Das Buch von Anthony Lerman ist ein gutes Beispiel dafür, wie aus einem gläubigen Zionisten ein ernsthafter Kritiker dieser Ideologie geworden ist. Lerman erzählt die Geschichte eines 15-jährigen Jungen, der sich einer zionistischen Jugendgruppe anschloss und 1970 israelischer Staatsbürger wurde. Aber nach einigen Jahrzehnten versteht er sich nicht mehr als Zionist. "Having rejected the ethnocentricity of Zionism and the moral and practical implications of taking coercive, racist and illiberal measures to secure a state with a Jewish majority in perpetuity, I can no longer subscribe to a project the logical conclusion of which is to attain such a maximalist nationalist end. No people or state is obliged to follow a path laid down by the exponents of the most extreme interpretation of its national destiny." (198) Als Bürger des Vereinigten Königreichs, kann er sich als Britisch und Englisch bezeichnen, aber nicht als britischer und englischer Nationalist.
Über einen Zeitraum von über 30 Jahren befasst sich der Autor immer intensiver mit jüdischer Politik sowohl auf kommunaler als auch globaler Ebene. Seine Auseinandersetzung mit Israel und dem Zionismus wurde zu einem integralen Bestandteil seines Lebens. Lerman gründete einen jüdischen Think Tank und eine Stiftung, die sich zum Ziel gesetzt hat, jüdisches Leben in Europa zu unterstützen. Im Jahr 2006 kehrte er in die Denkfabrik zurück und fand sich mitten in einer polemischen Debatte über die Gefahr des "Antisemitismus" und die Politik des Staates Israel. Nach einem dreijährigen Kampf zwischen dem jüdischen und einem pro-israelischen Establishment, trat Lerman 2009 frustriert von seinem Amt zurück. Während dieser drei Jahre veränderte sich seine Meinung über Israel und den Zionismus dramatisch.
Der Autor beschreibt als Insider das organisierte jüdische Gemeindeleben, das Funktionieren und die Kooperation der nationalen und internationalen jüdischen politischen Organisationen und der zionistischen Bewegung. Diese verschiedenen Aspekte geben Lermans Buch ein gewisses Etwas. Es ist keine Autobiographie, er nutzt, wenn es erforderlich erscheint, autobiographische Aspekte, um das Bild zu vervollkommnen. Der Autor erwähnt die Namen anderer Menschen nur dann, wenn ihre Gedanken und Aussagen von zentraler Bedeutung für seine eigene Geschichte erscheinen.
In Israel beschäftigt sich Lerman intensiv mit zionistischen Denkern wie David Ben-Gurion, Ber Borochov, A. D. Gordon und Berl Katznelson. Der Widerspruch zwischen zionistischer Theorie und zionistische Praxis vor Ort irritierte ihn zusehends. Dass er dem Kibbuz den Rücken kehrte, „had more to do with using his brain than developing his brawn”. Er verließ Israel schweren Herzens, aber ausschließlich aus persönlichen Gründen, um seine Ehe zu retten. (51) Obgleich Lerman bereits ideologische Bedenken gegenüber der Politik Israels hegte, überwogen jedoch persönliche Motive.
Zurück in England, nahm der Autor – mangels anderer Möglichkeiten - einen Job beim Jüdischen Nationalfonds (JNF=Jewish National Fund) an, den er als die "Seele zerstörenden Kompromiss" ansah. Über 30 Jahren bekleidete Lerman verschiedene hohe Ämter innerhalb des internationalen jüdischen politischen und intellektuellen Lebens. In den 1990er-Jahren gründete er das "Institute for Jewish Policy Research", einen jüdischen Think Tank. Je mehr er die Politik des Staates Israel gegenüber den Palästinensern kritisierte, desto öfter wurde er zur Zielscheibe zionistischer Extremisten.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich Antony Lerman von einem zionistischen Idealisten in einen jüdischen Intellektuellen. Es dauerte fast ein ganzes Leben, um zu entdecken, dass die zionistische Ideologie nichts mit Judentum und jüdischer Ethik zu tun hat. Das Buch möge viele LeserInnen inspirieren und ihre Konversion vom Zionismus zum Judentum beschleunigen.