Sonntag, 30. Dezember 2012

Congratulations for Carlos Latuff and Jakob Augstein

Carlos Latuff  erhält einen "Preis"!
Das “Simon-Wiesenthal-Zentrum” (SWC) in Los Angeles war einst berühmt für das Aufspüren von ehemaligen Nazi-Verbrechern. Dies ist lange her. Die Institution zehrt noch immer von diesem Nimbus. Heute veröffentlicht das SWC jährlich eine „Hitliste“ der größten „Antisemiten“ auf der Welt. 

Den dritten „Antisemitismus-Preis“ erhielt der brasilianische Cartoonist Carlos Latuff, der durch seine Karikaturen die Verbrechen der israelischen Besatzungsmacht gegen das palästinensische Volk immer treffsicher auf den Punkt bringt. 

Auch dieses Jahr ist wieder ein Deutscher unter den „Preisträgern“, Jakob Augstein, Verleger der Wochenzeitung „Der Freitag“. Augstein äußerte sich wie immer höflich zu dieser „Ehrung“: „Das SWC ist eine wichtige, international anerkannte Einrichtung. Für die Auseinandersetzung mit dem und den Kampf gegen den Antisemitismus hat das SWC meinen ganzen Respekt. Umso betrüblicher ist es, wenn dieser Kampf geschwächt wird. Das ist zwangsläufig der Fall, wenn kritischer Journalismus als rassistisch oder antisemitisch diffamiert wird.“ 

Augsteins Verstoß gegen die Dogmen, welche die „Israellobby“ um Israel herum aufgeschichtet hat, um es vor Kritik an seiner brutalen Besatzungsherrschaft, den permanenten Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Palästinensern und den Verstößen und der Missachtung des Völkerrechts abzuschirmen, um diejenigen als „Antisemiten“ zu verleumden, die es immer noch wagen, darauf hinzuweisen wie z. B. Augstein. Latuff und viele andere mehr. 

Solche irrwitzigen „Ehrungen“ sollte man Schulterzuckend zur Kenntnis nehmen. Who cares? Eine aufgeklärte Öffentlichkeit kann sich nur indigniert von diesen Institutionen abwenden, die auf einer andere Galaxie leben. Solche „Preisverleihungen“ zeigen deutlich, dass diese Lobbyisten keine sachlichen Argumente haben, sonst müssten sie nicht kritisch-denkende Journalisten verleumden, diffamieren und mit Schmutz bewerfen. 

2011 hatte es Hermann Dierkes zu ähnlichen „Ehren“ gebracht. Auch gegen ihn wurde in der Bundesrepublik eine regelrechte Hetzjagd veranstaltet, um ihn politisch fertigzumachen, was zum Teil auch gelungen ist, weil sich zahlreiche Medien in den Dienst der Kampangenmacher gestellt haben, anstatt sich ihres öffentlichen Auftrages zu erinnern, eine kritische Distanz zu bewahren, objektiv zu berichten und sich nicht einem Kampagnenjournalismus zu verschreiben.

Kritik an der Regierungspolitik Israels ist mehr als geboten, weil die Netanyahu-Regierung gegen demokratische und andere westlichen Werte verstößt, indem sie seit 45 Jahren ein anderes Volk kolonisiert, es seiner Freiheit beraubt, seine Bürger diskriminiert und als Bürger zweiter und dritter Klasse behandelt, ihnen das Land und ihre Freizügigkeit raubt, es einmauert, belagert und von Zeit zu Zeit durch seine Militärmaschinerie angreift wie 2008/09 und 2012 im Gaza-Streifen geschehen. Wenn dies „Antisemitismus“ sein soll, stimmt etwas nicht mehr im Westen.

Erschienen auch hier.
Englisch hier und hier.

Samstag, 29. Dezember 2012

Henryk M. Broder und das Stöckchen

Mutige auf Reisen!
Deutschlands größter Journalist hat genauso reagiert, wie ich es meinen Freunden prophezeit habe: Er springt tatsächlich über jedes Stöckchen, das man ihm hinhält. Die beiden links, die Deutschlands dream team zeigen, sind leider im Internet nicht mehr auffindbar, da HMB mir keine Bildquelle nennen wollte, musste ich sie durch Collagen ersetzen, die noch aussagekräftiger als die Originale sind. Von wem hatte HMB übrigens bei seinem infantilen „Quiz“ die Interna über mich?

Meine Gleichgültigkeit HMB gegenüber ist eher von Mitleid geprägt, weil er, als er noch knackig war, tatsächlich klare Gedanken zum Nahostkonflikt zu Papier gebracht hat. 1989 schrieb er in der Juli/August-Ausgabe der fortschrittlichen jüdischen Zeitschrift „Semit“ seines „Freundes“ Abraham Melzer recht vernünftige Dinge. „Du ahnst in der Tiefe Deiner Seele, dass wir es sind, die den Palästinensern Unrecht tun und nicht umgekehrt, und um dieses Unrecht zu rechtfertigen, musst Du darüber spekulieren, was ‚die‘ tun würden, wenn sie könnten, wie sie wollten.“ Oder noch treffender: „Entweder wir oder sie“, es gehe ums Überleben. Mit einer solchen Blankovollmacht auf den eigenen Namen ließe sich alles begründen und rechtfertigen. Aber am Ende wende sich diese Moral immer gegen ihren Urheber. Habe man sich erst einmal an eine chronische Notwehrsituation gewöhnt, könne man mit der Selbstverteidigung gar nicht mehr aufhören, es müssten dann ständig neue Feinde her, so HMB. Heute würde jedem sofort Iran einfallen, aber es wird noch besser: Nach den Arabern kämen die „jüdischen Verräter“ an die Reihe, die „Nestbeschmutzer und Sympathisanten“. Moral und Menschlichkeit blieben auf der Strecke, Logik und Vernunft käme unter die Räder, schrieb ein damals noch hellsichtiger HMB. 

Auch aus folgenden Sätzen spricht noch eine berechtigte Sorge gegenüber der Brutalität der israelischen Besatzungstruppen. „Nur im Notfall haben vier Soldaten einer Eliteeinheit einen Palästinenser vor den Augen seiner Kinder zu Tode geprügelt, nur im Notfall wurde ein palästinensischer Junge gezwungen, eine palästinensische Fahne von einem Strommast zu entfernen“, (Es habe ja mal wieder unsere nationale Existenz auf dem Spiel! Gestanden, so HMB) „wobei er durch einen Stromschlag getötet wurde“. Eine Einheit der Grenztruppen habe nur im „Notfall“ in dem Dorf Nahalim ein Blutbad angerichtet, bei dem fünf Einwohner getötet und über 20 verletzt worden seien. Die Haustiere blieben unberücksichtigt, die ja in „eindeutiger Selbstverteidigung“ erlegt werden mussten. 

Heute dagegen verzapft HMB nur noch reaktionären neokonservativen, alles verteidigenden Stuss, wenn es um Israels Gewaltpolitik in Palästina geht, von seiner besonderen Phobie gegenüber dem Islam gar nicht zu reden, sonst hätte er es nicht unter positiver Erwähnung ins so genannte Manifest des norwegischen Massenmörders geschafft.

Nach der „Deutschland-Safari“ hat der Fernsehsender die beiden Jungs auf „Europa-Safari“ geschickt. Aus letzterer scheinen HMB die Ideen erwachsen zu sein, die er in einem Vortrag „Wir erleben die letzten Tage Europas“ zum Besten gegeben hat. Diese sympathischen Ideen habe ich bereits vor 20 Jahren veröffentlicht. Man soll ja im Alter weiser werden, was aber für einige nur ansatzweise zutrifft.

Brave fighters against Hamas Terror?
Warum gehen die beiden „Experten“ nicht auf Kosten des Senders, sprich des Steuerzahlers, auf eine Israel- und Palästina-Safari und beteiligen sich auf Seiten Israels am „Antiterrorkampf“ gegen Hamas oder dem Hisbollah? Beklagt sich HMB nicht ständig über Menschen, die über das israelische menschenverachtende Besatzungsregime gegenüber den Palästinensern aufklären, aber zu anderen Verbrechen anderer Regime angeblich schwiegen? Er nennt diese honorigen Persönlichkeiten „Das Pack“. Man könnte meinen, dass „Das Pack“ gefälligst zu schweigen habe, wenn HMB schweigt, verschweigt und verdrängt. Für zahllose andere Broder-Schmankerl empfehle ich die folgende Dokumentation.

Auf einer möglichen Nahost-Safari würde das eigentliche „Pack“ (HMBs alter ego möge mir verzeihen) Millionen von Semiten treffen. Vielleicht finden Sie dort auch eine ähnlich große Anzahl von „Antisemiten“? Oder gibt es diese nur unter den rassistischen Kolonisatoren? Der arabischen Welt war das Phänomen des „Antisemitismus“ fremd, bis die Zionisten Palästina kolonisiert haben. Selbst heute gilt eine eventuelle Abneigung der Palästinenser nicht den Juden gegenüber, die Jahrtausende friedlich unter ihren muslimisch-semitischen Brüder und Schwestern leben, wie die Beispiele Iran oder Marokko deutlich zeigen, sondern den zionistischen Kolonisatoren ihres Landes. Unter Semiten ergibt „Antisemitismus“ keinen Sinn. Er ist eine typisch europäische rassistische „Errungenschaft“. 

Bevor die beiden womöglich doch noch endgültig zum Mars aufbrechen, sollten sie einen kurzen Abstecher in den Nahen Osten machen. Anyway, Gute Reise!

Freitag, 28. Dezember 2012

Joe Sacco, Palästina

Anfang der 1990er-Jahre bereiste der maltesisch-US-amerikanische Comiczeichner Joe Sacco nach der Absolvierung seines Journalismus-Studiums in Oregon/USA Israel und Palästina. Eine wichtige Motivation für ihn war die extrem einseitige Darstellung des Nahostkonflikts in den US-Medien, die außer der israelischen Sichtweise nichts Erhellendes, ja nur „Erbärmliches“, wie es Sacco nennt, zu diesem Konflikt beitrügen. Die USA finanzierten mit ihren Milliarden-Dollar-Subventionen nicht nur das koloniale Siedlungsprojekt, sondern auch die brutale Besetzung Palästinas, die durch massive Waffenlieferungen aus den Vereinigten Staaten aufrechterhalten werde. 

Noch beschämender für Sacco war die Tatsache, dass er trotz intensiven Studiums von Zeitungen und Nachrichtenschauens von dem Thema immer noch keine Ahnung über die Palästinenser hatte; er assoziierte sie mit „Terrorismus“. Sein erster Comic trug den Titel „Meet the Asshole“, womit Yasser Arafat gemeint war. „Ich wusste von ihm nur, was mir von den Massenmedien beigebracht worden war, weshalb es mir leicht fiel, ihn zu verteufeln.“ 

In neun Kapiteln verarbeitet der Autor nach einem Palästina-Aufenthalt seine Eindrücke in einem neuen Genre – dem Comic-Journalismus. Sacco schildert das Leben in Palästina und Israel aus der Sicht eines US-Amerikaners, der eine für ihn unbekannte Welt betritt, in der die Menschen traumatisiert sind von Terror und Besatzung, in der Verhaftungen, Vertreibungen, Abriegelungen, Demütigungen, Rechtlosigkeit und Willkür, Zerstörung und Enteignung von Eigentum zum Alltag gehören. 

Seit der Veröffentlichung dieser Comics ist aber alles noch viel schlimmer geworden. Israel hat mit US-amerikanischen Waffen, die angeblich nur „Verteidigungszwecken“ dienen, Kriege gegen Libanon und den Gaza-Streifen geführt. Bei denen jeweils 1 200 Menschen im Libanon und 1 400 Menschen in Gaza getötet worden sind – überwiegend Zivilisten, in der Mehrzahl Frauen und Kinder. 

Dieses Comic-Buch ist kein „objektives“ Werk, „wenn man unter Objektivität den amerikanischen Ansatz versteht, der beiden Seiten das Wort gibt, sich aber nicht um die Darstellung der Realität kümmert. In diesem Buch wollte ich nicht objektiv sein, sondern ehrlich.“ Das Buch ist sehr persönlich und immer noch aktuell. Es zeigt die unschönen Seiten der Lage der Menschen in Palästina, über die westliche Medien den Schleier des Vergessens legen wollen. Sacco dagegen zieht durch eindrucksvolle Szenerien das ganze Elend eines kolonisierten Volkes an die Öffentlichkeit. Sehr lesenswert!

Erschienen auch hier

Mittwoch, 26. Dezember 2012

Zionismus und Faschismus

Wer zuvor behauptet hätte, es habe eine intensive Zusammenarbeit zwischen Zionismus und Faschismus (Nationalsozialismus) gegeben, wäre vor Erscheinen des Buches - „Zionism in the Age of Dictators“ - im Jahre 1983 gesellschaftlich und politisch erledigt gewesen. Bis heute ist dieses Thema in vielen Ländern ein Tabu. Es hat bis 2007 gedauert, bis es von einem mutigen Verlag auf Deutsch publiziert worden ist. Es wird seit seinem Erscheinen von den zionistischen Organisationen, ihren Repräsentanten und Helfershelfern totgeschwiegen. Eine Befruchtung der Debatte über die wirklichen Gründe des Antisemitismus findet nicht statt. 

Wer sich mit den Ideen der zionistischen Bewegung – auch des Revisionismus - vertraut macht, wird etliche Übereinstimmungen zwischen Faschismus und Zionismus erkennen, weil der Zionismus ein ideologisches Produkt des Nationalismus und Kolonialismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts war und folglich herumvagabundierende ideologische Versatzstücke anderer Ideologien adaptiert hat. So schrieb Theodor Herzl in „Der Judenstaat“: „Auch sind die jetzigen Völker nicht geeignet für die unbeschränkte Demokratie und ich glaube, sie werden zukünftig immer weniger dazu geeignet sein (…) Ich glaube nicht an unsere politische Tugend, weil wir nicht anders sind als die anderen modernen Menschen.“ In den 1930er-Jahren wurden die Revisionisten von Vertretern anderer Strömungen im Judentum wegen deren Mussolini-Bewunderung als „jüdische Faschisten“ betitelt.

Herzl war derjenige, der schon sehr früh über die „nützlich Hilfe“ des Antisemitismus für den Zionismus schrieb: „Die Regierungen aller Länder, die vom Antisemitismus geplagt werden, haben ein Interesse daran, uns zu helfen, damit wir die Souveränität erhalten“. Und in seinen Tagebüchern schrieb über den Zionismus: „Die Antisemiten werden unsere verlässlichsten Freunde sein, die antisemitischen Länder unsere Verbündete.“ (Tagebücher, Bd. 1, Jüdischer Verlag, Berlin 1922, S. 93.) Auch zum Antisemitismus äußerte er sich „differenziert“: „In Paris gewann ich ein freieres Verhältnis zum Antisemitismus, den ich historisch zu verstehen und zu entschuldigen anfing.“ (Tagebücher, S. 74.)

Das Ziel der säkularen zionistischen Bewegung war, einen „Judenstaat“ zu schaffen, der als Gleicher unter Gleichen in der Weltstaatengemeinschaft agiert und seinen Staatsbürgern ein gleichberechtigtes Leben wie allen anderen Bürgern ermöglicht. Der Zionismus hat mit der Gründung Israels sein Ziel erreicht. Seinen absoluten Triumph konnte er mit der Unterzeichnung der „Prinzipienerklärung“ vom September 1993 feiern, als die kolonisierten Palästinenser den Staat anerkannten. Jede Art von Vorzugsbehandlung oder Dämonisierung Israels in den internationalen Beziehungen oder der Forderung nach einer „moralischeren“ Haltung seiner Staatsbürger stellt eine Form des Antisemitismus dar. Die Israelis sind genauso gut oder schlecht wie die US-Amerikaner, die Briten, die Palästinenser, die Tongaer oder die Deutschen. 

Der US-Amerikaner Lenni Brenner wurde in eine jüdisch-orthodoxer Familie hineingeboren. Er engagierte sich schon früh für die gesellschaftliche Gleichberechtigung nicht nur der schwarzen US-Bürger in Zusammenarbeit mit Martin Luther King, sondern war auch Mit-Begründer der „National Association for Irish Justice“. Er engagierte sich gegen den Vietnamkrieg und gründete zusammen mit dem legendären „Black-Power“ Aktivisten Kwame Ture das „Komitee gegen Zionismus und Rassismus“.

Der Autor entzaubert eine weitere der zahlreichen zionistischen Geschichtslegenden, dass der Staat Israel das Erbe des Kampfes gegen den Faschismus und Antisemitismus angetreten habe. Im Gegensatz zu Kommunisten, Sozialisten und Christen, haben sich zionistische Repräsentanten nie an vorderster Front im Widerstand gegen die barbarische Ideologie des Faschismus hervorgetan. Im Gegenteil, man ordnete alles dem Ziel der Schaffung eines Staates unter, wobei man bereit war, mit den faschistischen Regimes in Europa zu paktieren. 

In 25 Kapitel erzählt Brenner eine unglaubliche Beziehungsgeschichte, nämlich der zwischen Zionismus und Faschismus. Diese „unheimliche Geschichte“ wurde für die deutsche Ausgabe mit einem Vorwort von Dieter Elken sowie neuen Dokumenten im Angang versehen. Die zionistische Kollaboration mit den Nazis begann bereits einige Monate nach der Machtergreifung. So erklärte die „Zionistische Vereinigung für Deutschland (ZVfD)“ am 21. Juni 1933 u. a. dies: „Der Zionismus glaubt, dass eine Wiedergeburt des Volkslebens wie sie im deutschen Leben durch Bindung an die christlichen und nationalen Werte erfolgt, auch in der jüdischen Volksgruppe vor sich gehen müsse. Auch für Juden müssen Abstammung, Religion, Schicksalsgemeinschaft und Artbewusstsein von entscheidender Bedeutung für seine Lebensgestaltung sein (…) Wir wollen auf dem Boden des neuen Staates, der das Rassenprinzip aufgestellt hat, unsere Gemeinschaft in das Gesamtgefüge so einordnen, dass auch uns, in der zugewiesenen Sphäre, eine fruchtbare Betätigung für das Vaterland möglich ist (…) Boykottpropaganda – wie sie jetzt vielfach gegen Deutschland geführt wird – ist ihrer Natur nach unzionistisch, da der Zionismus nicht bekämpfen, sondern überzeugen und aufbauen will.“

„Mit dieser Erklärung streckte der deutsche Zionismus dem Nationalsozialismus die Hand aus zur Kollaboration und erteilte jedem Gedanken an antifaschistischen Widerstand eine Absage“, so Klaus Polkehn. Von Beginn an mit im Boot waren die „Zionistische Weltbewegung“, vertreten durch Chaim Arlosoroff, und Arthur Ruppin von der „Jewish Agency for Palestine“; beide handelten mit der ZVfD und „jüdisch-palästinensischen Bankenvertretern“ das „Haavara (=Transfer)-Abkommen“ aus. Im Gegensatz zu den Zionisten lehnten alle jüdischen Gruppen in- und außerhalb Deutschland die Nazis als ihre schlimmsten Feinde ab und leisteten Widerstand. 

Mit dem Abschluss des „Transferabkommens“ wurde der internationale Boykott des Nazi-Regimes unterlaufen. Zwischen 1933 bis 1939 flossen 60 Prozent des Kapitals von jüdischen Deutschen durch das Haavara-Abkommen nach Palästina. So könnte man den Nazi-Faschismus als einen „Segen“ für den Zionismus in den 1930er-Jahren bezeichnen. Zwischen 1934 bis 1937 besuchten Nazis auf Einladung der Zionisten Palästina; dazu gehörten u. a. Adolf Eichmann und Herbert Hagen. Der zionistische Gesandte Feivel Polkes zeigte ihnen eine zionistische Kolonie auf dem Berg Carmel in Haifa. Seinen zweiten „unfreiwilligen Besuch“ statte Eichmann 1960 Israel ab, um dort für seine Verbrechen angeklagt und zum Tode verurteilt zu werden. 

Obgleich die Zionisten immer behaupten, ihre Kollaboration mit den Nazis sei strategischer Natur gewesen, um so viele Juden wie nur möglich zu retten, sprechen die Fakten eine differenziertere Sprache. Während der Nazi-Herrschaft wurde mehr britischen oder US-amerikanischen als deutschen Juden die Einreise nach Palästina gestattet. Tatsächlich wurden zwei Drittel der Einwanderungsanträge deutscher Juden von Zionisten abgelehnt. Ein idealer Immigrant musste ein glühender Zionist sein, wovon es in Deutschland nur wenige gab.

Einigen Zionisten wie Georg Kareski, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zwischen 1928 und 1930, ging die Kollaboration mit den Nazis nicht weit genug. Er pflegte eine intensive und enge Zusammenarbeit mit diesen, gründete die „Staatszionistische Organisation“ und wurde mit Hilfe der Nazis Leiter des „Reichsverbandes jüdischer Kulturbünde“. In einem Interview mit der von Propagandaminister Goebbels herausgegebenen NS-Zeitung „Angriff“, das von der Redaktion mit „Die Nürnberger Gesetze erfüllen auch alte zionistische Forderungen“ betitelt worden war, äußerte sich Kareski zustimmend zu den Nürnberger Gesetzen; seine Meinung entsprach dem zionistischen Mainstream. (354-57) Der Autor überschieb sein Kapitel über Kareski mit „Hitlers zionistischer Quisling (lange) vor Quisling“. 

Brenner macht deutlich, dass der Zionismus seit seiner Entstehung ein Spiegelbild anderer völkischer Strömungen war; mit dem Antisemitismus ging er eine „feindliche Symbiose“ ein. Nur die Gründung eines eigenen „Judenstaates“ könne die Antwort auf den latenten Antisemitismus sein, so ein Dogma des Zionismus. Auch ging es den zionistischen Funktionären nicht primär um die Rettung möglichst vieler von der Vernichtung bedrohter Menschen, sondern um die Auswanderung möglichst vieler deutscher Juden nach Palästina, um dem zionistischen Kolonialprojekt zum Erfolg zu verhelfen, so der Autor. Die „Stern-Bande“ machte doch allen Ernstes 1941 den Nazis ein „Angebot einer aktiven Teilnahme am Kriege an der Seite Deutschlands“. Man sprach von Seiten dieser Revisionisten von einer „Interessengemeinschaft zwischen den Belangen einer Neuordnung Europas nach deutscher Konzeption und den wahren Aspirationen des jüdischen Volkes“.

Dieses Buch hätte die Debatte über Antisemitismus oder dessen angeblich „neue“ Variante in Form der Kritik an Israels Besatzungspolitik befruchten können, wenn die „Experten“ in Sachen Antisemitismus sich mit dessen etwas unbequemen Thesen auseinandergesetzt hätten. Auch für die Bildungsindustrie wäre es einmal eine lohnende Investition gewesen. Hoffentlich findet das Buch eine große LeserInnenschaft.

Erschienen auch hier.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Christliche Sozialethik – Architektur einer jungen Disziplin

Wilhelm Korff gehört zu den renommiertesten Sozialethikern, welche die katholische Kirche jemals hervorgebracht hat. Er fungiert bis heute als Impulsgeber des Faches „Christliche Sozialethik“, dessen spiritus rector er ist. Anlässlich seines 85. Geburtstags veranstaltete die Katholisch-Theologische Fakultät an der Universität München einen akademischen Festakt. Jeder persönlichen Eitelkeit abholt, stand für Korff immer sein Werk im Mittelpunkt. 

Korff hat die junge Wissenschaftsdisziplin mit seinen bahnbrechenden Werken wie „Norm und Sittlichkeit“, „Wie kann der Mensch glücken“ und „Kernenergie und Moraltheologie“ maßgeblich geprägt. Darüber hinaus fungiert er als Herausgeber des „Handbuchs der Christlichen Ethik“, des „Lexikons für Theologie und Kirche“, des „Lexikons für Bioethik“ sowie des „Handbuchs der Wirtschaftsethik“. Sein gesamtes Werk und Denken wird von der „Wende zum Subjekt“ durchzogen.

Dem heute dominanten Gliederungsprinzip der Bereichsethiken, welche die Gefahr in sich bergen, dass die Einheit des Faches zerbröselt, hat der Autor ein Strukturprinzip entgegengesetzt, das erst einmal die Argumentationszusammenhänge deutlich macht, um zuerst die Fragen zu finden, bevor Antworten gegeben werden können. Einer solchen wissenschaftlichen Methodik fühlt Korff sich auch in seinem Unruhestand weiter verpflichtet. Er arbeitet an zwei Großprojekten, in denen es um nichts Geringeres als der „ethischen Vermessung der menschlichen Handlungswelt“ und der „Grundlegung Christlicher Sozialethik“ geht.

In ihrer Laudatio ging Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf das Spannungsverhältnis zwischen ethischem Anspruch und politischem Kompromiss ein. Glaubensethikern erteilte die Ministerin eine Absage, da sich aus dem Glauben wenig Konkretes für die Bewältigung der Schuldenkrise, des Klimawandels, der Vertrauenskrise usw. ableiten lasse. Die Glaubensethiker gingen davon aus, dass christliche Sittlichkeit nicht autonom sei, sondern aus dem Glauben heraus entwickelt werden müsse. Das Besondere einer christlichen Ethik sehe den Menschen als vernunftbegabtes Wesen, der Subjekt seines Handels und verantwortungsbewusster Akteur bei der Normsetzung und Normabwägung sei. 

Der politische Kompromiss verlange eine ständige Abwägung von Gütern.“Sie verlangt deshalb, öffentlich relevante Güter, Interessen und Erwartungen abzuwägen und ist damit das eigentliche Herzstück jeder ethischen Debatte.“ Eine Realisierung von Gütern könne nur unter „Inkaufnahme von Übeln“ erfolgen. In der Politik dürfe man nicht Widersprüche, Vielfalt und die Ausdifferenzierung als Belastung empfinden. Sie sei die eigentliche Herausforderung einer modernen demokratischen Gesellschaft. Zur Klärung dieser Fragestellungen und Konfliktsituationen habe Wilhelm Korff durch seine Ethik einen zentralen Beitrag geleistet. 

Mit großer Spannung werden die avisierten magna opera Korffs erwartet.

Montag, 24. Dezember 2012

Jesus was a Palestinian Jew

Alle Jahre wieder findet das Weihnachtsfest in Palästina unter israelischer Besatzung und Belagerung statt. Bethlehem, die Geburtsstatt Jesu, ist von einer acht Meter hohen Mauer umgeben, die nur noch von zwölf Meter hohen Wachtürmen überragt wird. Ein permanenter Skandal zwar, aber für den christlichen Westen scheinbar kein Problem. Ebenso wenig interessiert die Taufscheinchristen die überaus prekäre Lage ihrer „Brüder und Schwestern in Christo“ in der muslimischen Welt. Hat doch ein „wiedergeborenen Christ“, namens George W. Bush, durch seinen Überfall auf Afghanistan und Irak die Büchse der Pandora geöffnet. Diese grundlos angezettelten Kriege sind u. a. dafür mitverantwortlich, dass die ältesten christlichen Gemeinden vor ihrer völligen Auslöschung stehen. 

Die Christen sind ein integraler Bestanteil der arabischen, folglich auch der muslimischen Welt. Neben ihrer Muttersprache sprechen sie alle Arabisch. Die Christen Palästinas leben wie die muslimischen Gläubigen in einer Konfliktsituation, dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Sie sind im Widerstand gegen die israelische Besatzung und Kolonisierung ihres Landes vereint. Dieser Konflikt ist kein religiöser sondern ein politisch-wirtschaftlicher zwischen Kolonialisten und Kolonisierten. Religiöse Gefühle werden missbraucht, um Zwietracht in Palästina zu säen. Auf Jerusalem haben weder Christen, Muslime noch Juden einen Exklusivitätsanspruch. Die Stadt ist allen drei Weltreligionen gleichermaßen heilig. Nicht ohne Grund bildet die Stadt nach Völkerrecht einen „corpus seperatum“. Da Besatzung ein Unrecht ist, sind zu deren Beseitigung „alle zur Verfügung stehenden Mittel erlaubt“, wie es der 2007 verstorbene Soziologieprofessor Baruch Kimmerling einst in der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ ausgedrückt hat, um die Freiheit wiederzugewinnen. 

Seit der israelischen Besatzung geht die Zahl der Christen in Palästina ständig zurück. Nicht islamische Extremisten, wie die zionistisch-israelische Hasbara (Propaganda) behauptet, machen den Christen das Leben schwer, sondern Israels brutale Okkupation, die täglichen Schikanen an den Kontrollpunkten, die Allmacht des israelischen Militärs, das Passierschein-Regime, das Eingemauert sein, die Behandlung als „Bürger“ dritter Klasse u. v. a. m. Die Schikanen der Kolonisatoren sind es, welche die Christen veranlassen, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Erinnert sei an die 40-tägige Belagerung der Geburtskirche in Bethlehem durch das israelische Militär in 2002. 

Selbst im einst „christlichen“ Bethlehem sind die Christen zur Minderheit geworden. Stellten sie seit 1950 noch die Mehrheit, sank ihre Zahl auf zwölf Prozent, Tendenz sinkend. Viele der Christen wandern in die USA und nach Europa aus. So leben z. B. alle fünf Kinder des ehemaligen christlichen Bürgermeisters von Bethlehem im Ausland. Jetzt wird die Stadt erstmalig von einer Frau regiert. Kaum einer der Ausgewanderten gibt als Grund auch die zunehmenden Spannungen zwischen der christlichen Minderheit und der muslimischen Mehrheit an. 

Seitdem die Hamas den Gaza-Streifen verwaltet, wird seitens einiger westlicher Scharmacher immer wieder behauptet, dass der Druck auf die zirka 1 700 Christen zunehme und sie keine Zukunft mehr hätten. Dass einige christliche Frauen auch das Kopftuch tragen, was auch viele muslimische Frauen nicht nur in Palästina, sondern auch in der „säkularen“ Türkei wieder tun, kann nicht als Beleg für einen angeblichen Druck seitens der Muslime auf Christen interpretiert werden. Auch in Iraq, das bis zu Saddams Sturz das säkularisierteste Land der arabischen Welt war, tragen seit Bushs gewaltsamen „Regimechange“ fast alle Frauen wieder Kopftuch. 

Im Gaza-Streifen ist jedoch das Verhältnis zwischen der christlichen Minderheit und der muslimischen Mehrheit ausgezeichnet, wie Stuart Littlewood in seinem Beitrag „Christmas Message from the Holy Land; ‚Act and Intervene‘“, zeigt. Anstatt Irak zu überfallen, Afghanistan und Libyen anzugreifen und zu zerstören, sollte der Westen auf Seiten des besetzten palästinensischen Volkes intervenieren, um den Menschen Freiheit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung, Würde und ihre Rechte zurückzubringen.

Als kurz vor Weihnachten 2010 einer Dreierdelegation von Christen aus Palästina und dem Weltkirchenrat Irland bereiste, war ihre zentrale Botschaft: „Wir verlangen nur eine Sache von der Welt, uns gegen die Verbrechen Israels zu schützen.“ Ihr Plädoyer war klar: „Handelt und interveniert, sonst wird sich nichts ändern.“ Pater Manuel Musallam aus Gaza sagte über das Massaker an der Zivilbevölkerung um die Jahreswende 2009/09: „Was in Gaza geschah, war kein Krieg. Ein Krieg ist ein Kampf zwischen Soldaten, Flugzeugen und Waffen. Wir waren Opfer, nur Opfer. Sie zerstörten Gaza. Ich war dort und sah mit meinen eigenen Augen, was passiert ist. Wir in Gaza wurden wie Tiere behandelt (...) Wir sind keine Terroristen. Wir haben nicht Israel besetzt.“ 

Das israelische Militär setzte sogar Phosphorgranaten ein, die durch das Völkerrecht geächtet sind. Der Goldstone-Bericht hat Israel Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit attestiert. Die palästinensische Autonomiebehörde sollte umgehend Klage beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag einreichen, damit die damals Verantwortlichen für das Massaker zur Rechenschaft gezogen werden. Dasselbe sollte die libanesische Regierung tun, da beim israelischen Bombardement 2006 1 200 Menschen ums Leben gekommen sind. Weiter sollte die Autonomiebehörde Klage gegen die israelischen Kolonien in der Westbank vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag einreichen.

Der palästinensische Jude Jesus hatte vor 2 000 Jahren die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertrieben. Heute würde er bestimmt der rechtsnationalistischen israelischen Regierung Mores lehren. Er würde auf der Seite seines Volkes, den Palästinensern, stehen und auf seine Weise Widerstand leisten. Was aber tun dagegen seine Nachkommen in seinem Namen? Sie führen einen Krieg nach dem anderen gegen die zweitgrößte Religionsgemeinschaft, den Islam. 

Nicht nur in Palästina, sondern auch in anderen muslimischen Ländern ist die Lage der Christen mehr als prekär, obwohl aus völlig anderen Gründen. Vor den Hintergrund der Gewalt islamistischer Extremisten hat die Mehrheit der irakischen Christen das Land verlassen; es gibt nur noch Restbestände christlicher Gemeinden in Mosul, Kirkuk, Basra oder Bagdad. Auch in Syrien werden die Christen und andere Minderheiten von Teilen der so genannten Aufständischen jetzt schon bedroht. Das Asad-Regime wird untergehen, davon geht selbst die russische Schutzmacht aus, aber was passiert mit den Menschen – den Alewiten, Drusen und Christen? Dem Westen und den Saudis sei jetzt schon „gedankt“, wenn sich durch deren tatkräftige Unterstützung in Syrien ein weiteres radikales, fundamentalistisches Regime etabliert, welches die religiösen Minderheiten massakrieren wird. So haben die Aufständischen in der syrischen Stadt Aleppo bereits eine „Religionspolizei“ etabliert, und zwei überwiegend christlichen Orten in Zentralsyrien mit der Erstürmung gedroht. Aber die wirklichen Feinde des Westens, der Demokratie und der Freiheit sitzen in Saudi-Arabien. Sie gießen in Syrien weiter Öl ins Feuer und finanzieren unberechenbare Aufständische für einen schmutzigen Krieg. 

Saudische Petro-Dollar werden zur Verbreitung der fundamentalistischsten Variante des Islam weltweit eingesetzt, um einen „Regimechange“ in den Ländern der arabischen Welt im Sinne Saudi-Arabiens zu bewerkstelligen, mit dem einzigen Ziel, den Einfluss des schiitischen Iran zu schwächen und zurückzudrängen. Die Unterwanderung des Mursi-Regimes in Ägypten durch die Saudis ist im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereiche weit fortgeschritten. Durch die Muslim-Bruderschaft gelang es den Saudis, Einfluss nicht nur auf das Bankensystem zu gewinnen. Einige politische Beobachter sehen Saudi-Arabien als die größte Bedrohung für ein demokratisches Ägyptens an. Auch in Ägypten kam es in jüngster Zeit immer wieder zu Übergriffen gegenüber der koptischen Religionsgemeinschaft, die zirka zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht. Sollten die christlichen und die anderen religiösen Minderheiten zu den Verlierern des „arabischen Frühlings“ gehören, obgleich sie Großes für ihre jeweiligen Gesellschaften geleistet haben? 

Für die prekäre Lage der ursprünglichen Christen in den muslimischen Ländern trägt „der Westen“ aufgrund seiner diversen Militärinterventionen die Hauptverantwortung. Zu Unrecht werden die Christen in Haftung für die Kriegsverbrechen des Westens genommen. Im ansonsten so dämonisierten Iran können Christen und Juden ihren Glauben völlig frei praktizieren. Nur die Glaubensgemeinschaft der Bahei leidet unter massiver Verfolgung durch das Regime. 

Wenn der Westen für christliche Glaubensgemeinschaft und andere verfolgte Minderheiten etwas tun will, sollte er seine Militärinterventionen stoppen und sich aus den inneren Angelegenheiten der arabischen Länder und der muslimischen Welt heraushalten. Mit geschickter Diplomatie erreicht man mehr als durch brutale Gewalt. Merry Xmas!

Freitag, 21. Dezember 2012

The Making and Unmaking of a Zionist

Das Buch von Anthony Lerman ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus einem gläubigen Zionisten ein ernsthafter Kritiker dieser Ideologie geworden ist. Lerman erzählt die Geschichte eines 15-jährigen Jungen, der sich einer zionistischen Jugendgruppe anschloss und 1970 israelischer Staatsbürger wurde. Aber nach einigen Jahrzehnten versteht er sich nicht mehr als Zionist. "Having rejected the ethnocentricity of Zionism and the moral and practical implications of taking coercive, racist and illiberal measures to secure a state with a Jewish majority in perpetuity, I can no longer subscribe to a project the logical conclusion of which is to attain such a maximalist nationalist end. No people or state is obliged to follow a path laid down by the exponents of the most extreme interpretation of its national destiny." (198) Als Bürger des Vereinigten Königreichs, kann er sich als Britisch und Englisch bezeichnen, aber nicht als britischer und englischer Nationalist. 

Über einen Zeitraum von über 30 Jahren befasst sich der Autor immer intensiver mit jüdischer Politik sowohl auf kommunaler als auch globaler Ebene. Seine Auseinandersetzung mit Israel und dem Zionismus wurde zu einem integralen Bestandteil seines Lebens. Lerman gründete einen jüdischen Think Tank und eine Stiftung, die sich zum Ziel gesetzt hat, jüdisches Leben in Europa zu unterstützen. Im Jahr 2006 kehrte er in die Denkfabrik zurück und fand sich mitten in einer polemischen Debatte über die Gefahr des "Antisemitismus" und die Politik des Staates Israel. Nach einem dreijährigen Kampf zwischen dem jüdischen und einem pro-israelischen Establishment, trat Lerman 2009 frustriert von seinem Amt zurück. Während dieser drei Jahre veränderte sich seine Meinung über Israel und den Zionismus dramatisch.

Der Autor beschreibt als Insider das organisierte jüdische Gemeindeleben, das Funktionieren und die Kooperation der nationalen und internationalen jüdischen politischen Organisationen und der zionistischen Bewegung. Diese verschiedenen Aspekte geben Lermans Buch ein gewisses Etwas. Es ist keine Autobiographie, er nutzt, wenn es erforderlich erscheint, autobiographische Aspekte, um das Bild zu vervollkommnen. Der Autor erwähnt die Namen anderer Menschen nur dann, wenn ihre Gedanken und Aussagen von zentraler Bedeutung für seine eigene Geschichte erscheinen.

In Israel beschäftigt sich Lerman intensiv mit zionistischen Denkern wie David Ben-Gurion, Ber Borochov, A. D. Gordon und Berl Katznelson. Der Widerspruch zwischen zionistischer Theorie und zionistische Praxis vor Ort irritierte ihn zusehends. Dass er dem Kibbuz den Rücken kehrte, „had more to do with using his brain than developing his brawn”. Er verließ Israel schweren Herzens, aber ausschließlich aus persönlichen Gründen, um seine Ehe zu retten. (51) Obgleich Lerman bereits ideologische Bedenken gegenüber der Politik Israels hegte, überwogen jedoch persönliche Motive. 

Zurück in England, nahm der Autor – mangels anderer Möglichkeiten - einen Job beim Jüdischen Nationalfonds (JNF=Jewish National Fund) an, den er als die "Seele zerstörenden Kompromiss" ansah. Über 30 Jahren bekleidete Lerman verschiedene hohe Ämter innerhalb des internationalen jüdischen politischen und intellektuellen Lebens. In den 1990er-Jahren gründete er das "Institute for Jewish Policy Research", einen jüdischen Think Tank. Je mehr er die Politik des Staates Israel gegenüber den Palästinensern kritisierte, desto öfter wurde er zur Zielscheibe zionistischer Extremisten.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich Antony Lerman von einem zionistischen Idealisten in einen jüdischen Intellektuellen. Es dauerte fast ein ganzes Leben, um zu entdecken, dass die zionistische Ideologie nichts mit Judentum und jüdischer Ethik zu tun hat. Das Buch möge viele LeserInnen inspirieren und ihre Konversion vom Zionismus zum Judentum beschleunigen.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Das Ende der Kriege

US-Präsident Barack Obama hat seinen Landsleuten das Ende der Kriege in Irak und Afghanistan versprochen. Trotz „Rückzug“ aus dem Irak haben die USA dort immer noch 50 000 Soldaten, als „Ausbilder“ verkleidet, stationiert; gleiches soll nach dem offiziellen Abzugstermin in Afghanistan geschehen, wo so genannte Ausbilder von Kampfeinheiten bewacht werden müssen. Beide Länder werden die US-Amerikaner nie wieder verlassen. Amerika habe wieder zwei endlose Kriege angezettelt, so der Autor.

Obama führt die Kriege der „Bushies“ intelligenter weiter, und er hat sich als eine „Black-Bush-light-Version“ entpuppt. Für seine Friedensrhetorik wurde ihm bereits im ersten Amtsjahr der Friedensnobelpreis verliehen. Viele US-Amerikaner sind über diesen „Heilsbringer“ maßlos enttäuscht, dabei tut er doch nur das, was die „Logik“ des US-Imperiums von ihm verlangt: Er dehnt dessen Grenzen und Einflusssphäre nur weiter aus, bis letztendlich alle Staaten dieser Erde unter den Rettungsschirm des „benign hegemon“ geschlüpft sind. 

Seit dem 11. September 2001 haben sich die USA von ihrem einst weltweit bewunderten Demokratie-Modell meilenweit entfernt. Der Schritt, der den Weg in den „Überwachungs- und Polizeistaat“, wie es unzählige Kritiker nennen, wurde „rechtlich“ durch den „Patriot Act“ geebnet. Nach diesem „Gesetz“ steht der US-Präsident über dem Gesetz, und die Regierung scheint mit Allmacht ausgestattet zu sein. Dies zeigt sich u. a. daran, dass er über eine persönliche „Killerliste“ präsidiert und allein entscheidet, wann die darauf befindlichen Personen entweder durch Drohnen oder „Killerkommandos“ liquidiert werden. Das Verwunderlichste daran ist jedoch, dass dies weder die US-Medien noch die Öffentlichkeit merklich interessieren, geschieht es doch für einen vermeintlich guten Zweck, und zwar dem „Kampf gegen den Terror“. 

"@" William T. Hathaway und 15 andere Autoren des Buches fühlen sich von dieser Art auf Showeffekte setzenden Art Demokratie und Politik angewidert und haben sich auch für alternative Methoden des Widerstandes entschieden, um der Kriegstreiberei endlich ein Ende zu bereiten, wie es auf dem Cover heißt. Um ein Buch über den Krieg zu schreiben, trat der Autor in die „Special Forces“ ein und diente in Panama und Vietnam. Während dieser Militäroperationen redete sich der Autor ständig ein, er wolle ja nur ein Buch schreiben, aber seine Aktionen hatten gravierende Folgen nicht nur für ihn, sondern auch für die betroffenen Menschen. „Ich habe immer noch mit den Nachwirkungen meiner Kriegseinsätze zu kämpfen, und meine Arbeit als Friedensaktivist ist ein Weg, dafür zu büßen.“ Nach seinem Militärdienst wurde er Friedensaktivist und arbeitete als Journalist und Buchautor. Hathaway lebt in Oldenburg und hatte Lehraufträge an der dortigen Universität, bis die englische Fassung „Radical Peace. People Refusing War“ in den USA erschien ist.

Die meisten, die an diesem Buch Beteiligten, seien  „Gesetzesbrecher“, die sich gegen die „Verballhornung“ der Freiheit in den USA durch den „Patriot Act“ zur Wehr setzen, so Hathaway im Vorwort. Um der Unterwanderung und Überwachung zu entgehen, ist die Gruppe nicht organisiert, sondern nur lose als Netzwerk miteinander verbunden. Die Regierungen würden diese Personen, wenn sie ihnen habhaft werden würden, am liebsten anklagen und ins Gefängnis stecken, deshalb handelt es sich bei den Namen ausschließlich um Pseudonyme, bis auf den des Autors. Hathaway steht mit seinem Namen für das Buch, weil er nicht mehr im „homeland“, sprich den USA, lebt.

Was hier in 15 Kapiteln dargelegt wird, kommt einem Verzweiflungsschrei gleich. Den Autorinnen und Autoren treiben die Fragen um, wie kann man den Krieg und das Töten verhindern. Sie gehen deshalb auf Konfrontationskurs mit der Staatsmacht und wollen deren „Tötungsmaschinerie“ aufhalten. Sollte dies nicht gelingen, versuchen sie „Sand ins Getriebe“ des Leviathans zu streuen, um ein reibungsloses Funktionieren zu verhindern. Die hier erzählten Lebensgeschichten sind sehr persönlich, mache extrem persönlich brutal.

So erzählt z. B die US-Soldatin „Larissa“ im Kapitel „Kriegskameraden: Vergewaltigung im US-Militär“ von ihren traumatischen Erlebnissen in Irak, wie brutal ihre Kameraden mit den Irakern umgehen. Sie selbst leben in Militärlagern, die kleinen amerikanischen Städtchen gleichen. Alles im Überfluss, wohingegen außerhalb des Lagers die Armut und das Chaos herrschen. Manchmal öffnen sich die Pforten der Hölle auch für die Soldatinnen im eigenen Lager. „Larissa“ hat die Hölle am eigenen Leibe erfahren. Mitten in der Nacht wurde sie von einem männlichen „Kameraden“ auf der Toilette auf das Übelste vergewaltig. Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war, nichts wie weg aus dieser Hölle. Sie reichte eine Beschwerde bei ihren Vorgesetzten ein, die aber zu nichts führte, weil sie keine „Beweise“ vorlegen konnte! Sie wurde zu ihrem Schutz in ein anderes Militärlager verlegt, aus dem sie sich jedoch in die Niederlande absetzt. Ihre erschütternde Geschichte schickte das „little black Dutch-girl“ an Hathaway zur Veröffentlichung. Vergewaltigungen im US-Militär sind keine Seltenheit. Die Selbstmordrate von Soldaten oder Veteranen ist explodiert, und die Moral der Truppe liegt am Boden.

Wie tief die Abneigung unter Irakern den US-Amerikanern gegenüber ist, macht das Interview mit „Merna al-Marjan“ im Kapitel „Der Bruder mit den Raketen“ deutlich. Der Grund liegt wieder im brutalen und rücksichtslosen Verhalten der US-Soldaten gegenüber den Menschen in Irak. Mitten in der Nacht wurde das Haus der „al-Marjans“ gestürmt. Die Soldaten traten die Tür ein, betatschten „Merna“ und ihre Mutter von oben bis unten, die in ihren Pyjamas vor ihnen standen. Als ihr Bruder ihnen zur Hilfe kommen wollte, wurde er brutal zusammengeschlagen, in Handschellen gelegt und zusammen mit seinem Vater, den man vorher auch niedergeschlagen hatte, auf einem großen Platz zusammengetrieben, bevor man den Sohn zur Folterung abtransportierte; der Vater entging der Misshandlung. „Mernas“ Bruder schloss sich dem Widerstand an, wohingegen „Merna“ geistigen Widerstand leistet, indem sie in Deutschland Europäische Geschichte studiert, um den Vandalismus des Westens „besser verstehen“ und folglich besser bekämpfen zu können. 

Weiterhin weist sie auf das schräge Bild des Westens hin, welches er von muslimischen Frauen und Männer hat. „Wenn Menschen im Westen mit diesem falschen Bild Musliminnen ihre ideelle oder militärische Invasion rechtfertigen, werde ich richtig wütend. Sie sind davon überzeugt, dass wir wie sie lieben sollten. Wenn sie selber glücklich wären, könnte man das ja noch verstehen. Dann könnten sie sagen: Hey, schaut uns an, macht es uns nach. Aber sie sind viel unglücklicher als viele von uns. Ihre Ehen und Familien fallen auseinander, ihre Kinder begehen schreckliche Verbrechen, begehen Selbstmord. Ihre Gesellschaft ist zersplittert in isolierte, konkurrierende Individuen. Das ist grausam – aber sie wollen uns ihr Leben aufzwingen.“ „Merna“ ist mit den Geschlechterrollen in der arabischen Welt nicht zufrieden. Man müsse sie selbst ändern, wir bedürfen dazu nicht des Ratschlags aus dem Westen. 

Auch ihre Meinung über die deutsche Politik ist wenig schmeichelhaft: „Die Deutschen haben Angst. Sie wollen der Welt weismachen, dass sie den Amerikanern nicht bedingungslos folgen, dabei helfen sie ihnen tagtäglich, Iraker und Afghanen zu töten. Und sie wissen, dass das in ihrem Land zu Racheakten führen wird; also lassen sie Muslime nur noch ungern ins Land. Für sie sind wir alle potentielle Terroristen.“ Deutschland habe vor dem US-amerikanischen Überfall Spione ins irakische Verteidigungsministerium geschleust, und diese Spione hatten irakische Geheimdokumente gestohlen. „In diesen Dokumenten war detailliert aufgelistet, wo sie im Falle einer amerikanischen Invasion ihre Truppen stationieren wollten, wo Flugabwehrraketen aufgestellt werden und wo Vorräte gelagert werden sollten. Die Deutschen gaben diese Pläne an die Amerikaner weiter, die dann genau wussten, wo sie ihre Bomben fallen lassen mussten. Zehntausende unserer Soldaten kamen dadurch ums Leben. Jetzt müssen ihre Familien sie rächen. Die Deutschen helfen den Amerikanern auch dabei, der neuen Armee und Polizei beizubringen, wie sie das Volk unterdrücken können. Und sie schicken militärisches Gerät, um die Aufstände zu bekämpfen. Iraker werden mit deutschen Waffen getötet.“

Ein Kapitel ist spannender als das andere, wenn z. B. im Kapitel „Die wahren Kriegshelden“ von der „Entführung“ des Soldaten „Rick“ durch die Pax Christi-Mitarbeiterin „Petra“ berichtet wird. Zusammen mit Hathaway „entführten“ sie den Soldaten beim Aufsammeln von Müll vor einem Internierungslager, in dem er wegen „unerlaubten Entfernens von der Truppe“ festgehalten worden war, um ihn nach Schweden zu bringen. Oder Hathaways geschickte Vermittlung zwischen einem mit ihm eng befreundeten Ehepaar, das sich nach 40 Ehejahren scheiden lassen wollte, nur weil sie unterschiedlicher Meinung über die Politik von George W. Bush und des Staates Israel waren!

Mit der Veröffentlichung dieses Buches ist dieser Lebensabschnitt für den Autor jedoch abgeschlossen. Kontakte zu den anderen Autorinnen und Autoren gibt es nicht mehr. Für Hathaway haben sich die Prioritäten geändert. Die damaligen Aktionsformen können nicht unkritisch fortgesetzt werden. Es gibt für ihn Wichtigeres zu tun, wie z. B. die Organisierung der Arbeiterklasse als Gegengewicht zur Allmacht des Staates.

Generell muss die Frage erlaubt sein, ob bloße illegale Aktionen und Protestformen langfristig überhaupt zu irgendetwas Positivem führen können? Illegales oder kriminelles Handeln führen in einem Rechtsstaat zu nichts außer ins Gefängnis. Trotz vieler rechtlich mehr als fragwürdiger Aktionen ist das Buch eine höchst spannende Lektüre, weil es halsbrecherische und verzweifelte Aktionen Einzelner gegen die übermächtige Staatsmacht und deren Militärmaschinerie schildert, und sollte deshalb von vielen Friedens- und Antikriegsaktivisten gelesen werden.

Montag, 17. Dezember 2012

Wer rettet Israel? Ein Staat am Scheideweg

Dass es ein Buch, das im Selbstverlag erschienen ist, in den Bremer Teil der Bild-Zeitung schafft, ist selbst für Deutschland ein Novum. Dem Journalisten Arn Strohmeyer hätte nicht Besseres passieren können. Skandalisierte Bücher verkaufen sich besonders gut, wie man an „Deutschland schafft sich ab“ sehen kann. Da der Autor keinen Verlag gefunden hat, gilt immer noch: „Angst essen Seele auf“. Vielleicht bemannen sich durch diesen inszenierten „Skandal“ einige Verlage und bringen das überaus fundierte Buch auf den Markt. 

Dass der Inhalt kritisch ist, liegt in der Natur der Sache. Wie kann jemand affirmativ über einen Staat schreiben, der seit 45 Jahren ein Volk kolonisiert, seine Menschenrechte permanent missachtet und verletzt, das Völkerrecht mit Füßen tritt, die Vereinten Nationen verachtet, das Land der eigentlichen Besitzer raubt, deren Häuser zerstört, ihre Enklaven mit einer acht Meter hohen Mauer umfriedet und die Palästinenser tagtäglichen Schikanen an Kontrollpunkten und nächtlichen Militärrazzien unterwirft? Dass man gegen diese Fakten nur mit den Mitteln der Verleumdung und Diffamierung vorgehen kann, versteht sich von selbst. 

Die publizistische Attacke, die ein gewisser Jan-Philipp Hein, „Abiturabbrecher“ und „Journalist“, im Bremer Teil der Bild-Zeitung gegen den Autor und einen Rezensenten, den renommierten Professor emeritus Rudolf Bauer, geritten hat, passt zum „Niveau“ dieses Boulevardblattes. Um auf Bild-Niveau herabzusteigen bedarf es aber noch einer weiteren Eigenschaft, nämlich keinen Charakter zu haben. Hein ist berüchtigt für seinen niveaulosen Kampangenjournalismus, war er doch schon als journalistischer Büchsenspanner dabei, als in einem „Gutachten“ eines gewissen Samuel Salzborn und Sebastian Voigt der Partei die Linke "Antisemitismus" angedichtet worden ist. Dieses wissenschaftlich drapierte Pamphlet führte zu einer Debatte im Deutschen Bundestag, die auf gleichem Niveau angesiedelt war wie das „Gutachten“. 

In seinem jüngsten Machwerk wirf Hein den beiden „Israel-Hass“ und indirekt durch Salzborn ein „antisemitisches Ressentiment"“ vor. Diese Vokabeln werden von Vertretern der „Israellobby“ so inflationär gebraucht, dass sie nur noch lautes Gelächter hervorrufen, wenn wieder einmal mit diesen Worthülsen um sich geworfen wird. Die wirkliche Stoßrichtung des Heinschen Geschreibsels zielt jedoch auf die Linkspartei. Wie schon bei der ersten Kampagne so will man die Partei durch diese absurden Vorwürfe auf den deutschen Mainstream zwingen, und zwar zu den Verbrechen der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern zu schweigen. Wie nicht anders zu erwarten, sind die Vertreter der Linkspartei im vorauseilenden Gehorsam eingeknickt und haben die Buchbesprechung von Rudolf Bauer von ihrer Website entfernt.

Arn Strohmeyer beschreibt in acht Kapitel die Geschichte Israels. Dabei stützt er sich zu Recht nicht auf das zionistische Narrative, da dieses sich aus zahlreichen Geschichtsmythen zusammensetzt, die wenig mit historischer Wahrheit zu tun haben. Er bedient sich zur Analyse der Geschichte und Politik dieses Staates der harten Fakten, welche die „neuen Historiker“ zutage gefördert haben; sie vermitteln ein wesentlich realistischeres Bild der israelischen Geschichte. Erst kürzlich hat der israelische Historiker Shlomo Sand nicht nur die Erzählung vom „jüdischen Volk“, sondern auch vom „Land Israel“ (Eretz Israel) als Mythos entlarvt. Strohmeyer befindet sich mit seinen Thesen also in bester Gesellschaft. Was dagegen in der veröffentlichten Meinung tagtäglich heruntergebetet wird sind Legenden. 

Unter „Wertegemeinschaft mit Israel“? steht Folgendes: „Seine Aggressionskriege, seine Besatzungspolitik und seine Missachtung der internationalen Rechtsnormen haben Israel nicht nur tief in die internationale Isolation geführt, sondern in eine Existenzkrise, die für das Land immer bedrohlichere Ausmaße annimmt. Wohlgemerkt: Israel wird nicht von außen bedroht, was es selbst immer behauptet, da es allen arabischen Staaten militärisch weit überlegen ist und die USA hinter ihm stehen, sondern es bedroht sich selbst durch eine Politik, die von Anfang an keine Zukunft hatte und sich als völlig perspektivlos herausgestellt hat, weil sie auf der Herrschaft über ein anderes Volk beruht.“

Einer CIA-Studie zufolge existiert Israel noch 20 Jahre. Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger gibt dem Land gar nur zehn Jahre. Nach Gershom Gorenberg schafft sich Israel selber ab. Der US-amerikanische Politologe Norman G. Finkelstein hält Israel sogar für einen „crazy state“. Zahlreiche andere israelische Intellektuelle malen ähnlich düstere Szenarien für das Land an die Wand. So hat der ehemalige Sprecher des israelischen Parlaments, der Knesset, allen Israelis geraten, eine zweite Staatsbürgerschaft anzunehmen. Strohmeyer tut nichts anderes, als auf die verhängnisvolle Politik der israelischen Regierungen hinzuweisen, wofür er sich von einem Schreiberling wie Hein mit diesen herabsetzenden Vokabeln betiteln lassen muss. 

Warum arbeitet sich Hein nicht z. B. an Theodor Herzls „Antisemitismus“ ab? "Wir sind ein Volk von Schacherern und Gaunern, weil Mauschel wuchert und Börsenstreiche macht. Mauschel hat immer die Vorwände geliefert, unter denen man uns anfiel. Mauschel ist der Fluch der Juden." Zit., in: Alex Bein, Theodor Herzl, Ullstein Verlag Berlin-Wien 1983, S. 183 f. Oder "Ja, wir sind eine Geißel geworden für die Völker, die uns einst quälten." Zit. In: Tagebücher, Bd. 1, Jüdischer Verlag Berlin 1922, S. 81. Und über den Zionismus schrieb Herzl: "Die Antisemiten werden unsere verlässlichsten Freunde sein, die antisemitischen Länder unsere Verbündete." Tagebücher, S. 93. Und über Antisemitismus: "In Paris gewann ich ein freieres Verhältnis zum Antisemitismus, den ich historisch zu verstehen und zu entschuldigen anfing. Tagebücher, S. 74. Und über Juden schrieb er: "Manchmal machen die Juden den pitoyablen Eindruck jener Abkömmlinge alter Geschlechter, die zu allem eher als zur ehrlichen und händerührigen Arbeit fähig sind." Zit., in: A. Bein, S.31. Herzl weiter: "Für die Juden will ich noch etwas zu tun versuchen - mit den Juden nicht. In der politischen Energielosigkeit zeigt sich der Verfall unserer ehemals starken Rasse am deutlichsten (…) Juden sind nicht fähig zu verstehen, dass einer etwas nicht für Geld tut und auch dem Gelde nicht untertänig ist, ohne ein Revolutionär zu sein." Tagebücher, Bd. 1, S. 23 f. 

Im Kapitel „Vermächtnis des Holocaust“ lässt Strohmeier renommierte Persönlichkeiten zu Wort kommen wie Peter Novik, Moshe Zuckermann, Alexander und Margarete Mitscherlich, Harald Welzer, Abraham Burg u. v. a. Über die nicht geleistete „Trauerarbeit“ in Israel schreibt Zuckermann: „Dass das jüdisch-israelische Kollektivgedächtnis keine wirkliche Trauerarbeit geleistet hat, vermochte es das Kollektiv auch nie, des Holocaust als der Katastrophe der Opfer (und zwar der Ermordeten wie der Überlebenden) zu gedenken, geschweige denn, sie zum universellen Symbol einer ‚Trümmer auf Trümmer‘ häufenden katastrophischen Weltgeschichte (Walter Benjamin) zu erheben, ein überjüdisches Paradigma nämlich, welches das Andenken der ermordeten Juden im Stande ihres Opferseins dadurch bewahrt, dass es sie als ein zivilisatorisches, sich jeglicher Unterdrückung des Menschen widersetzendes Signalprinzip begreift. Bleibt indes die Erinnerungsstruktur primär in der ‚Schuldzuweisung‘ verankert, erweist sich in der Tat der ‚Hass‘ als adäquatester Ausdruck solcher Struktur, wobei sich freilich das konstruierte Selbstbild jüdischer Israelis als ‚ewige Opfer‘ dann weniger einem Eingedenken der wirklichen historischen Opfer verpflichtet weiß (und sie dadurch gleichsam ‚rettet‘), als vielmehr das Eingedenken zweckhaft vereinnahmt und ideologisch instrumentalisiert.“ 

Nach Strohmeyer sei es gelungen, einen „neuen“ Antisemitismus zu kreieren, und zwar in Form der „Israelkritik“, das heißt, jede Kritik am Zionismus und an der Besatzungspolitik des Staates Israel sei „antisemitisch“. Oder mit Ariel Sharon gesprochen: „Wenn Leute den Zionismus kritisieren, dann meinen sie die Juden. (...) Wie eine bösartige Krankheit hat auch der heutige Antisemitismus eine neue Mutation hervorgebracht, die nicht auf Gewalttaten gegen Juden und das öffentliche Tragen von Hakenkreuzen oder das In-Brandsetzen von Synagogen beschränkt ist. Der neue Antisemitismus tritt jetzt in der Verkleidung von ‚politischer Kritik an Israel‘ auf, der aus einer diskriminierenden Haltung gegenüber dem Staat der Juden besteht, während gleichzeitig sein Existenzrecht bezweifelt wird.“ 

Abraham Foxman, der Direktor der Anti-Defamation League, geht von dem Begriff des Zionismus aus. Er argumentiert: „Zionismus lässt sich einfach auf die Unterstützung für die Existenz eines exklusiv jüdischen Staates zurückführen, den Staat Israel. Anti-Zionismus ist so gesehen die Anti-These: die Ablehnung der Idee eines jüdischen Staates, speziell Israels. Die harte, aber unleugbare Wahrheit ist: Was einige Antizionismus nennen, ist in Wirklichkeit Antisemitismus - immer, überall und für alle Zeit.“ Beider Definitionsversuche laufen auf die Diskriminierung jeglicher Kritik an der Regierungspolitik des Staates Israel hinaus und sind somit politisch absurd.

Arn Strohmeyers Buch hat weder etwas mit „Israelhass“ noch mit „Antisemitismus“ zu tun. Es ist eine realitätsgetreue Darstellung der Geschichte und der Politik des Staates Israel. Es sollte eine große LeserInnenschaft und einen Verlag finden. 

Zu beziehen über: arn.strohmeyer@web.de

Sonntag, 16. Dezember 2012

Chuck Hagel: the best for the Pentagon

Obama's New Men:
Chuck Hagel (l)/John Kerry (r)
The rumor mill is cocking in Washington D. C. that the former Nebraska senator Chuck Hagel should become the next Secretary of Defense. If US President Barack Obama chooses him, it would be a wise decision. Whether he would get his candidate approved by the US Senate remains to be seen. It seems there is something to it, because the Israel Lobbyists are going haywire. A long list of Chuck Hagel’s alleged misconduct or “insufficient voting record” on Israel-issues is presented and an anti-Hegel mood is artificially been created in order to undermine his approval by the Senate. It would be ridiculous, if the Lobby succeeded in preventing Hagel's appointment, like they did with former ambassador Charles Freeman. After the Lobby had bullied Freeman, Obama dropped him like a hot potato.

Definitely Hagel does not belong to the huge crowd of Israel lobbyists and “Israel-firsters” that populate the inner Belt Way and determine US foreign policy towards the Middle East to the detriment of the US. He is just a “normal” former US senator who sticks to his oath of office to the US constitution and puts the national interest of his country before the Israeli one. He also has refused to sign on to many silly pro-Israel statements that came from the Hill such as the “Syria Accountability Act “or the “Libya-Iran sanctions act”. And he has called for direct negotiations between Iran and the US and between Hamas and the US. The Israel lobbyists defame him already as an “anti-Semite”. Coming from the “Israel lobby” such smear rhetoric should not mean a thing anybody, except, that he views Israel like it is: an occupying power that violates human rights on a regular basis, disregards international law, and disdains the United Nations. Such a state constitutes not an asset but a heavy liability to the foreign policy of the US.

In his book “America: Our Next Chapter” he writes about Iran: "Isolating nations is risky. It turns them inward, and makes their citizens susceptible to the most demagogic fear mongering." The answer, he says, is engagement. "Distasteful as we may find that country's rulers, the absence of any formal governmental relations with Iran ensures that we will continue to conduct this delicate international relationship through the press and speeches, as well as through surrogates and third parties, on issues of vital strategic importance to our national interests. Such a course can only result in diplomatic blind spots that will lead to misunderstandings, miscalculation, and, ultimately, conflict." 

For Hagel, an Iranian bomb would not be the end of the world, an opinion that is also held by Kenneth Waltz and other realists in international relations. They argue that Iran needs the bomb in order to counterbalance Israel’s huge unchecked nuclear arsenal which is perceived as a security threat to the whole region. Hagel does not regard Iranian diplomats’ as outcasts; consequently, he met several times with the Iranian ambassador to the United Nations.

Already in 2006, Hagel wrote in an article in the “New York Review of Books” “that negotiating with Hamas was Israel’s last chance for peace”. Israel should grasp the opportunity to engage in direct negotiations with Hamas. Israeli politicians know that the rhetoric of the Hamas charter is meaningless. One should read Khaled Hroub’s book “Hamas. A Beginner’s Guide”. It’s written in a question-answer sequence in a way that even US politicians would understand. The Emir of Qatar has already pulled the teeth of the organization by financially sweetening Hamas’ move from Damascus to Doha. The Emir even paid a visit to the Gaza Strip to substitute the radical rhetoric with money. Hamas has since mutated from a roaring lion to a rug, not to speak of “President” Mahmoud Abbas.

Hagel sees the attack on Iraq as a triumph of neoconservative ideology. As the new Secretary of Defense he could represent a counterweight to the liberal interventionists that still dominate Obama’s inner circle. He also could back the President against the bullying of the “Israel lobby” and its cheerleaders on Capitol Hill. President Obama needs guys like Hagel and John Kerry as the new Secretary of State around him to reframe US foreign policy towards the Middle East. American interests must have top priority. 

The US should engage in direct talk with Iran on the nuclear issue without the European cacophony and Israel’s detrimental influence. Iran has to be treated on an equal footing. And Obama should put the Israeli Prime Minister in its place. He cannot accept any longer to be pushed around by a leader of a tiny little country. Hopefully, Obama and his new team will open a more realistic chapter on US Middle Eastern policy.

First published here, herehere and here.

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Breaking the Silence

In „Das Schweigen brechen“ sind 146 Augenzeugenberichte von israelischen Soldaten dokumentiert, die von 2000 bis 2010 in den besetzen palästinensischen Gebieten ihren Militärdienst abgeleistet haben. Sie berichten von zahllosen Schikanen, gewaltsamen Übergriffen, nächtlichen Razzien und Misshandlungen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung. Alle Berichte sind anonymisiert, um die Veteranen und deren Familienangehörigen vor möglichen gesellschaftlichen Repressalien zu schützen. Yehuda Shaul hat zusammen mit anderen Ex-Soldaten diese Nichtregierungsorganisation in 2004 gegründet, nachdem ihre Ausstellung unter dem Titel „Wir bringen Hebron nach Tel Aviv“ innerhalb kürzester Zeit über 7 000 Besucher angelockt hatte. 

Alle Interviews - insgesamt über 3000 - werden von ehemaligen Soldaten geführt und auf das Penibelste überprüft. Ihre Wiedergabe erfolgt weitestgehend in wörtlicher Rede, abgesehen von kleinen Änderungen, die zur Begriffsklärung beitragen und die Identifizierung der Beteiligten verhindern. Aus den Berichten ergibt sich eine große Diskrepanz zwischen dem theoretischen Auftrag einer Besatzungsarmee und den praktischen Auswirkungen ihres Einsatzes. Offiziell hat die Armee einen defensiven Auftrag, nämlich Anschläge auf israelische Bürger zu verhindern; tatsächlich betätigt sie sich offensiv an einer Politik der Landenteignung, der Verbreitung von Angst und einer zunehmend totalen Kontrolle der Bevölkerung, die auf der Durchsetzung eines dualen Rechtssystems beruht, nämlich des israelischen für die Siedler und eines für die Palästinenser. Diesem Schema folgt auch die Gliederung des Buches. 

Die Organisation „Das Schweigen brechen“ betrachtet es als ihre moralische Pflicht, diese Aussagen zu publizieren. Ihr Gründer, Yehuda Shaul, ist orthodoxer Jude. Er konnte seine Taten als Kommandant nicht mehr für sich behalten und hat zum Wohle Israels zusammen mit zahllosen Veteranen den Weg in die Öffentlichkeit gewählt. Er ist davon überzeugt, dass die Besatzung keinen Bestand haben wird. Wegen seiner Authentizität eines der wichtigsten Bücher, die zum Nahostkonflikt veröffentlicht worden sind.

Zuerst erschienen hier.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Radical Peace. People Refusing War

US President Barack Obama promised his fellow Americans peace. His humanitarian rhetoric impressed everybody around the globe. That is why he received the Nobel Peace Prize for nothing after one year in office. But the disappointment came on the foot. The “savior” turned out to be a warrior. The rhetoric was beefed up. The aggressive but clumsy rhetoric of the George W. Bush administration was replaced by smart newspeak. The war did not stop but has been continuing more intelligent and smartly till today and will go on indefinitely because the greed of the US Empire for hegemony is unquenchable. The Obama government has to secure oil supplies, pipeline routes and the privileges of the oil companies and the Military Industrial Financial Complex. The indigenous population in the devastated countries like Afghanistan, Iraq, and Libya don’t matter. What counts is that respective countries function as US gas stations (Saudi Arabia plus the United Arab Emirates) and warehouses for raw materials.

William T. Hathaway is fed up with the US Empire’s military aggressive juggernaut and of the lies that the corporate media has set before the American people. “These betrayals of democracy make it clear our government doesn’t really represent us but rather the business interests.“ (2) As a former Special Forces soldier he turned peace activist and became a political journalist. He writes for newspapers, magazines and progressive website and is the author of “A World of Hurt”, “CD-Ring”, and “Summer Snow”. He is an adjunct professor of American studies at the University of Oldenburg, Germany. But even in Germany, the book earned him worse.

“I was in the Special Forces in Panama and Vietnam. I’d joined the Green Berets to write a book about war. During our search-and-destroy operations, I kept telling myself, ‘I’m just here gathering material for a novel.’ But our deeds have consequences that affect us and others regardless of why we do them. I’m still dealing with the repercussions from my involvement, and my work in the military resistance movement is a way of atoning for it.” (10) 

The book is a cry of despair of peace activists who are seeking new ways to confront state power and stop this killing machine. These people see no sense in demonstrations or petitions, instead, they choose direct actions, defying the government’s laws and confronting its capacity to wage war. By doing that, each of them is trying to throw sand in the wheels of aggressive undertakings by the different US governments. This book portrays “unusual efforts” by activists asking: “How can I help end war?” Each of these approaches differs from one another and the activists do not necessarily agree with every one of them, but all think that their story is worth to be told. Some stories are written by the activists directly, while others are in form of interviews, which were conducted by the author. To protect the activists from governments’ repression or even prosecution, Hathaway has decided to keep their real names a secret. Most of the people involved in this peace project are considered “criminals” because they “violate that travesty of American freedom, the Patriot Act”. (3) Because the author lives outside the “homeland” he published under his real-name.

In the book, the real war heroes are those who desert or quit the military and join the resistance movement against war. One guy was Rick who was “abducted” by peace activists, while he was collecting garbage with his comrades. “No one’s going to kill him, and he’s not going to kill anybody.” This was a hairy action. “We broke more laws than usual.” (7) A women called Petra from Pax Christi, the Catholic peace movement, helped Rick. In the US, he had made different plans, studied at the Army’s expense electronics, but after 9/11 the Army needed infantry troops rather than electronic specialists. They gave him an M-16 and flew him to Afghanistan. Over there, he saw the havoc and the killing of civilians caused by the US occupying forces. After eight month his wife divorced him. Rick got severely wounded and was flown out of Afghanistan to a US military hospital in Germany. After his recovery he went AWOL (absent without official leave). Before the group could make arrangements to get him to Sweden, he was arrested for AWOL and put to the detention barracks from where he was finally “abducted”. 

A very special disgusting read is the report of a woman-soldier “Larissa”, which she wrote as a “little black Dutch girl” to the author. What she said about her fellow-soldiers explains why the US occupying forces go nowhere in Iraq. But that’s not her main point. She reported on her own ugly rape that was done during the night when she went to the bathroom. She reported this wicked crime to her superiors and had to file a complaint that was turned down because of “lack of evidence”! For her safety, she was transferred to another military camp. Since this incident, her only desire was to get out of this hell. She finally made it to the Netherlands. 

How deep-seated the hatred towards the US occupation among young Iraqis is shows the interview with “Merna al-Marjan” who lives in Germany and studies European history. In Iraq, she never wore a headscarf because Iraq under Saddam Hussein was the most secularized and advanced country before the “Bushies” turned it into a battlefield and caused havoc among the people. In the middle of the night, solders broke into their house and killed her brother. “While two soldiers pointed their rifles at us, the others searched us. They made us raise our arms and spread our legs, and then they patted all over our bodies. One of them stuck his hand between my legs and smirked. Another squeezed my mother’s breasts. My brother shouted and lunged at the man, but the Americans grabbed him (…) They pushed my brother to the floor and kicked him in the head and stomach and between his legs. He tried to kick back until one of them put the barrel of his gun to his head. My brother stopped, and they punched him in the face, yanked his arms behind his back, snapped handcuffs on him, and kicked him again, calling him a ‘sand nigger.’ Then they handcuffed my father to keep him from defending us.” (122) Having asked all kinds of stupid questions, they ravaged the house and took her father and brother to an American prison and tortured the brother. 

She complains about the distorted view of Arab women and men in the West. “What really makes me mad is when Westerners use the way women live in the Muslim world as a justification for invading it — either with their armies or their ideas. They’re convinced we should be like them. If they were happy, that would be one thing. They could say, ‘Here, follow our example.’ But they’re much unhappier than most of us are. Their marriages and families fall apart; their children commit terrible crimes, commit suicide. Their society is fragmented into these isolated individuals who have to compete against one another. It’s a wreck, but they’re trying to force it onto us.” (118) 

She is not at all satisfied with the situation between women and men in Arab societies. ”We definitely have to change the power between men and women. It has to be more equal. We need to make sure men don’t harm women. But we don’t need help from the all-wise Westerners to do that. Their model doesn’t work even for them, so it sure won’t work for us.” (119) She’s not an “extremist” “but that doesn’t matter. The Germans are running on fear now. They try to pretend they’re independent of the Americans, but they’re helping them in all sorts of ways to kill Iraqis and Afghans. And they know that’s going to lead to revenge attacks in their country, so they’re wary now about letting Muslims into Germany. To them, we’re all potential terrorists.” (120)

In the West, al-Qaeda stands for pure terrorism. “Merna al-Marjan” has a different opinion: “Even fanatics like al-Qaeda aren’t really aggressors. They’re fighting a defensive war.” Their demands are never published in Western media. “They basically come down to, ‘Go home and leave us alone. Pull your soldiers, your CIA agents, your missionaries, your corporations out of Muslim territory. If you do that, we’ll stop attacking you.’ Nothing about destroying the West or forcing it to become Islamic. Just that the West should stay in the West.“ (120) 

The West shouldn’t be surprised that he faces severe resistance in the savaged countries like Afghanistan and Iraq. The infamous “Patriot Act” has turned the United States into a “police state” like many critics say. This “act” has stripped the American people of their basic rights. The book ends with a trialog between the author and his Jewish friends who, after 40 years of marriage, wanted to get a divorce, because they were at odds with the policy of the Bush administration and the policy of the State of Israel! Thanks to Hathaway’s sensitive counseling techniques they are still together. 

With the publication of the book, this political chapter is concluded in the author’s life. He has no more direct contact with the other contributors or interviewees in the book. At a certain time of his life, these forms of action were an asset, but it’s political more important to move on to bigger challenges such as the organization of the working class as a counterweight to the absolute power of the state. 

The forms of resistance presented in the book are all based on violence or violations of the law. Such a strategy can’t succeed and makes all participants to criminals. No democrat can justify such actions. With such a strategy, this movement would go nowhere. The book is an unusual read.

First published here, hereherehere and here.

Palästina-Solidaritätspreis 2012 für „Palästina-Portal“

Palästina-Solidaritätspreis 2012 für Palästina-Portal
Zum ersten Mal wurde am 8. Dezember 2012 der Palästina-Solidaritätspreis an den Betreiber des „Palästina-Portals“, den Dortmunder Künstler Erhard Arendt, durch die "Palästinensische Gemeinde Deutschland“ verliehen. Die Preisverleihung fand vor weit über einhundert Besuchern in der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin statt und stand unter der Schirmherrschaft des Palästinensischen Botschafters in Deutschland, S. E. Botschafter Salah Abdel Shafi.

Das „Palästina-Portal“ existiert seit 10 Jahren. Seit dieser Zeit ist der Künstler „Kriegsteilnehmer“. Dass sich Arendt kurz nach seiner Pensionierung dem Nahostkonflikt zu- und von seinen diversen Kunst-Projekten, die er sich für seinen „Unruhestand“ vorgenommen hatte, abwendete, hatte auch mit seiner Neigung zu sozial- und zeitkritischen Fragen zu tun, die ihn zeitlebens künstlerisch beschäftigt haben. 

Erhard Arendt nennt folgende Beweggründe für sein Israel-Palästina-Engagement: 

Erstens sehe er Parallelen zwischen seinem Wirken und dem seines Großvaters. Ihm sei es primär zu verdanken gewesen, dass er kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges die bereits vom Kommandanten beschlossene Zerstörung der Stadt Hemer abwenden konnte; sie wurde kampflos übergeben. Ebenfalls sollten auf Befehl die russischen Kriegsgefangenen getötet werden, was er ebenfalls verhindert habe.

Zweitens musste Arendt als dreijähriger von der Wohnung aus mit ansehen, wie Kriegsgefangene bittend und bettelnd vorbeigetrieben worden seien. 

Drittens kam die über Jahrzehnte dauernde Verarbeitung der Naziverbrechen an den europäischen Juden hinzu. „Als im Jahre 1941 Geborener musste ich aber lernen zu verstehen, dass eigentlich fast alle um mich herum durch ihr Schweigen, ihr Nicht-Sehen- und Nicht-Wissen-Wollen sich an den unvorstellbaren Verbrechen mitschuldig gemacht haben.“ Aus der Wahrnehmung der Lüge „Wir haben es nicht gewusst“, wurde für Arendt ein „Nie Wieder“ und auch, dass „Schweigen ein Verbrechen sein kann.“ 

Viertens war die Bekanntschaft mit einem Palästinenser überaus prägend. Vorher habe Arendt die Palästinenser immer nur als „Terroristen“ wahrgenommen, so wie es durch die elektronische Berichterstattung vermittelt worden sei. Durch Gespräche wurde ihm bewusst, dass nicht die Israelis immer nur die Opfer und die Palästinenser immer nur die Täter seien, sondern durch eine Umkehrung käme man der Wahrheit wesentlich näher. Eine der Hauptursachen des Konflikts zwischen „dem Westen“ und der islamischen Welt liege im ungelösten Nahostkonflikt. An der Entstehung und Fortdauer dieses Konfliktes trage „der Westen“ durch sein „Nichthandeln, Schweigen und Verschweigen maßgeblich bei“.

„Wider alle Menschenrechte wird seit Jahrzehnten den Palästinensern unsagbares, verbrecherisches Unrecht angetan. Aus dem verinnerlichten ‚Nie Wieder‘, das sich auf alle Gesellschaften und Religionen bezieht, war es für mich ein Beweggrund, ja sogar ein inneres Muss, über das Geschehen aufzuklären. Das ‚Nie Wieder‘ endet nicht in der Anerkennung unserer Schuld den Juden gegenüber. Wenn wir wirklich unsere Lehren aus dem Holocaust gezogen haben, dürfen wir nie wieder zu neuem Unrecht schweigen.“ Mit dieser Haltung steht er exemplarisch für einen wirklich gerechten Frieden zwischen Israel und Palästina.

In seinem einführenden Worten ging Botschafter Abdel Shafi auf die prekäre Lage seines Volkes unter israelischer Besatzung ein. Er bedauerte den „Wankelmut der deutschen Regierung bei der Abstimmung in der UN-Generalversammlung". Wenig Hoffnung bestehe noch für eine Zwei-Staaten-Lösung; dafür sei es fünf vor zwölf, so der Botschafter. 

In seiner Laudatio wies Nazih Musharbash, ehemaliger Landtagsabgeordneter im niedersächsischen Landtag, auf die großen Verdienste Arendts hin, die er sich mit seinem „Palästina-Portal“ auch über die Grenzen Deutschlands hinaus erworben habe. Das „Palästina-Portal“ zeichne sich durch seinen „hohen dokumentarischen Wert“ und seine enorme Informationsfülle in deutscher und englischer Sprache aus. „Vor allem für seine beispielhafte Haltung und nicht hinter dem Berg gehaltenen Meinung, macht sich Erhard Arendt bei Palästina-Kritikern und vor allem bei Israel-Freunden angreifbar.“ Dadurch habe es sich nicht immer nur Freunde gemacht. Musharbash erwähnte nur einige der Kritiker, wie z. B. die israelische Botschaft, den Zentralrat der Juden in Deutschland sowie einen „gewissen Henryk Broder“.

„Die Kritik, die Arendt artikuliert, gilt primär der politischen und militärischen Macht in Israel, die das palästinensische Volk unterdrücken und seit Jahren als Besatzer misshandeln. Bedauerlicherweise können viele Menschen, vor allem in Deutschland, diese Kritik nicht nachvollziehen. Und weil ihnen Sachargumente fehlen, greifen sie zu der üblichen Methode, die des Antisemitismus-Vorwurfes.“ Dies bedeute, so der Laudator, die wahre Situation auf den Kopf zu stellen, um Israel weiterhin „Immunität“ zu sichern. Dagegen wehre sich Arendt seit Jahren, „dem unser Dank und der Dank des palästinensischen Volkes gebühren. Er gibt ein leuchtendes Beispiel für eine couragierte Haltung, für eine Gesinnung pro Menschenrechte und Selbstbestimmung.“ 

In seiner Dankesrede erwähnte Erhard Arendt u. a. die massiven Anfeindungen, Verleumdungen und Diffamierungen seitens aggressiver rechtszionistischer Extremisten der „Israellobby“, die jegliche Kritik an den Menschenverachtenden Methoden der israelischen Besatzungsmacht als „Antisemitismus“ diffamieren. Diese Attacken werden noch gesteigert durch schriftliche und telefonische Morddrohungen. 

Andere Extremisten zeigten den Betreiber des „Palästina-Portals“ wegen „Volksverhetzung“ (!) und anderer unsinniger Vorwürfe an, die aber alle von der Staatsanwaltschaft als unbegründet eingestellt worden seien. Bei dieser Schmierenkampagne täte sich ein „Schauspieler“ aus Köln als eifernd-geifernder “Schmierenkomödianten“ besonders hervor. Arendt betonte auch, dass er neben der Informationsverbreitung über Palästina ebenso über die niederträchtigen Machenschaften eines pro-israelischen Netzwerkes aufkläre, das sich besonders an Rufmordkampagnen sowie Verleumdungen Andersdenkender beteilige, dazu zähle an vorderster Front „honestly concerned“. 

Mit der Auszeichnung des „Palästina-Portals“ hat die Jury politisches Gespür bewiesen. Erhard Arendt hat sich über ein Jahrzehnt für die Rechte der Palästinenser eingesetzt. Diese gelebte Solidarität dient dem Ziel eines wirklichen Friedens im Nahen Osten mehr als alle inhaltsleeren Sonntagsreden.

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