Die Nakba - die Katastrophe. |
Der Dokumentarfilm „On the Side of the Road“ von Lia Tarachansky behandelt Israels größtes Tabu: die Nakba, die palästinensische Katastrophe, mit der sich die Mehrzahl der Israelis partout nicht auseinandersetzen wollen. Es waren die Zionisten, die Palästina kolonisierten, die Vertreibung, die Zerstörung der Dörfer und Städte sowie die Enteignung der ursprünglichen Bewohner des Landes ins Werk gesetzt haben.
Lia Tarachansky kam als sechsjährige mit ihrer Mutter aus Kiew in die Siedlerkolonie Ariel, die in der besetzten Westbank liegt. Dort wuchs sie auf und dort ist ihre Heimat. Sie ist Israelin, die ihr Land und seine Menschen liebt. Nachdem sie sich einige Jahre außerhalb der Kolonie aufgehalten hatte, wurde sie mit den Ereignissen von 1948 konfrontiert. Historisch betrachtet, geht jeder Enteignung von Menschen deren Dehumanisierung voraus.
2011 erließ das israelische Parlament, die Knesset, das so genannte „Nakba-Gesetz“, das es der Regierung ermöglicht, Organisationen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, mit hohen Geldstrafen zu belegen, wenn sie den israelischen „Unabhängigkeitstag“ als einen Tag der Trauer begehen. Die Dokumentation beginnt mit einer fröhlichen Feier des Unabhängigkeitstages.
Der Film zeigt auch den alltäglichen Rassismus in Israel und den Hass auf die Araber. Es gibt nur sehr wenige in Israel wie die ehemalige Palmach-Kämpferin Tikva Honig-Parnass, die eine öffentliche Konversion von einer überzeugten Zionistin hin zur Anti-Zionistin offensiv vertreten. Sie erwähnt die Hirnwäsche, der man seit Kindertagen bis zum Militärdienst hin ausgesetzt sei. „“We are the best in the land and they are nothing, human dust...human dust that it is almost a charity to fight them.” Honig-Parnass drückt ihr Erstaunen darüber aus, dass sie über Jahre der Erinnerungen an Wanderungen durch verlassene palästinensische Dörfer habe verdrängen können. Auch der Veteran Amnon Noiman, der heute in der NGO „Zochrot“ tätig ist, spricht offen über seine schockierenden Erfahrungen, als ihm die grausamen Dinge bewusst geworden sind, welche die Gründung des Staates Israel erst möglich gemacht haben.
Vielleicht gelingt es dem Dokumentarfilm, die kolonialistisch-paternalistische Haltung der politischen Klasse in Israel gegenüber dem palästinensischen Volk hin zu einer wirklichen Friedensbereitschaft zu transformieren.