Mittwoch, 31. Dezember 2008

Um Hoffnung kämpfen

„Der Weg der Gewalt, den Israel mit der Unterstützung der westlichen Regierungen geht und für den einzig richtigen hält, führt in den Abgrund.“ Dieses Resümee zieht Felicia Langer am Ende ihres Buches, das eine sehr persönliche Bestandsaufnahme ihres politischen Engagements in Deutschland darstellt.

Die Autorin ist in jeder Hinsicht eine äußergewöhnliche Frau: charmant, gradlinig, unbestechlich, kämpferisch und beständig. Diese Charakteristika haben ihr schon in ihrer israelischen Heimat viele Gegner, ja Feindschaft eingetragen. In Deutschland ist es nur unwesentlich besser geworden. Ihre Fan-Gemeinde in diesem Land ist zwar riesig, aber ihre mächtigen Gegner bekämpfen sie mit allen Mitteln. Davon legen einige Beiträge beredtes Zeugnis ab.

In Israel war die Autorin die erste Anwältin, die seit 1967 für die unterdrückten Palästinenser vor israelischen Militärgerichten das Recht auf Menschenwürde einforderte. Sie hat damit Rechtsgeschichte in bester jüdischer Tradition geschrieben. Während der ersten Intifada 1990 schloss sie ihre Anwaltskanzlei aus Protest; ihrer Meinung nach war es innerhalb des israelischen Justizsystems unmöglich geworden, den Palästinensern zu ihrem Recht zu verhelfen. Ihr Einsatz für Gerechtigkeit hat ihr unter den Palästinensern und dem liberaldemokratischen Spektrum Israels hohes Ansehen beschert. Zum 50. Geburtstag Israels, 1998, wurde sie von der israelischen Zeitschrift „You“ unter die 50 bekanntesten Frauen ihres Landes gewählt, die etwas Großes für die israelische Gesellschaft geleistet haben.

Was Frau Langer über ihre Erfahrungen in ihrer neuen Heimat Deutschland niedergeschrieben hat, ist bemerkenswert. Jedes der kurzen Kapitel hat es in sich: Ob es um „´Eine Stunde Propaganda` in Herzogenaurach“, „Evelyn Hecht-Galinski“, „Die Veranstaltung in Bonn und die Israel-Lobby“ oder „60 Jahre Israel“ geht, um nur einige zu nennen. Was sie im letzten Kapitel zur Rede von Angela Merkel vor der Knesset schreibt, verdient Beachtung. Ebenso lesenswert ist das Statement des jungen Moderators der Veranstaltung in Bonn. Er benennt drei pro-israelische Organisationen, die gegen die Rede von Frau Langer Front gemacht haben, sodass Polizei am Veranstaltungsort zugegen war. Dass die anti-islamische, pro-israelische und pro-US-amerikanische Website „politically incorrect“ sowie „honestly concerned“ zu den Stimmungsmachern gehörten, verwundert nicht. Die dritte im Bunde ist eine „Organisation“, die sich „I like Israel“ (ILI) nennt. Der Moderator Simon Ernst charakterisiert ILI wie folgt:

„Die so genannte Organisation, ILI, die sich selbst als ´Think tank` und ´strategisches` Organ für die ´professionelle Pro-Israel-Promotion` bezeichnet, verfügt nach eigenen Angaben über eine Akademie zur Schulung ihrer Mitglieder und hat schon zahlreiche Demonstrationen organisiert, um für breite Unterstützung der Politik der israelischen Regierung zu werben. Der Medienpsychologe und ILI-Vorstand Leo Sucharewicz und sein Team von bezahlten Marketingspezialisten und Projektmanagern haben es sich zum Ziel gesetzt, langfristig am von ihnen organisierten Israel-Tag ´eine Million Menschen mit Israelfahnen auf die deutschen Straßen zu bringen`. In den vergangenen Jahren ist es ihnen gelungen, eine europaweit funktionierende Propagandamaschinerie ins Laufen zu bringen.“

Selbst Mitglieder einer jüdischen Gemeinde in Deutschland sind sich nicht zu schade, gegen eine Israelin, die aus eigener Erfahrung über den Nahostkonflikt spricht, Front zu machen; dies hat die Veranstaltung in Herzogenaurach gezeigt. Auch der Moderator stellte sich ein Armutszeugnis aus. Frau Langer schreibt dazu: „Er schien zu glauben, dass ihn das Geschrei nicht sonderlich viel anging. Ich musste mir also selbst etwas einfallen lassen.“

Ähnlich kämpferisch wie Frau Langer ist Evelyn Hecht-Galinski. Ihren Mut bewundert die Autorin, ganz im Gegensatz zu anderen, die Frau Hecht-Galinski mit Verleumdungen und grotesken Vorwürfen überziehen. „Die Entschlossenheit, mit der Evelyn Israel für seine Verbrechen gegen das palästinensische Volk anprangert, und die Klarheit, mit der sie den ´Zentralrat der Juden in Deutschland` als Sprachrohr Israels bezeichnet, haben mich beeindruckt.“ Auf den nächsten Seiten findet sich ein Vortrag von Hecht-Galinski, der von Frau Langer wie folgt kommentiert wird: „Ich verstehe und teile deinen Zorn, Evelyn. Er begleitet mich schon seit 56 Jahren. (…) Ich empfinde Evelyns Engagement als eine Art Fortsetzung meines eigenen langjährigen Tuns.“

Als „Epilog“ zitiert die Autorin ein Schreiben ihrer langjährigen Freundin Miriams vom 9. Juni 2007 aus Israel an „Fula“, wie Felicia Langer liebevoll von ihr genannt wird. Es legt Zeugnis dafür ab, wie die Autorin in ihrer Heimat Israel, wenigstens von den liberaldemokratischen Israelis geschätzt wird. „Es war das Gewissen, denke ich, das deiner reichen inneren Gefühlswelt immer den Zustand der Aufrichtigkeit erhielt. Es ruht nicht, dein Gewissen, nicht einen Moment. Und die Eigentümerin dieses Gewissens ließ dem Bösen keinen Augenblick Ruhe.“

Das Buch möge als Inspiration für ein zivilgesellschaftliches Engagement gegen jedwede Unterdrückung der Meinungsfreiheit, für Menschenrechte und Gerechtigkeit verstanden werden.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Streifzüge durch Palästina

In Palästina finden unter den Augen seiner ursprünglichen Bewohner gigantische Transformationen und Verunstaltungen der Landschaft statt, die ihresgleichen suchen und von Kritikern als „Landraub“ wider das Völkerrecht bezeichnet werden. Das seit der „zionistischen Landnahme“ (Dan Diner) in Palästina begonnene Drama ist noch lange nicht zu Ende. „Dieses Vorgehen fügt sich perfekt in die lange Tradition westlicher Reisender und Kolonisatoren, die sich schlicht geweigert haben, die palästinensische Bevölkerung des Landes wahrzunehmen. Ihr Blick auf die Palästinenser war bestenfalls von Vorurteilen und Hohn geprägt, weil diese ihre Vorstellungen von diesem Land nur stören.

Diese Sätze schreibt der Menschenrechtsanwalt und Schriftsteller Raja Shehadeh, der in sechs Etappen seine Heimat Palästina durchstreifte und dabei Erschreckendes zu Papier brachte. Seine Berichte stehen für verschiedene historische Epochen der Geschichte Palästinas. Sie handeln von der Umgebung seiner neuen Heimatstadt Ramallah, der wilden Schönheit Jerusalems, von den Schluchten des Toten Meeres und der biblischen Landschaft zu Zeiten Jesu. Sie legen Zeugnis ab für die enge Verbindung seiner ursprünglichen Bewohner zu ihrem Land. Dieses wird den Menschen regelrecht unter ihren Füßen weggezogen und den Siedlern widerrechtlich übereignet. In einer Atmosphäre zunehmender Repression scheint sich im Westen niemand mehr für das tägliche Unrecht zu interessieren.

Auf seinen Wanderungen durch Palästina schildert er seine Eindrücke über die Schönheit der Landschaft, aber er berichtet auch von seinen Gesprächen mit arabischen Bauern, israelischen Siedlern und den ihn begleitenden Personen. „Wenn ich jetzt durch die Hügel wandere, bin ich mir immer bewusst, dass die Zeit, in der ich das noch tun kann, ausläuft. Vielleicht hat der bösartige Tumor, der die Hügel befallen hat, meine Wahrnehmung des Wandern in ihnen geschärft und mir klargemacht, dass ich mir ihrer nicht auf ewig sicher sein kann.“ Über vier Jahrzehnte hat eine planvolle Enteignung palästinensischer Gebiete durch die israelische Siedlungspolitik und deren Rechtsprechung eine zerstörerische Realität in der Landschaft hinterlassen. „Während unsere palästinensische Welt immer mehr schrumpft, dehnt sich jene der Israelis weiter aus (…) Um diese inhumanen Machenschaften zu verhüllen, wurde die Apartheid-Mauer erbaut.“

Shehadeh gehört zu denjenigen, die der palästinensischen Verhandlungsdelegation unter Haidar Abdel Shafi als juristischer Ratgeber diente. Nachdem die „Tunesier“ unter Yassir Arafat durch das „Oslo-Abkommen“ Abdel Shafi in den Rücken gefallen waren, quittierte Shehadeh seinen Job. Die Unterhändler in Oslo suchten keinen rechtlichen Beistand. Von ihnen bekam er zu hören: „Es sind neue Zeiten angebrochen.“ Die Exil-PLO scherte sich nicht um die gewonnen Erfahrungen der Palästinenser vor Ort. „Nur der Kampf, den die PLO außerhalb der besetzten Gebiete führte, wurde anerkannt.“ Der Autor zeigt sich frustriert über die politische Blauäugigkeit der Oslo-Verhandler, die gerade einmal Englisch Radebrechen konnten und über keinerlei aktuelles Kartenmaterial verfügten. Dementsprechend sahen auch die Verträge aus.

Imposant ist sein vierter Wanderbericht über „Die Klöster in der Wüste“. Im Kloster des Heiligen Georg von Koziba. Dieser Ort der Stille inspirierte ihn und ließ die Idee aufblitzen, ob dieser Ort der Stille nicht auch eine Alternative für ihn darstellen könne, um „die schweren Zeiten durchzustehen und meine Verzweifelung über Israels ungezügelte Macht pflegen zu können, bis sie geheilt ist“. Er könne nicht weitermachen in diesem Zustand der Wut, weil sonst alle seine Energie aufgefressen werde. „Es kommt der Zeitpunkt, an dem man die Realität akzeptieren muss,, so schwer das einem auch fallen mag, und Wege finden muss, mit dieser Realität zu leben, ohne seine Selbstachtung zu verlieren und seine Prinzipien zu verraten.“ Dem Autor ist ein überzeugender Wurf von literarisch-politischer Literatur gelungen, der nicht nur den Intellekt, sondern auch die Seele berührt. Inspirierend zu lesen.

Mittwoch, 26. November 2008

The “Clintonization” of Obama´s Presidency

The election of Barack Obama is hailed in Western Europe as the coming of a political messiah who will solve all transatlantic and international problems and heal the wounds, which were hit by the George W. Bush´s administration. However, this will probably not be the case, because Obama will not have the money, the time, the will and the power to change US foreign policy fundamentally. He might be a “prisoner” of economic and political pressure groups, which will give him little political leeway was major foreign policy changes are concerned. For the Arab and Muslim world, no hope for the better can be expected although in his speech before the American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) Obama promised "to do all I can to advance the cause of peace from the start of my administration". What kind of peace could that be? Will it be an American-Israeli peace, which Clinton proposed in Camp David in the year 2000? For sure, rhetoric and style will change under Obama but no substantial change can be expected regarding the Middle East. “Victory” in Afghanistan and Iraq is still on top of the incumbent’s agenda.

Obama’s election campaign copied JFK perfectly. After victory he imitates Abraham Lincoln what bypartisan politics is concerned and Franklin D. Roosevelt economically. But will he also live up to the expectations of his progressive and liberal voters? What he has to do first is to re-establish domestically and internationally the United States’ political decency. Bush ruined not only America’s reputation domestically but also worldwide. Obama may be seen as the embodiment of the wish by the American people, which was uttered many times on Election Day on TV. Millions of Americans were ashamed of George W. Bush because he established “totalitarian islands” within a democracy. Obama defeated not only John McCain but also George W. Bush.

What should be Obama’s priorities? He has to close down the prison-camp in Guantanamo and grant the more than 200 innocent prisoners asylum in the US and pay compensation for seven years of innocent imprisonment without charge, restore the rule of law in some political fields, get rid of the concept of the “war on terror” which serves only US-American geopolitical goals, bring those responsible for the illegal attack on Iraq to justice, sack all Neo-cons and Christian-fundamentalist in the US-administration, and restore the economic and financial disaster of Bush’s unspeakable political legacy. At least Obama’s political opponent, Senator John McCain, paid respect and tribute to the new “commander in chief”. When he congratulated Obama the conservative and Christian-fundamentalist crowd in Phoenix hooted and whistled. McCain showed political grandeur and fairness towards Obama. He reminded his ideologically blinded followers that Obama is now also his and their President.

Everybody likes to give the US President advices. What should the Europeans do? In Berlin, the candidate Obama received a warm and enthusiastic welcome. This does not mean, however, that the German government should be willing to send more troops and invest more money into a highly problematic cause in Afghanistan or elsewhere. Germany has already surpassed its military obligations. Europeans will also be well-advised to convince the new US President to withdraw his troops from Iraq and Afghanistan and start a diplomatic dialogue with Iran as he pledged during his election campaign. Whether the mullahs will be more conciliatory towards Obama has to be tested. Would not a withdrawl of occupation troops cut the Gordian knot in both countries? Many political analysts have stated very often that politicians in both countries would have settled their differences long ago without foreign troops on their soil. Why do not take the occupiers the advice which General Roberts of Kandahar gave in 1880 to the British? Robert Fisk the best journalist of Middle Eastern affairs quoted him saying: “We have nothing to fear from Afghanistan, and the best thing to do is to leave it as much as possible to itself... I feel sure I am right when I say that the less the Afghans see of us, the less they will dislike us.”

President-elect Obama’s first decision shows the direction in which the new administration is heading in the Middle East. The appointment of Congressman Rahm Emanuel as his chief of staff sends an ominous message to Muslims and the Arab world. During his election campaign Obama did not visit a mosque, and two Muslim women wearing headscarves were removed from the stage where he was going to speak. The appointment of Hillary Clinton as Secretary of State also suggests that he considers the Muslim world as an adversary, if not an enemy. Nothing will change for Iran, it might even get worse. The rhetoric of Hillary Clinton towards that country during the Primaries was frightening. Did she not speak of the ability to “totally obliterate” Iran?

At all government levels the Clintonites and even some Bushites are taking over Obama’s presidency. Obama does not only install a former First Lady but inherits also Bill Clinton’s problematic legacy. There will be some change of personnel but only minor change in politics: With the Clintonites and remnants of Bushites there will be new wine in old skins. The power will stay with the old elite.

European public opinion hailed Obama because he did not belong to the WASP elite. They naively interpreted it as an endorsement of the American dream. Against this background, the Bush years appeared as an aberration from the myth of the land of boundless opportunities. Bush’s presidency shattered this image, and Obama just came at a right time to fix it again or keep it going for a while. Nobody should expect that Obama would transform the US into a welfare state. If he is lucky he can get health insurance for the more than 40 million uninsured Americans.

The people who will determine the future US foreign policy do not stand for an end of the “war on terror” but for its continuation. Obama will, therefore, be a more “manageable” commander-in-chief for his European partners. His rhetoric is not black-and-white like Bush´s one. The reasons for criticizing American government policy will not vanish. That is why Europeans may be further accused of being “anti-American”, something which has never been the case. They were just fed up with George W. Bush like the large majority of the American people, too

Checkpoint Watch/Machsom Watch

Der „Checkpointstaat“, wie der ehemalige israelisch-palästinensische Abgeordnete Asmi Bischara Israel in seinem gleichnamigen Roman nennt, hat es seit 2001 mit einer Protestbewegung gegen Besatzung zu tun, die sich Machsom Watch nennt. Diese israelische Organisation setzt sich für die Einhaltung der Menschenrechte der Palästinenser unter israelischer Besatzung ein und fordert die Israelis zur Zivilcourage gegen die eigene Regierung auf. Die ausschließlich aus Frauen bestehende Organisation protestiert gegen die Diskriminierung von Palästinenserinnen und Palästinensern an den über 500 Kontrollpunkten in der seit mehr als 41 Jahren besetzten Westbank. Selbst EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner „kritisierte“ am 10. Oktober 2007 im EU-Parlament Israels Menschenrechtspolitik im Gaza-Streifen. „Trotz der Zusage, Straßensperren abzubauen, hat Israel 44 neue Kontrollpunkte errichtet.“ An diesen Sperren sind Palästinenserinnen gestorben; Babies kamen dort zur Welt und starben, auch Intensivpatienten erreichten nicht die Krankenhäuser in Israel, weil israelische Soldaten und bewaffnete Siedler die Menschen daran gehindert haben. Rechtliche Konsequenzen hatte dieses willkürliche Verhalten nicht. Ohne die mutigen Frauen von „Machsom Watch“ würden die Menschenrechtsverstöße untergehen in einer Flut von grausamen Meldungen aus dieser Krisenregion. Die Protokolle der Frauen sind detaillierte und erschütternde Zeugnisse eines Besatzungsregimes, das seinesgleichen im 21. Jahrhunderts sucht.

Machsom Watch wurde 2001 von Ronnie Jäger, Adi Kunstmann und Yehudit Kirstein Keshet als Reaktion auf die zahlreichen willkürlichen Menschrechtsverletzungen durch das israelische Militär an den Kontrollpunkten gegründet. Augenblicklich hat die Organisation zirka 400 Aktivistinnen im Einsatz. Ihr Protest erfolgt - im Gegensatz zum martialischen Auftreten des israelischen Militärs und der Besatzungstruppen in der israelischen Öffentlichkeit und an den Checkpoints - schweigsam. Sie verlangen Rechenschaft von den eigenen Besatzungstruppen gegenüber der israelischen Zivilgesellschaft. Oft erscheinen diese mutigen Frauen als „fehlgeleitete Störenfriede“, was sie natürlich nicht sind, sondern sie sind „Störenfriede“ des selbstzufriedenen Gewissens der Mehrheit der Bewohner eines „Checkpointstaates“, der den indigenen Bewohnern und Besitzern des Landes das Leben zur Hölle macht. Die Repräsentantinnen von Machsom Watch sehen sich zahlreichen Diffamierungen ausgesetzt, wobei die Bezeichnung der drei Gründerinnen als „Marx, Engels und Lenin“ auch als Ehre verstanden werden kann.

Die Hälfte der Machsom Watch-Frauen sind Teil der links-liberalen Elite Israels. Der Rest gehört anderen Nationalitäten an. Zu den israelischen Mitgliedern gehören zahlreiche Kibbuz-Bewohnerinnen und Städterinnen. Sie als „un-israelisch“ zu bezeichnen und ihnen ein unrealistisches Menschenrechtsverständnis vorzuwerfen, das vielleicht für Holland zutreffen würde, erscheint vor dem Anspruch Israels, eine Demokratie westlichen Zuschnitts zu sein, wenig nachvollziehbar. Vielmehr scheint sich der Zorn der israelischen Mehrheitsgesellschaft gegen die Zionismus kritische Einstellung dieser Aktivistinnen zu richten. Die zionistische Linke, die auch als so genanntes „Friedenslager“ bezeichnet wird, hat es nicht vermocht, „die kolonialistische Mentalität abzulegen, die immer ein wesentliches Merkmal israelischer Politik gegenüber den Palästinensern war“. Diese Haltung komme besonders bei den Schriftstellern Amos Oz, Abraham. B. Yehoshua und punktuell auch bei David Grossmann zum Ausdruck. Dieses „offizielle“ Friedenslager, das mit „Peace Now“ (Frieden jetzt) identifiziert wird, habe aber nie gegen „die Verweigerung oder Leugnung palästinensischer Rechte“ demonstriert. Auch beim letzten Libanon-Krieg hat dieses Lager gerade noch die Kurve gekriegt, als sich das Desaster für Israel abzuzeichnen begann. Im Gegensatz zur zionistischen Linken hat die nicht-zionistische und kritische Linke eine „lange und ehrenwerte Geschichte des Widerstandes gegen die Besatzung und die Beachtung der nationalen Ziele der Palästinenser“.

So werden zum Beispiel im Kapitel „Das Umfeld“ die Völkerrechts- und Menschenrechtsverstöße dargestellt. Im Kapitel „Die Kontrollposten“ werden die Eindrücke von ganz gewöhnlichen Tagen, Berichten von Gewaltanwendungen, von willkürlichen Beeinträchtigungen und Schikanen sowie Berichte über groteske, tragische und beängstigende Vorkommnisse geschildert. Den Frauen ist ihr Dilemma bewusst: Sie sind in einer privilegierten Position, sprechen aber in bester Absicht, obwohl sie das Vorrecht des „Checkpointstaates“ genießen. Ihre Berichte könnten eines Tages als Beweisstücke bei einem Prozess gegen die Besatzungsmacht relevant werden. Das Kapitel „Die Beobachterinnen“ behandelt den Zwiespalt zwischen der Organisation und der israelischen Gesellschaft, der ein fundamentaler ist. Kritisch wird die Wandlung von Machsom Watch von einer kritischen Protestbewegung zu einer weniger politisierten oder „angepassten“ Bewegung diskutiert. Durch diese Auseinandersetzung verliere der Protest nicht an seiner Bedeutung. Die Frage stelle sich jedoch, ob seine Wirksamkeit dadurch größer oder kleiner werde.

Das Ignorieren der Grausamkeiten der Soldaten des „Checkpointstaates“ gegenüber den Unterdrückten irritiert nicht wenige der Aktivistinnen. Einerseits leben sie mit den israelischen Mythen wie „Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“, „der Reinheit der Waffen“ oder durch das „Blut der Gefallenen“ für die „Konsolidierung der Nation“, andererseits sehen sie die täglichen „Entmenschlichungen“ und „Dämonisierungen“ gegenüber den Palästinensern, die zu einem Bestandteil der Geschichte geworden seien.

Die Kontrollpunkte lähmen das Leben in der Westbank. Entlang der Waffenstillstandslinie von 1949, die nach wie vor die völkerrechtlich anerkannte Grenze zwischen beiden Staaten ist, haben sie sich zu permanenten „Grenzübergängen“ entwickelt. Der Gaza-Streifen ist das größte „Freiluftgefängnis“ der Welt. In der Westbank gilt das Besatzungsrecht. Die Militärgerichte tagen innerhalb von Militäreinrichtungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Oft sind diese Verfahren geheim, und häufig wird den Angeklagten und deren Anwälten Akteneinsicht verweigert. Die Gerichtsverhandlungen finden zwar in den besetzen Gebieten statt, die Strafe muss aber wider das Völkerrecht in Israel abgebüsst werden. Mutige Frauen machen auf einen seit mehr als 41 Jahren bestehenden Skandal aufmerksam, der von der „einzigen Demokratie des Nahen Ostens“ auch im Namen „westlicher Werte“ begangen wird.

Samstag, 22. November 2008

Palestine, Palestinians and International Law

The Near and the Middle Eastern regions have the greatest potenial to affect world peace. The cause of this danger is seen in this book in the policies of the United States and Israel which are acting as occupying powers. Both are oppressing indigenous peoples in Iraq and Palestine. Since 2003 the U. S. and a “coalition of the willing” invaded Iraq and made the country a hotbed of international terrorism which they pretended to fight. Since 1967 Israel has been occuping the Westbank, the Gaza-Strip, the Golan-Heights and East-Jerusalem against international law. Almost all analysts and commentators agree that a solution to both conflicts lies in the withdrawal of foreign troops from occupied territories and in case of Palestine in the establishment of a viable state for the Palestinian people alongside Israel.

Francis A. Boyle, professor for international law at the university of Illinois at Champaign, acted also as an advicer to the PLO and the Palestinian delegation which negotiated from 1991 to 1993 under the auspices of Haidar Abdul Shafi in Washington with Israel.The author is one of the few law professors who speaks out openly against Israel´s occupation. This solidarity with the Palestinian people caused him severe problems. He has been treated as an outcast among the fine society of the American law community. But not only his American countrymen gave him in any respect a hard time but sometimes also some Arabs. His article, written for the American-Arab Affairs magazine, was not published due to pressure from the Arab Gulf States which financed this publication. “Over the last 25 years of my public advocacy of the rights of the Palestinan people under international law, I have lost track of the number of times when my lectures, panels, publications, and appearences have been disrupted, interfered with, or killed outright. But this was the first time that my pro-Palestinian viewpoints had been supressed by an Arab source. It would not be the last such incident.” This is not an exception. People in the west should asked themselves whether they should support such Arab regimes which rely on such measures. This holds also true for the some Fatah affiliated Palestinian publications.

In the German political community the discussion on Israel and Palestine seems like people speaking about the moon. This holds true also for some political scientists. They do not reflect critical foreign publications like Boyle´s book or books published in the United Kingdom. They just chew the cud of the US-American and Israeli publications. Therein reality takes place only partially. Perhaps nobody in the German speaking world has ever read the far-sighted “Memorandum of law” by Boyle which was written for the Palestinian delegates to the Middle East Peace Negotiations in 1992. This document is a serious proposal for a lasting peace not like the Oslo accords which were documents of permanent subjugation. On the motives of the US- and the Israeli-Governement the author writes: “That is exactly why they want you to sign an Interim Agreement without any understanding on a Final Settlement, including Jerusalem. They do not want the Interim Ageement to succeed. Rather, they want the Interim Agreement to become the ´final solution` to the Palestinian people.” Boyle wrote this already in 1992! In 1993 the world started to got blind drunk about a “peace process” which created a lot of process about up til now but no peace. This so-called peace process ended in a desaster for the Palestinans.

All seven chapters are worth-reading. May it be on the creation of a Palesinian state, the future of Jerusalem, from Oslo to the Al-Aqsa-Intifada, or preserving the rule of law in the war on international terrorism. Boyle is also very critical of US-foreign policy in general. He criticises its misuse of international law and its contempt for law in general under the George. W. Bush administration. For him Bush jr. “has obviously became a ´threat to the peace` within the meaning of the UN charter article 39”. There might be some itty-bitty “rogue states” lurking somewhere in the Third World, but today, “under the aegis of the Bush jr. administration, the United States government has became the sole ´rogue elephant` of international law and politics. For the good of all humanity, the Bush jr. administration must be restrained.”

The book verbalises a very harsh but refreshing critic of the handling of the Palestinian question by the United States and Israel. It takes side with the “wretched of the earth”. Boyle´s book is an exception among the usually conventional publications on this long lasting conflict. A must reading.

Mittwoch, 19. November 2008

Destroying World Order

Der so genannte „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan und der völkerrechtlich umstrittene Überfall auf den Irak brachte für die US-Amerikaner ein überraschendes Ergebnis: die Welt sieht die USA als eine der größten Gefahren für den Weltfrieden, wie EU- und BBC-Umfragen belegen. Die Intervention der Vereinigten Staaten hat der Region des Nahen- und Mittleren Ostens bisher keinen Frieden, sondern nur Chaos, Elend und Instabilität beschert. Der Irak wurde zum Tummelplatz des internationalen Terrorismus. Was aber gravierender scheint, ist die Infragestellung des geltenden Völkerrechts und die Destabilisierung des Internationalen Systems als Ganzem. Trotz der Platitüde, dass sich seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 „alles verändert“ habe, behauptet Francis A. Boyle, Professor für Völkerrecht an der Universität von Illinois in Champaign, dass die imperialistische Ausrichtung der US-Außenpolitik seit der Gründung der Vereinigten Staaten gleich geblieben sei.

Nach Lektüre des Buches fragt man sich, ob die Liste der "Schurkenstaaten" nicht der Ergänzung bedürfe. Für den Autor sind die USA der „Rogue Elefant der Internationalen Beziehungen“. Boyle argumentiert in den neun Kapiteln des Buches ausschließlich legalistisch, ganz in der Tradition seines Landes, in der die „Rule of Law“ auf der gleichen Stufe mit „Gott, Mutterschaft und Apfeltorte“ rangiert. Seine Argumente gegen die verschiedenen US-Regierungen sind juristisch sehr überzeugend, obgleich es zu all seinen Behauptungen viele Gegenargumente gibt. Der Autor verteidigt vehement alle Minderheiten und deren Menschenrechte. Er gehörte dem Vorstand von Amnesty International an und war u. a. Rechtsberater der Verhandlungsdelegation der Palästinenser unter Haidar Abd el-Shafi von 1991 bis 1993 in Washington. Sein Engagement für die Rechte der Palästinenser ist besonders ausgeprägt, was maßgeblich zu seiner „Außenseiterrolle“ innerhalb der Wissenschaftsgemeinde in den USA beigetragen hat. Dies ist jedoch nicht als Makel, sondern als Auszeichnung zu verstehen.

Das Anliegen des Autors ist es nachzuweisen, dass die US-Regierungen unter Jimmy Carter, Ronald Reagan, George W. H. Bush senior, Bill Clinton und insbesondere George W. Bush junior das Völkerrecht und die Menschenrechte kleinerer Staaten nach Belieben verletzen. So hätten die USA ihr „Recht auf Selbstverteidigung“ immer sehr exzessiv ausgelegt. Die Reagan-Administration bemühte den „Caroline-Fall“ aus dem Jahre 1837, um ihre Vergeltungsschläge in der Golfregion, im Libanon, Libyen und gegen den internationalen Terrorismus zu rechtfertigen. Damals argumentierte Außenminister Daniel Webster, dass die Selbstverteidigungsmaßnahmen nur im äußersten Notfall angewandt werden dürften, wenn keine anderen Mittel mehr zur Verfügung stünden und keine Möglichkeit der Verhandlung mehr gegeben sei. Diese Definition machte sich auch das Kriegsverbrechertribunal in Nürnberg 1945 zu Eigen, als es die Nazi-Verbrecher aburteilte.

Boyle wirft den US-Präsidenten in Bezug auf den Krieg gegen den Irak vor, „Kriegsverbrechen“ begangen zu haben. So habe Bush sen. die Zerstörung von lebenswichtigen Einrichtungen des Irak angeordnet, die Umwelt stark beeinträchtigt, absichtlich Zivilisten und wehrlose Militärs bombardieren lassen, den Irakern lebensnotwendige Medizin, sauberes Wasser sowie Lebensmittel vorenthalten und die ökonomische Grundlage des Landes ruiniert. Boyles Antrag auf Amtsenthebung, den der texanische Abgeordnete Henry Gonzales im Kongress einbrachte, wollten sich aber keine weiteren Abgeordneten anschließen. Einen ähnliches Amtenthebungsverfahren hat der Autor auch gegen Bush jun. angestrengt, das sich auch gegen Justizminister John Ashcroft richtet, dem Boyle vorwirft, die USA mit dem „Patriot Act“ in einen „Polizeistaat“ verwandeln zu haben. Auch diesem Antrag dürfte kein Erfolg beschieden sein.

Der Autor lehnt auch „humanitäre Interventionen“ ab, da kein Staat nach Völkerrecht das Recht habe, unter dem Vorwand der humanitären Intervention einen anderen UN-Mitgliedstaat militärisch anzugreifen. Wie sich doch diese wohlbegründete Volkerrechtsposition von einigen Interventionsbefürwortern in Europa abhebt. Boyle zeigt auf, dass das Völkerrecht und die Vereinten Nationen Instrumente bereithalten, Konflikte friedlich beizulegen. Für den Autor haben nur die Verbrechen der Nazis gegen das europäische Judentum eine militärische Intervention gerechtfertigt. In völliger Verkennung des Auftrages der NATO hält er diese Allianz für die „größte Ansammlung von völkermordenden Staaten, die sich jemals in der Geschichte zusammengeschlossen haben“. Folglich höre man von dieser Allianz auch kein Wort über eine humanitäre Intervention gegen Israel, um den Schutz des palästinensischen Volkes zu garantieren.

Boyle´s Beiträge sind zwar alle völkerrechtlich überaus fundiert und stringent, zeigen aber auch einen Hauch von Verzweifelung und Machtlosigkeit, mit der er juristisch gegen die Übermacht der US-Regierung anrennt. Eine Änderung der Politik der USA könne nur durch das amerikanische Volk erzwungen werden. Ihm müsse vermittelt werden, dass die amtierende Regierung gegen die Prinzipien des Rechtsstaates verstoße. Die „Rule of Law“, welche die US-Bürger mit der Muttermilch aufgesogen hätten, müsse wieder ins Bewusstein der Öffentlichkeit gerückt werden. Es sei höchst Zeit in dieses „psychische Reservoir“ der Bürger einzudringen, welches das charakteristischste Merkmal des amerikanischen Volkes sei. Um diesem Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen, hat der Autor noch eine lange und beschwerliche Strecke zurückzulegen. Die kritischen Beiträge zeigen, dass Kritik an der US-Regierung nichts mit Antiamerikanismus zu tun hat. Für alle, die ebenfalls mit der Politik der Bush-Regierung nicht einverstanden sind, ist dieses Buch eine argumentative Fundgrube. In der Zwischenzeit hat das amerikanische Volk sein Verdikt gefällt und Senator John McCain auch deshalb nicht gewählt, weil es keine Fortsetzung der Bush-Politik für weitere vier Jahre haben wollte. Ob jedoch mit Barack Hussein Obama Besserung einzieht, kann nur die Zukunft zeigen. Die „Clintonisierung“ von Obama´s Präsidentschaft verheißt nichts Gutes.

Dienstag, 18. November 2008

Die pragmatische Seite der Hamas

Israel, die USA und die Europäische Union halten die «Bewegung des islamischen Widerstandes» – besser bekannt als «Hamas» – für eine Terrororganisation. Umso überraschter war man im Westen, als das palästinensische Volk diese Bewegung im Januar 2006 in freien, geheimen und demokratischen Wahlen mit absoluter Mehrheit an die Macht wählte. Erstmals gab es in der arabischen Welt einen demokratischen «Regimewechsel». Ein Boykott war die westliche Antwort auf den Entscheid des palästinensischen Souveräns.

Seit dem Wahlsieg der Hamas sind zahlreiche Bücher über die Organisation erschienen, welche sie entweder dämonisieren oder in rosaroten Farben beschreiben. Khaled Hroub, säkularer Palästinenser, gehört zu den besten Kennern der Hamas. Bereits sein erstes Buch «Hamas – Political Thought and Practice» zeugte von profunden Insiderkenntnissen. Was der Leiter des Projekts für arabische Medien an der Universität Cambridge schreibt, passt so gar nicht in ein westliches Klischee. Ihn deswegen als «Terror-Sympathisanten» zu betrachten, wäre ungerecht.

Die zwölf Kapitel folgen einem Frage-und-Antwort-Raster. Im Einzelnen werden die Geschichte, die Ziele, die soziale und politische Strategie, das Verhältnis der Organisation zu Israel und zum Judentum, zum internationalen Islamismus und zum Westen, die interne Führungsstruktur und das Verhältnis zur eigenen Bevölkerung sowie die Zukunft der Organisation behandelt.

Im Zentrum der Kritik an der Hamas steht neben dem Terror auch immer deren Charta aus dem Jahre 1988, die sich durch eine antijüdische und antisemitische Rhetorik auszeichnet. Ihr Autor gehörte einer völlig von der Aussenwelt abgeschnittenen «alten Garde» an. «So fanden alle möglichen Verwechslungen und Vermischungen von Judentum und Zionismus ihren Weg in die Charta, was der Hamas seitdem sehr geschadet hat.» Hroub betont immer wieder, dass sich kein Hamas-Funktionär mehr darauf berufe.

Als Beispiel für den Pragmatismus führt er das Wahl- und Regierungsprogramm von 2006 und das Handeln der Funktionäre nach dem Wahlsieg an. War in den achtziger und neunziger Jahren oft von «Jihad» (heiligem Krieg) die Rede gewesen, stehen nun praktisch-politische Erwägungen im Vordergrund. «Schon der Vorrang solcher Erwägungen zeigt, wie sehr die Hamas bereit ist, ihre ideologischen und scheinbar starren Überzeugungen ihren pragmatischen politischen Zielen unterzuordnen.» In ihrer Rhetorik werde zwar weiterhin der «Widerstand» betont, obgleich dieser gar nicht mehr aktiv sei. Der Autor zitiert aus einem Interview von Khaled Mishal aus dem Jahr 2007: «Widerstand ist kein Ziel an sich, sondern Mittel zu einem Ziel.»

Völlig verneint wird die Frage, ob die Hamas eine antisemitische Bewegung sei. Hroub betont, dass der Koran keine Grundlage für religiöse, ethnische oder rassistische Diskriminierungen biete, «die zu einem Antisemitismus europäischer Art oder dessen Manifestationen führen könnte». Der Autor stellt zu Recht fest, dass der Antisemitismus ein europäisches Produkt ist und in der arabischen Welt unbekannt war. Erst mit der zionistischen Besiedelung und der «Schaffung Israels per Dekret und auf Kosten der palästinensischen Ursprungsbevölkerung, die seit über zweitausend Jahren friedlich in diesem Land gelebt hatte, begannen die ursprünglich unterschiedenen Begriffe und einerseits und und andererseits immer mehr dieselbe Bedeutung anzunehmen».

Erst durch die Zustimmung zur Staatsgründung durch die USA und Europa «verwandelten sich die Juden/Zionisten in den Augen der Palästinenser und Araber schliesslich in Vertreter einer kolonialen Militärbesatzung», wodurch die friedliche Koexistenz zerstört worden ist. Die Hamas, schreibt Hroub, «ist antizionistisch und nicht antijüdisch». Ebenso unkonventionell ist folgende Behauptung: «Seit Hamas an der Macht ist, leben die Israelis sicherer.»

Dieses Buch liegt völlig konträr zu dem, was im Westen von vielen über die Hamas gedacht wird. Wäre es nicht angebracht, solches Denken einmal auf den Prüfstand zu stellen? Die Gegenfrage ist aber ebenso berechtigt: ob dem Buch nicht eine grössere Distanz zu seinem Thema ebenso gut getan hätte. Lesenswert ist es allemal.

Zuerst erschienen in: Neue Zürcher Zeitung vom 7. 11. 2008.

Dienstag, 11. November 2008

Lizas Welt: Ach – nicht gut!

Die deutsche Sprache ist bisweilen schwieriger als man denkt. Sie richtig einzusetzen, setzt Denken und Verstehen voraus und – dass man ihre Werte beherrscht. Diejenigen, welche die deutsche Sprache und ihre Werte beherrschen, wissen um den begrifflichen Unterschied zwischen Rehabilitierung (=Wiedereinsetzung in die ehemaligen Rechte; Ehrenrettung) und Rehabilitation (=Wiedereinsetzung in das berufliche und gesellschaftliche Leben). Beiden Begriffen ist gemeinsam, dass sie Teilhabe zum Ziel haben: Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Dieses Ziel ist Lizas Welt fremd.

Schlimmer als die mangelhafte Sprachkompetenz ist in Lizas Welt samt ihrer Bewohner allerdings die offenkundig zur Schau getragene Diskriminierung all jener Menschen, die behindert oder von Behinderung bedroht sind. Da wird einem behinderten oder kranken Mann, der sich im Bett einer Reha-Klinik mit einem Computer zu beschäftigen vermag, der Kopf entfernt. Seinen Ehering lässt man ihm noch. Auf seinen Rumpf wird der Kopf eines „Geächteten“ montiert. Dem Schlafanzug des Kranken wird die palästinensische Fahne verpasst. Die an Geschmacklosigkeit nicht zu überbietende Collage wird mit dem Titel versehen: „Aufstand in der Reha-Klinik“.

Die vor 14 Jahren mit der Absicht, einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung anzustoßen und zugleich den Schutz behinderter Menschen zu stärken, erfolgte Ergänzung des Grundgesetzes dieses Landes um Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, ist an Lizas Welt spurlos vorüber gezogen. Ebenso erging es denjenigen Gesetzen, mit denen in diesem Land Mitte des Jahres 2001 ein Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik eingeleitet worden ist: Teilhabe und Selbstbestimmung – all dies sind Fremdwörter für Liza so wie der Begriff der Rehabilitation behinderter Menschen. Vom Gleichstellungsgesetz behinderter Menschen und vom Sozialgesetzbuch SGB IX hat Liza offensichtlich keine Ahnung. Hätte sie „Aus Politik und Zeitgeschichte“ (APuZ) vom 17. Februar 2003 gelesen, wäre sie vielleicht klüger geworden.

Was einst Michel Foucault schrieb, scheint in Lizas Welt noch das Maß allen Denkens zu sein: „Die Lepra verschwand, der Aussätzige verschwand, oder fast, aus dem Gedächtnis. Die Strukturen jedoch blieben.“ Liza macht sich mit aller Macht lustig und her über den Menschen, der behindert oder von Behinderung bedroht, inzwischen überall angekommen ist: in Kunst, Wissenschaft, Lehre, Wirtschaft, Verwaltung sowie – hierzulande wie anderswo – in hohen politischen Ämtern. Lebte er noch, dem 32. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Franklin Delano Roosevelt, der durch Kinderlähmung auf den Rollstuhl angewiesen, vier Amtsperioden nicht nur durchhielt, sondern sogar den „New Deal“ einführte, würde es den Magen umdrehen, wenn er Lizas Welt kennen lernen müsste.

Man fühlt sich in diesen Tagen an diesen großen Staatsmann erinnert. In seiner beeindruckenden Rede erwähnte der soeben gewählte 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Barack Obama, an sehr prominenter Stelle neben den nicht behinderten auch die behinderten Menschen, denen er als seine Wähler dankte. Lizas Welt ist eine andere. Sie ist Galaxien hiervon entfernt. Während in diesem Land Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen in allen Lebensbereichen aktiv sind – dank der Rehabilitationsleistungen, welche die Gesellschaft für sie bereitstellt – zum Beispiel in Reha-Kliniken, die ihren Erfolg erstklassig ausgebildetem und unermüdlich arbeitendem Pflegepersonal und der Willenskraft der Patienten, die dort behandelt werden, zu verdanken haben, erklärt Liza die Reha-Kliniken schlicht zu Zonen des Aufstands. Schlimmer noch: die „Insassen“ und deren Oberärzte werden veralbert und in ihrer Ehre herabgesetzt.

Nein – diese Attacke trifft nicht nur den, dessen Konterfei in die Collage hineingescannt wurde. Sie trifft alle Menschen, die behindert sind und die, die sie auf dem Weg der Rehabilitation begleiten. Schlimmer geht´s nimmer! Alle, die in diesem Land Artikel 3 des Grundgesetzes Tag für Tag mit Leben erfüllen, muss sich der Magen beim Anblick dieser Verachtung ausstrahlenden Collage und ihrer kopflosen Überschrift umdrehen.

Allen, die Tag für Tag ihre Arbeit in Reha-Kliniken, Werkstätten für behinderte Menschen, Berufsbildungs- und Fördereinrichtungen, Schulen und Kindergärten für behinderte und nichtbehinderte Kinder machen, kann es nur noch übel werden, wenn sie in Lizas Welt Einblick erhalten. Unnötig zu fragen, was Liza mit den Aufständischen vorhat. Die Antwort gibt sie sich selbst. Unnötig zu fragen, wer wohl der Chefarzt der Reha-Klinik ist, in welcher der „Geächtete“ zu liegen scheint. Die Antwort erschließt sich aus dem Text. Den Oberärzten jedenfalls scheint Liza die Leitungskompetenz abzusprechen, macht sie sich doch über sie besonders lustig. Lizas Welt – ach! Wirklich nicht gut!

Im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen brachte die „Nationale Koordinierungsstelle für das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung“ eine beeindruckende Sammlung von Zeichnungen unter dem Titel „Kinder malen barrierefrei“ heraus, die zeigen, wie Kinder mit dem Thema Behinderung in der Gesellschaft umgehen. Darin befindet sich unter dem Kapitel „Neue Medien“ eine Zeichnung der damals 10jährigen Lisa Sommer. Sie trägt den Titel „Computer für Behinderte“ und zeigt einen behinderten Menschen, der die Tastatur des vor ihr stehenden Computers mit der Zunge bewegt, da seine Arme dies nicht können. Darunter hat Lisa geschrieben: „Ich möchte, dass viele kluge Menschen Dinge konstruieren, die behinderten Menschen helfen zu lernen.“

Heute ist Lisa Sommer 15 Jahre alt. Es ist ihr zu wünschen, dass ihr die behindertenfeindliche und zynische Welt der anderen Liza und deren Bewohner, die sich hinter ihr verbergen, erspart bleibt. Die Hoffnung ist begründet. Denn die Welt der damals 10jährigen Lisa und die der Liza und auch die von „achgut“ sind Galaxien voneinander entfernt. So wie das Denken der beiden. Es ist nicht jedem gegeben, die deutsche Sprache, die deutschen Gesetze und deren Werte zu verstehen und zu beherrschen. Und es ist nicht jedem gegeben, das Grundgesetz zu kennen. In Lizas Welt gelten andere Gesetze. Ihre Welt möge uns erspart bleiben!

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Pakistan – the new front in the „war on terror“?

Die neokonservativen Sandkastenstrategen in den USA träumen immer noch von „victory“ im Irak, Afghanistan und anderswo. In dieser Frage gibt es zwischen Barak Obama und John McCain kaum Unterschiede. Der Schlüssel zu diesem „Sieg“ scheint jetzt in Pakistan zu liegen. Wird das Land zu einem zweiten Kambodscha? Immer häufiger greifen US-Truppen angebliche „Terroristennester“ in den Stammesgebieten von Waziristan/Pakistan an, töten dabei aber überwiegend Zivilisten. Durch die Verletzung der Souveränität Pakistans schwächen sie das dortige Regime, das sowieso über wenig Legitimität verfügt. Wie ambivalent die Stimmung gegenüber dem „war on terror“ ist, zeigte eine Parlamentsdebatte am 19. Oktober 2008 über den Umgang der pakistanischen Regierung mit den Taliban und Al-Qaida. Die Stimmen dominierten, welche zu einem Dialog mit den Taliban aufriefen, begleitet von Äußerungen, dass es sich um einen „amerikanischen Krieg“ handele. Obwohl Präsident Asif Zardari bei seinem Washingtoner Besuch Treue im „war on terror“ gelobte, offenbarte die Parlamentsdebatte wenig Interesse für einen Kampf gegen die Militanten.

Mit den militärischen Übergriffen der US-Truppen auf pakistanisches Territorium schwächen die Amerikaner ihren getreuen Vasallen im „war on terror“. Es scheint ein letzter Versuch zu sein, von den katastrophalen Auswirkungen der Besetzung Afghanistans abzulenken, indem man den Krieg nach Pakistan trägt. Es sollte bekannt sein, dass ohne die aktive Hilfe Pakistans, Afghanistan auf Dauer nicht zu halten sein wird. Wenn es nicht gelingt, der pakistanischen Elite ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, da sich das Land von Feinden umzingelt wähnt, die es in den Kollaps treiben wollen, solange wird die Stärkung der zivilen Institutionen des Landes erfolglos bleiben. Mit den die Souveränität Pakistans verletzenden Militärschlägen verstärkt man noch diese Ängste.

Steht der NATO in Afghanistan ein ähnliches Schicksal wie den Briten im 19. Jahrhundert und der Sowjetunion im 20. Jahrhundert bevor? Beide mussten gedemütigt und besiegt aus Afghanistan abziehen. Politische Durchhalteparolen der NATO und die Aufstockung der Truppen werden langfristig keinen Erfolg zeitigen, weil der Westen „den falschen Krieg“ führt, wie Olivier Roy festgestellt hat. Oder dient etwa der „war on terror“ als Vorwand für die Erreichung anderer geostrategischer Ziele und nicht dem Aufbau von Demokratie und „good governance“?

Die NATO wandelte sich nach dem Zusammenbruch des Ostblocks von einem auf Europa konzentrierten Verteidigungsbündnis zu einem offensiven Militärbündnis mit imperialistisch-expansionistischer Stoßrichtung. Gegen wen die Expansion sich richtet, haben China und Russland längst begriffen. Sollte Pakistan kollabieren, wird es einen Flächenbrand in dieser Region geben, der auch von der NATO nicht mehr gelöscht werden kann. Pakistan ist für den Westen wichtig und hat eine diplomatischere Behandlung verdient. Vielleicht fragen sich einmal die intelligenteren Politiker des Westens, warum die Muslime fremde Besatzer nicht gerade mögen. Der 1943 in Britisch-Indien geborene und in London lebende Tariq Ali zeigt zum Beispiel in seinem neusten Buch einen Ausweg aus dem Schlamassel auf, in den der Westen durch die ideologische Fixierung seines Anführers geschlittert ist und darin immer tiefer zu versinken droht.

Den westlichen Interessen ist mit einer möglichen weiteren Besetzung eines muslimischen Landes nicht gedient, weil sie einem alten Muster des imperialen Krieges des Nordens gegen den Süden folgt. Eine solche Kriegs- und Kolonialpolitik wird den Widerstand der „Verdammten dieser Erde“ ebenso hervorrufen wie in den antikolonialen Befreiungskämpfen des 20. Jahrhunderts. Keines dieser Völker wird das Los einer amerikanisch-westlichen Kolonie akzeptieren. Die Völker Afghanistans, Iraks und Pakistans haben ihre kolonialen Erfahrungen mit den Briten nicht vergessen. Sie haben ein waches historisches Bewusstsein, was dem Westen scheinbar abhanden gekommen zu sein scheint. Hat der Westen aus seiner unrühmlichen Geschichte gar nichts gelernt?

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Women engendering Peace and Democracy

This publication tries to sum up almost ten years of an intense and passionate process of finding a common language between women from Israel, Palestine, and Germany. They tried together to learn from and strenghten each other in their common endeavour of protecting women´s rights in their societies and fostering democratic values.

Between 1998 and 2007 they met five times. Three meetings were held before the outbreak of the Al-Aqsa-Intifada and two after its downbreak. The meetings took place in Israel, the Occupied Territories and Germany.

The participants discovered the diversity of their lives and different narratives. What turned out as a problem at the beginning was seen at the end as a source of strength. The women were realistic in their expectations. They could not change the political agenda and could not prevent the growing militarization, violence, and deterioration of social conditions. What they achieved was the creation of peace from bottum up, i. e. an infrastructure for peace which is substantial when political visions shall come into life one day.

The voices of these participants reflect a simple truth: „women are not natural born peace-builders.“ They were not free from militarized thinking and hatred. „They have no immunity from the processes of dehumanization.“ They admitted that they were trained in thinking in „we“ and „they“-categories. Edward Said called this process „othering“.

The articles indicate how difficult the process of rapprochement was. During the intifada the group was linked only virtually by electronic media. Although the composition of the group changed over time the core of the triad never gave up.

The title of the publication „between the lines“ fits perfectly well with the approach of the organizers. The Israeli-Palestinian conflict is not suited for black-and-white portrayal. With great empathy and endurance the project was successfully completed. It was initiated and coordinated by the „Arbeitskreis deutscher Bildungsstaetten“ (AdB). It is a good example in order to imitate it in the field of political education.

Sonntag, 17. August 2008

The Ethnic Cleansing of Palestine by Ilan Pappe

The 1948 Palestine-Israel war is known to Israelis as „The war of Independence“, but for Palestinians it will forever be the Nakba, the „catastrophe“. Alongside the creation of the State of Israel, the end of the war led to one of the largest forced migrations in modern history which is titeled by Ilan Pappe: “The ethnic Cleansing of Palestine”. Around a million people were expelled from their homes at gunpiont, civilians were massacred, and hundreds of Palesinian villages deliberately destroyed. Though the truth about the “mass expulsion” has been systematically distorted and suppressed, had it been taken place in the twenty-first century it could only have been called “ethnic cleansing”, so on the cover of the English version of Ilan Pappe´s groundbreaking book.

Ilan Pappe, former Professor at the University of Haifa and now at the University of Exeter, argues passionately for the international recognition ot this tragedy. His epoch-making and controversial work sheds new light on the origins and development of the Palestinian-Israeli conflict, asking questions that the world has so far failed to ask to reveal the real story behind the events of 1948. Based on meticulous research, including recently declassified Israeli archival material, Pappe demonstrates convincingly that “transfer” was from the start an integral part of a carefully planned strategy, and lies at the root of today´s ongoing conflict in the Middle East.

For several years, the author was defamed for his realistic views on Israel´s wrongdoings against the original inhabitants of the land of Palestine. After years of mobbing he could not bear it any longer and went into exil to Great-Britain in order to teach freely. The Israelis have arranged themselves with the Zionist mythology. Anybody who questions its narrative gets into deep trouble. Former US-President Jimmy Carter wrote a book which the title “Palestine. Peace Not Apartheid”. Immediately he was stigmatized an „Antisemite“ by what John J. Mearsheimer and Stephen M. Walt calls “The Israel Lobby”.

Anybody who is interested in the historic truth should read the twelve chapters of Pappe´s book. He wants “to explore both the mechanism of the 1948 ethnic cleansing, and the cognitive system that allowed the world to forget, and enabled the perpetrators to deny, the crime the Zionist movement committed against the Palestinian people in 1948. In other words, I want to make the case for the paradigm of ethnic cleansing and use it to replace the paradigm of war as the basis of the scholarly research of, and the public debate about, 1948.” The author uses the phrase in order “to prevent the crimes Israel committed from being attributed to such elusive factors as `the circumstances`, ´the army` or, as Morris has it, ´à la guerre comme à la guerre`, and similar vague references that let sovereign states off the hook and enable individuals to escape justice. I accuse, but I am also part of the society that stands condemned in this book. I feel both responsible for and part of the story and, like others in my own society, I am convinced, as my final pages show, that such a painful journey into the past of is the only way forward it we want to create a better future for us all, Palestinians and Israelis alike. Because, at heart, that is what the book is about.”

Ilan Pappe has written an alternative draft to Benny Morris` work, although he was the first who wrote in 1987 about “The Birth of the Palestinian Refugee Problem”. He was named a “New Historian” or a “Post-Zionist”. These labels covered up his real convictions. They came to the open in a „chilling interview“ with the Israeli daily Haaretz in 2004 in which he came out as an advocate of expulsion of the Palestinians in 1948. To the question whether David Ben-Gurion expelled not enough Palestinians, Morris answered: „If he had already engaged in expulsion, maybe he should have done a complete job. I know that this stuns the Arabs and the liberals and the politically correct types. But my feeling is that this place would be quieter and know less suffering if the matter had been resolved once and for all. If Ben-Gurion had carried out a large expulsion and cleaned the whole country — the whole land of Israel, as far as the Jordan River. It may yet turn out that this was his fatal mistake. If he carried out a full expulsion — rather than a partial one — he would have stabilized the State of Israel for generations.” The interviewer wanted to know whether he was for expulsions right now: “I say not at this moment. … But I am ready to tell you that in other circumstances, apocalyptic ones, which are liable to be realized in five or ten years I can see expulsions.” And what about the Israeli Palestinians: “The Israeli Arabs are a time bomb. Their slide into complete Palestinization has made them an emissary of the enemy that is among us. They are a potential fifth column. In both demogaraphic and security terms they are liable to undermine the state.” Regarding the Palestinian he asserted, “Something like a cage has to be built for them… There is no choice. There is a wild animal there that has to be locked up in one way or another.” According to Morris, Palestinians are “barbarians who want to take our lives… At the moment that society is in the state of being a serial killer. It is a very sick society. It should be treated the way we treat individuals who are serial killers.” In her excellent book “Married to Another Men” the British writer of Palestinan origin, Ghada Karmi, gave a good characterization of Benny Morris: “He encapsulates all Zionism´s major elements, its inherent implausibility as a practical project, its arrogance, racism and self-righteousness, and the insurmountable obstacle to it of Palestine´s original population, which refuses to go away.”

Contrary to Morris Ilan Pappe is of a different stamp. He does not curry favour with the Israeli concensus. He rather bears the consequences. For Pappe, the circumstances of 1948 are the Gordian knot which has to be cut. But the majority of the Israelis have been denying this. They are convinced that the Israeli-Palestinian conflict started in 1967 and not in 1948. In order to solve it, it takes just a few agreements. Furthermore, all historical events concerning 1948 are non-negotiable, especially, the refugee question and the their right of return of the Palestinians.

In his epilogue Pappe names the main hinderance for peace between Israelis and Palestinians, the Zionist ideology which has to be correctely identified. “The problem with Israel was never its Jewishness – Judaism has many faces and many ot them provide a solid basis for peace and cohabitation; it is its ethnic Zionist character. Zionism does not have the same margins of pluralism that Judaism offers, especially not for the Palestinians. They can never be part of the Zionist state and space, and will continue to fight – and hopefully their struggle will be peaceful and successful. If not, it will be desperate and vengeful and, like a whirlwind, will suck all up in a huge perpetual sandstorm that will rage not only through the Arab and Muslim worlds, but also within Britain and the United States, the powers which, each in their turn, feed the tempest that threatens to ruin us all.”

Pappe´s book is courageous and disentchants the myth of the Israeli elite that in 1948 there were no expulsions of the original inhabitants from their homeland of Palestine. That the author had to go into exile to Great Britain shows a low self-esteem of the Israeli society at its 60th anniversary.

Sonntag, 27. Juli 2008

"A New Journalism for a Changing World"

Benjamin Weinthal wird bestimmt kein Teil dieser "changing world" und des "new journalism" sein. Er vertritt die "Jerusalem Post" als Korrespondent in Berlin. Es ist gefährlich, einen Leserbrief an die Redaktion dieser Zeitung zu schicken. Mein letzter landete in einer Berliner Anwaltskanzlei, obgleich der beanstandete Halbsatz gar nicht in der Print-Ausgabe veröffentlicht worden ist!

Gemäß „Pressekodex“ des Deutschen Presserates ist es ein gravierender Verstoß gegen das Redaktionsgeheimnis, wenn Leserbriefe an Dritte weitergegeben werden. In „Richtlinie 2.6 – Leserbriefeheißt es unter Ziffer 5: „Alle einer Redaktion zugehenden Leserbriefe unterliegen dem Redaktionsgeheimnis. Sie dürfen in keinem Fall an Dritte weitergegeben werden.“ Gelten für die israelische Medienlandschaft eventuell andere Maßstäbe? Oder ist es nur dem charakterlichen Defizit des Korrespondenten geschuldet, dass mein Leserbrief auf dem Schreibtisch eines Anwalts landete? Kann mich einmal Chefredakteur David Horovitz über die ethischen Standards in der „J-Post“ aufklären?

Folglich scheint es mir wirksamer und wirklichkeitsnäher zu sein, sich mit dem Berlin-Korrespondenten der „J-Post“ in anderer Form auseinanderzusetzen. Die Leser/Innen dieser Tageszeitung sind jedenfalls zu bedauern, die ein Deutschlandbild vermittelt bekommen, das mit der Wirklichkeit nur wenig, dagegen sehr viel mit der intendierten ideologischen Absicht ihres Korrespondenten zu tun hat.

In einem Beitrag, in dem es primär um die bizarren und schrägen Thesen eines Professors für Sportwissenschaften geht, zitiert der „J-Post-Korrespondent“ den selbsternannten „Chefredakteur“ der dubiosen Website „honestly concerned“, deren Markenzeichen es ist, Andersdenkende wegen ihrer Haltung zur israelischen Besatzungspolitik oder konstruierten „Antisemitismus“ öffentlich an den Pranger stellt, um sie dann durch organisierte Kampagnen zu diffamieren und beruflich zu „vernichten“. Selbst der SZ-Redakteur Hans Leyendecker geriet ins Fadenkreuz dieses Netzwerkes wegen eines harmlosen Satzes. In der Panorama-Sendung „Unter Verdacht – Israelkritiker als Antisemiten?“ vom 5. August 2004 sagte er über diesen „Chefredakteur“: Er stelle denunziatorische Berichte auf die Internetseite „honestly concerned“ – „und fordert dann die Leser auf zu protestieren. Kampagnenartig. Andere lässt Stawski auf seiner Seite schimpfen, er selbst ist vorsichtig.“ Wie dieser „Chefredakteur“ arbeitet, zeigt folgendes Beispiel!

„Mr. honestly disturbed“ als politisch „seriös“ vorzustellen, ist grotesk. Er versteht vielleicht etwas von Immobilien, aber im politischen Milieu ist er ein Dilettant, um es „nett“ auszudrücken. Es spricht nicht für Weinthal, sondern sagt viel über seine ideologische Nähe zu diesem Netzwerk aus, wenn er diesen "Ideologen" den israelischen Lesern und Leserinnen als „seriöse“ Quelle verkaufen will.

Ebenso verhält es sich mit der anderen „seriösen“ Quelle, die sich "Lizas Welt" nennt. Ihr Betreiber - eine anonyme Stimme im Internet, die nicht mit ihrem Namen für sein Geschreibsel einsteht -, verleumdet aus dem Hinterhalt ebenfalls jeden, der die israelischen und us-amerikanischen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen kritisiert. Wie würde sich dieser Obskurant fühlen, wenn man ihn, was zutreffend ist, als „Freizeit-Rassisten“ bezeichnen würde?

Ich fühle mich jedenfalls geehrt, dem Personenkreis zugerechnet zu werden, der von diesem verleumderischen Netzwerk als „antisemitisch“ verleumdet wird. Zu ihnen gehören Bischof Desmond Tutu, Tony Judt, John Mearsheimer, Stephen M. Walt, Noam Chomsky, Norman G. Finkelstein, Ilan Pappe, Daniel Barenboim, Jimmy Carter, Felicia Langer, Uri Avnery, Udo Steinbach, Norbert Blüm, Alfred Grosser, Norman Paech, Rolf Verleger, Klaus Holz, Rupert Neudeck und die „Jews for a Just Peace“ in aller Welt. Der Vorwurf des „Antisemitismus“ seitens der antideutschen und neokonservativen Sektenmitglieder lässt sich rational nur mit einer vernichtungsorientierten Propagandaaktion erklären. Es soll inzwischen schon Menschen geben, die darauf bestehen, von der antideutschen und neokonservativen Sekte dieser ehrenwerten Gesellschaft zugeschlagen zu werden, weil man dann ja kein so schlechter Mensch sein kann.

Oder wie es kürzlich ein schwergewichtiger „Sachverständiger“ bei einer Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages auf seine Art formuliert hat: „Kümmern Sie sich um den modernen Antisemitismus im Kostüm des Antizionismus und um dessen Repräsentanten, die es auch in Ihren Reihen gibt.“ Nach diesem schrägen Statement drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob ihn vielleicht der falsche Bundestagsausschuss als „Sachverständigen“ geladen hatte? Liegt nicht seine wirkliche Kompetenz eher im Bereich der Gesundheits- und Familienpolitik? Sein Bestseller trägt den Titel: „Wer hat Angst vor Pornographie? Ein Porno-Report“, Melzer Verlag, Darmstadt 1970. Oder: „Dass ich unweigerlich älter werde, merke ich daran, dass ich immer öfter vom Essen statt vom Ficken träume.“ Seine Detailkenntnisse sind beeindruckend; an ihnen sollten nicht nur der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, sondern auch das Gesundheitsministerium unbedingt partizipieren.

Neben diesem schwergewichtigen „Sachverständigen“ erscheinen „Mr. honestly disturbed“ und „Lizas Welt“ wie ahnungslose Zwergimitate. Sie als repräsentative deutsche Stimmen zu präsentieren, zeigt das charakterliche Defizit, die fehlende Seriosität und die mangelnde Distanz dieses „Korrespondenten“. Er beruft sich auf „Stimmen“, die zu einem obskuren antideutschen, neokonservativen und christlich-fundamentalistischen Netzwerk gehören und betätigt sich damit als Verstärker ihrer fragwürdigen Thesen.

Weinthal behauptet, er habe in der „J-Post“ über meine angeblichen „diatribes“ berichtet. Im Gegensatz zu meinen Beiträgen war Weinthals Bericht ein „Schmähartikel“, der alle Kriterien journalistischer Fairness vermissen ließ. Er schreibt weiter: “An ongoing disciplinary process is currently unfolding at the agency.” Da weiß Weinthal mehr als ich. Ich frage mich, wer ihm diesen Unfug erzählt hat? Ein Disziplinarverfahren gibt es nicht.

In meinen realistischen Beiträgen über die völkerrechtswidrige Besetzung Palästinas und die unzähligen Menschrechtsverletzungen Israels schreibe ich nichts anderes als Amira Hass bis vor kurzem in Haaretz schreiben konnte und Gideon Levy bisher noch schreiben darf. Ob die Zukunft wirklich den neo- und rechtskonservativen Kriegstreibern, Demagogen und Journalisten gehört, darf bezweifelt werden. Darüber sollte auch in der „J-Post“ und im "Spiegel“ einmal nachgedacht werden. Es bedarf einer neuen ethisch-orientierten Journalistenzunft für eine "changing world", die nicht verleumderisch unterwegs ist. Trotzdem Mazel Tov zum Sechzigsten!



Samstag, 19. Juli 2008

„Redet Wahrheit einer dem anderen“

Die Worte des Propheten Zacharias sollten sich die Beteiligten an den sich ständig wiederholenden Verleumdungskampagnen gegen Andersdenkende hinter die Ohren und auf die Startseite ihrer obskuren Website schreiben. „Es müsste das Credo eines jeden Menschen, aber besonders eines jeden Journalisten sein“, schrieb Arno Lustiger am 12. März 2007 in einem Brief an den Intendanten des Deutschlandfunks, Ernst Elitz, in dem er gegen ein Interview des Senders mit Evelyn Hecht-Galinski protestierte, einer, wie Lustiger schreibt, „notorischen Hasserin der Vertreter der deutschen Juden und des Staates Israel“. Eine weitere „Heldentat“ war sein Brief an die evangelische Pfarrei in Frankfurt am Main, welche für die Vorstellung des neuen Buches „Ich will nicht mehr schweigen“ von Rupert Neudeck den Saal zugesagt hatte. Plötzlich wurde diese Zusage zurückgenommen. „Vor der Tür demonstrierte die extremistische Organisation „honestly concerned“ gegen die Meinungsfreiheit“, schreibt das Palästina-Portal.

Ich kann den ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin gut verstehen, der sich wünschte, der Gaza-Streifen möge im Meer versinken. Aber Spree und Main eignen sich nicht für diese Art Gedankenakrobatik. Meinen Urlaub verbrachte ich in einem gelobten Land, das nicht von US-amerikanischen und israelischen Truppen besetzt ist. Dies führte tatsächlich zu Abstand und Entspannung vor den diffamierenden Attacken des antideutschen und neokonservativen Netzwerkes, das im Verbund mit „Glaubens“-Funktionären/Innen und anderen Lobbyisten gegen das Recht auf Meinungsfreiheit mit den Mitteln der Denunziation vorgeht. Dieses gelobte Land ist noch nicht von dem Irrsinn und der Intoleranz befallen, die man in Deutschland in punkto Nahostkonflikt allenthalben antrifft. Kaum zurück, wurde ich wieder mit dem altbekannten denunziatorischen Müll konfrontiert. Der obskure Internetauftritt eines „Chefredakteurs“, der auch als „Mister honestly disturbed“ bezeichnet wird, betreibt sein verleumderisches Geschäft mit geradezu aggressiver Obsession. Wer informiert eigentlich den Groupie und seine minderbemittelten Adepten (Schüler) immer über den Status quo? Dem Netzwerk traue ich jede Schandtat zu, außer telepathischen Fähigkeiten. It is just to ordinary. Are there some other creepy informants elsewhere?

“Wahrheit” und „Wahrhaftigkeit“ scheinen in diesen Kreisen Fremdwörter zu sein. Es sei deshalb nochmals daran erinnert: „Redet Wahrheit einer dem anderen“. Wie wäre es, wenn diese Funktionäre ihr Handeln nach den Worten des Propheten ausrichten würden? Stattdessen verbreiten die „Glaubens-“ und Berufs-Funktionäre falsche Tatsachenbehauptungen und zahlreiche Textmanipulationen von "Vorwürfen", die seit Jahren geklärt sind. Fazit: Offenbar zeichnen sich in diesem Milieu einige Akteure durch erhebliche charakterliche Defizite aus.

Es kann nicht bezweifelt werden, dass ein Mathematiker eins und eins zusammenzählen kann. Vom Nahostkonflikt und der islamischen Welt hat er vielleicht soviel Ahnung wie die Kuh vom Kräppelbacken. Ein solcher „Experte“ von den so genannten „Scholars for Peace in the Middle East“ (SPME) hat sich ebenso in einem von "honestly concerned" angekündigten „Beschwerdeschreiben“ an den Bundesinnenminister gewandt. Warum hat "Mister honestly disturbed" nicht das Schreiben dieses „Scholars“ auf seiner obskuren Seite veröffentlicht, sondern nur die Antwort darauf? Wurde der Entwurf vielleicht auch in der Giftküche dieser fragwürdigen Organisation gefertigt? Ein Abgleich mit den anderen denunziatorischen Schreiben wäre interessant gewesen. Hat dieser „Scholar“ noch einen „neuen“ Aspekt erfunden, den die anderen in ihren „Beschwerdeschreiben“ noch nicht erwähnt hatten und der, da man sich entlarven würde, zur Zeit nicht veröffentlicht werden darf? Drängt sich nicht in dieser personellen Konstellation wie von selbst die Frage der Seriosität auf? Dass der ehemalige KB-Funktionär (KB=Kommunistischer Bund) als so genannter „SPME" reüssieren konnte, zeigt, welche politisch-propagandistische Stoßrichtung dieses ganze fragwürdige Unternehmen hat. Zu diesem merkwürdigen Verein gehört auch der „Wissenschaftler“, „Nahostexperte“ und „Prozessbeobachter“, „der sich heute genauso überzeugt für Israel ins Zeug legt wie im früheren Leben als führender Funktionär des KB für die bolschewistische Weltrevolution.“ Im Internet werden die „Scholars for Peace in the Middle East“ als „zionistische Vorfeldorganisation“ bezeichnet.

Es gibt eine gewisse „Geistes“-Verwandtschaft zwischen den „Bush-Kriegern“ und einigen deutschen neokonservativen Extremisten, obwohl diese Lichtjahre hinter ihren Vorturnern hinterher humpeln. Zeitversetzt kapieren es auch irgendwann die Deutschen. Ideologische „Insanity“ ist auch in diesem Land ein weit verbreitetes publizistisches Phänomen. Dabei tut sich das Zentralorgan der antideutschen Politsekte "Konkret" besonders hervor. Aber seit 9/11 grassiert diese "Krankheit" insbesondere in den USA, wie das folgende Zitat zeigt. “Only an irrational person or organization could continue to discuss as viable a military strike against Iran. Sadly, based upon past and current policy articulations, neither AIPAC nor the Bush administration can be considered rational when it comes to the issue of Iran.” Eine ähnliche Einstellung ist auch hier anzutreffen.

Eine „Hexenjagd“ findet nicht nur in Deutschland gegen solche Personen statt, welche die israelische Besatzungspolitik und die Völkerrechts- und Menschrechtsverletzungen kritisieren, sondern auch in Großbritannien, den USA und in leicht abgeschwächter Form in Frankreich. Ob folgender Rat die beratungsresistenten Politagitatoren beeindruckt, darf bezweifelt werden: „We need to look the witch-hunters in the eye and say, as Joseph Welch said to Joe McCarthy himself: "You've done enough. Have you no sense of decency, sir, at long last? Have you left no sense of decency?" In a world of delusions exists no decency.

Montag, 23. Juni 2008

Dan Diner revisited

"Keine Zukunft auf den Gräbern der Palästinener" gehört zu den Fundstücken unter den Publikationen über den Nahostkonflikt. Das Buch ist 1982 erschienen. Der Autor zieht eine historisch-politische Bilanz des israelisch-palästinensischen Konflikts. Seine Perspektive für die Lösung des Jahrhundertkonfliktes erscheint aus heutiger Sicht geradezu als „undenkbar“; sie ist aber überaus fortschrittlich und realitätsnah.

Der Nahostkonflikt erhitzt die Gemüter in Deutschland wie in keinem anderen Land immer wieder aufs Neue. Längst ist scheinbar alles gesagt, gleichwohl werden ideologische Schlachten geschlagen, die ihresgleichen suchen. Die Debatte zeichnet sich nicht durch Zwischentöne, sondern durch Schwarzweißmalerei aus. Es wird mit dem Säbel unter der Gürtellinie gekämpft, anstatt mit dem Florett und offenem Visier. Dabei werden die Argumente immer ideologischer und bizarrer. Vergleicht man Analysen aus "unvordenklichen" Zeiten, so scheinen diese Maßstäbe für selbsternannte heutige „Experten“ und „Sachverständige“ unerreichbar zu sein.

Die Debatte über Israel und Palästina zeichnet sich durch ein besonderes „Stilmittel“ aus: die Verleumdung Andersdenkender. Diese Kampagne wird durch antideutsche und neokonservative Extremisten im Verbund mit anderen Funktionsträgern betrieben. Der in diesen Kreisen gepflegte Tunnelblick, lässt für Zwischentöne keinen Raum. Diners Buch könnte etwas Licht in diese politische Finsternis bringen. Auch Rolf Verleger bringt hebräischen Humanismus und jüdische Ethik in Stellung gegen den Zionismus. Beide haben nur wenig miteinander zu tun.


Montag, 9. Juni 2008

Tinky Winky, …, Laa Laa, ... ? Nein, Lala Süsskind!

Im Zentralorgan der antideutschen Politsekte - „Konkret“ - findet sich in der Mai-Ausgabe 2008 ein Interview mit der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin, Lala Süsskind, das sehr aufschlussreich ist. Es offenbart nicht nur die „intellektuelle“ Verfassung der als Stichwortgeber auftretenden Journalisten Hermann L. Gremliza und Tjark Kunstreich, sondern gibt auch tiefere Einblicke in die Denke von Frau Süsskind.

Quer zu allen Grundwerten unserer demokratisch verfassten Gesellschaft (Meinungsfreiheit, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit) unterhält man sich über mich, einen, der wegen seiner Kritik an den Besatzungspolitiken der USA im Irak und Israels in Palästina ins Fadenkreuz geratenen Mitarbeiters einer oberen Bundesbehörde, der die US-Besatzungsmethoden mit denen der israelischen in den besetzten Gebieten vergleicht, und diese als „Israelisierung“ bezeichnet hat. Mit der Attitüde „kritischer“ Journalisten wird die Interviewte mit aus dem Zusammenhang gerissen Satzfetzen wie „Israelisierung der USA“, oder die Anschläge des 11. September seien für Sharon „ein Geschenk des Himmels“ gewesen, gefüttert. Hätten die beiden den Artikel wirklich gelesen, würden sie nicht solchen Unfug abfragen. Süsskind fährt, wie bestellt und vorauszusehen war, sofort darauf ab. Ihre Wortwahl jedoch ist entlarvend.

Als man ihr dann auch noch „das Gefasel von diesem ´Antisemiten`“ vorsetzt und auf die in ihrem Schreiben vom 27. März 2008 an Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble geforderte Entlassung Bezug nimmt,
ist Süsskind in ihrem Element und verwandelt mich in einen störenden Gegenstand. „Zu entfernen, einfach zu entfernen. Schäuble kann doch nicht einen Mann bei sich behalten, der solche Dinge von sich gibt. Das sollte man einsehen und ihn dort entfernen (…) Der Mann richtet Schaden an, bei Leuten, die ihn hören, die ihn lesen und die seine Kommentare über sich ergehen lassen müssen.“ Was meint wohl Süsskind, wie es jemanden ergeht, der ihr „Gefasel“ lesen muss?

Sie erwartet, dass der Bundesinnenminister handeln werde. Auf die Frage, falls sich der „Chef der Bundeszentrale, der Herr Krüger, sträubt“, antwortete sie: „Schäuble ist nun mal der oberste Dienstherr, und wenn Krüger nicht will, soll er Watzal inklusive Krüger entfernen.“ Hat Süsskind schon einmal etwas von Rechtsstaatlichkeit oder, wie es neudeutsch heißt, „the rule of law“ gehört?

Auf die Frage, warum „Watzals Treiben nur den in Deutschland lebenden Juden auffällt und keinem Mitglied des Bundestages oder der Regierung“ entgegnete Süsskind: „Dann öffnen wir ihnen einfach mal die Augen. Denn so fängt es immer an, mit diesen kleinen Menschen, die Unheil erst mal im Kleinen anrichten, ein Feuerchen, das erst nur kokelt. Wollen wir warten, bis eine Riesenflamme entstanden ist, und wie löschen wir dann?“ Es scheint, als warteten alle politisch „Blinden“ nur auf die einzig „Sehende“ - Lala Süsskind, die ihnen den Weg weist.

Im besagten Schreiben von Frau Süsskind und einem gewissen Daniel Kilpert vom „Koordinierungsrat deutscher NGOs gegen Antisemitismus“ steht: „Rechtliche Erwägungen können einer Beendigung dieser Tätigkeit keinesfalls entgegenstehen; sie geben vielmehr Anlass zu einer Trennung von Herrn Watzal.“ Geriert sich hier nicht Süsskind als Anklägerin, Richterin und Vollstreckerin in einer Person? Wissen die Briefeschreiber/innen eigentlich, von was sie reden und um was es in meinen Texten überhaupt geht? Beide waren auch an der Verleumdungskampagne gegen mich beteiligt. Die aus Kollagen bestehenden manipulierten „Vorwürfe“ fallen in sich zusammen, wenn man die besagten Texte liest. Die Artikel wurden bereits vor Jahren von einem wissenschaftlichen Gremium geprüft; es kam zu dem Ergebnis, das mein Schrifttum durch Artikel 5 Grundgesetz gedeckt ist!

Ist nicht die gebrauchte Terminologie von „entfernen“ in Bezug auf Menschen verräterisch und aufschlussreich zugleich? Im Wörterbuch bedeutet „entfernen“ u. a. „machen, dass jmd/etwas nicht mehr da ist“. Die Synonyme sind noch viel sagender: „beiseite schaffen, abtransportieren, fortbringen, fortnehmen, fortschaffen, trennen, wegbringen, wegschaffen, abschleppen, davontragen, forträumen, wegräumen, wegwerfen“


Sonntag, 8. Juni 2008

Als „Gastautor“ auf der „Achse des Guten“?

Ludwig - allein gegen alle und alle gegen Ludwig unter dieser Schlagzeile beteiligt sich die "Achse des Guten" erneut an der gegen mich gerichteten Verleumdungskampagne. Ich bin sehr dankbar, dass sie diese Dokumentation verlinkt haben, tut doch Aufklärung in diesen Kreisen besonders Not. Aufgrund früherer schlechter Erfahrungen möchte ich dort nicht als „Gastautor“ auftreten. Kein gutes Umfeld, mit dem ich identifiziert werden möchte. Am 6. Juni 2008, 20:41, schickte ich an die „Achse des Guten“ folgende Mail:

Hallo "Achsen"-Mitglieder,

so tief bin ich noch nicht gesunken, dass ich auf der so genannten Achse des Guten als "Gastautor" publizieren müsste. Bitte korrigieren Sie das und stellen dafür den Namen des "verantwortlichen" "Achsen"-Mitglieds ein. Ansonsten gilt: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten."

L. W.

Der Börne-Preis-Träger fühlt sich besonders „verantwortlich“ für mich. Eine zweifelhafte Ehre. Scheinbar habe ich es ihm besonders angetan. Der folgende Link zeigt, dass er sich an mir abarbeitet. Offenbar bin ich neben dem Islam einer seiner "Lieblingsfeinde".

Wie „Der Spiegel“ und „Spiegel online“ immer noch auf diesen „Experten“ für alles und nichts zurückgreifen können, bleibt ein Rätsel des deutschen seriösen Journalismus. Seine Textbausteine, die als Allzweckwaffe überall einsetzbar sind, wenn man nur ein Wort gegen das andere auswechselt, sind das bestimmt üppige Honorar eigentlich nicht wert. Vieles erklärt sich von selbst, und alte Bekannte sind unter sich!

Sonntag, 4. Mai 2008

Die Ersten Israelis von Tom Segev

Mit der Staatsgründung Israels vor 60 Jahren ging ein zionistischer Traum auf Eigenstaatlichkeit in Erfüllung. Für die damaligen Politiker wurden ihre diplomatischen Bemühungen durch die UN-Teilungsresolution vom 29. November 1947 gekrönt. Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet – 50 Jahre nach Theodor Herzls programmatischer Schrift „Der Judenstaat“. Am nächsten Tag griffen die Armeen verschiedener arabischer Länder den jungen Staat an. Bis zu einem Waffenstillstand 1949 waren zirka 700 000 arabische Palästinenser geflohen oder wurden vertrieben. Für sie bedeutet die Staatsgründung Israels eine Katastrophe – al-Nakba.

Tom Segev gehört zu den bekanntesten Journalisten Israels; ebenso zählt er zu den renommiertesten Historikern seines Landes. Dieses Buch erschien bereits 1986 auf Englisch. Nach 22 Jahren liegt es auf Deutsch vor. Es beschreibt die Ereignisse der ersten Jahre nach der Staatsgründung und gliedert sich in vier Teile: „Zwischen Juden und Arabern“, „Zwischen Veteranen und Neuankömmlingen“, „Zwischen Orthodoxen und Säkularen“ sowie „Zwischen Vision und Realität“. Die Ausführungen beruhen zu weiten Teilen auf erstmals zugänglichen Quellen. Sie dokumentieren eine etwas andere und differenzierte Sicht der Ereignisse, als sie manchen lieb sein kann. Der Autor zeichnet ein Bild der Gründergeneration mit all ihren Widersprüchen. So trafen die Überlebenden des Holocaust auf eine Siedlermentalität, die sich die Schaffung eines „neuen" Juden auf ihre Fahnen geschrieben hatte, der sich niemals mehr zur „Schlachtbank“ führen lassen werde. Eine solche Haltung war nach den Gräueltaten, die im deutschen Namen begangen worden sind, mehr als verständlich.

Als das Buch erstmals erschien, wurde von den Kritikern behauptet, es sei ein „subversiver Versuch“ einer neuen postmodernen Geschichtsschreibung, „die dem Zionismus feindlich gegenüberstehe“. Segev zeigt in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe sogar Verständnis für eine solche Haltung, denn in einem Staat, dessen Existenz auf grundlegenden historischen Annahmen basiere, „kann jeder Riss in existentiellen Mythen als lebensbedrohlich empfunden werden“. Trotz dieser Haltung wird in keinem anderen Land mit der zionistischen Ideologie so hart ins Gericht gegangen wie in Israel. Auch in diesem Buch kommt Segevs Misstrauen gegenüber der zionistischen Geschichtsschreibung wie der zionistischen Politik zum Ausdruck, gleichwohl ist er aber voller Bewunderung für deren Aufbauleistung. Ja, er beneidet „die ersten Israelis“ ein wenig, „dass sie teilhaben durften an der historischen Aufgabe, einen neuen Staat aufzubauen“.

Israel ist für Segev eine „Erfolgsgeschichte“, aber mit einer brutalen Kehrseite: der Tragödie der Palästinenser. Die Existenz dieses Landes beruhe auf einer bestimmen Geschichtsauslegung, und zwar der zionistischen. Bis zur Freigabe der Archive „besaß Israel eine nationale Mythologie“. Erst seit diesem Zeitpunkt gibt es eine wirkliche Geschichtsschreibung.

Für Segev ist Israel eine gespaltenes Land, „gefangen in einem Kulturkampf, einem Krieg zwischen grundlegender Moral und politischen Werten“. Der Kampf zwischen „Optimismus“ und „Pessimismus“ bringe die Grundhaltung des Konfliktes zum Ausdruck, der heute in Israel tobe. Gleichwohl ist der Autor optimistisch, weil seine Landsleute bereit seien, die „mythenbeladene Vergangenheit abzustreifen“. Trotzdem glauben viele Israelis nicht, dass der Frieden eine Chance habe. Sie sehen „Besetzung, Unterdrückung und Terror als Dauerzustand an“. Viel bedenklicher jedoch ist: „Im Gegensatz zu den ersten Israelis empfinden sie aber keine Begeisterung mehr darüber, in einem eigenen Staat zu leben.“ Eine erste Erklärung hatte der Autor in einem Gespräch in der Sendung Kulturzeit auf 3 SAT vom 31. Mai 2005 gegeben: "Das ganze Land ist ein riesiges Ghetto geworden dadurch, dass wir hinter einer Betonmauer leben müssen."

Tom Segev hat eine ehrliche Bestandsaufnahme der Gründungsphase seines Landes gegeben, die zeigt, unter welchen Schwierigkeiten sich der Aufbau eines Nationalstaates vollzieht. Der Autor zieht den Schleier von dem romantischen Mythos „vom Erblühen der Wüste“. Das Buch ist ein Muss für den politisch Interessierten, die politische Elite sowie für die Wissenschaft.