Imfeld erzählt zunächst von der Rekrutierung von Schweizern für die Mission in Afrika oder
China. Er wuchs in der Innerschweiz als ältestes von 13 Kindern auf einem Bauernhof auf.
Die so genannten Missionsjäger, heute würde man sie als „religiöse Headhunter“ bezeichnen,
öffneten mit ihrem Angebot den Schweizer Bauernbuben das Tor zur Welt. Imfeld ging
selbst, wie seine Schwester Hanni, als Missionar in das damalige Rhodesien. Bei seiner
Erzählung kommt ihm sein gesellschaftskritischer Hintergrund zugute. Folglich haftet seinen
Berichten nichts Idealisierendes oder Romantisierendes an, dafür ist der langjährige
Entwicklungsberater für Afrika zu sehr Profi und hat sich sein kritisches Bewusstsein
gegenüber der Amtskirche und der Entwicklungshilfeindustrie bewahrt.
Weder die Missionare noch die Entwicklungszusammenarbeit hätten sich jemals geistig auf
Afrika eingelassen, schreibt er. Die Patres und Fratres kamen und gingen, „die
Missionsschwestern waren die Mütter Gottes in der Gegenwart“, in völliger „Anonymität“
taten sie ihre Pflicht. Am Beispiel seiner Schwester Hanni (Schwester Berthilde) zeigt der
Autor, wie sich die Ordensschwestern in Afrika um die „weißen Herrensöhnchen“ kümmern
mussten, „weil es Gott es so wolle“, wie es die Oberin gegenüber Imfeld ausdrückte. Für den
Autor ist die Mission ein „himmeltrauriges“ Vermächtnis, dennoch habe es immer wieder
Missionare und Missionarinnen gegeben, die Außergewöhnliches leisteten.
Auch Skurriles weiß Imfeld zu berichten. So schreibt er über einen gutmeinenden eifrigen
Missionar in Simbabwe, dessen „Anpassungsmanie“ die Menschen erboste. Er habe sich an
etwas angepasst, das gar nicht existierte. Entstanden sei eine paradoxe Situation: Die
Gläubigen hätten sich „an zwei Sachen anpassen müssen: einmal an eine von P. Paul neu
erfundene Shona-Kultur und dann an ein Christentum, das sie sehr wohl begriffen, das sie
aber nicht so leben konnten, wie sie es spürten, denn sie mussten sich mit P. Paul an das
anpassen, was dieser für anpassungswürdig hielt.“ Von solch „gutmeinender“ Akkulturation
hält der Autor nicht viel.
Imfeld erläutert an zahlreichen Beispielen das Erbe der Mission. In einigen Ländern
Westafrikas wie Nigeria sei Jesus allgegenwärtig, im Norden komme noch Allah hinzu. Auf
Ghanas Straßen werde man überall an den Heiligen Geist erinnert. Das Land werde beherrscht
von Handys, Kirchen und Politikern. „Politiker, Prediger und Producers sind die neuen
Menschentypen der schwammigen Freiheitsmystik.“ Ein Paradoxon bestimme die Realität:
Man verdränge die Wirklichkeit bei gleichzeitiger Hoffnung auf eine neue bessere Welt.
Neben seiner „Religionskritik“ zeigt sich der Autor auch skeptisch gegenüber den
Errungenschaften der modernen Entwicklungsindustrie. Ein überaus lesenswertes und
sympathisches Buch.
Zuerst erschienen hier.