Der Publizist Henryk M. Broder hat mit „Rettet Europa“ eine Fortsetzung seiner EU-kritischen Kuriositätensammlung „Die letzten Tage Europas“ als E-Book publiziert. Der Autor ist kein Antieuropäer, sondern ein „Europaskeptiker“. Was von der EU-Nomenklatura und der überwiegenden Mehrzahl der Medien als Kampfbegriff gegen die EU-Kritiker eingesetzt wird, empfindet Broder als „Auszeichnung“.
Der EU-Adel geht mit seinen Kritikern ebenso um, wie weiland die ehemalige Sowjetunion. Was dort „Klassenfeinde“, „Kriegshetzer“ oder „Steigbügelhalter des Kapitalismus“ waren, sind heute „Europaskeptiker“, „Europafeinde“, „Europagegner“ oder schlicht „Populisten“. Bereits in seinem Vorwort legt der Autor ein Bekenntnis zu Europa ab. „Wir sind Europäer von Geburt an, anders als die Brüsseler Hohepriester, die Europa zu ihrem Beruf und ihrem Glauben gemacht haben und uns vormachen wollen, die EU sei Europa.“ Die EU-Nomenklatura führe einen Kampf um ihr politisches Überleben, sprich „um ihre Privilegien“.
Broder hat so viele Absurditäten über die EU zusammengetragen, die alle Urteile der „Europakritiker“ weit übertreffen. Solange die EU jedoch noch so umtriebig ist, wie in „Ein Tag im Leben der EU“ beschrieben, scheint sie gegen ihren Untergang noch gefeit zu sein. Diese Umtriebigkeit hat einen Namen: Martin Schulz, den zukünftigen Möchtegern-EU-Kommissionspräsidenten, der zwar für die EU brenne, einen Aufnahmeantrag eines „Staates“ EU in die Europäische Union aber aus Demokratiedefiziten ablehnen müsste.
Der europäischen Öffentlichkeit wurde vor einigen Monaten suggeriert, dass es mit den darniederliegenden Ländern wie Griechenland und Portugal wieder aufwärts gehe, da sie Anleihen auf dem Kapitalmarkt platzieren konnten, die reißenden Absatz fanden. Dies war jedoch nicht verwunderlich, da die Anleger wissen, dass im Falle der Nichteinlösung oder einer Pleite dieser Länder der Steuerzahler in Form der Europäischen Zentralbank (EZB) dafür in Haftung genommen werden wird. Tatsächlich hat sich die Bonität beider Länder nicht verbessert, im Gegenteil, die Lage ist dramatischer geworden, da ihre Verschuldung weiter steigt. Der Autor weist zu Recht auf diese Täuschung der Öffentlichkeit hin, weil die Europäische Zentralbank über diese „Pleitiers“ die schützende Hand halte. Wie aus der Wirtschaftspresse (FAZ, Wirtschaftswoche) zu erfahren ist, will die EZB bis zu einer Billion neue Euros drucken, um damit wertlose Anleihen der Pleitestaaten aufzukaufen, die damit ihre Haushalte weiter finanzieren könnten. Über das Finanzchaos und das Scheitern des Euro hört man im „EU-Wahlkampf“ kein Wort.
Ein EU-Parlamentarier scheint es Henryk M. Broder besonders angetan zu haben: Martin Schulz. Seine Umtriebigkeit und seine politisch-skurrilen Aktionen finden sich in beiden Elaboraten des „Europaskeptikers“. In Anlehnung an Hanns Dieter Hüsch charakterisiert er den Tausendsassa Schulz folgendermaßen: „Das Nichts läuft auf vollen Touren.“ Es gebe kein politisches Thema, für das Schulz sich nicht zuständig fühle. Seit 1994 sitzt Schulz schon im EU-Parlament, und man höre und staune: Schulz habe sich doch tatsächlich mit EZB-Präsident Mario Draghi über die ersten Schritte zu einer Bankenunion verständigt. Trotz dieser „Leistung“ meint der Autor, dass eine „EU à la Martin Schulz“ zum „Davonlaufen“ wäre.
Die Fortsetzung der kritischen Bestandaufnahme, die Broder zusammengestellt hat, ist mehr als ernüchternd. In der EU feiern gescheiterte Systeme wie der „Comecon“ immer öfter fröhliche Urstände. Auch die Arroganz der Macht, die Saturiertheit der Funktionäre und die Verachtung für das Volk wie weiland im alten Rom lassen in Brüssel grüßen. Als Beleg zitiert der Autor Eindrücke, die der Journalist Jan Fleischhauer bei einem Besuch in Brüssel gesammelt und auf „Spiegel online“ publiziert hat. „Brüssel ist das neue Rom, minus Sonne, Sklaven und Kolosseum. Alles andere ist so, wie man es aus dem Film kennt: das satte Machtgefühl einer Elite, die mit einem Fingerzeig über das Schicksal von Millionen von Menschen entscheidet; die lächelnde Herablassung für die Provinzen, aus denen das Geld kommt, das man dann im Zentrum des Imperiums in Ströme von Gold verwandelt.“
Eine Geschichte darf in Broders Skrurrilitäten-Kabinett nicht fehlen, und zwar die des „Rabbiner-Darstellers“ Moishe Arye Friedman. Der „Rabbiner“ wurde vom ehemaligen iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zu einer Holocaustleugner-Konferenz in Teheran eingeladen. Dies führte zu einem erheblichen Wirbel in Wien und veranlasste Friedman samt seiner „schirchen Mischpoke“ im Diesseits abzutauchen, bis er nach Jahren in Brüssel, „der europäischen Metropole des institutionalisierten Wahnsinns“ auf einer vom EU-Parlament gesponserten Veranstaltung wieder auftauchte. Kein geringerer als Martin Schulz „betonte bei dieser Gelegenheit, wie wichtig der ‚multikulturelle Dialog‘ sei, der die Grundlage der EU bilde.“
Es ist bedauerlich, dass Henryk M. Broder nicht als Spitzenkandidat für die „Alternative für Deutschland“ (AfD) bei den Europawahlen ins Rennen geht. Mit seinem Sachverstand wäre er die Bereicherung für Brüssel und könnte Nigel Farage die Show stehlen oder sogar seinen „EU-Liebling“ als Parlamentspräsidenten beerben. Das üppige Salär plus das steuerfreie „Tagegeld“ würde bestimmt seiner Metamorphose vom „Europaskeptiker“ zum „EU-Europäer“ förderlich sein. Mit seinen beiden EU-kritischen Büchern befördert Broder weiter die Kritik am alten EU-Europa. Aber den Niedergang des EU-Europa werden nicht Broders Publikationen herbeiführen, sondern dieser wird von der EU-Nomenklatura höchst selbst bewerkstelligt. Wie sagte doch einst Erich Honecker: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“ Kurz darauf war die DDR perdu. Ob dieser Satz in Analogie zur EU auch seine Berechtigung haben könnte, wird die Zukunft zeigen.