Der Staat Israel erblickte durch eine Teilungs-Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 (UN Res. 181) das Licht der Welt. Damit wurde den ursprünglichen Besitzern des Landes, den arabischen Palästinensern, großes Unrecht angetan, weil man ihnen durch einen bürokratischen Akt, über die Hälfte ihres Landes kaltschnäuzig weggenommen hat. In dessen Folge kam es zu einer militärischen Konfrontation, die mit der Niederlage der arabischen Seite endete. Israel nennt dies den Unabhängigkeitskrieg von 1948. Für die Palästinenser bedeutet er jedoch eine nationale Katastrophe, arabisch Nakba. Sie führte zur Zerstreuung und Fragmentierung der palästinensischen Gesellschaft.
Die Gründung des Staates Israel ist nicht allein den Gräueltaten der Nazi-Verbrechen geschuldet; diese These wird von fast allen namhaften Historikern vertreten. Die Staatsgründung war dem diplomatischen Geschick und der Leistung der zionistischen Bewegung geschuldet, die über 50 Jahre an der Umsetzung des Traumes von Theodor Herzl gearbeitet hatte. Auch ohne den Holocaust wäre Israel gegründet worden, so der Historiker Michael Wolffsohn. Dass die eigentlichen Besitzer des Landes für die Nazi-Gräueltaten bis heute politisch bezahlen müssen, ist nicht nur ein großes Unrecht, sondern zeigt auch das Versagen der internationalen Staatengemeinschaft. Die Kolonisierung ihres Landes geht selbst im 21. Jahrhundert auf brutalste Weise weiter, und zwar durch eine völlig überdimensionierte Militärmaschinerie (Iron-Wall-Ideologie) gegen ein unbewaffnetes Volk. Aber im Zeitalter des Neo-Kolonialismus und Neo-Imperialismus, das durch die US-Hypermacht mit den Überfällen auf Afghanistan und Irak eingeläutet worden ist und jetzt mit einem bevorstehen Angriff auf Iran sein Krönung finden soll, scheint die israelische Kolonisierung der Westbank, Ost-Jerusalems und der Golan-Höhen eine quantité négligeable zu sein.
Diese Kolonisierung betrifft nicht nur die Palästinenser in den von Israel wider das Völkerrecht besetzten Gebieten, sondern auch die Gebiete, in denen die israelischen Palästinenser leben, vornehmlich in Galiläa. Die israelische Regierung beschloss am 11. März 1976 die Enteignung von Land zwischen den galiläischen Dörfern Sakhnin und Arraba für „public use“, wie die pseudo-legale Begründung hieß. Oren Yiftachel, Professor an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva, beschreibt diese Aktion als Teil eines Planes im Rahmen der „Judaisierung“ Galiläas, welche – trotz „Ausgangssperre“ - die Demonstrationen am 30 März 1976 auslösten. Sie wurden durch ein martialisches Aufgebot von zirka 4.000 israelischen Sicherheitskräften blutig niedergeschlagen; es gab zahlreiche Tote und über 100 Verletzte. Seither finden alljährlich die Land-Day-Proteste in Erinnerung an diese illegalen Enteignungen und die weitere „Judaisierung“ in Galiläa statt.
Darüber hinaus findet neben der physischen Kolonisierung Palästinas eine Rekolonisierung der palästinensischen Geschichte statt, und diese wird ironischer weise durch so genannte „liberale Zionisten“ bewerkstelligt. Diese Intellektuellen behaupten doch allen Ernstes, dass die palästinensischen Historiker keine Expertise besäßen, ihr eigene Geschichte darzustellen, weil sie nicht über die wirklichen Quellen verfügten, weil sich diese alle im Besitz der zionistischen Kolonisatoren befänden. Neben dieser intellektuellen Hybris werden historische Zeugnisse palästinensischen Lebens mutwillig zerstört, um eine jüdisch-biblisch begründete geschichtliche Kontinuität in Palästina nachzuweisen, aufgrund deren man meint, das Völkerrecht und die Menschenrechte missachten zu können. Folglich ist das historische Gedächtnis des palästinensischen Volkes seit 1948 einer permanenten intellektuellen und physischen Zerstörung ausgesetzt. Dass der „aufgeklärte“ Westen dies unter Missachtung seiner eigenen Rechtsgrundsätze aufgrund einer religiösen Mythologie akzeptiert, disqualifiziert nicht nur ihn, sondern stellt auch seine eigenen Fundamente langfristig in Frage.
Die palästinensische Solidaritätsbewegung unternimmt alles nur Erdenkliche, um das schreiende Unrecht, das im Namen „westlicher Werte“ durch Israel am palästinensischen Volk verübt wird, im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit wachzuhalten. Dazu dienen nicht nur die jährlich stattfindenden Demonstrationen anlässlich des „Tag des Bodens“ (land day), sondern auch der diesjährige „Globale Marsch auf Jerusalem“, der von einer weltweiten Solidaritätsbewegung getragen wird. Die diesjährigen Demonstrationen richten sich gegen das "israelische Apartheidsystem, den illegalen Bau von kolonialen Siedlungen und die Judaisierung Jerusalems", wie es in dem Aufruf heißt.
Die israelische Besatzungsmacht reagiert mit brutaler Gewalt gegen diese Demonstrationen in den besetzten Gebieten wie z. B. in Hebron, Ost-Jerusalem und an einigen „Kontrollpunkten“. Dass diese friedlichen Proteste gegen Völkerrechts- und Menschrechtsmissbrauch von den „Freunden Israels“ weltweit als Unterstützung von Hisbollah, Hamas und Iran verleumdet werden, disqualifiziert diese als Sprachrohre eines Besatzungsregimes, das seinesgleichen "unter der Sonne" sucht und das darüber hinaus nicht nur plant, Iran wider alle Völkerrechtsnormen anzugreifen, sondern auch alle so genannten westlichen Werte ad absurdum zu führen. Dass leider zu viele westliche Politiker dies nicht begreifen wollen, überrascht niemanden. Sehen diese doch auch in der Selbstdefinition des israelischen politischen Systems als „jüdisch und demokratisch“ ebenfalls keinen Widerspruch. Aber weiß in diesen Kreisen überhaupt jemand, was ein Oxymoron ist?