Honorige Kritiker israelischer Regierungspolitik! Sind sie deshalb "Antisemiten"? |
Verfolgt man Broders „journalistische“ Ergüsse zum Thema „Antisemitismus“, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass an ihm ein „Antisemitismus-Experte“ verloren gegangen ist. So wurde er doch allen Ernstes einmal als „Experte“ bei einer Anhörung eines Bundestagsausschusses gehört! Dort faselte er etwas über „neuen“ Antisemitismus, worunter er vermutlich jede Form von „Israelkritik“ versteht.
Geradezu obsessiv verfolgt er den Verleger der Wochenzeitung „der Freitag“, Jakob Augstein. Dieser gelangte, vermutlich auf Vorschlag dieses „Experten“ auf Platz neun einer „Antisemitismus-Hitliste“ des „Simon-Wiesenthal-Zentrums“ (SWC) in Los Angeles. Das SWC sei ins „Fahrwasser von Henryk M. Broder geraten“, so der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Salomon Korn, im Deutschlandradio Kultur. Und zu Augsteins Artikel meinte Korn: "Ich habe einiges von ihm gelesen, es war nicht sehr viel. Ich hatte nie den Eindruck, dass das, was er geschrieben hat, antisemitisch ist."
Mit dieser eklatanten Fehlentscheidung hat sich diese renommierte Einrichtung - in Sachen Aufspüren von Nazi-Verbrechern – selber einen Bärendienst erwiesen, und sie hat sich durch diese Entscheidung an den Rand der Lächerlichkeit manövriert. Das Zentrum muss natürlich jetzt zu seiner Entscheidung stehen, was sollte es auch sonst tun. Sollte das SWC vielleicht offen zugeben, dass die Entscheidung aufgrund folgender „Broder-Expertise“ gefallen ist: „Jakob Augstein ist kein Salon-Antisemit, er ist ein lupenreiner Antisemit, eine antisemitische Dreckschleuder, ein Überzeugungstäter, der nur dank der Gnade der späten Geburt um die Gelegenheit gekommen ist, im Reichssicherheitshauptamt Karriere zu machen.“ Dies war jedoch nicht der einzige Flop, den sich das SWC geleistet hat. Bereits in 2011 wurde der Politiker der Linkspartei, Hermann Dierkes, diese groteske „Ehrung“ zu teil. Hatte ihn eventuell damals auch HMB empfohlen?
Was schon längst überfällig gewesen wäre, kritisiert im „Fall“ Augstein fast die gesamte Presse – mit Ausnahme von Broders Hauszeitung „Die Welt“ - diese irrwitzige Entscheidung. Ebenfalls nichts auf dieser „Antisemitismus-Hitliste“ zu suchen hat der renommierte brasilianische Cartoonist Carlos Latuff. Seine Karikaturen zur brutalen Unterdrückung der Palästinenser durch Israels Besatzungsregime und zur Israelkritik („Antisemitismus“) sind vielleicht manchmal sehr pointiert und für unseren Kulturkreis gewöhnungsbedürftig, treffen den Nagel aber immer auf den Kopf.
Broders inflationärer Gebrauch des Antisemitismus-Vorwurfs hat dazu geführt, dass wirklicher Antisemitismus verharmlost und letztendlich nicht mehr ernst genommen wird. Dass sich jetzt auch eine renommierte Institution wie das SWC aufs Glatteis hat führen lassen, macht die Sache nicht besser. Vielleicht bedenken (!) einige „Antisemitismus-Experten“ Avi Primors Worte. In der Panorama-Sendung „Unter Verdacht – Israelkritiker als Antisemiten?“ vom 5. August 2004 sagte der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, Bedenkenswertes: „Wenn wir einen Menschen damit belasten und belästigen, dass er Antisemit wäre, wo er nicht antisemitisch ist, wo er nur kritisch ist, dann schießen wir uns ins Knie.“ Die deutsche Öffentlichkeit sollte sich nicht von den Broders und anderen selbsternannten „Antisemitismus-Experten“ das kritische Denken, die Toleranz gegen Andersdenkende und letztendlich die Meinungsfreiheit durch Einschüchterung oder vorauseilendem Gehorsam kaputtmachen lassen.
Weder hat „Israelkritik“ etwas mit „Antisemitismus“ zu tun, noch kann Kritik am Zionismus und seinen Auswüchsen in Palästina mit „Antisemitismus“ gleichgesetzt werden. Der Zionismus ist die jüdische Variante des Nationalismus am Ende des 19. Jahrhunderts, also einer ideengeschichtlichen Strömung, wenn man denn diesen anspruchsvollen Begriff auf ihn anwenden möchte. Folglich hat Antizionismus mit „Antisemitismus“ so viel zu tun wie Feuer und Wasser. Diese Gleichsetzungen werden von den Israel-Apologeten durch ständiges Wiederholen versucht, in die Öffentlichkeit zu lancieren.
Zu Recht zeigte sich Jakob Augstein im Interview mit radio eins vom 3. Januar überrascht über die Gleichsetzung von „Israelkritik“ und „Antisemitismus“. Für ihn solle mit dieser „Diffamierungskeule“ kritischer Journalismus mundtot gemacht werden. Je häufiger ein „Antisemitismus-Vorwurf“ gegen Personen wie z. B. Judith Butler oder gegen ihn erhoben werde, desto stärker werde das Antisemitismus-Argument geschwächt. „Broder tut dieser Antisemitismus-Debatte echt keinen Gefallen.“ Und über seinen Verleumder sagte er: „Das Kuriose daran ist, dass ich Broder persönlich schätze, aber ich glaube, dass er entgrenzt ist. Ich glaube, man kann sich in Wahrheit mit Broder nicht unterhalten, das ist das Fürchterliche daran, vielleicht abends in der Kneipe, aber nicht wenn einer zuhört, Wenn Broder in der Öffentlichkeit ist, funktioniert er einfach nicht mehr richtig, wenn man sich mit ihm privat unterhält, ist er ganz entzückend.“ Von Stil und Souveränität Augsteins sind die Broders dieser Welt Lichtjahre entfernt.
Heftiger dagegen hat Christian Bommarius in der Berliner Zeitung Broders Invektiven gegen Augstein kritisiert. Seine Abrechnung mit HMB ist formidabel. „Es spricht für den deutschen Rechtsstaat, dass Henryk M. Broder bis heute frei herumläuft, aber es spricht gegen das Simon-Wiesenthal-Center, dass es den Lügen und Verleumdungen dieser trostlosen Witzfigur aufgesessen ist. Wer Broder Glauben schenkt, der vertraut auch einem Bankräuber sein Bargeld an und einem Kannibalen die Ehefrau.“ Sollte Broder demnächst wieder einmal einem „Antisemiten“ habhaft werden, sollte die Republik in Hohngelächter ausbrechen.
Erschienen auch hier.
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