Montag, 31. August 2015

Jude, Kommunist und Neger

Schon der Titel fällt aus dem erlaubten Rahmen des politisch-korrekten Neusprechs in Deutschland. Der Autor und die Macher dieses Buches haben sich für den Begriff "Neger" entschieden, weil es keinen Sinn ergebe, jemanden als "schwarz" zu bezeichnen, "wenn er in unserer Gesellschaft immer noch wie ein 'Nigger' behandelt wird", wie es auf dem Cover heißt. Und weiter ist dort zu lesen: "Wenn Alessandro Sinigaglia noch leben würde, würde er sicher den Deutschen sagen: Beruhigt euch – ich bin und bleibe Neger, schwarz ist eure Angela Merkel." 

Das Buch erzählt die Geschichte eines Mannes, dessen Vorfahren in den USA noch als "Neger" Sklaven gewesen waren. Seine Mutter hatte es als Dienstmädchen einer US-amerikanischen Familie nach Italien verschlagen. Sinigaglia schloss sich früh der Arbeiterbewegung an; später wurde er Kommunist. Allein dies hätte unter dem Mussolini-Faschismus ausgereicht, ihn zu einem Verfolgten zu machen. Hinzu kam, dass sein Vater Jude war und er deshalb als "Negerjude" beschimpft worden war. (Nur wer von einer jüdischen Mutter abstammt, ist nach der Halacha Jude; oder er konvertiert nach othodoxen Vorschriften zum Judentum L.W.). 

Um die politische Haltung Sinigaglia zu verstehen, wird auf ein Zitat des Rabbiners David Hartmann verwiesen, der schrieb: "Wir müssen mit aller Kraft versuchen, den Schmerz des Nächsten zu spüren, ihn zu mildern, ihn abzuwehren. Dies ist Chesed (absolute Liebe)." Dieser "Chesed" folgend, schließt sich Sinigaglia dem antifaschistischen Widerstandskampf in der Toskana an, emigrierte anschließend in die Sowjetunion, um später als Admiral in der republikanischen Flotte für die Verteidigung der Spanischen Republik zu kämpfen. 

Nach dem Sieg der Franco-Faschisten wurde er im "demokratischen" Frankreich ins Gefängnis geworfen und unter deutscher Besatzung an Italien ausgeliefert, von wo aus er auf die Insel Ventotene verbannt worden war. Nach dem Sturz Mussolinis bemühte er sich um die Neuorganisation des Widerstands gegen die deutschen Besatzer und deren italienischen Kollaborateure. Er wurde von faschistischen Agenten aufgespürt und von einer Polizeipatrouille aus nächster Nähe liquidiert. 

Das Buch vermittelt tiefe Einblick in die Handlungsweisen und moralischen Beweggründe eines für Demokratie und gegen jedwede Diskriminierung kämpfenden Antifaschisten. Aufschlussreich sind die Wirkung und der Zusammenhang rassistischer, antisemitischer und antikommunistischer Vorurteile, die bekämpft werden müssen. 

Alessandro Sinigaglia legt Zeugnis für ein kämpferisches Leben ab, das allen Diskriminierungen widersteht. Sein Haltung kann nicht nur für die geknechteten Palästinenser, sondern auch für die "Schwarzen" in den USA sowie allen "Verdammten dieser Erde" in der "Dritten Welt" und auch den Flüchtlingen in Europa als Vorbild dienen. Eine mehr als beeindruckende Biographie.

Zu beziehen hier.