielte die Kolonisierung eine wichtige Rolle, die heute wieder en vogue ist. Bei diesem Stichwort kommt die zionistische Kolonisierung Palästinas ins Spiel.
Schon während ihres Architekturstudiums an der Technischen Universität Berlin war der Konflikt Israel/Palästina eines ihrer Interessenschwerpunkte. Der SDS sprach sich 1967 als einzige Organisation gegen den imperialistischen Krieg aus, den Israel im Juni führte; Waltz war Mitglied dieses Studentenverbandes. Ganz anders der „SS-Mann“ Günter Grass: Er rief die Studenten/innen der HBK (Hochschule für Bildende Künste) auf, Socken für die israelischen Soldaten zu stricken!
Ihr wissenschaftliches Interesse galt aber nicht nur Palästina, sondern sie hat sich umfassend in Forschung und Lehre mit den Themenbereichen „Soziale Stadt“ sowie „Migration und Stadt“ auseinandergesetzt, wie zuletzt in dem Aufsatz „Migranten und Migrantinnen im Blickfeld der Stadt- und Raumplanung“, der in dem Sammelband „Zielgruppen in der räumlichen Planung. Konstruktionen, Strategien, Praxis“ 2014 erschienen ist. Letztere Themenfelder hat sie über Jahre auch als Lehrbeauftragte in Kurdistan/Irak unterrichtet.
Die planerischen Aspekte der zionistischen Kolonisierung Palästinas gehörten bereits früh zu ihren unterschiedlichen Interessensgebieten. Eine These, die ihre Arbeiten über Palästina von Anfang an durchzogen hat, ist, dass in Sachen Landraub nichts zufällig geschehen sei, sondern alles minutiös geplant worden ist. In ihrem Buch „Monopoly“ weist sie nach, dass in Palästina von Seiten Israels nichts planlos geschieht.
Prägend für ihre weitere wissenschaftliche Beschäftigung war ihre Reise nach Palästina 1984. Fortan unterstützte und engagierte sich in den verschiedensten Projekten und Palästina-Komitees. Durch ihre fast jährlich erfolgten Reisen, konnte sie Israels koloniale Raumplanungsaktivitäten vor Ort in Augenschein nehmen. Daraus entstand das Buch „Die Erde habt Ihr uns genommen“, das sie zusammen mit einem Kollegen veröffentlicht hat und das zu einem Standardwerk werden sollte. Darin wird die These vertreten, dass die Kolonisierung Palästinas nicht erst 1948, sondern bereits 1897 begann, als die ersten zionistischen Siedler ihren Fuß auf palästinensischen Boden gesetzt hatten. Viktoria Waltz gehört zu den wenigen, die in der zionistischen Ideologie das eigentliche Problem des Nahostkonflikts sehen. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass zuerst diese Ideologie auf dem Müllhäufen der Geschichte landen müsste, bevor es Frieden in Palästina geben könne.
Viktoria Waltz gebührt weiterhin das Verdienst, den Begründungszusammenhang des kolonialen „Projektes Israel“ aus der moralischen Verpflichtungskausalität herausgelöst und die langfristige zionistische Raumplanung in Palästina anhand von Dokumenten, Karten und Zitaten zionistischer Planer aufgedeckt zu haben. Dass ihr dies den geballten Zorn der zionistischen „Israellobby“ samt ihren antideutschen Extremisten in Deutschland zugezogen hat, ist nachvollziehbar, da diese keine überzeugenden Argumente gegen Israels permanente Menschrechtsverletzungen und Verstöße gegen das Völkerrecht vorzubringen haben, außer sich in Diffamierungen und Verleumdungen Andersdenkender zu ergehen. Vergebens hat man versucht, dass sich Universität Dortmund sich von ihr trennt. Bei ihrer letzten Diffamierungsaktion ist es diesen Antidemokraten gelungen, die Universitätsverwaltung so einzuschüchtern, dass diese ihrer langjährigen Mitarbeiterin ihre Universitäts-Email entzog. Ein Gespräch über diesen Vorgang hielt die Uni-Leitung für überflüssig! Das eigentliche Problem sind nicht diese zionistischen Extremisten und Denunzianten, mit denen Waltz fertig geworden wäre, wenn es nicht die politische feige Haltung der deutschen „Kollaborateure“ gegeben hätte, die sich auch in der „Causa“ Waltz gezeigt hat. Israel sein einfach „zu heiß“, lautete die „nachvollziehbare“ Begründung. Wie es scheint, hat sich in Sachen deutscher „Zivilcourage“ in den letzten einhundert Jahren wenig verändert, wenn es darauf ankommt.
Zwischen 1997 und 2000 war Waltz Beraterin im Wohnungsbauministerium in Gaza und Ramallah für Wohnungspolitik und hat über ihre dort erarbeiteten Entwürfe umfassend publiziert. Geblieben ist der Studiengang Stadtplanung an der Ingenieurwissenschaftlichen Fakultät der Universität von Birzeit. 2001 erhielt sie einen Auftrag für „Habitat for Humanity, Deutschland“ einen Bericht zur Wohnungssituation in Palästina zu schreiben und ein Programm vorzuschlagen. Der Bericht wurde nie veröffentlicht, was wohl daran gelegen haben muss, dass „ihn wohl ein Palästinenser geschrieben haben“ müsse - zu Palästina freundlich hieß es - so wurde es der Autorin von einem Teilnehmer berichtet, der an der Diskussion über den Bericht teilgenommen hat, ohne zu wissen, von wem der Bericht stammte und dieser erst später erfuhr, dass Viktoria Waltz die Autorin war.
Waltz war nie eine single-issue-Wissenschaftlerin, dies zeigt ihre imposante Veröffentlichungsliste. Neben ihrem wissenschaftlichen Engagement ist sie in zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen aktiv, wie zum Beispiel dem „Verein für Internationale Freundschaften“, der sich für die Belange älterer Migranten/innen einsetzt. In dessen Auftrag wurde von Waltz gerade eine Broschüre mit dem Titel „Spurensuche-Spurensicherung - Dortmunder 'Gastarbeiter‘ berichten“ veröffentlicht. Zum Abschluss dieser beeindruckenden Vita noch ein Hinweis auf ein nettes „Kuriosum“: Viktoria Waltz singt - neben ihren vielfältigen politischen Engagements - darüber hinaus auch noch im Dortmunder Chor türkischer klassischer Kunstmusik.
Das Wiedererstarken des „deutschen Geistes“ in Europa erfüllt Viktoria Waltz mit großer Sorge, was bei der deutschen Vergangenheit nicht verwundert. Auch nach ihrem kürzlich begangenen Siebzigsten wird sie sich dagegen zur Wehr zu setzen wissen, damit die Freiheit und die Würde des Menschen in einer zu bewahrenden und lebenswerten Umwelt nicht unter die Räder kommen.