Mit der These, ein jüdisches Volk gebe es nicht, sorgte Shlomo Sand, Professor für Geschichte an der Universität Tel Aviv, 2011 für Furore. Das Buch wurde zum Bestseller, doch in Israel wurde Sand heftig angefeindet. Die Behauptung, es gebe keine „jüdische Nation“, war unerhört.
Eine ähnlich provokante These vertritt der Autor in seinem jüngsten Buch: Auch das Land Israel (Eretz Israel) sei ein Mythos; es gebe kein historisches Anrecht der Juden auf das „Heilige Land“, Zuerst widmet sich der Autor eingehend der Geschichte der Nationalismusforschung ein, bevor er im vierten Kapitel jüdische Stimmen zitiert, die sich gegen eine Rückkehr ins Heilige Land aussprechen.
Für Jesaja Horowitz, einen großen Rabbiner des 17. Jahrhunderts, markiere die Übersiedelung ins Heilige Land nicht, wie von vielen zionistischen Historikern behauptet, den Beginn der Erlösung, sondern das genaue Gegenteil, erklärt Sand. Diese Ablehnung werde durch eine intensive Opposition des religiösen Judentums gegen den Zionismus bestätigt, die bis heute fortdauere.
Sand sieht im frühen Zionismus positive Elemente, zum Beispiel bei der Integration der Holocaust-Überlebenden und der arabischen Juden und dem Aufbau des Landes. Den Sieg im Juni-Krieg von 1967, der eine messianische Dimension erhielt und zu einem expansiven religiös-verbrämten Nationalismus führte, hält er allerdings für verhängnisvoll.
Es gibt einen Widerspruch in Sands Ausführungen und seinen diversen öffentlichen Statements. So bescheinigt er den heutigen Juden, keine wirkliche Ethnie zu sein, erklärt aber gleichzeitig, dass „es eine Affinität unter den Juden aus aller Welt“ gebe. Auch betont er, dass das Recht der Juden auf das Land Israel von der Legitimität des Staates unberührt bleibe. Er trete für einen „Staat aller seiner Bürger“ ein und wünsche sich eine „Republik Israel“.
Erstveröffentlichung hier.