Montag, 7. Januar 2013

Broder vs. Augstein - oder: Send in the Clowns!

Send in the Clowns!
Es sei das Verdienst des Simon-Wiesenthal-Zentrums (SWC), „das Thema Antisemitismus zu einer Kabarettnummer gemacht zu haben“ schreibt Harald Martenstein in „Der Tagesspiegel“ vom 6. Januar 2013. Und Henryk M. Broder (HMB) spielt den kabarettistischen Pausenclown, könnte man ergänzen, indem er einen „Antisemiten“ nach dem anderen über die Bühne zieht. Wen trifft der Bannstrahl des „Antisemitismus“ als nächsten? Vielleicht Micky Maus? Broder und das SWC haben dazu beigetragen, dass das „Antisemitismus-Stigma“ ein für alle Mal perdu ist. 

Broder interessieren nach eigenen Angaben nicht die rechtsextremistischen Antisemiten, sondern ihm gehe es um die „neuen“ Antisemiten, sprich jene Reste der versprengten Linken, die es immer noch wagen, Israel wegen seiner Menschenverachtenden Besatzungspolitik im besetzten Palästina zu kritisieren. Jakob Augstein steht dafür quasi stellvertretend und muss den geballten Furor Broders und Teilen der extremistischen „Israellobby“ über sich ergehen lassen. Es geht ihnen in Wahrheit gar nicht um den rassistischen Antisemitismus, sondern um jegliche Kritik an Israels Besatzungsherrschaft als „antisemitisch“ zu stigmatisieren. Als Broder noch jung und im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten war, hat er kluge Dinge über Israels Besatzungsregime gegenüber den Palästinensern geschrieben, wie man in der progressiven jüdischen Zeitschrift "Semit" aus dem Jahre 1989 nachlesen kann. 

HMBs Schnapsideen werden nur von einer winzig kleinen neokonservativen Schreiberlingen-Zunft und einigen Paranoikern unterstützt. Dabei darf natürlich auch nicht der unanständige Kampagnenjournalist Weinthal fehlen, der für die rechtszionistische Tageszeitung „Jerusalem Post“ aus Deutschland seinen israelischen Leserinnen und Lesern ein Zerrbild nach dem anderen über Deutschland frei Haus liefert und es anschließend in Deutschland wieder als „Stimme Israels“ präsentiert. 

Laut „jpost“ erklärte der Augstein-Verleumder „Jew-hatred is he common denominator among the journalistic and blogger defenders of Augstein.“ („Judenhass ist der gemeinsame Nenner der Blogger und Journalisten, die Augstein verteidigen.“) So dachte schon "klein Fritzchen". Schuld sind wieder einmal die anderen. HMB macht es sich auch hier sehr einfach. Er zeigt mit einem Finger auf die anderen, vergisst dabei aber, dass der Rest auf den wirklichen Verursacher verweist. Broder steht in Deutschland mit seinen Vorwürfen ziemlich einsam dar, sieht man einmal von den üblichen journalistischen und „wissenschaftlichen“ Verdächtigen ab, welche den Deutschen immer schon reflexartig versucht haben, einen „genetisch“ bedingten „Antisemitismus“ anzudichten.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung werden die beiden Matadore, wie folgt zitiert: Nach HMB entspreche Augstein dem modernen Typus des „Antisemiten“, dieser sei der „relevante“. Und weiter Broder in seiner völlig übertreibenden Art: „Mich interessiert nicht der letzte Holocaust, sondern der mögliche nächste, dem mit Texten wie denen von Augstein der Weg geebnet wird.“ Darauf hat Augstein treffend geantwortet: Das Problem mit Broder ist: „Er spinnt. Und in diesem Fall hat das Spinnen eine Grad erreicht, wo der Spaß aufhört.“ Eine interessante Deutung über Broders „paranoide Zirkel“ liefert der Historiker Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv in einem Interview mit der Website „Hintergrund“. „Juden wie Broder bewegt wohl eine andere Form der Schuld: die Tatsache, dass sie es lebensgeschichtlich selbst nicht geschafft haben, sich in Israel eine Existenz aufzubauen. Viele von ihnen, die es versucht haben, sind kläglich gescheitert. Es kommt aber etwas anderes hinzu: Weil sie auf Israel so heftig projizieren, ist das, was Israel verbricht, eine schwere narzisstische Kränkung für sie. Daraus stricken sie sich dann die ideologische Form der Bewältigung, eben den Antisemitismus-Vorwurf.“

Den Vogel jedoch schoss Rabbi Abraham Copper vom SWC ab, der Augstein aufforderte, sich bei den „Lesern und dem jüdischen Volk zu entschuldigen“, wie „die tageszeitung“ vom 7. Januar berichtet. Bei den Lesern könnte sich Augstein in der Tat entschuldigen, wenn er denn wüsste für was. Aber beim „jüdischen Volk“ sich zu entschuldigen, wird schwierig. Wissen wir doch spätestens seit den Büchern des israelischen Historikers Shlomo Sand, dass sowohl „das jüdische Volk“ als auch „das Land Israel“ zionistische Erfindungen seien. Sollte Rabbi Copper diese beiden historischen Standardwerke nicht kennen? Ober hält er sie vielleicht für „antisemitische Machwerke“? 

Broders „Antisemitismus-Sensoren“ scheinen noch defekter zu sein als angenommen, da er den extremistischen Schund eines anonymen Schreiberlings verlinkt, ohne jedoch folgen Absatz noch auf seiner neokonservativen Website hinzuzusetzen, obwohl Platz zur Genüge gewesen wäre: „Prof. Korn gibt vor, als Jude in Deutschland Israel kritisieren zu dürfen. Er und mit ihm viele offizielle Juden irren. Nur ein Jude in Israel hat das moralische Recht und die moralische Pflicht hierzu. Der Jude in Deutschland hat zu schweigen und zu zahlen. Dafür, dass er hier gut auf Kosten der Vergasten lebt und nichts bis zu wenig für Israel und das Judentum tut.“ 

Man sollte sich der Meinung des Broder-Freund Hamed Abdel-Samad anschließen, der meint: „Herr Broder scheint mir dazu geboren, Torheiten in der Welt zu verbreiten.“ Die Frage, ob HMB ein Tor sei, wollte er nicht verneinen. Vielleicht tut der Selbst-Knock-Out des H&B Deutschland gut.

Erschienen auch hier.