Freitag, 30. März 2012

The Palestine Nakba, Land Day, and the Recolonisation of History

Der Staat Israel erblickte durch eine Teilungs-Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 (UN Res. 181) das Licht der Welt. Damit wurde den ursprünglichen Besitzern des Landes, den arabischen Palästinensern, großes Unrecht angetan, weil man ihnen durch einen bürokratischen Akt, über die Hälfte ihres Landes kaltschnäuzig weggenommen hat. In dessen Folge kam es zu einer militärischen Konfrontation, die mit der Niederlage der arabischen Seite endete. Israel nennt dies den Unabhängigkeitskrieg von 1948. Für die Palästinenser bedeutet er jedoch eine nationale Katastrophe, arabisch Nakba. Sie führte zur Zerstreuung und Fragmentierung der palästinensischen Gesellschaft.

Die Gründung des Staates Israel ist nicht allein den Gräueltaten der Nazi-Verbrechen geschuldet; diese These wird von fast allen namhaften Historikern vertreten. Die Staatsgründung war dem diplomatischen Geschick und der Leistung der zionistischen Bewegung geschuldet, die über 50 Jahre an der Umsetzung des Traumes von Theodor Herzl gearbeitet hatte. Auch ohne den Holocaust wäre Israel gegründet worden, so der Historiker Michael Wolffsohn. Dass die eigentlichen Besitzer des Landes für die Nazi-Gräueltaten bis heute politisch bezahlen müssen, ist nicht nur ein großes Unrecht, sondern zeigt auch das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft. Die Kolonisierung ihres Landes geht selbst im 21. Jahrhundert auf brutalste Weise weiter, und zwar durch eine völlig überdimensionierte Militärmaschinerie (Iron-Wall-Ideologie) gegen ein unbewaffnetes Volk. Aber im Zeitalter des Neo-Kolonialismus und Neo-Imperialismus, das durch die US-Hypermacht mit den Überfällen auf Afghanistan und Irak eingeläutet worden ist und jetzt mit einem bevorstehen Angriff auf Iran sein Krönung finden soll, scheint die israelische Kolonisierung der Westbank, Ost-Jerusalems und der Golan-Höhen eine quantité négligeable zu sein.

Diese Kolonisierung betrifft nicht nur die Palästinenser in den von Israel wider das Völkerrecht besetzten Gebieten, sondern auch die Gebiete, in denen die israelischen Palästinenser leben, vornehmlich in Galiläa. Die israelische Regierung beschloss am 11. März 1976 die Enteignung von Land zwischen den galiläischen Dörfern Sakhnin und Arraba für „public use“, wie die pseudo-legale Begründung hieß. Oren Yiftachel, Professor an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva, beschreibt diese Aktion als Teil eines Planes im Rahmen der „Judaisierung“ Galiläas, welche – trotz „Ausgangssperre“ - die Demonstrationen am 30 März 1976 auslösten. Sie wurden durch ein martialisches Aufgebot von zirka 4.000 israelischen Sicherheitskräften blutig niedergeschlagen; es gab zahlreiche Tote und über 100 Verletzte. Seither finden alljährlich die Land-Day-Proteste in Erinnerung an diese illegalen Enteignungen und die weitere „Judaisierung“ in Galiläa statt.

Darüber hinaus findet neben der physischen Kolonisierung Palästinas eine Rekolonisierung der palästinensischen Geschichte statt, und diese wird ironischer weise durch so genannte „liberale Zionisten“ bewerkstelligt. Diese Intellektuellen behaupten doch allen Ernstes, dass die palästinensischen Historiker keine Expertise besäßen, ihr eigene Geschichte darzustellen, weil sie nicht über die wirklichen Quellen verfügten, weil sich diese alle im Besitz der zionistischen Kolonisatoren befänden. Neben dieser intellektuellen Hybris werden historische Zeugnisse palästinensischen Lebens mutwillig zerstört, um eine jüdisch-biblisch begründete geschichtliche Kontinuität in Palästina nachzuweisen, aufgrund deren man meint, das Völkerrecht und die Menschenrechte missachten zu können. Folglich ist das historische Gedächtnis des palästinensischen Volkes seit 1948 einer permanenten intellektuellen und physischen Zerstörung ausgesetzt. Dass der „aufgeklärte“ Westen dies unter Missachtung seiner eigenen Rechtsgrundsätze aufgrund einer religiösen Mythologie akzeptiert, disqualifiziert nicht nur ihn, sondern stellt auch seine eigenen Fundamente langfristig in Frage.

Die palästinensische Solidaritätsbewegung unternimmt alles nur Erdenkliche, um das schreiende Unrecht, das im Namen „westlicher Werte“ durch Israel am palästinensischen Volk verübt wird, im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit wachzuhalten. Dazu dienen nicht nur die jährlich stattfindenden Demonstrationen anlässlich des „Tag des Bodens“ (land day), sondern auch der diesjährige „Globale Marsch auf Jerusalem“, der von einer weltweiten Solidaritätsbewegung getragen wird. Die diesjährigen Demonstrationen richten sich gegen das "israelische Apartheidsystem, den illegalen Bau von kolonialen Siedlungen und die Judaisierung Jerusalems", wie es in dem Aufruf heißt.

Die israelische Besatzungsmacht reagiert mit brutaler Gewalt gegen diese Demonstrationen in den besetzten Gebieten wie z. B. in Hebron, Ost-Jerusalem und an einigen „Kontrollpunkten“. Dass diese friedlichen Proteste gegen Völkerrechts- und Menschrechtsmissbrauch von den „Freunden Israels“ weltweit als Unterstützung von Hisbollah, Hamas und Iran verleumdet werden, disqualifiziert diese als Sprachrohre eines Besatzungsregimes, das seinesgleichen "unter der Sonne" sucht und das darüber hinaus nicht nur plant, Iran wider alle Völkerrechtsnormen anzugreifen, sondern auch alle so genannten westlichen Werte ad absurdum zu führen. Dass leider zu viele westliche Politiker dies nicht begreifen wollen, überrascht niemanden. Sehen diese doch auch in der Selbstdefinition des israelischen politischen Systems als „jüdisch und demokratisch“ ebenfalls keinen Widerspruch. Aber weiß in diesen Kreisen überhaupt jemand, was ein Oxymoron ist?

Mittwoch, 28. März 2012

Achmadinedschad „interviewt“ Claus Kleber vom ZDF

Was jeder Volontär in den ersten Tagen lernt, scheint den Claus Klebers der Fernsehwelt entfallen zu sein. Der Chef-Moderator des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) hatte es eigentlich gut gemeint, als sein Sender endlich nach jahrelangem Bitten und Betteln den iranischen Präsidenten Mahmud Achmadinedschad als Interviewpartner vor die Kamera bekam. Überrascht von Achmadinedschads Professionalität und Klebers Voreingenommenheit, ja journalistischer Hilflosigkeit war die ZDF-Redaktion um Schadensbegrenzung bemüht und hat versucht, das Interview richtig „einzubetten“.

Gut gemeint, ist jedoch etwas anderes, als gut gemacht. Zu groß scheint der Schock für die ZDF-Chefstrategen über einige Wahrheiten, die Irans Präsident geäußert hatte, gewesen zu sein. Hatten die Medien nicht über Jahre hinweg an der Dämonisierung des Iran als der Verkörperung „des Bösen“ schlechthin gearbeitet und der Wahrheit über das virtuelle Atomprogramm des Iran mediale Gewalt angetan? Als Medienprofi hätte Kleber eigentlich wissen müssen, dass rational handelnde Politiker nur mit Bedacht Interviews gewähren, auch wenn sie Achmadinedschad heißen und er in zahlreichen westlichen Medien als „Irrer“ bezeichnet wird. Diesem Stereotyp hat der iranische Präsident jedoch nicht entsprochen. Er drehte den Spieß einfach um und stellte Kleber viele Fragen und brachte damit das Zerrbild des Westens über Iran gehörig ins Wanken. Der Journalist stellte keine Fragen zur Lage der Menschenrechte, zu Achmadinedschads kruden Thesen zum Holocaust etc. Kleber fiel dazu nur ein, dass der iranische Präsident gar nicht die Situation begreife, wie „wir“ sie sehen, und er nur über Geschichte, Kultur und koloniale Attitüde von Kolonialmächten redete. Also doch ein „Irrer“? „Verdammt noch mal, hier geht es um ein Atomprogramm, das kurz vor dem Punkt steht nach Meinung vieler, und wo über Krieg und Frieden entschieden wird. (…) Er ist ein Mann, der eine Maske bleibt für mich, und ich nicht weiß, was wirklich dahinter steckt“, so der ZDF-Moderator in seinem Nachklapp zum iranischen Präsidenten.

Claus Kleber wirkte unerwartet verkrampft, etwas hilflos, wenig souverän und kaum umfassend vorbereitet, als er völlig blauäugig Irans Präsidenten aufforderte, totale Transparenz in Sachen Nuklearforschung zu garantieren, damit der Westen den Iranern glauben könne, um den vermutlich bereits beschlossenen völkerrechtswidrigen Überfall seitens der USA und Israels noch abwenden zu können. Glaubte Claus Kleber allen Ernstes, der iranische Präsident würde im ZDF die Öffnung aller militärischen Einrichtungen Irans verkünden? Würden vielleicht die USA, Russland, China, Frankreich oder Israel ihre geheimen Forschungsanlagen für Inspektoren öffnen? Der ZDF-Moderator demonstrierte in seiner Hilflosigkeit die einseitige Haltung des Westens und dessen praktizierte doppelte Standards. Er schien eher als Sprachrohr des Westens zu fungieren, als unabhängiger und neutraler Interviewer zu sein. Er erwähnt einige Plätze in Iran, in denen Nuklearforschung betrieben werde, und fügte dann hinzu: „Wenn Sie alle diese Plätze öffnen, wenn Sie zeigen, dass Sie nichts zu verbergen haben, ist die Krise vorbei. Warum wird die alte Kulturnation Iran diesen Schritt nicht machen?“ „Mit Druckausübung werde die iranisch-nukleare Frage nicht gelöst“, so Achmadinedschad. Was erwartet man von einem Staat ohne Atomwaffen, wenn man Israels geschätzte 200 bis 300 Atomsprengköpfe einfach ignoriert? Warum fielen Kleber nicht die Aussagen der diversen israelischen Geheimdienstchefs ein, die keinerlei „existentielle Bedrohung“ durch das iranische Nuklearprogramm für Israel festgestellt haben?

Auch das Argument des iranischen Präsidenten, dass Iran den Nichtverbreitungsvertrag und das Zusatzprotokoll unterzeichnet habe, Israel aber nicht, konterte der ZDF-Anchorman doch allen Ernstes damit, dass Israel sein geheimes Atomprogramm also völlig „legal“ betreiben könne, weil es ja den NPT-Vertrag (Atomwaffensperrvertrag) nicht unterschrieben habe. Dürfte dann ein Staat, der die Folterkonvention nicht unterzeichnet hat, „rechtmäßig“ foltern? Es gibt einen Konsens in den Vereinten Nationen, den Nahen und Mittleren Osten zu einer nuklearfreien Zone zu erklären, und der Iran unterstützt dies. Die einzigen Staaten, die dagegen sind, sind Israel und die USA. Kleber kam auch nicht auf die Idee nachzufragen, ob sich vielleicht Iran durch die existierenden israelischen Nuklearwaffen nicht auch bedroht fühlen könnte. Oder dass das Land von US-Truppen umzingelt ist - von einem Staat also, der schon aufgrund von Lügen den Irak überfallen und total verwüstet hat.

Man konnte letztendlich den Eindruck gewinnen, dass Achmadineschad Kleber von der iranischen Position überzeugt hatte, ohne dass dieser es offen zugeben wollte, weil es von seiner Seite zu wenige Gegenfragen, respektive kaum sinnvolle kritische Nachfragen gab. Es ist auch schwer nachvollziehbar, dass, wenn man sich Gesetzen und internationalen Abkommen durch Nichtanerkennung verweigert, man handeln kann, wie man will.

Das geistige Oberhaupt Irans, Ayatollah Ali Khamenei, hat wiederholt Ausführungen darüber gemacht, dass die Herstellung von Nuklearwaffen eine Sünde gegen den Islam sei und Iran solche Waffen deshalb ablehne. Dass er dies öffentlich gegenüber seinem eigenen Volk getan hat, sollte es keinen Zweifel gegenüber seiner Aufrichtigkeit geben. Wenn jemand diese Aussage bezweifelt, muss er seinen Zweifel mit Fakten belegen. Auch zeigte sich Kleber verwundert darüber, wie selbstbewusst Achmadinedschad aufgrund einer mehr als 6000-jährigen kulturellen Tradition argumentierte. Wenn der Iran eine Atombombe bauen wolle, werde er dies öffentlich mitteilen, so Achmadinedschad. Es scheint, dass nicht Iran ein Glaubwürdigkeitsproblem hat, sondern der Westen.

Sollte es zu einem Angriff seitens Israels und der USA kommen, verstößt dieser nicht nur gegen alle völkerrechtlichen Prinzipien, sondern auch gegen die Expertisen der 17 US-Geheimdienste und selbst gegen die ideologisch gefärbten Berichte der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Bei einem Angriff auf Verdacht sind die Aggressoren eindeutig identifizierbar: Israel und die USA. Was aber noch schwerer wiegt, sind „Die Nürnberger Prinzipien von 1950“. Im Prinzip VI werden die Verbrechen nach internationalem Recht aufgezählt. Zu den Verbrechen gegen den Frieden werden in Punkt 1 genannt: „Planung, Vorbereitung, Auslösung oder Durchführung eines Angriffskrieges oder eines Krieges in Verletzung internationaler Verträge, Vereinbarungen oder Zusicherungen.“ Und in Prinzip VII heißt es: „Komplizenschaft in der Ausübung eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, wie im Prinzip VI ausgeführt, sind Straftatbestände nach internationalem Recht.“ Und im „Statut über den Internationalen Strafgerichtshof“ vom 17. Juli 1998 werden in Artikel 5 Verbrechen aufgezählt, die der Gerichtsbarkeit dieses internationalen Strafgerichtshof unterliegen, wie z. B. „das Verbrechen der Aggression“, worunter völkerrechtlich ein Angriffskrieg fällt, sowie „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Da weder Israel noch die USA dieses Statut unterzeichnet haben, könnten sie nach der Kleberschen-Logik diese "Verbrechen" ungestraft begehen!

Darüber hinaus wurde im Interview deutlich, dass, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, mit Iran als souveräner Nation auf gleicher Augenhöhe verhandelt werden muss. Iran ist keine Bananen-Republik, die sich vom US-amerikanischen Cowboy und seinen Hilfssheriffs herum schubsen lassen muss. Vielleicht sollte US-Präsident Obama seine Reden an die muslimische Welt noch einmal genau studieren, bevor er sein Land in einen neuen Krieg führt. Wie viele Tote diesen „Siegeszug“ pflastern werden, wird die Zukunft zeigen. Die Sieger stehen noch nicht fest, Verlierer werden wir aber alle sein.

Bildnachweis: Facebook - Flirt mit dem "Feind".

Sonntag, 25. März 2012

Evelyn Hecht-Galinski, „Das Elfte Gebot: Israel darf Alles“

„Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen.“ Dieses Motto des ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland (ZdJ), Heinz Galinski, hat sich auch seine Tochter, Evelyn, zu Eigen gemacht. Stimmgewaltig und mit Verve tritt sie seit einigen Jahren als Kritikerin israelischer Regierungspolitik und dessen „Sprachrohr“ in Deutschland, des Zentralrates, öffentlich in Erscheinung. Nachdem sie anfänglich noch Gehör in den öffentlichen Medien gefunden hat, ist es den Vertretern der „Israel-Lobby“ gelungen, sie durch Verleumdungen und Diffamierungen medial zu marginalisieren.

Die vorliegende Buchveröffentlichung kompiliert Artikel von Evelyn Hecht-Galinski, ohne die sonst bei ihr üblichen schrillen, fanfarenartigen Zwischentöne zu reproduzieren. Die kurzen Kommentare und Redebeiträge zu aktuellen politischen Ereignissen in Israel, Palästina und der Bundesrepublik Deutschland erstrecken sich über einen Zeitraum von drei Jahren. Die meisten sind in der online-Zeitung. „Neue Rheinische Zeitung“, erschienen. Eingerahmt werden die Beiträge von einem Vorwort des israelischen Historikers und Politikwissenschaftlers Ilan Pappé, der aufgrund intensiven Mobbings durch Kollegen an der Universität Haifa ins Exil nach Großbritannien gehen musste, um wieder frei lehren zu können, sowie von einem Nachwort von Gilad Atzmon, des umstrittenen israelisch-britischen Saxophonisten.

Die Autorin bedient sich einer sehr direkten Sprache, die konträr zur politisch-korrekten deutschen Neusprech-Tradition steht. Dass dazu eine gehörige Portion Mut gehört, betont auch Pappé in seinem Vorwort. „Es ist ihrem Mut und ihrer Wahrhaftigkeit zu verdanken, dass solche Organisationen (ZdJ L. W.) in diesem Buch als das bloßgestellt werden, was sie sind, nämlich das `Sprachrohr` der verschiedenen israelischen Regierungen.“ Die „Israel-Lobby“ hatte ihrer Kritik nur Verleumdungen entgegenzusetzen, wie Pappé betont. Dass diese Strategie kläglich gescheitert sei, davon zeuge dieses Buch. Pappé weist auf das deutsche Dilemma in Bezug auf Israelkritik hin; er betont aber auch Israels Instrumentalisierung desselben. „Die deutsche Schuld und der Wunsch, sie wiedergutzumachen, wurde von den israelischen Regierungen missbraucht, und zur Rechtfertigung der Enteignung und Kolonisierung und ethnischen Säuberung der Palästinenser instrumentalisiert.“ Pappé zeigt sich enttäuscht darüber, dass dies von der organisierten Judenheit in Deutschland nicht erkannt worden sei, und dies Individuen wie Frau Hecht-Galinski leisten mussten.

In den einzelnen Beiträgen kann der politisch Interessierte die Angriffe der Autorin gegen den Zentralrat, ihren „Lieblingsfeind“, Henryk M. Broder, gegen die Unterwürfigkeit deutscher Politiker gegenüber Israel, gegen die Politik des doppelten Standards u. v. a. m. nachlesen. Abgerundet wird die Artikelsammlung von dem auch in der Kritik der Palästinasolidarität stehenden Gilad Atzmon, der die Autorin als „stolze selbsthassende Jüdin“, ganz in der Tradition „selbsthassender Juden“ wie Jesus, Spinoza und Marx stehend, bezeichnet. Beide wenden sich gegen das zionistische Stammesdenken, das jedem jüdischen Humanismus Hohn spreche.

Sicherlich ist es auch dem Lektorat des Palmyra Verlages zu verdanken, aus einem publizistischen Desparatum ein ansprechendes Buch zu machen. Dies drückt sich selbst noch in den einseitigen „Literaturempfehlungen“ der Autorin aus. Sprechen die überaus selektiven Buch-Hinweise eher für einen unverständlichen Tunnelblick, so weisen die ergänzenden Literaturempfehlungen des Verlages doch daraufhin hin, dass das Nahost-Rad und die Kritik an Israels Besatzungspolitik nicht neu von Evelyn Hecht-Galinski erfunden werden muss.

Weder gibt es ein „Elftes Gebot“, das Israel „Narrenfreiheit“ zubilligt, noch trifft ein Witz zu, der in den USA kursiert, nach dem AIPAC, eine der einflussreichsten pro-israelischen Interessenvertretungen feststellen könnte, dass die Zehn Gebote „antisemitisch“ seien, und die Mitglieder des US-Kongresses zu 95 Prozent einer Gesetzesvorlage zustimmen würden, diese deshalb verbieten zu lassen.

Der Wert des Buches besteht darin, dass es in komprimierter Form die vielfach geäußerte Kritik an der israelischen Regierungspolitik gegenüber den wirklichen Besitzern des Landes, den Palästinensern, und die doppelten Standards der deutschen politischen Elite in der Rechtfertigung einer jede „westlichen Werte“ verletzenden Politik allen Leserinnen und Lesern vor Augen führt. Mit diesem Buch scheint nun die Autorin in die Walhalla der jüdischen "Israel-Kritiker" aufgestiegen zu sein. Aber wie steht es mit dem Eintreten für ein uneingeschränktes Recht auf Rückkehr der Palästinenser in ihre Heimat? Auf Jerusalem als die Hauptstadt eines Staates? Auf die völlige Rückgabe des geraubten Landes? Auch nach diesem Buch bleiben Fragen über Fragen. Viele leider unbeantwortet.

Samstag, 24. März 2012

Fritz Edlinger, Libyen

Manche Bücher kommen bescheiden daher. Sie liefern Fakten, Hintergründe und Analysen über ein Land, das durch die Clownerien seines Herrschers letztendlich zum Spielball nicht nur von so genannten Aufständischen, sondern auch einer internationalen Koalition von Aggressoren geworden ist, die nicht das Wohl des libyschen Volkes, sondern ihre eigenen Interessen und die Gier der internationalen Konzerne nach Profit im Blick haben. Dieser Gier - aber auch der Selbstherrlichkeit des Gaddafi-Clans - ist letztendlich das Regime von Oberst Muammar al-Gaddafi zum Opfer gefallen, obgleich es sich in den letzten Jahren willfährig gegenüber ausländischen Interessen gezeigt hat. Gaddafi wurde besonders von Nikolas Sarkozy und Silvio Berlusconi verhätschelt.

Das Buch ist vor der „Befreiung“ des Landes von seinen „Diktator“, wie Gaddafi plötzlich genannt worden ist, erschienen, gleichwohl werden die informativen Beiträge über den Tag hinaus Bestand haben, weil sie die Realität des Landes beschreiben und sich nicht am Wunschdenken westlicher Ideologen orientieren. Die westlichen Medienvertreter haben auch im Libyen-Konflikt wieder eine unsägliche Rolle gespielt. Sie waren nicht unabhängige Beobachter, sondern Kriegspartei, indem sie nicht nur die Seite der so genannten Aufständischen, sondern auch die vorselektierte Nachrichtenauswahl der Nato-Aggressoren in alle Welt getragen haben und deren völkerrechtswidrige Umdeutung ihres Engagements zum angeblichen Schutz der Zivilbevölkerung nicht als einseitige Intervention auf Seiten der „Aufständischen“ als das bezeichnet haben, was es war: eine einseitige Parteinahme für die vom Westen geschaffenen „Aufständischen“. Eine besonders unrühmliche Rolle dabei kam dem arabischen Sender Al Jazeera zu, der als Propagandasprachrohr des Regimes in Katar fungiert, dessen Herrscher den Sender finanziert und die „Aufständischen“ mit Waffen versorgt sowie auf deren Seite interveniert hat. Das einzige "Leitmedium", das dieser westlichen Propaganda nicht völlig auf den Leim gegangen ist, war die Neue Zürcher Zeitung.

Die zwielichtige Berichterstattung der Medien aus Libyen beschreibt Karin Leukefeld, die als eine der wenigen Nahostkorrespondentinnen auch live aus Syrien berichten kann. Die Medien kreierten ihre eigene Realität, die als Vorlage für Politiker dient, die dann ihre Sanktionen oder ihre anderen Strafmaßnahmen politisch ins Werk setzen. Im Falle Libyens waren dies Sender wie BBC, CNN und Al Jazeera. Sie berichteten von groben Menschenrechtsverletzungen, willkürlichen Inhaftierungen, vom Verschwinden von Menschen und summarischen Hinrichtungen, die dann als Begründung für die UN-Resolution herhalten mussten.

Die Autorin weist zu Recht auf die „Schutzverantwortung“ (responsibility to protect=r2p) hin, die als Hebel zur Intervention dient und das völkerrechtliche Souveränitätsrecht jedes Staates ad absurdum führt. Die Medien ziehen in den Krieg, und ihre Propaganda sei nicht nur in den „sozialen Medien“, sondern auch in den sogenannten Leitmedien weit verbreitet. Die Journalisten verhielten sich nicht wie Journalisten, sondern wie „Aktivisten“. Die journalistische Karawane ist von Libyen weitergezogen. Die 50.000 Toten und die totale Verwüsung, die das Nato-Bombardement hinterlassen hat, sind keine Meldungen mehr wert. Jetzt steht Syrien auf der Agenda, danach der Iran. Die westlichen Journalisten interessieren sich nur für solche Autokraten, die das US-Imperium nicht mag und die dessen Expansionsdrang im Wege stehen. Die menschenrechtsverletzenden Regime in Bahrein, Saudi-Arabien oder des Golf-„Konterrevolutionären“-Rates (GCC) werden mit Ignoranz belohnt.

Alle Beiträge dieses Bandes zeichnen sich durch eine hohe Sachkompetenz aus. Sie gehen den Problemen Libyens auf den Grund und vermitteln ein Bild eines überaus differenzierten Landes, das mit der westlichen Begrifflichkeit nicht verstanden werden kann. Diese Floskeln eins zu eins zu übertragen, wird fehlschlagen. Irak und Afghanistan hätten als Beispiele für das Scheitern westlicher Hybris eigentlich reichen sollen. Aber der Drang nach neuen Eroberungen scheint im Westen immer noch nicht befriedigt zu sein.

Die Beiträge des Sammelbandes haben die ethnische, religiöse, politische, soziale und wirtschaftliche Lage Libyens profund analysiert sowie die Rolle und die Motive fremder Mächte und Interessen beschrieben. Sie zeichnen sich alle durch ihren hohen Informationsgehalt aus und werden über den Tag hinaus nichts von ihrer Relevanz einbüßen.

Montag, 19. März 2012

The Arab Revolt and the Imperialist Counterattack

“Under the Clinton regime, US militarized imperialism in Africa took off”, writes James Petras, Bartle Professor (Emeritus) of Sociology at Binghamton University, New York, in his introductory remarks to his latest book that compiles articles the author has written in recent month. They deal with the Arab Revolt and the belligerent actions taken by the United States and its allies within NATO. This compilation of essays shows the growing militarization of U. S. policy in North Africa and the Gulf and the historic confrontation between the Arab democratic revolution and the imperial backed reactionary satraps in the Middle East.

When public uprisings in Tunisia and Egypt overthrew U. S. dictatorial-backed regimes, the ruling class in the United States was taken by surprise. However, as the Arab revolt spread to the center of U. S. national interest, meaning the oil fields of Saudi-Arabia, and the Emirates of the “Golf Counter-revolutionary Council” (GCC) like Bahrain, the U. S. Empire struck back. Together with their imperialist partners, France and Great Britain, they backed so-called rebels in Libya to oust Muammar al-Gaddafi and bombed the country into oblivion.

Military interventions in Africa reached their peak under the “boy-emperor from Crawford, Texas”, the George W. Bush`s junior administration. The Pentagon has military ties with 53 African countries. The militarization of Africa was accelerated after 9/11. In 2002, the Bush administration announced that Africa was a “strategic priority in fighting terrorism”. Obama´s aggressive drone-war strategy in Afghanistan, Pakistan and Yemen, his invasion and bombing of Libya is thus a “continuation of a longstanding imperial practice designed to enhance US power via the installation of client regimes, the establishment of military bases and the training and indoctrination of African mercenary forces.” (12)

U. S. Middle Eastern policy has a long history of “installing, financing, arming and backing dictatorial regimes which back its imperial policies and interests as long as they retain control over their people”, writes the author. (15) The U. S. Empire has not only a very long tradition of cooperating with right-wing dictatorships in Latin America but also with pro-Western Arab despots ranging from Tunisia through Morocco, Egypt, Yemen, Lebanon, Saudi Arabia, the Emirates, and the Palestinian Authority. The U. S. foreign policy has a long tradition of backing dictatorial regimes as long they are able to control and oppress their own people. Obama´s political dipsy-doodle during the revolt against Hosni Mubarak was due to Washington´s would be loss of credibility towards other client-regimes and to the highly influential pro-Israel lobby AIPAC and their backers in the U. S. Congress that saw in the Mubarak regime an important asset for the State of Israel.

However, the major obstacle to ousting Mubarak was that a major sector of Egypt’s state apparatus, especially the 325,000 Central Security Forces and the top generals in the Army (468,500 members) have buttressed Mubarak for 30 years and have been enriched by their control over very lucrative companies in a wide range of fields, writes Petras. (18) While the White House may tolerate social movements in “sacrificing” dictatorships, “it has every intention of preserving the state”. (24) The author points out with some relish that the omnipotent CIA and the legendary Mossad were caught by surprise by the Arab uprisings, although they have not only trained their Arab stooges but also cooperated closely against the will of the Egyptian and Palestinian peoples. Neither the Mossad nor the CIA could detect and prevent the rise of the popular democratic movement, nor could they save their “willing collaborator” Mubarak. (26)
According to Petras, the causes for the Arab revolt lay in the “huge demographic-class contradictions of the clan-class ruled rentier economy”. (35) Their clan-subjects are ruled by sticks and carrots. They control their population by “traditional clan and neo-colonial recruits and mercenary” through modern U. S. armaments. (32) These “rentier rulers govern via their ties to the US and EU military and financial institutions”. (38)

The author debunks the belief held by the political left (“progressives”) and right (imperialists) that so-called humanitarian intervention is about “saving civilian lives in the face of genocide” or that the Euro-U. S. intervention is “all about oil”. (41) He deconstructs the myths on Libya that the intervention was prompted by humanitarian considerations, was about oil, about the elimination of the” terrorist Gaddafi”, the Libyan Al-Qaeda connection, or an imminent “genocide” or armed civil war. (42-50) Petras argues that the main driving force behind U. S.-led imperial expansion is not economically but militarily motivated. Gaddafi had to go because he “did not become a strategic geo-political-military asset of the empire”. (51) Petras criticizes “naïve” pro-war reporting or U. S.- Euro propaganda of the Western corporate media that “acclaimed” to the imperial juggernaut that caused at least 50.000 civilian deaths. NATO´s war crimes were directed against the “Arab spring”. According to the author, it was a “counterattack” against the” popular democratic and anti-imperialist movements” which had ousted U. S.-client dictators.

The drive for world domination by the U. S. Empire is not primarily done by economic means or by mere political ones. They “vary according to the particular conditions necessary for empire building”. (60) For example, in the war to break-up Yugoslavia and establish client regimes, as in Kosovo, imperial Western ideology utilized humanitarian rhetoric. In the genocidal wars in the Middle East, anti-terrorism and anti-Islamic ideology is used. Against China, democratic and human rights rhetoric predominates. In Latin America, receding imperial power relies on democratic and anti-authoritarian rhetoric aimed at the democratically elected Chavez government, writes the author. Petras stress the argument that Washington’s imperial network is increasingly based on military ties with its allies, whereas “China offers greater economic returns and less political-military interference than the US.” (71)

The U. S.-NATO-led imperial counterattack against the democratic movements and the remodeling of the Arab world is already in full swing as the Saudi backed invasion in Bahrain, the instigated civil war in Syria and the planned attack on Iran´s nuclear facilities show. The “naked aggression” has heightened other nations’ security concerns. (85) Amidst all the created chaos by the U. S. Empire, will there come out an “Obama doctrine” by successfully rolling back independent Arab regimes and movements, as the author speculates? The allies of the empire “include an amalgam of fundamentalist, tribal, gangster, and opportunist clan and neoliberal operators who have few interests in common. And all are armed and ready to carve up competing fiefdoms”. (104) The “Obama doctrine” relying on bands of foreign mercenaries and on drone warfare has already boomeranged because it “has not secured a single major triumph over any of the targeted insurgencies by this means”. (105) Obama´s reliance on a “third party” for interventions was also only partly successful. So are the “Special Forces” which terrorize the local population and assassinate people like Osama bin-Laden in Pakistan or the U. S. citizen Anwar Al-Awlaki in Yemen. The most important element of the “Obama doctrine” might be “the promotion of civil-military mass uprisings and the reshuffle of elite figures to ‘co-opt’ popular pro-democracy movements in order to derail them from ending their country’s’ client relationship to Washington”. (107) Beside these “external” elements, there is an “internal” one, namely, the exploitation of a “civilian-military subversion” in order to derail the promising the anti-imperial movements that rocked the imperial-guided dictatorships in the Arab world. At the end, Petras warns readers of the fatal consequences of Obama’s strategy: “The ‘Obama doctrine’ of extra-territorial air wars with impunity, if turned against Iran, would provoke a catastrophic conflagration, which would far surpass the disastrous outcome of the land wars in Iraq and Afghanistan.” (110)

Concluding his analysis, the author evaluates the future of the “Washington/Moderate Islam Alliance”. In certain political parameters the “Islamists” can operate as long as they fight secular nationalists and anti-imperialist regimes like those of Libya or Syria. This Islamist-Imperialist has a common enemy, namely seculars and nationalists. The alliance might be temporary as long as its suits the West. After the militant Muslims are defeated “moderate Islamists” find themselves being attacked by the colonial liberal regime most favorable to the empire, like in Afghanistan. According to the author, the key to U. S.-Islamist relations will depend – from a U. S. perspective – on Islamists` attitude toward Empire, class politics, NATO, and the free market with foreign private investments. (118) How deadly “successful” the collaboration between “moderate Islamists” and the U. S.-EU-led imperial axis is, can be seen by the role Qatar is playing. Its “spiritual guide”, Sheik Youssef al-Qaradawi, did not only justify the killing of 50.000 Libyans and the aerial bombardment by NATO with the Quran but also called for armed intervention in Syria to overthrow the secular Assad regime. The alliance between Western imperialism and “moderate Islamists” will be of a tactical nature because the empire growing economic tensions will simply postpone a more decisive in the future.

James Petras shows in his analysis the need for a class-based approach for analyzing the policy of the Western imperialism under the leadership of the U. S. Empire. He shows that U. S. imperialism and neo-colonialism exist separately from the interests of particular states. That is why Israel plays only a very marginal role in this book, although in other books he emphasizes that U. S. foreign policy is mainly dominated by Israel and its Zionist lobby. An interesting book to read.

First published here, here and here.

Mittwoch, 14. März 2012

"Krieg gegen den Iran – Tickt die Uhr?"

Deutschland - als guter Freund Israels - sollte dem Land vom „Abenteurertum“ gegenüber Iran abraten. Mit diesen Worten beendete Jerry Sommer, Historiker und Associate Researcher, seinen Vortrag am Internationalen Konversationszentrum (BICC) am 14. März in Bonn unter dem Titel "Krieg gegen den Iran - Tickt die Uhr?" Als ernüchterndes Ergebnis seiner Ausführungen, das sich so wohltuend von der medialen und kriegshetzerischen Politikrhetorik einiger Politiker und ihrer Verstärker in den nationalen wie internationalen Medien abgehoben hat, bleibt: es gibt weder eine Bedrohung des Westens durch das iranische Nuklearprogramm und schon gar keine „existentielle“ für Israel. Dies werde auch von vielen kompetenten Politikern und Geheimdienstlern in Israel bestätigt.

Sommer sah in der maßlosen Übertreibung der „Gefährlichkeit“ des iranischen Nuklearprogramms eine Grundlage für die mögliche Rechtfertigung eines Krieges gegen Iran. Es könne ähnlich verlaufen wie beim Überfall auf den Irak in 2003. Den damaligen US-Vizepräsidenten Dick Cheney vom 16. März 2003 zitierend: „Wir befinden uns in der letzten Phase für Diplomatie“, scheine die Situation auch jetzt darauf hinauszulaufen.

Die dargelegten Fakten der 16 US-amerikanischen Geheimdienste, ja selbst der letzte Bericht der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien lieferten keinerlei Beweis dafür, dass Iran an einer Atombombe baue. Wie bereits im Falle des Irak werde die aktuelle Iran-Diskussion durch Halbwahrheiten und Mythen geprägt. Insbesondere die „alarmistische“ Medienberichterstattung „verhindere eine sachliche Diskussion“. Das jüngste Cover des Magazins „Der Spiegel“ spricht für sich!

Jerry Sommer wies auf die Gefährlichkeit in der Diskussion um das iranische Nuklearprogramm hin, die sich um Halbwahrheiten, Lügen und Mythen drehe. Explizit wies der auf vier Mythen hin:

Mythos Eins: „Iran strebe nach Atomwaffen.“ Dies kann man glauben, aber auch sein lassen, da es dafür keinen einzigen Beweis gebe.

Mythos Zwei: „Die Zeit wird knapp.“ Dies sei deshalb falsch, weil sonst alle IAEO-Inspektoren, die täglich in den iranischen Nuklearanlagen ein und aus gehen, erst des Landes verweisen werden müssten. Selbst nach der Entscheidung, eine Bombe zu bauen, bräuchte Iran nach US-Verteidigungsminister Leon Panetta „noch etwa ein Jahr, um genügend hoch angereichertes Uran für eine Bombe zu produzieren und weiter ein bis zwei Jahre, um sie auf ein Trägersystem zu montieren, das den Sprengkopf transportiert.“

Mythos Drei: „Wenn der Iran die Bombe hat, ist Israel existentiell bedroht.“ Dieser Behauptung widersprechen am deutlichsten zahlreiche hochrangige israelische Militärs und Geheimdienst-Chefs, wie z. B. Dan Halutz, Efraim Halevy, Meir Dagan und andere.

Mythos Vier: „Mit Isolierung und Sanktionen kann man den Iran zur Aufgabe der Urananreicherung zwingen.“ Nach Meinung des Westens solle der Iran jegliche Urananreicherung einstellen. In Iran gebe es allerdings einen breiten Konsens, diese Nukleartechnologie nicht aufzugeben.

Hingewiesen wurde auf die Fatwa (islamisches Rechtsgutachten) von Ayatollah Ali Khameini, in der er nicht nur die Produktion von Atomwaffen, sondern auch den Einsatz von biologischen und chemischen Waffen als wider die Lehre des Islam verboten hat, obwohl der Irak Iran mit solchen Waffen angegriffen habe.

Dass Israel einer „existentiellen Bedrohung“ ausgesetzt sei, hielt der Referent für eine „krasse Fehleinschätzung“. Als Beleg für diese These zitierte er Verteidigungsminister Ehud Barak, der eher den Verlust vermeintlicher militärischer Vorteile gegenüber Hisbollah betonte als die „existentielle Bedrohung“ Israels.

„Diplomatie, die diesen Namen verdient, ist noch nie probiert worden, auch von Obama nicht“, so Jerry Sommer. Damit machte er deutlich, dass es immer noch die Alternative zum Krieg gibt. Dies unterstellt, dass es einen Konflikt zwischen Iran und dem Westen gibt, den man durch Diplomatie lösen könne. Einen Konflikt gibt es aber nicht. Einseitiger westlicher Druck ist noch kein Konflikt. Der Westen sollte einfach seinen Druck und seine Drohungen stoppen. Bevor der Westen sich wieder in einen Krieg treiben lässt und ein weiteres Land à la Irak mit seiner Koka-Cola-Kolonisierung überzieht, sollte er sich vielleicht einmal über dessen Kultur sachkundig machen. Nach diesem Vortrag besteht noch ein Funken Hoffnung, dass sich die orientalische Vernunft gegenüber dem okzidentalen Irrationalismus durchsetzt. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Karikatur: Carlos Latuff.

Dienstag, 13. März 2012

Werner Ruf, Der Islam – Schrecken des Abendlands

Ein Gespenst geht um im Westen – es ist „der Islam“. Seit Samuel Huntingtons berühmt-berüchtigter These vom „clash of civilisations“ hat der US-dominierte Westen wieder ein Feindbild. Es ersetzte flugs die Bedrohung durch den Kommunismus, die während des „Kalten Krieges“ den Westen unter Führung der amerikanischen „Hypermacht“ zusammengeschweißt hatte. Die Urheberschaft dieses unsäglichen Begriffes darf jedoch der Orientalist Bernhard Lewis für sich beanspruchen, der ihn erstmals in der Zeitschrift „The Atlantic“ 1990 ventilierte. Wurde diese rassistische These vom „Zusammenprall der Zivilisationen“ zu Beginn nur in akademischen Zirkeln heftig diskutiert, erkannten die politischen Eliten des Westens schnell die Möglichkeit ihrer politischen Instrumentalisierung.

Der Drang des US-amerikanisch geführten Westens nach Hegemonie war nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion grenzenlos. Das Verschwinden der zweiten Supermacht von der Weltbühne stürzte den Westen samt Nato in eine Sinn- und Legitimationskrise, die schnellstens nach einem neuen Feindbild verlangte, damit dem militärisch-industriellen Komplex nicht die Aufträge ausgehen. Versuchten die USA bereits in den 1990er-Jahren China als neues Feindbild aufzubauen, so boten die 9/11-Anschläge eine einzigartige Gelegenheit, dem Islam diese Rolle zuzuweisen. Seither findet eine beispiellose Dämonisierung und Stereotypisierung der zweitgrößten Regionsgemeinschaft, des Islam und seiner Gläubigen, in allen westlichen Ländern statt.

Werner Ruf, Professor Emeritus für Internationale Beziehungen und Außenpolitik an der Universität Kassel, hat die Hintergründe der grassierenden Islamophobie offengelegt. So beziehen die Stereotype nicht mehr ihre Legitimation aus der Biologie, sondern kommen jetzt kulturell drapiert daher. Das Feindbild Islam hat primär nichts mit Muslimen und schon gar nichts mit „dem Islam“ zu tun, sondern deren Dämonisierung diene letztendlich dazu, mit den sozialen Verwerfungen, die im Zuge der Globalisierung entstanden sind, fertig zu werden. Die Hetze gegen Mitglieder der islamischen Religionsgemeinschaft verfolge aber ein weiter reichendes Ziel, nämlich die Schaffung einer autoritären und gleichgeschalteten Gesellschaft. „Die Dämonisierung der ´Anderen` wird instrumentalisiert, um die Folgen der neo-liberalen Unordnung zu verschleiern und soziale und politische Rechte abzubauen.“ Dabei bleiben Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit sowohl innergesellschaftlich als auch auf internationaler Ebene auf der Strecke, schreibt der Autor. Am Besten lässt sich diese These an der Entwicklung der USA seit 9/11 belegen.

Zu Beginn seiner Ausführungen drückt Ruf seine Skepsis gegenüber Nation und Nationalstaat aus, da beide eine neue Dimension zur Konstruktion kollektiver Identitäten geschaffen haben, und zwar Volk und Staat. Ab- und Ausgrenzungen erfolgen über das „Wir“ und „die Anderen“, die durch die Entstehung des bürgerlichen Nationalstaats eine besondere Qualität erreicht haben. Obgleich der Nation-Begriff und der auf ihm basierende Nationalismus ambivalent seien, habe er seit der Französischen Revolution auch Fortschritte in der Menschheitsgeschichte gebracht: die erste Erklärung der Menschenrechte und die Befreiung der „Dritten Welt“ vom kolonialen Joch. „Die Nation basiert also auf der Herstellung und Sicherung kollektiver Identität.“ Nation und Nationalismus bleiben jedoch „janusköpfig“, wie die Geschichte lehrt. In Parenthese sei hier auf das Buch von Stefan Bollinger „Linke und Nation“ hingewiesen, in dem aufgezeigt wird, dass das Konzept der Nation schon immer ein linkes Anliegen gewesen ist. Sie sollte also nicht den Reaktionären überlassen werden, weil die Nation für die Kritik am globalen Kapitalismus und der Globalisierung unerlässlich bleibt.

Das Zerrbild vom Islam ließ sich auch deshalb so einfach etablieren, weil der durch den Imperialismus mit seinem missionarisch-rassistischem Sendungsbewusstsein bereitete Untergrund immer noch furchtbar ist: als zivilisatorische Mission (mission civilisatrice) und moralische Last (the white men´s burden). „Rassenlehre und Herrschaftsanspruch gingen so eine geradezu perfekte Symbiose ein.“ Die alten Topoi des biologischen Rassismus, der durch die Nazis gründlich desavouiert wurde, „stehen in kulturalistischem Gewande wie auf“. Für die Kultur-rassistische Begründung eignet sich nichts besser als Huntingtons Aufsatz „“The West unique, not universal“, den er 1996 in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ publiziert hat.

Hätten die westlichen Afghanistan-Abenteurer Huntingtons Kulturrassismus gelesen, wären sie niemals in dem Land eingefallen. So schreibt er allen „Menschrechts-und-R2P-Missionaren“ Folgendes ins Stammbuch: Es sei eine gefährliche Illusion „des Westens“ zu glauben, dass seine universellen Werte wie individuelle Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, rationales Denken und zivilgesellschaftliche Formen der Konfliktlösung auf andere Kulturen übertragbar wären. Daher müsse „der Westen“ aufhören, seine kulturellen Werte exportieren zu wollen und an deren allgemeine und weltweite Generalisierbarkeit zu glauben. Für andere Kulturen seien diese Werte ungeeignet. Sie waren und seien unfähig, diese zu entwickeln und zu adaptieren. Hierauf beruhe die schicksalhafte Distanz zwischen „dem Westen“ und „dem Rest“. Schade, dass dieser „große Kulturphilosoph“ nicht 500 Jahre früher gelebt hat, weil er dann vielleicht die unzähligen Genozide des „weißen Mannes“ durch seine „treffende“ Analyse verhindern hätte können.

Über die eigentliche Bedeutung des Islam erfährt man bei Ruf viel, was so gar nicht ins westlich-rassistische Cliché passt. So entdeckte das „aufgeklärte“ Abendland die griechische Philosophie erst wieder durch die Arbeiten von Avicenna (Ibn Sina) und Averroes (Ibn Ruschd). Wenn heute Politiker und islamophobe Ideologen vom „christlich-jüdischen“ Erbe Europas faseln, widersprechen Intellektuelle vehement dieser Geschichtsklitterung. In diesem Zusammenhang zitiert der Autor Almuth S. Bruckstein Coruhs Beitrag in „Der Tagesspiegel“, in dem sie schreibt: „Es stockt einem der Atem bei so viel Geschichtsvergessenheit. Es ist gruselig, mit welchem Pathos der geistigen und moralischen Überlegenheit die selbst ernannten Vertreter des jüdisch-christlichen Abendlandes muslimischen Zeitgenossen, ganz egal welcher Nationalität und welcher kulturellen Prägung, die europäische Aufklärung vorhalten. Das Eis bleibt dünn, nach gerade einmal siebzig Jahren. Nein, es gab keine jüdisch-christliche Tradition, sie ist eine Erfindung der europäischen Moderne und ein Lieblingskind der traumatisierten Deutschen.“ Symbolisiert nicht dieser Bindestrich eher die Geschichte der Glaubenskriege, des Antisemitismus, der Gewalt und vor allem des Holocaust?

Besonders aufschlussreich sind die Kapitel über „Antisemitismus und Islamophopbie: Zwei Seiten einer Medaille?“, „Islamhetze und ihre Akteure“ sowie „Die extreme Rechte entdeckt die Freundschaft zu Israel“. Ruf zitiert die These von Wolfgang Benz, ehemaliger Leiter des „Zentrum für Antisemitismusforschung“ an der TU-Berlin, dass in der aktuellen antimuslimischen Argumentation Stereotype vertreten werden, die schon im „klassischen“ Antisemitismus vorgetragen worden seien. „Die Feindbilder der Judenpogrome lassen grüßen“, schreibt Ruf. Konkretisiert wird diese Hetze anhand einschlägiger Akteure. Nicht nur wird die Funktion von „native informers“ à la Bassam Tibi, Seyran Atas und Necla Kelek erwähnt, „die oft ´den Islam` mit Praktiken des anatolischen Volksislams verwechseln“, sondern auch die politische Rolle, welche die Akteure der Islamhetze spielen. Namentliche Erwähnung finden Thilo Sarrazin, Henryk M. Broder, Ralph Giordano, die „Antideutschen“, islamkritische Postkarten sowie antiislamische Websites wie „Politically Incorrect“ (PI), „Bürgerbewegung Pax Europa“ und „Nürnberg 2.0“. Der deutsch-jüdische Journalist Broder sei zu einer gewissen „Berühmtheit“ dadurch gelangt, dass er in dem „Manifest“ des norwegischen Massenmörders Breivik mehrere Male zustimmend Erwähnung gefunden habe. Seine „Freunde im Geiste“ von PI verwenden immer wieder die rassistisch-nazistischen Bezeichnungen für Muslime wie „Musels“ und „Kameltreiber“ ganz im Sinne der Nazi-Schergen, welche die physisch durch Arbeit und Schinderei schon fast zu Tode gequälten Juden als „Muselmänner“ bezeichneten, wie Ruf Girogio Agamben zitiert. „In Majdanek hießen die lebenden Toten „Gamel“ (…), in Neuengamme „Kamele“ (…) und im Frauenlager Ravensbrück ´Muselweiber`“.

Durch diese unsägliche Islam-Dämonisierung sind die „Wallfahrten“ fast aller Vorsitzenden der europäischen rechtsextremistischen Szene zu ihren „Glaubensbrüdern“ von „Israel Beiteinu“ (Unser Haus Israel) völlig untergegangen. Wen Werner Ruf dort aufzählt, gehört zur Hautevolee des europäischen Rechtsextremismus, und diese hat sich in Israel ein Stelldichein gegeben und sogar ein gemeinsames antiislamisches Pamphlet unterzeichnet, in dem vor einer weltweiten Bedrohung der Menschheit „durch den fundamentalistischen Islam“ gewarnt worden ist.

Letztendlich geht es beim „Krieg gegen den Terror“ um ein neokonservatives „gegenzivilisatorisches Projekt“. Die massiv betriebene Dämonisierung „des Islam“ und „der Muslime“ ist „nur“ das Mittel zu einem unsäglichen Zweck. Solange Muslime nur unter dem Gesichtspunkt der „Sicherheit“ gesehen oder als „Sicherheitspartner“ akzeptiert werden, ist alles Gerede von Integration sinnlos. Das Buch wendet sich gegen die Ethnisierung von Konflikten und gegen die Ausbreitung westlicher politischer Wahnvorstellungen. Es eignet sich deshalb besonders als „eye-opener“ für alle Bildungseinrichtungen, die in Teilen bereits „Partner“ der islamophoben Hetzer geworden sind.

Mittwoch, 7. März 2012

War on Iran?


Having perceived the hype around the yearly gathering of the Israel Lobby organized by “The American Israel Public Affairs Committee” (AIPAC) in Washington, D. C., and having listened to President Obama’s speech to the AIPAC audience, I was flabbergasted by the twists and turns taken by the leader of the sole “hyper power” to please the well organized bunch of lobbyists who advocate a war of aggression against Iran. Despite knowing better, Obama kowtowed before this propaganda event. Instead of confronting Netanyahu and the Israel Lobbyists head-on with the political consequences of a unilateral Israeli attack on Iran, he gave a lesson in political opportunism and begged for his job. “Over the last three years, as president of the United States, I have kept my commitments to the State of Israel. At every crucial juncture, at every fork in the road, we have been there for Israel. Every single time.”


Starting out as a roaring lion against illegal Israeli settlements, President Obama ended up as a Zionist bedside rug. Obama appears to be a driven by Israel`s Premier Minister Benjamin Netanyahu, who also addressed this forum and paid the obligatory visit to the White House. For the U. S. President, Netanyahu’s visit was another ordeal because they dislike each other. The most Netanyahu got out of Obama was the banality that any country has the right to defend itself. Generally speaking, Netanyahu is not only considered by France’s President Sarkozy but also by Obama as a pain in the neck. Politesse oblige, he is treated at eye level.


From the outside, U. S. foreign policy towards the Middle East appears to be formulated and predetermined by what is called the U. S. Israel Lobby or by Israel itself. If that were true, Obama would be nothing else than Netanyahu’s or the Lobby´s puppet. However, such an impression is incorrect and leads the public astray about the real geopolitical motives of the U. S. Empire. Israel´s hegemonic goals in the Middle East would be worthless without U. S. consent. From the point of view of real power, it seems impossible that a tiny country, such as Israel, highly dependent on its master’s largess and political support, would determine Washington’s policy towards the Middle East, let alone global policy in general.


There are many examples showing the U. S. reigning in Israel. When Israel attacked Egypt in collusion with the European colonial powers, France and Great Britain, in 1956, President Eisenhower intervened. Israel had to back off and leave the occupied Egyptian Sinai at once. In 1981, U. S. condemned Israel´s bombing of Iraq’s nuclear reactor and voted against the country in the UN Security Council. On the other side, there is much evidence of ambivalent U. S. behavior reflecting America´s subservience to Israel`s whims and U. S. support of Israel`s illegal political actions violating norms of international law. Till this day, nobody can explain why the U. S. has drawn a veil over the Israeli attack of the USS Liberty in international waters on June 8, 1967, in which 34 U. S. marines died and over 174 were wounded. Why did the U. S. Congress fail to investigate that murder of U. S. soldiers until today? The colonization of the Palestinian Occupied Territories is another case in point. Without U. S. political and financial support, the Israeli colonization project could not have been so successful. When U.S. Vice President, Joe Biden, arrived in Israel in 2010, he said “Good to be at home”. Apparently, he considered Israel a part of the United States. Yet, Israeli politicians publicly humiliated him.


Besides ordinary disinformation and political rhetoric, there no “existential threat” to Israel or to the United States, let alone to international peace, emanates from Iran. All talk of an Iranian nuclear threat is bogus. America’s National Intelligence Estimates (NIE) of 2007 and 2010 state clearly that Iran has stopped its nuclear weapons program in 2003. And the U.S. political class sees no imminent need to attack Iran’s civil nuclear program, which it is entitled to develop, like every nation. Even the International Atomic Energy Agency (IAEA) has not come up with reliable facts that prove otherwise, although their controllers are in and out of Iran`s nuclear installations.


On the other hand, Israel has a huge nuclear arsenal (200 to 300 nuclear warheads), in additional to biological and chemical weapons and it refuses to sign the “Treaty of the Non-Proliferation of Nuclear Weapons” (NPT), not to speak of the supplementary protocol to the NPT that allows inspections by the IAEA. In December 2003, Iran has signed this protocol. However, Israel refuses not only inspections by the IAEA but also does not acknowledge its nuclear weapons, although it’s all over town. Iran has repeatedly called for a nuclear-free Middle East but Israel´s political class rejects this notion. As long as Western powers do not demand from Israel to open its nuclear facilities for international inspections, their saber-rattling and demonization of Iran is hypocritical. Also, the UN General Assembly has repeatedly called for a Nuclear-Free Zone in the Middle-East. It is therefore incumbent upon Western states to enforce this resolution. For example the last one.


Israel’s Prime Minister Netanyahu uses every opportunity to scapegoat Iran’s leadership and warns for “another Holocaust”. He compares Iran to Germany in the 1930s, and Ahmadinejad as a revenant of Hitler who denies not only the Holocaust but also wants to “to wipe Israel off the face of the Earth”, as he claimed in the Israeli Knesset on International Holocaust Remembrance Day. Although Ahmadinejad may hold some wrong views on the Holocaust, he did not say that Israel should be wiped off the face of the Earth or wiped off the map, let alone that its people should vanish. According to an official translation, he referred to Imam Khomeini saying that “this regime occupying Jerusalem must vanish from the page of time." Two years later, Ahmadinejad clarified his views on Israel/Palestine by saying that any decision taken by the Palestinian people about their future in free elections will be fine with Iran.


Perhaps scientific expertise can convince Western politicians, although I greatly doubt it. Martin van Creveld, a well-known Israeli professor of military history, said about the alleged “existential threat” to his country in 2002: "We have the capability to take the world down with us. And I can assure you that this will happen before Israel goes under." He remarked in 2004 about the threat Iran is facing by the U. S. Empire that the Iranians “would be crazy not to build nuclear weapons considering the security threats they face“. And three years later he added that “the world must now learn to live with a nuclear Iran the way we learned to live with a nuclear Soviet Union and a nuclear China. (…) We Israelis have what it takes to deter an Iranian attack. We are in no danger at all of having an Iranian nuclear weapon dropped on us (…) Thanks to the Iranian threat; we are getting weapons from the U.S. and Germany.”


After Netanyahu’s visit, Obama ordered Secretary of Defense Leon Panetta to approve the sale of refueling aircraft and GBU-28 bunker buster bombs to Israel. Both are essential for carrying out a successful attack on Iran’s nuclear facilities. All political signs point at a war of aggression by Israel, although the whole U. S. security and intelligence establishment declared at a hearing before the Senate Armed Services Committee on February 16th, that an Iranian threat does not exist.


Iran’s supreme religious authority, Ayatollah Ali Khamenei, declared many times that, on religious grounds, Iran will not build nuclear weapons. He said such weapons are contrary to all ethics. Western pundits claim out of racism and neo-orientalism and he is lying. Supposedly, Muslims cannot be trusted, and they furthermore act “irrationally”. This kind of stereotyping pervades the entire debate on Iran. The latest Iranian elections wrought a significant defeat to Ahmedinejad´s supporters. In one year, his second term is over. In the Iranian power hierarchy, the President ranks third behind Khamenei and the President of the parliament, Ali Laridschani. Commander-in-chief of the military is Ayatollah Khamenei.


The truth about Iran’s virtual nuclear program still prevails over the irrational and baseless accusations levelled against Iran, but the time for the truth is running out. Will Obama win some time by convincing Netanyahu that Bashar al-Assad has to go first before Iran is attacked? U. S. senators, such as John McCain, call for war on Syria. War on Iran can only be prevented if Russia and China make it crystal clear to the aggressors that an attack on Iran would be tantamount to an attack on them. The only way to stop America’s quest towards total hegemony over the Middle East appears to be credible deterrence. If it fails, China will someday be next. The U. S. has already started to encircle China by building military bases in Central Asia and Australia. The lust for world domination and hegemony belongs to America’s fateful destiny as eternal wars belong to the military-industrial complex. Both are identical twins.

First published here, here, here, here and here

Translation into French.

Freitag, 2. März 2012

Sari Nusseibeh, Ein Staat für Palästina?

„Bei den Palästinensern gibt es möglicherweise eine noch tiefere kulturelle oder religiöse Disposition, der Realität des Todes eine so große Rolle zuzuschreiben, dass er dem Leben gleichwertig ist oder sogar noch einen weitaus höheren Wert hat.“ (161) Hätte dies nicht auch von Benny Morris oder Thomas Friedman stammen können? Dies schreibt aber Sari Nusseibeh, Professor für Philosophie und Präsident der Al-Quds-Universität in Ost-Jerusalem, in seinem jüngst erschienen Buch, das er an der Harvard Universität geschrieben hat.

Als ein „Gedankenexperiment“, um über den unüberwindbaren Status quo hinauszugelangen, schlägt der Autor vor, dass „Israel die besetzten Gebiete offiziell annektiert, die Palästinenser in dem so vergrößerten Israel akzeptiert, dass dieser Staat jüdisch bleibt und sie im Gegenzug sämtliche bürgerlichen, wenn auch nicht politischen Rechte erhalten. Damit wäre der Staat jüdisch, das Land hingegen wirklich binational, und es würde für das Wohl aller Araber in diesem Land gesorgt.“ (17) Die vollen Bürgerrechte, wenn auch ohne aktives und passives Wahlrecht, wären die beste Option. Man könnte den Palästinensern somit nicht vorwerfen, sie hätten die „Jüdischkeit“ Israels „verwässert“ oder gar „besudelt“. Unter solchen Bedingungen würde es ihnen weitaus besser gehen als in den 45 Jahren israelischer Okkupation, schreibt der Autor. Wozu brauchen die Palästinenser einen eigenen Staat, wenn ihnen Israel die bürgerlichen Rechte gewährt und ihre Menschenrechte achten, fragt Nusseibeh.

Wie es sich für einen Professor für Philosophie gehört, ist das Buch stark durch philosophische Ausführungen überfrachtet. Er bringt das Individuum in Stellung gegen das „metabiologische Wesen“ oder die „metabiologische Identifikation“, die durch Stereotype wie „die Hamas“, „die Palästinenser“, „„der Zionismus“, „die Israelis“, „die Siedler“ etc.zum Ausdruck kommen. Stark beeindruckt ist der Autor von der gewaltlosen Strategie eines Gandhis, und er stellt philosophische Betrachtungen über „Freiheit“, „Gerechtigkeit“, “Gewalt“,, „Vernunft“, „Werte“ und „Glaube“ an. „Man kann sagen, dass nicht Gewalt oder Vernunft, sondern der Glaube die bestimmende Kraft der politischen Geschichte ist.“ (154) Dazu gehörten nicht nur der religiöse, sondern auch insbesondere der „säkulare“ Glaube „an uns selbst als Menschen“ und der Glaube an Veränderungen, die Menschen bewirken können.

Der englische Originaltitel „What is a Palestinian state worth?” drückt Nusseibehs Skepsis gegenüber einem palästinensischen Nationalstaat neben Israel aus. Wozu wäre er gut, welche Bedürfnisse würde er befriedigen, und was wäre ein fairer Preis, um ihn zu realisieren? (128) Als ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Staat müssten die Palästinenser in Bezug auf Wahlen eine „undemokratische Regelung“ akzeptieren, d. h. im gegenseitigen Einvernehmen sollte allen in den besetzten Gebieten lebenden Palästinensern auf Wunsch ein „Staatsbürgerschaft zweiter Klasse“ gegeben werden, so der Autor. (124)

Zu Nusseibehs „Gedankenexperimenten“ gehört der Verzicht auf das Rückkehrrecht, die Aufgabe des Selbstbestimmungsrechts der Palästinenser, ein völlig demilitarisierter „Staat Palästina“ und die Akzeptierung der Palästinenser als Staatsbürger zweiter Klasse unter Israels Herrschaft in einem Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer. „Wo die Durchsetzung individueller Rechte der Verwirklichung des öffentlichen Wohls klar im Wege steht und wo zudem die betroffene Öffentlichkeit aus eben jenen Individuen besteht, die diese Rechte fordern, lautet die rationale Schlussfolgerung, dass es besser ist, diese Rechte aufzugeben.“ (122)

Solche unkonventionellen Aussagen machen ihn zum „Darling“ der zionistischen Linken in Israel. Als Professor für Philosophie sollte der Autor die Prämissen der zionistischen Ideologie eigentlich verstanden haben. Viele seiner Aussagen sind vor dem brutalen Besatzungsalltag im besetzten Palästina bizarr und muten weltfremd an. Der intellektuelle Harvard-Duktus und die philosophischen Abstraktionen, in denen das Buch in weiten Teilen abgefasst ist, haben so gar nichts mit der politischen Strangulierung seines Volkes zu tun. Nusseibehs Buch ist ein indirektes Plädoyer für einen neokolonialen zionistischen Paternalismus, dem sich das palästinensische Volk unterwerfen soll. Das letzte Wort über diese „Vision“ hat aber immer noch der palästinensische Souverän.

Donnerstag, 1. März 2012

Lizas Welt und Stephan J. Kramer (ZdJ)?

Am 26. März 2008 schrieb ein mir bekannter „Anonymus“-Journalist, der sich hinter der Website “Lizas Welt“ verbirgt, u. a. diese Zeilen:

„Israel ist für Watzal eine „wild gewordene Kolonialmacht“, die eine „ethnische Säuberung“ an den Palästinensern vollziehe – einem „Dritte-Welt-Volk, das um seine Selbstbestimmung und Freiheit kämpft“ – und dabei noch schlimmer vorgehe als Südafrika während der Apartheid. Vom palästinensischen Terror schreibt er grundsätzlich nur in Anführungszeichen, denn er zieht es vor, in ihm den Ausdruck eines „legitimen Widerstandsrechts“ zu sehen. Den Oslo-Prozess bezeichnet Watzal als „palästinensisches Versailles“ und die Camp-David-Verhandlungen 2000 als Versuch eines amerikanisch-israelischen „Diktatfriedens“.

Ebenfalls mit Datum vom 26. März 2008 schrieb Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland (ZdJ), einen mich verunglimpfenden Brief an Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, der „zufällig“ die gleiche Passage enthielt:

„Israel ist für Dr. Watzal eine ´wild gewordene Kolonialmacht`, die eine ´ethnische Säuberung` an den Palästinensern vollzieht – einem ´Dritte-Welt-Volk, das um seine Selbstbestimmung und Freiheit kämpft` - und dabei noch schlimmer vorgehe als Südafrika während der Apartheid. Vom palästinensischen Terror schreibt er grundsätzlich nur in Anführungszeichen, denn er zieht es vor, in ihm den Ausdruck eines ´legitimen Widerstandsrechtes` zu sehen. Den Oslo-Prozess bezeichnet Dr. Watzal als ´palästinensisches Versailles` und die Camp-David-Verhandlungen 2000 als Versuch eines amerikanisch-israelischen ´Diktatfriedens`“.

Es gibt in der Tat zwei Quisquilien, die erwähnt werden sollten: Benutzte „Lizas Welt“ noch den Konjunktiv „vollziehe“, so verwendet Kramer den Indikative „vollzieht“; Kramer benutzt dagegen den „Dr.“, was „kollegialiter“ Lizas Welt nicht tut. Alle diffamierenden Schreiben an den Bundesinnenminister von Seiten der "Israellobby" (Mearsheimer/Walt) wurden damals von der obskuren Website „honestly concerned“ veröffentlicht. Alles nur Zufälle?

Bei den o. a. zitierten Ausführungen handelt es sich um eine Collage, wie auf den Seite drei bis fünf nachgelesen werden kann.